Antwort auf: Ich höre gerade … klassische Musik!

#10042987  | PERMALINK

gruenschnabel

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gypsy-tail-wind Und da ihr bzw. Du @clasjaz gerade darüber spricht, streue ich das gestern im Booklet zur Gielen-Box aufgeschnappte Zitat von dessen (Gielens) Onkel Eduard Steuermann ein: „Mein Gott, wenn der Bruckner die Kompositionstechnik von Mahler gehabt hätte oder dem Mahler die Einfälle von Bruckner gekommen wären, was wäre das für eine Musik geworden.“ Gielens Nachsatz im Booklet, dessen Text wohl auf einem Gespräch beruht: „Nein, nein, es ist schon richtig so: es muss ja nicht alles so raffiniert komponiert sein, es kann ja sehr wohl mit der Axt gehauen sein und trotzdem großartig. Anselm Kiefer habe ich mal beobachtet bei der Arbeit, der hat mit der Axt gemalt, und es ist großartig.“ (Paul Fiebig, Liner Notes zu: Michael Gielen Edition Vol. 2, 1968-2013: Bruckner, Symphonies No. 1-9, 10 CD, SWR Music, 2016)

Zum Thema ‚Einfall und Kompositionstechnik‘ bei Mahler und Bruckner (+ Beethoven): Im Interview mit Paul Fiebig antwortet Gielen auf die Frage nach einem womöglich „vergessenswert[en]“ Eklektizismus in Mahlers Fünfter: „Die Erfindung ist doch nicht der Punkt. Wie kärglich sind viele Beethoven-Themen. Was man komponiert damit, das ist das Entscheidende. Was nützt mir die genialste Erfindung Bruckners, wenn er damit nichts anfangen kann. Gut, er kann relativ… Nein, nein, man kann sich nicht aufs hohe Roß setzen und der Meinung sein, daß Kompositionstechnik etwas aus den Niederungen ist, man kann nicht hinunterschauen auf die technische Errungenschaft, gut zu komponieren. Das ist ja auch eine techné. Was ist denn Kunst ohne ihre inhärente Technik? Ein billiger Einfall ist scheußlich, wenn man nicht komponieren kann; wenn einer komponieren kann, stört er mich überhaupt nicht.“

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