Antwort auf: Vom regelgemässen (und anderen) Setzen von Tönen – Gedanken zum Komponieren

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Bernstein als Pianist kenne ich sonst auch nur – wieder mit den Juilliards – von Mozarts Klavierquartetten. Die ich als ziemlich zupackend in Erinnerung habe, ich müsste suchen, habe ich vor langer Zeit aus dem Radio mitgeschnitten (nein, keine Liveübertragung …).

Danke für die Ergänzung zu Brendel, das hört sich gut an. Ich bin auch wirklich kein Brendelbeschimpfer, es ist nur, dass ich bisher von seinem Spiel noch nicht so getroffen wurde, wie er es womöglich meint. Das, der Gedanke und die reale Umsetzung bleiben so oft zwei verschiedene Dinge, weshalb die Wahrnehmung ihres Zusammentreffens durch einen Dritten, vulgo Hörer, diesen dann so beglückt. Das kann sich bei mir gewiss noch ändern. Und die Äußerungen der Musikerkollegen unter- und übereinander sind wohl nicht selten einfach einer Lässigkeit des Betriebs (da spielen auch die von gypsy erwähnten Schäfchen eine Rolle, denen der Wolfinterpret auf einmal folgt, ohne es letztlich zu wollen) geschuldet. Eines habe ich, soweit ich Goulds Schriften bisher vor mir hatte, immer geschätzt: Gould ist selten abfällig in seinen Äußerungen. Manchmal deutlich, aber wenn er etwas nicht nachvollziehen kann, dann belässt er es dabei.

Zu seiner Verteidigung von Strauss. Ich werfe mal ein, dass die Wertschätzung des Theoretischen – der musikalischen Kenntnis, des Komponierens – bei Gould reichlich auf einem präzise emotionalen Enthusiasmus beruht und auch nur auf diesem Bathos für ihn interessant zu sein schien. Dann ist es unerheblich, ob etwas „veraltet“ oder nicht „zeitgemäß“ ist oder je aktuellen Regeln zuwiderläuft. Es gibt da einen Text von Gould über einen Fälscher von Gemälden, ich habe den Namen vergessen, jedenfalls hatte da ein Mann, Holländer oder Belgier, Bilder wie Vermeer van Delft gemalt und das auch druntergeschrieben. Hoch gelobt und begrüßt, die neuen Vermeers. Bis die Sache aufflog, da waren die Bilder auf einmal nur Schrott wert. Da setzt Gould dann an und fragt sich, was das denn, übertragen auf die Verhältnisse in der Musik, überhaupt heißen solle, Mendelssohn sei so gut wie Beethoven oder wahlweise er habe ihn ja nur kopiert. Das Wissen um den zeitlichen Kontext – fast hätte ich gesagt: die zeitliche Zeit – scheint entscheidend zu sein, obwohl auch albern. Für die Werktreue bedeutet das etwas Seltsames, was Brendel vielleicht auch meinte: Es gibt sie nicht, wir haben nur die Fetzen, die uns vorgelegt werden und es ist eine nicht geringe Arbeit, aus Fetzen ein halbwegs sitzendes Kleid oder einen Anzug, die nicht von der Stange kommen, zu schneidern. Und dann wieder die tausend Geschmäcker …

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