Antwort auf: Ich höre gerade … Jazz!

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gypsy-tail-wind
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vorgarten
dagegen ist wenig zu sagen, z.t. geht mir das ganz ähnlich. das vergnügen am spiel hendersons ist auch bei mir oft ein intellektuelles – oder ein körperliches (weil er rhythmisch einfach eine unglaublich knackige präsenz haben kann, gilmore ist ihm da recht nah, obwohl der sich halt nie so ernsthaft auf popformen eingelassen hat), aber emotional würde ich auch nicht als erstes attribut wählen. da liegt mir persönlich jordan viel näher. in der kategorie „toller ton, emotional distanziert“ wären bei mir eher george coleman und griffin, „etwas zu gepflegt“ finde ich heath auch, aber auch mobley, von dem ich schöne momente, aber niemals einen erdrutsch erwarte. ich weiß, dass die beiden letztgenannten hier große fans haben (es sind auch alles differenzierungen in einem feld von leuten, die alle eine eigene stimme gefunden haben, was ja erstmal das wichtigste ist).
hendersons blue notes, angefangen bei OUR THING, haben bei mir damals defür gesorgt, mir den gesamten output von elastischem hardbop zu erschließen, der bei diesem label in der ersten hälfte der 60er herausgekommen ist. und dorham sorgt speziell in dieser band ja immer dafür, das emotionale vakuum zu füllen. aber INNER URGE finde ich schon auch überragend, ich habe dabei fast das gefühl, dass henderson sich ein bisschen öffnet. die milestone-box ist super, weil die settings etwas schillernder werden, POWER TO THE PEOPLE und ELEMENTS sind da für mich unverzichtbar. und die späteren sachen von henderson sind einfach respekteinflößend konsistent. ich erinnere mich auch daran, wie fasziniert ich mal bei einem konzert von henderson/holland/foster vor dem fernseher hängen geblieben bin, THE STANDARD JOE muss auch unbedingt mal her.

Danke für diese differenzierte und ausführliche Rückmeldung! Letzten Endes geht es mir ja z.B. mit Griffin und Mobley anders, die sind mir (wie Dorham oder Hill) wirklich nah und wichtig. Mein Einstieg in den „elastischen Hard Bop“ (gefällt mir, die Bezeichnnung!) kam halt quasi von hinten, also aus den Fünfzigern, via Mingus (bei dem ich Dolphy kennenlernte), Booker Ervin mit Jaki Byard, die Mosaic-Boxen von Jackie McLean, Andrew Hill und Sam Rivers … so zieht jeder seine eigenen Bahnen und schnappt sich das eine da, das andere dort auf. Gilmore hörte ich z.B. bevor ich mich hinter Sun Ra machte auf dem Album mit Clifford Jordan, das J.R. Monterose-Album auf Blue Note war noch so ein Monolith (über den ich dann zu den Red Rodney/Ira Sullivan-Aufnahmen kam, aber die Chicago-Ecke ist ja nochmal eine andere als der elastische Hard Bop).
George Coleman höre ich auch mit etwas Distanz, allerdings gab es irgendwann einen Moment, als ich das Konzert mit „Four & More“ und „My Funny Valentine“ irgendwie „begriff“ und auch sein Spiel dort zu mir sprach, das war wohl so mit 15 oder 16 mal, noch bevor ich die Klassiker des „second quintet“ kannte (ich hatte damals die alte dicke Doppel-CD „The Great Concert“ oder so ähnlich hiess die wohl?)

soulpopeMir war als bekennenden Bassfetischisten ja lange die Bewwunderung/Nachfrage von Rufus Reid unklar, diese Aufnahme hat das nachhaltig geändert ….
P.S Hank Mobley hat sich IMO einige Male neu erfunden und gleichzeitig hat er immer wieder Aufnahmen in Formationen bzw mit Musikern unternommen, welche welchselseitig befruchtend waren …. bei Johnny Griffin – welchen ich auch einige Male live erlebt habe – war das für strukturell und in der Ausrichtung zusehends Monokultur, welche (bei mir) sukzessive Distanz ex ante geschaffen hat ….

Was Rufus Reid betrifft, den finde ich okay aber nicht besonders herausragend, wäre jedenfalls kein Bassist, dessen Name bei mir auf Lieblingslisten auftauchen würde. Carter mochte ich damals wohl insgesamt noch lieber als heute, dafür begriff ich damals z.B. Charlie Haden noch überhaupt nicht (und fand „An Evening with“ viel weniger interessant als „State of the Tenor“, was ich demnächst nachprüfen werden kann).

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