Antwort auf: 09.02.2017 "Ausgepackt" & "gypsy goes jazz 44" & "Pure Pop Pleasures"

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THELONIOUS MONK with JOHN COLTRANE
3. Ruby, My Dear (Thelonious Monk)
4. Trinkle, Tinkle (Thelonious Monk)

John Coltrane (ts), Thelonious Monk (p), Wilbur Ware (b), Shadow Wilson (d)
Reeves Sound Studios, New York, NY, Juli 1957
von: Thelonious Monk with John Coltrane (Riverside; CD: Thelonious Monk with John Coltrane – The Complete 1957 Riverside Recordings; Concord, 2 CD, 2006)

Weiter geht es mit zwei der drei Stücke, die Monk und Coltrane damals im Quartett für eine Jazzland-LP eingespielt haben, die mit weiteren Takes der Septett-Session (wie dem gerade gehörten „Epistrophy“) und einem Alternate Take von der vorhergegangenen Solo-Session aufgefüllt wurde. Die bezaubernde Ballade „Ruby, My Dear“ wurde ebenfalls bereits für Blue Note eingespielt – und während der Septett-Session als Feature von Coleman Hawkins mit der Rhythmusgruppe. Sehr interessant der Vergleich mit dieser Coltrane-Version, die sich viel deutlicher in Monks Klangwelt einfügt. Coltrane spielt das Stück in der Tat mit einer Selbstverständlichkeit, als wäre es ein eigenes. Und Monk dankt es ihm mit einem tollen Solo – man kann oft hören, dass Monk, wenn er von einem Solisten inspiriert ist, sich im folgenden eigenen Solo merklich mehr anstrengt als sonst. Coltranes Einstieg nach dem Klaviersolo zeigt auch, wie schön sein sonst damals oft so harscher Ton klingen konnte. Hier hat er etwas Verhangenes, als umgebe ihn ein feiner Dunst.


Coltrane und Monk im Five Spot, 1957

Als nächstes hören wir die eine der beiden schnellen Nummern, „Trinkle Tinkle“ (Ersteinspielung 1952 im Trio für Prestige). Coltrane kommt mit diesem skalenhaften Stück erneut perfekt zurecht, er kann hier seine „sheets of sound“ perfekt einbringen. Gemeint sind damit die immer feineren Aufspaltungen des Beats: Coltrane spielt nicht nur Triolen oder verdoppelt das Tempo, er spielt Quintolen, Septolen, also fünf oder sieben (oder auch neun, zehn, elf) Töne pro Schlag – mit der Absicht, die Musik so komplett als möglich aufzufächern, die den Stücken zugrundeliegenden Akkorde möglichst vollständig abzubilden. Ein Verfahren, das durchaus analytische Züge hat und eine Menge an Vorarbeit nötig machte.

Monk setzt bald mit seiner Begleitung aus und überlässt dem gar nicht mehr so jungen Nachwuchstalent fast ganz das Feld. Trotz der horrend schnellen Linien phrasiert Coltrane punktgenau, rhythmisch subtil – und auch sein Ton beeindruckt immer wieder, auch wenn er ob des Tempos natürlich etwas in den Hintergrund gedrängt wird. Erneut folgt Monk seinerseits mit einem engagierten Solo, das wie so oft eng um Themenmotive herum gesponnen wird, bevor es schwatzhaft wird aber raffiniert Gebrauch von Pausen macht. Ware folgt mit einem hörenswerten kurzen Beitrag am Bass und in der abschliessenden Reprise des Themas wird erst recht deutlich, wie perfekt Monk und Coltrane harmonieren.

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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #165: Johnny Dyani (1945–1986) - 9.9., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba