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harry-rag Man sollte unter Pop-Musik eben populäre Musik verstehen: Was in den Radios läuft, im TV genutzt wird, aus Autos dröhnt und sich gut verkauft. Dann fallen solche Spiegelfechtereien weg. Für die schlimmen Unfälle ließe sich ja eine Kategorie Schlager/Schmutz einführen. („Wir machen jetzt seit zehn Jahren Schmutzcore. Aber wir sind erwachsen geworden und haben neue Elemente in unsere Musik einfließen lassen. Manche würden das Schlager nennen…“) Die „progressive“ HipHop-Szene? Wo hast du denn von der gelesen? Und da liegt auch das Missverständnis: HipHop (Reden wir jetzt von der gesamten Kultur oder von Rap?) ist eben nicht einfach nur eine zu konsumierende Musikrichtung. War es auch noch nie. Pay ya dues.
T-Shirts tragen und Konzerte besuchen ist eben Konsumieren, nicht Kunst. Wir sind doch einer Meinung. Du findest es halt nur schlimm, weil du fürchtest, du könntest nicht dazugehören. Aber dein Verständnis für Rap ist das eines Insiders.
Die Frage kam bei mir nur auf, weil Du am Anfang von „Jahrzehnten“ in der Szene gesprochen hast. Das las‘ sich fast wie dr.musics schon 67 Jahre Rock’n’Roll.
Aber zum Eigentlichen: Für mich gibt es auch zwei Formen – Pop als Stil und Pop im Sinne populärer, massentauglicher Musik. Wobei man sagen muss, dass all das erstmal wenig heißt. Eingängigkeit macht Tracks nicht prinzipiell billig und nur weil ein Track die Massen anspricht, ist er noch nicht schlecht. Ich habe kein Problem damit, dass K.I.Z. Stadien füllen – vermutlich wäre das nicht so, wenn dort nur die Leute Tickets kaufen würden, deren Hirnkapazität für mehr reicht, als nur das Logo zu begreifen.
Dieses „Entwachsen“ aus dem HipHop ist sicher ein Thema – es passt zum trendigen Zeitgeist, letztlich wäge ich da aber ab. Bei Pi fand ich den Move glaubhaft – er hat sich ein neues Pseudonym erstellt, in dem er privatere, eingängigere Wege geht. Das Porno Ensemble gibt es aber immernoch, dazu finden sich etwa auf dem letzten Album einige Features mit alles andere als bekannten Acts (kein Adel Tawil, kein Xavier Naidoo). Und der Track mit Kolle ist wirklich erstaunlich packend.
„Progressiv“, ja. Für mich ist HipHop eine der Szenen, die einen großen Spagat wagt. Einerseits muss man die Traditionen kennen, die Codes, die sprachlichen Mittel und Querverweise, andererseits erfreut es mich, dass die heutige Herangehensweise nicht mehr lediglich auf Stieber Twins und ATCQ basiert – ich mag es, wenn herausragende Rapper sich andere Stile einverleiben (etwa Aesop Rock) und das ist letztlich doch der Inbegriff von sich einer entwickelnden Kultur (also Progression). Das hat mit Zeitgeistanbiederung erstmal nichts zu tun, sondern mit Offenheit, Bezug zur Gegenwart.
Kennst Du eigentlich das neue Interview in der JUICE mit der Gang? Da geht es etwa um Reimschemata, Szenengefühl und Konsumententum.
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Hold on Magnolia to that great highway moon