Antwort auf: ECM Records

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vorgarten

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ECM 1005
the music improvisation company – s/t

eicher gibt der company geld für eine einspielung. derek bailey, evan parker, der stockhausen-assistent hugh davies, das spätere king-crimson-mitglied jamie muir und die sängerin chrstine jeffrey fahren für 5 tage aufs land, in ein verlassenes haus mit swimmingpool und hund (bailey: „was rockbands damals halt gemacht haben.“) laut angaben des gitarristen eine schreckliche erfahrung, brauchbar waren nur die aufnahmen am ersten morgen, „danach wurde es schlimmer und schlimmer“.

der sound ist großartig, direkt, crispy, trocken. wahrscheinlich hat evan parker die aufnahmen gemacht. ben watson ranted gehörig gegen eicher und ecm in seinem tollen buch über derek bailey, er interpretiert das ganze album als ein schienbeintritt gegen eichers späteren „hass“ auf den körperlichen, direkt sound von musik und die weihevollen konzepte (einzelne titel der stücke hier heißen „third string boogaloo“, „packaged eel“, „dragon path“ und „johann van gangbang“).

tatsächlich lässt sich das album aber mühelos als ecm-album hören, als sound, der aus der stille kommt und als evidentes ereignis bereits bedeutsam wird. vieles ist subtil an der grenze zum hörbaren (ich möchte mir das unbedingt auf vinyl besorgen, habe aber angst vor den schleifgeräuschen), verlangt ein völlig anderes hören, entwickelt dann aber eine große vielschichtigkeit und faszination. oft verschwimmen gitarre, sopransax, stimme und elektronik im gleichen soundspektrum, aber im detail ergeben sich verblüffende feinheiten, knoten, schichten. toll auch der gestische impuls, den sie alle perfekt verkörpern, reizreaktionen, aggressive spitzen in den raum. subtil die elektronischen zuspieler und objektverfremdungen von davies, der elektroakustische suspense, der entsteht, wenn man herauszuhören versucht, ob man konkrete sounds von instrumenten oder körpern hört oder elektronisch verfremdete räume.

eine ganz tolle entdeckung aus dieser labelfrühphase. ich muss allerdings dazusagen, dass ich immer so gitarre spielen wollte wie derek bailey und deshalb schon bei zwei kratzgeräuschen hin bin.

Derek Bailey electric guitar
Evan Parker soprano saxophone
Hugh Davies live electronics
Jamie Muir percussion
Christine Jeffrey voice
Recorded on August 25th, 26th, 27th, 1970 at Merstham Studios, London
Engineer: Jenny Thor
Produced by Manfred Eicher

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