blindfoldtest #24 – vorgarten

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  • #10226953  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

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    wahr#11

    Platte wird gekauft, falls regulär irrsinnspreisfrei erhältlich.

    vinyl liegt bei discogs zwischen 20 und 45 euro, cd gibt es auch noch bzw. wieder zum normalpreis.

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    Highlights von Rolling-Stone.de
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    #10226979  | PERMALINK

    pheebee
    den ganzen Tag unter Wasser und Spaß dabei

    Registriert seit: 20.09.2011

    Beiträge: 35,365

    @vorgarten

    von mir kommen auch noch Kommentare, ich werde nach einer turbulenten Woche das Wochenende dafür nutzen, um den BFT in Ruhe durchzuhören und danach versuchen meine Eindrücke zu schildern.

    --

    Ever tried. Ever failed. No matter. Try Again. Fail again. Fail better. Samuel Beckett - 'Cos music is for listening and not to stored away in a bloody cupboard.
    #10226995  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 12,716

    das würde mich freuen, @pheebee.

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    #10227041  | PERMALINK

    gruenschnabel

    Registriert seit: 19.01.2013

    Beiträge: 6,129

    Den bft höre ich jetzt zum ersten bis zweiten Mal und werde mein unbeleckt-naives Gedankenströmchen mal fließen lassen.
    #1
    Bislang eines meiner Highlights des bft. Tolles Ensemblespiel. Früher fand ich Dixieland immer total nervig (mit Gesang ist mir das allerdings auch gar nicht geläufig), diesen Track erlebe ich hingegen als sehr angenehm, schlicht, fast schon elegant zurückgenommen. Aber eins greift wunderbar ins andere, auch die Form ist für meinen Geschmack schön ausbalanciert. Die Klarinette erscheint mir dynamisch erst etwas sehr hinter tr und pos zurückzustehen, tritt dann aber hörenswert hervor. Auch der Sängerin höre ich sehr gern zu, die einerseits ein ganz schön auffälliges Organ hat, andererseits aber unaufdringlich und fein gestaltet – passt.

    #2
    Meine Aufmerksamkeit ist hier recht schnell futsch. Wirkt fast wie eine rezitativische Improvisation innerhalb eines Bühnenstücks, von daher könnte es sein, dass das ohne Textverstehen auch nicht so sinnvoll ist, sich dazu zu äußern. Es pendelt immer zwischen zwei zunächst angenehm ätherischen Harmonien hin und her und scheint sich mit den syllabischen, teilweise sprechenden, teilweise in kantable Kurzwendungen übergehenden Vocals in einer Stimmungsmalerei zu erschöpfen. Allerdings ist nichts darin enthalten, was mich zu fesseln vermag. Es ist mir irgendwie zu harmlos. Die Mundharmonika erweckt dann bei mir den Anschein, als könne es jetzt eine Zuspitzung oder so etwas wie ein schärferes Profil geben, es ist aber bloß ein additives Element.

    #3
    Das, was ich bei #1 noch als ausbalanciert empfand, fehlt mit hier. Die Sängerin empfinde ich als zu dominant, mehr als dieser sehr offensive (und für meine Ohren weniger feine) vokale Charme kommt mir aber vom Ensemble nicht entgegen.

    #4
    Im ersten Moment habe ich mich über die knackige Rhythmik gefreut, dann habe ich nach der Nummer meines Klavierstimmers geschielt. Das, was der Pianist da in der linken Hand spielt – sagt man dazu ‚Voicings‘? Jedenfalls sind mir die zu wenig transparent, und das liegt m.E. nicht an der Klang-/Aufnahmequalität. Aber sie sind ziemlich tief, verstimmt und auch verwaschen artikuliert gespielt. Und Letzteres empfinde ich auch hinsichtlich der rechten Hand, sodass ich der Improvisation insgesamt nicht sehr angeregt folge. Gut gefällt mir aber vor allem der agile Drummer.

    #5
    Auch dieser Groove macht mich an, das Thema ist insgesamt zwar nicht zum Ausflippen bemerkenswert, aber – pfiffig, charmant, schön phrasiert.
    Dazu kommt nun ein Klaviersolo, das mich deutlich glücklicher macht als bei #4. Es knüpft an die Klarheit des Themas an und nimmt dessen rhythmischen Gestus sehr hübsch auf. Timing und Phrasierung finde ich richtig klasse. Und ich mag die kurzweilige Art, wie sich dann dicht aneinandergereiht die weiteren Solos anschließen. Das Harfenteil allerdings überzeugt mich nicht.

    #6
    Im ersten Moment dachte ich: Ist das hier die Gesangsmelodie von #2? Aber der Klaviereinsatz hat ja sechs Stufen. Und dann kommt so eine Debussy-artige Passage, die mich an die berühmte erste Klavier-Arabesque denken lässt. Spielt außer in der Einleitung allerdings dann keine Rolle mehr.
    Das Klaviersolo hat für meine Ohren zu viele Töne – ich wünschte mir Reduktion zu Gunsten einer Art „Innerlichkeit des Ausdrucks“ (uff, ist spät) und denke völlig unmotiviert an den Beginn des langsamen Satzes aus Ravels G-Dur-Klavierkonzert. Ich spüre den Reiz dieses Hin und Hers und hier Schleifchen drum und dort noch eine Verzärtelung nicht. Und der harmonisch überdimensionierte Schlussakkord fasst das für mich noch mal symptomatisch zusammen: Weniger wäre für meinen Geschmack – äh, zumindest erstmal nicht gleich weniger.

    --

    #10227043  | PERMALINK

    wahr

    Registriert seit: 18.04.2004

    Beiträge: 15,224

    vorgarten

    wahr#11 Platte wird gekauft, falls regulär irrsinnspreisfrei erhältlich.

    vinyl liegt bei discogs zwischen 20 und 45 euro, cd gibt es auch noch bzw. wieder zum normalpreis.

    Hört sich erstmal ganz erschwinglich an. : )

    #10227055  | PERMALINK

    wahr

    Registriert seit: 18.04.2004

    Beiträge: 15,224

    wahr#2 Scheint mir recht modern zu sein, weil die Sängerin gleichzeitig zu reflektieren scheint, über das sie singt. Toll auch der geisterhafte Einsatz der Mundharmonika, die wie eine ferne Erinnerung klingt. Tolles Stück!

    vorgartenja, vergleichsweise modern. die erinnerungen sind mehrfach durch phasen der eigenen karriere gefiltert. die mundharmonika hier steht für den unmöglichen versuch, die sounds des kaffs in arkansas, wo die sängerin herkommt, nachzubilden. ich finde ja auch den freien rhythmus toll. die form kommt irgendwie von innen heraus und das ganze bleibt flüchtig, wie eine wolke.

    Einer der Tracks, bei dem mich sehr interessiert, wer dahinter steckt. Die freie, flüchtige  Form finde ich auch klasse.

    wahr#3 Schellack-Time. Stück kenne ich, aber diese Version nicht. Ist aber nicht mein Fall. Ich mag jedoch den Gesang, auch wenn er etwas sehr auf die Animationstube drückt. Jetzt das Gitarrensolo ab 2:15 bis 2:35 ist allerdings extraordinäre Superklasse! Cool und treibend.

    vorgartenkein schellack, öffentlichrechtliches fernsehen aber endlich hebt mal jemand das (zu kurze) gitarrensolo hervor! das hat ja verrückterweise was von django, finde ich, aber auch noch was anderes. und das war quasi revolutionär. kein wunder, dass die stadtmauern einstürzten.

    Ich wollte noch schreiben, dass das Gitarrensolo aus der Zukunft kommt. Es gibt manchmal so Momente in der Musik, da biegt sich der Zeitablauf zurück und baut eine Zukunft mit ein, dass einem schwindelig wird. Es gibt da auch so ein Intro zu einem Dub von King Tubby, das nimmt 1974 quasi Acid House vorweg. Zufällig hat ein guter schwerer Dub ja auch die Fähigkeit, Mauern (vorzugsweise von Babylon, nicht Jericho) einstürzen zu lassen. Oder die Gitarre von Willie Johnson auf Howlin‘ Wolfs „Moanin‘ At Midnight“ ist auch so ein Moment, in dem quasi der ganze zukünftige Rhythm & Blues Platz hat.

    wahr#4 Schön treibend, ich mag auch den Sound, obwohl er ziemlich schrottig ist, aber das hat eben eine eigene Qualität. Die Band hat ein gemeinsames Ziel, sie treibt gemeinsam darauf zu. Klavier und Schlagzeug sind absolut fleischig und virtuos. Tolles Stück.

    vorgartenfleischig und virtuos? toll. das geistige und das fleichliche. aber wenn ihr wüsstet, wer das ist… hat sich vegetarisch ernährt, so weit ich weiß.

    Vegetarier bestehen ja auch aus Fleisch (und Geist natürlich auch). Wunder der Transformation.

    wahr#6 Romantisches Klavier, könnte Filmmusik sein, also kein Hauptthema, eher was für zwischendurch, was jetzt keine Kritik ist. Denn manchmal ist gerade das zwischendrin ja das Wichtige. Jedenfalls gut, dass der Kitsch draußen bleiben muss. Aber so richtig kriegt mich der Track nicht.

    vorgartentja, da bist du nicht der einzige. ich dagegen höre das überhaupt nicht als lückenfüller. ich habe eine große schwäche für pianistische eleganz und die komposition finde ich ausgsprochen schön, und sie wird mit unzähligen feinen schattierungen ausgemalt. ich könnte das mittlerweile mitsingen. zur welt des films gibt es allerdings bezüge.

    Jetzt grad hör ich es wohl zum insgesamt fünften mal und ja, das Piano ist wirklich schön in seiner unaufdringlichen Lebendigkeit.

    wahr#8 Schöne Orgel, schleppender Groove, Achselduft. Hier ist Sex im Spiel. Sax kommt nach 1:20 überraschend schnell in Fahrt. Mir gefällt der Schmutz im Sound. Total drüber.

    vorgartenja, oder? ich finde das total krass, wie billig die effekte hier angesteuert werden und wie sicher sie sich einstellen. aber das sax ist großartig und könnte viel mehr, das hört man.

    Super Track. Ein Kaufkandidat vielleicht. Bin jedenfalls gespannt auf die Auflösung.

    wahr#10 Lord have mercy on me. Ein guter Swinger, mit viel Soul, auch Gospel mit dem korrespondierenden Sängerinnen im Hintergrund. Gefällt mir gut.

    vorgartenschön, ich finde auch, dass das hier alles passt und ziemlich funkelt.

    Aus der Ecke würde ich gerne noch mehr Tipps bekommen.

    wahr#13 Was leichtes zum Entspannen. Kommt zur rechten Zeit. Ein schönes Stück, ein bisschen Fusion, fließt dahin mit der Flöte, kann ich mich reinsenken. Klaviersolo, dann Bass, Drums. Alle dürfen mal.

    vorgartenja, es fließt und bleibt leicht, ohne oberflächlich zu sein. sehr viel mehr will es auch nicht, glaube ich.

    Ich schleiche schon seit einiger Zeit um eine Platte von Bobbi Humphrey herum, die in einem Laden steht, den ich so ca. 1x/Monat besuche. Ist der Track zufällig von Bobbi Humphrey?

    wahr#14 Das klingt wie von Argo/Cadet. Falls es ein Instrumental auf einer Platte von Marlena Shaw geben sollte, könnte es so klingen wie hier. Finde ich sehr schön. Ich bin mir ziemlich sicher, dass teilweise die gleiche Mannschaft hier spielt, die auch auf Shaws „Woman Of The Ghetto“ mitwirkt. Auch wenn mich die Fuzz-Gitarre gerade etwas verwirrt. Tolles Stück.

    vorgartenhier ist der gleiche arrangeur/produzent am werk und es ist tatsächlich ein cadet-album. bei shaw sind ja leider die musiker_innen nicht bekannt (hier z.t. auch nicht), aber eine kalimba gibt´s da auch!

    Ah, ok, dann lag ich ja nicht ganz falsch. Ich müsste mich mit diesen Sachen auch wieder mehr beschäftigen. Gefällt mir gut.

    wahr#15 Das ist irgendwas aus dem Laswellschen Material-Universum. Sänger ist von den Last Poets. Kenne ich, finde ich auch klasse, auch wenn es einen gewissen, gefährlichen Comedy-Touch hat. Aber hier klappt es. Gutes Stück. Ist müsste meine Material-Platten mal wieder rauskramen. Auf meinen Material-Platten ist das aber nicht drauf, glaube ich.

    vorgartenhier bist du auf dem falschen dampfer, was mich sehr wundert, weil ich dachte: dieses stück ist für dich. aber so genau weiß ich ja gar nicht, was du hast oder kennst, du bist ja auch sehr breit aufgestellt. also nix mit laswell und material und last poets. ist älter.

    Verdammt, ich habe versagt! Ich kenne das aber! Nur woher? Fred Frith? Von „Speechless“? Ich krieg das noch raus!

    wahr#16 Fängt sehr interessant an. Schnarrendes, ein einfaches Melodiemotiv, Klavier. Ein bisschen muss ich an das Kammerflimmer Kollektief denken, mir scheint das hier aber gespielt zu sein, nicht zusammengesetzt. Hat eine gute spannnungsreiche Atmosphäre. Ausnehmend gutes Stück, das einen ein bisschen in Trance versetzt.

    vorgartendas ist alles live und am stück aufgenommen, mit ein bisschen freidrehendem produzententum, kinderbeteiligung, dem berühmtesten gähnenden bass der jazzgeschichte und einem BITCHES-BREW-veteran.

    Da bin ich ebenfalls mal gespannt auf die Auflösung. Gefällt mir wirklich gut.

    wahr#17 Hat einen afrikanischen Touch, schöner Gesang, aber mir bleibt irgendwie nichts hängen. Ich spüre irgendwie zu wenig Dynamik.

    vorgartenach, schade, das geht irgendwie allen so. sehr laut hören könnte helfen. aber das mit dem afrikanischen touch gefällt mir gut. brandstand hat schon joni mitchell herausgehört.

    So, habe jetzt noch mal einen lauten Versuch gestartet. Aber das zündet bei mir einfach nicht. Trotzdem insgesamt ein hervorragender, abwechslungsreicher und sehr inspririerender bft, vorgarten!

    zuletzt geändert von wahr
    #10227117  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 12,716

    gruenschnabelDen bft höre ich jetzt zum ersten bis zweiten Mal und werde mein unbeleckt-naives Gedankenströmchen mal fließen lassen.

    immer diese tiefstapler im forum ;-) und dann kommen so elaborierte kommentare und ich merke: ich habe endlich meinen duellanten gefunden! denn mit ausnahme der sängerin in #1 höre ich fast alles diametral entgegengesetzt. das ist wirklich spannend, und nicht nur deshalb danke ich dir sehr für’s mitmachen!

    gruenschnabel#1
    Bislang eines meiner Highlights des bft. Tolles Ensemblespiel. Früher fand ich Dixieland immer total nervig (mit Gesang ist mir das allerdings auch gar nicht geläufig), diesen Track erlebe ich hingegen als sehr angenehm, schlicht, fast schon elegant zurückgenommen. Aber eins greift wunderbar ins andere, auch die Form ist für meinen Geschmack schön ausbalanciert. Die Klarinette erscheint mir dynamisch erst etwas sehr hinter tr und pos zurückzustehen, tritt dann aber hörenswert hervor. Auch der Sängerin höre ich sehr gern zu, die einerseits ein ganz schön auffälliges Organ hat, andererseits aber unaufdringlich und fein gestaltet – passt.

    hier haben wir eine große übereinstimmung. die band wird hier als ein bisschen lahm wahrgenommen, aber irgendwie greifen sie diese zurückhaltende magie der sängerin sehr schön auf und verlängern ihre bewegung.

    gruenschnabel#2
    Meine Aufmerksamkeit ist hier recht schnell futsch. Wirkt fast wie eine rezitativische Improvisation innerhalb eines Bühnenstücks, von daher könnte es sein, dass das ohne Textverstehen auch nicht so sinnvoll ist, sich dazu zu äußern. Es pendelt immer zwischen zwei zunächst angenehm ätherischen Harmonien hin und her und scheint sich mit den syllabischen, teilweise sprechenden, teilweise in kantable Kurzwendungen übergehenden Vocals in einer Stimmungsmalerei zu erschöpfen. Allerdings ist nichts darin enthalten, was mich zu fesseln vermag. Es ist mir irgendwie zu harmlos. Die Mundharmonika erweckt dann bei mir den Anschein, als könne es jetzt eine Zuspitzung oder so etwas wie ein schärferes Profil geben, es ist aber bloß ein additives Element.

    das ist eine pastorale idylle auf der grundlage von äußerst kargen verhältnissen, woraus sich die frage ergibt, ob man das ganze in musik umsetzen kann. gefiltert wird das durch den blick zurück aus einer urbanen situation (in diesem fall chicago) und die erfahrungen freien, experimentellen, politisch bewussten jazz-sensemble-spiels. mit sehr sophisticateten mittel soll hier die kargheit der kindheit als poetischer raum wieder auferstehen. harmlos ist das alles nicht. aber stimmungsmalerei an sich ist ja noch nichts schlimmes, wenn die stimmung komplex ist.

    gruenschnabel#3
    Das, was ich bei #1 noch als ausbalanciert empfand, fehlt mit hier. Die Sängerin empfinde ich als zu dominant, mehr als dieser sehr offensive (und für meine Ohren weniger feine) vokale Charme kommt mir aber vom Ensemble nicht entgegen.

    ok, fein ist das natürlich nicht. es geht ja um einstürzende stadtmauern und eine schlacht. die band wurde von anderen hier schon so wahrgenommen, dass sie der sängerin etwas entgegenzusetzen hat, der drummer vor allem. es ist also vielleicht eine andere art von balance als in #1, wo die band sich so schön in der gleichmäßigkeit (trance?) des gesangs ausbreitet. hier rumpelts und kracht und fetzts.

    gruenschnabel#4
    Im ersten Moment habe ich mich über die knackige Rhythmik gefreut, dann habe ich nach der Nummer meines Klavierstimmers geschielt. Das, was der Pianist da in der linken Hand spielt – sagt man dazu ‚Voicings‘? Jedenfalls sind mir die zu wenig transparent, und das liegt m.E. nicht an der Klang-/Aufnahmequalität. Aber sie sind ziemlich tief, verstimmt und auch verwaschen artikuliert gespielt. Und Letzteres empfinde ich auch hinsichtlich der rechten Hand, sodass ich der Improvisation insgesamt nicht sehr angeregt folge. Gut gefällt mir aber vor allem der agile Drummer.

    diese bemerkungen finde ich wirklich super interessant. du hast da wirklich sehr genau hingehört. für verstimmte klaviere können musiker ja nichts, aber was die beiden hände da machen, sorgt natürlich nicht unbedingt für transparenz. die linke spielt wirklich sehr tief, dabei aber auch sehr hart und oft nicht genau auf der eins (sie betont denr rhythmus nicht so, dass er klarer würde, das ist bei diesem drummer aber auch nicht nötig). ich höre da eine tolle und eigensinnige schönheit raus, die für mich schon die halbe miete ist. die arpeggien rechts kommen aus einem ziemlich tiefen blues feeling, rollen aber auch mehr über die changes, als dass sie sie betonen. für mich könnte das alles damit zusammen hängen, dass da jemand ursprünglich von der orgel kommt, sowieso mit rechts und links ganz andere sounds zu erzeugen gewohnt ist und außerdem eher variationen ins rollen zu bringen gelernt hat, statt dramaturgisch lineare soli aufzubauen. das führt ins „zweite thema“ dieses bfts, den jazz mal vom spiritual zu denken. jetzt ist das hier aber bebop-material, d.h. es müsste also eigentlich scharf auf den punkt kommen. das klappt allenfalls so gerade, aber das „so gerade“ macht für mich einen ganz großen reiz aus. (am ende geht ja doch all das musikalisch auf die gleichen quellen, das gleiche bewusstsein und die gleiche sensibilität zurück).

    gruenschnabel#5
    Auch dieser Groove macht mich an, das Thema ist insgesamt zwar nicht zum Ausflippen bemerkenswert, aber – pfiffig, charmant, schön phrasiert.
    Dazu kommt nun ein Klaviersolo, das mich deutlich glücklicher macht als bei #4. Es knüpft an die Klarheit des Themas an und nimmt dessen rhythmischen Gestus sehr hübsch auf. Timing und Phrasierung finde ich richtig klasse. Und ich mag die kurzweilige Art, wie sich dann dicht aneinandergereiht die weiteren Solos anschließen. Das Harfenteil allerdings überzeugt mich nicht.

    „pfiffig“ und „charmant“ waren wohl genaus das, was der produzent dieser aufnahme haben wollte, für den sich hier die musiker zusammenfanden. man hat das beste daraus gemacht, finde ich, charmant ist das in der tat. es gibt aber auch feinheiten, z.b. dass das latin-thema eben nicht mit schmissigen bläsern vorgestellt wird, sondern mit gestopfter trompete und gitarre. und der groove halt eher aus dem handgelenk kommt, nicht mit oberarmmuskeln (die aber bestimmt auch zur verfügung standen) erzeugt wird. und kurzweilig ist das alles sowieso.

    gruenschnabel#6
    Im ersten Moment dachte ich: Ist das hier die Gesangsmelodie von #2? Aber der Klaviereinsatz hat ja sechs Stufen. Und dann kommt so eine Debussy-artige Passage, die mich an die berühmte erste Klavier-Arabesque denken lässt. Spielt außer in der Einleitung allerdings dann keine Rolle mehr.
    Das Klaviersolo hat für meine Ohren zu viele Töne – ich wünschte mir Reduktion zu Gunsten einer Art „Innerlichkeit des Ausdrucks“ (uff, ist spät) und denke völlig unmotiviert an den Beginn des langsamen Satzes aus Ravels G-Dur-Klavierkonzert. Ich spüre den Reiz dieses Hin und Hers und hier Schleifchen drum und dort noch eine Verzärtelung nicht. Und der harmonisch überdimensionierte Schlussakkord fasst das für mich noch mal symptomatisch zusammen: Weniger wäre für meinen Geschmack – äh, zumindest erstmal nicht gleich weniger.

    ok, das ist eine einfach jazzballade, die sicherlich thematisch und harmonisch spannend genug ist, sie auch ganz reduziert und „innerlich“ zu spielen. die interpretation hier geht einen anderen weg: sie baut kontraste (dynamisch, arpeggien vs. blockakkorde, klassische reinheit vs. blue notes, etc.), sie entwickelt eine idee nach der anderen, um das reizende, aber auch das dunkle potenzial der komposition verfügbar zu halten. spätestens ab der hälfte wird das für mich zur trance, weil es immer wieder auf das bittersüße zurückkommt, einen neuen anlauf nimmt, wieder dort landet, einen neuen anlauf nimmt, wieder dort landet… schließlich, in der coda, wenn bass und schlagzeug aufgeben, kommt das thema in größtmöglicher einfachheit – und im ausgebreiteten schlussakkord fließt das gesamte solo in eine ambivalente schlussgeste… wenn das nicht alles ganz groß ist, dann habe ich keine ahnung von musik und vom leben ;-)

    du merkst, ich kämpfe für meine auswahl. aber deine kommentare bringen mich dazu, nochmal neu über die stücke nachzudenken, ohne ihnen die liebe zu entziehen, natürlich. ich hoffe, du machst noch ein bisschen weiter.

    --

    #10227125  | PERMALINK

    wahr

    Registriert seit: 18.04.2004

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    wahr

    vorgartenhier bist du auf dem falschen dampfer, was mich sehr wundert, weil ich dachte: dieses stück ist für dich. aber so genau weiß ich ja gar nicht, was du hast oder kennst, du bist ja auch sehr breit aufgestellt. also nix mit laswell und material und last poets. ist älter.

    Verdammt, ich habe versagt! Ich kenne das aber! Nur woher? Fred Frith? Von „Speechless“? Ich krieg das noch raus!

    #15
    Ok, nun hab ich’s gefunden in der Sammlung. : )

    #10227133  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

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    @wahr
    schön, dass du mit dem bft noch nicht fertig bist!

    #2

    wahrEiner der Tracks, bei dem mich sehr interessiert, wer dahinter steckt. Die freie, flüchtige Form finde ich auch klasse.

    die können natürlich auch anders. aber eine entdeckung ist dieses trio (die besetzung von bass und schlagzeug wechseln) auf jeden fall. es wäre sehr schön, wenn ein paar leute nach diesem bft mehr davon hörten.

    #3

    wahr Ich wollte noch schreiben, dass das Gitarrensolo aus der Zukunft kommt. Es gibt manchmal so Momente in der Musik, da biegt sich der Zeitablauf zurück und baut eine Zukunft mit ein, dass einem schwindelig wird. Es gibt da auch so ein Intro zu einem Dub von King Tubby, das nimmt 1974 quasi Acid House vorweg. Zufällig hat ein guter schwerer Dub ja auch die Fähigkeit, Mauern (vorzugsweise von Babylon, nicht Jericho) einstürzen zu lassen. Oder die Gitarre von Willie Johnson auf Howlin‘ Wolfs „Moanin‘ At Midnight“ ist auch so ein Moment, in dem quasi der ganze zukünftige Rhythm & Blues Platz hat.

    du meinst das hier von king tubby, oder?

    das ist unfassbar. und bei der gitarre hier verstehe ich deinen punkt auch:

    bitte mehr davon!

    #6

    wahr
    Jetzt grad hör ich es wohl zum insgesamt fünften mal und ja, das Piano ist wirklich schön in seiner unaufdringlichen Lebendigkeit.

    ich habe mir gerade große mühe gegeben, in antwort auf gruenschnabel zu erklären, wie ich diesen track höre. lebendig, klar, aber viele finden das wohl eher aufdringlich, weil es ja stark mit ornamenten arbeitet, die mit diesem mythos der reduktion aufs wesentliche (was auch immer das sein soll). mehr ist mehr! (und kann ganz leicht daher kommen.)

    #8

    wahr Super Track. Ein Kaufkandidat vielleicht. Bin jedenfalls gespannt auf die Auflösung.

    schön! ein reissue gibt es wohl nicht, aber die originale sind gut zu finden (und klingen dann wohl so wie dieser rip hier, was ja unbedingt so sein sollte).

    #10

    wahrAus der Ecke würde ich gerne noch mehr Tipps bekommen.

    hmmm, welche ecke wäre das… das album ist programmmusik, da geht vielen in eine andere richtung. aber wenn du es präzisierst, fällt uns bestimmt noch was vergleichbares ein.

    #13

    wahrIch schleiche schon seit einiger Zeit um eine Platte von Bobbi Humphrey herum, die in einem Laden steht, den ich so ca. 1x/Monat besuche. Ist der Track zufällig von Bobbi Humphrey?

    das ist eine super idee, auch wenn sie leider ins leere führt. worum schleichst du denn da? FLUTE-IN? die ist mir ein bisschen zu generisch, obwohl wahnsinnig gute musiker an bord sind. humphrey selbst ist auch interessant, sie spielt mit viel weniger vibrato, härter, bluesiger.

    #15

    wahrVerdammt, ich habe versagt! Ich kenne das aber! Nur woher? Fred Frith? Von „Speechless“? Ich krieg das noch raus!

    da bin ich auch ganz sicher. vielleicht mal mehr auf die drums hören? und dabei an ein paar der einflussreichsten bands aller zeiten hören? und dann das alles komplett vergessen?

    #17

    wahrSo, habe jetzt noch mal einen lauten Versuch gestartet. Aber das zündet bei mir einfach nicht. Trotzdem insgesamt ein hervorragender, abwechslungsreicher und sehr inspririerender bft, vorgarten!

    ach, schade, es soll halt nicht sein. das könnte so ein fall sein, dass man die sounds, mit denen man sozialisiert wurde, völlig unkritisch hört und einfach keinen abstand dazu hinbekommt. tatsächlich war das das erste stück, das ich für das projekt „neuer bft“ ausgewählt hatte, bevor ich über thema 1 und thema 2 von bft#24 nachgedacht habe.

    danke für das lob! freut mich sehr, wenn das hier auch ein bisschen spaß macht, bei der ganzen arbeit, die ich euch damit mache ;-)

    --

    #10227135  | PERMALINK

    vorgarten

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    wahr#15
    Ok, nun hab ich’s gefunden in der Sammlung. : )

    ach komm, du hast doch einfach nur den text gegoogelt, wie alle anderen bisher auch ;-)

    --

    #10227137  | PERMALINK

    wahr

    Registriert seit: 18.04.2004

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    vorgarten

    wahr#15
    Ok, nun hab ich’s gefunden in der Sammlung. : )

    ach komm, du hast doch einfach nur den text gegoogelt, wie alle anderen bisher auch

    Nein, nein. Ich habe es professionell eingekreist über Fred Frith und Michael Mantler. Aus Verzweiflung habe ich dann die richtige Wahl getroffen und war selbst überrascht. : )

    #10227159  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

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    vorgarten

    wahr#15
    Ok, nun hab ich’s gefunden in der Sammlung. : )

    ach komm, du hast doch einfach nur den text gegoogelt, wie alle anderen bisher auch

    im Gegensatz zu Shazam ist das immerhin noch ehrliche Hör- und Handarbeit ;-)

    --

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    #10227533  | PERMALINK

    wahr

    Registriert seit: 18.04.2004

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    vorgarten@wahr
    schön, dass du mit dem bft noch nicht fertig bist!

    #2

    wahrEiner der Tracks, bei dem mich sehr interessiert, wer dahinter steckt. Die freie, flüchtige Form finde ich auch klasse.

    vorgartendie können natürlich auch anders. aber eine entdeckung ist dieses trio (die besetzung von bass und schlagzeug wechseln) auf jeden fall. es wäre sehr schön, wenn ein paar leute nach diesem bft mehr davon hörten.

    Also ich bin dabei. : )

    #3

    wahr Ich wollte noch schreiben, dass das Gitarrensolo aus der Zukunft kommt. Es gibt manchmal so Momente in der Musik, da biegt sich der Zeitablauf zurück und baut eine Zukunft mit ein, dass einem schwindelig wird. Es gibt da auch so ein Intro zu einem Dub von King Tubby, das nimmt 1974 quasi Acid House vorweg. Zufällig hat ein guter schwerer Dub ja auch die Fähigkeit, Mauern (vorzugsweise von Babylon, nicht Jericho) einstürzen zu lassen. Oder die Gitarre von Willie Johnson auf Howlin‘ Wolfs „Moanin‘ At Midnight“ ist auch so ein Moment, in dem quasi der ganze zukünftige Rhythm & Blues Platz hat.

    vorgartendu meinst das hier von king tubby, oder?

    das ist unfassbar. und bei der gitarre hier verstehe ich deinen punkt auch:

    bitte mehr davon!

    Das Intro meinte ich, ja. Ich kenne es allerdings von einem anderen Dub. Hat Tubby anscheinend öfter verwendet. Großartig. Mehr Zukunftsmusik? Z.B. „Tater Patch“ von Charlie Lowe, 78er in Privatpressung. Solo. Veröffentlicht auf „Clawhammer Banjo Volume Three“, keine Ahnung, wann das aufgenommen wurde. Ist sehr alt, aber ich finde, das hat in seiner maschinenhaften, verrauschten Lichtgeschwindigkleitspräzision was sehr Elektronisches. Leute wie Laurie Spiegel haben ihre elektronische Musik ja z.T. auf alte Folk-Songs zurückgeführt. Ich staune jedesmal, wenn ich das höre.

    #6

    wahr
    Jetzt grad hör ich es wohl zum insgesamt fünften mal und ja, das Piano ist wirklich schön in seiner unaufdringlichen Lebendigkeit.

    vorgartenich habe mir gerade große mühe gegeben, in antwort auf gruenschnabel zu erklären, wie ich diesen track höre. lebendig, klar, aber viele finden das wohl eher aufdringlich, weil es ja stark mit ornamenten arbeitet, die mit diesem mythos der reduktion aufs wesentliche (was auch immer das sein soll). mehr ist mehr! (und kann ganz leicht daher kommen.)

    Beides – ‚weniger‘ oder ‚mehr‘ – sind künstlerische Entscheidungen, die eben je nachdem ihre Berechtigung haben. Wenn sich alles exakt wiederholt, wundert man sich, warum es trotzdem nicht immer gleich klingt, bis man merkt, dass man selber derjenige ist, der es verändert! Hier bei #6 finde ich es gut, dass die Motive anders gespielt/verziert werden. Das ist dann mehr eine Geschichte, der man folgt, ohne sie selbst erzählen zu müssen.

    #10

    wahrAus der Ecke würde ich gerne noch mehr Tipps bekommen.

    vorgartenhmmm, welche ecke wäre das… das album ist programmmusik, da geht vielen in eine andere richtung. aber wenn du es präzisierst, fällt uns bestimmt noch was vergleichbares ein.

    Ich muss mal überlegen, welche Ecke ich meinte und melde mich dann.

    #13

    wahrIch schleiche schon seit einiger Zeit um eine Platte von Bobbi Humphrey herum, die in einem Laden steht, den ich so ca. 1x/Monat besuche. Ist der Track zufällig von Bobbi Humphrey?

    vorgartendas ist eine super idee, auch wenn sie leider ins leere führt. worum schleichst du denn da? FLUTE-IN? die ist mir ein bisschen zu generisch, obwohl wahnsinnig gute musiker an bord sind. humphrey selbst ist auch interessant, sie spielt mit viel weniger vibrato, härter, bluesiger.

    Die „Blacks And Blues“ ist es.

    #10227867  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 12,716

    wahr
    Mehr Zukunftsmusik?

    „tater patch“ ist echt irre. toll! laurie spiegel sagte mir auch bisher nichts. und die BLACKS AND BLUES von bobbi humphrey kenne ich auch nicht.

    --

    #10227935  | PERMALINK

    wahr

    Registriert seit: 18.04.2004

    Beiträge: 15,224

    vorgartenund die BLACKS AND BLUES von bobbi humphrey kenne ich auch nicht.

    ich hatte im laden einmal kurz reingehört, aber mir war damals grad nicht nach flöte. morgen bin ich wieder da und starte einen neuen versuch. in der wire gibt es die rubrik „the inner sleeve“, wo gastschreiber jeden monat (für sie) besondere cover vorstellen. „blacks and blues“ war auch mal dabei. daher fiel es mir im laden auf. gestern erfuhr ich über discogs, dass ich sogar eine platte habe, auf der humphrey mitspielt: „songs in the key of life“, und zwar auf „another star“. war mir bis dahin nicht klar. und das dorothy ashby auf „if it’s magic“ spielt, habe ich auch nicht gewusst.

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