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Anonym
Registriert seit: 01.01.1970
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Ich war 10 als ich mir 1982 „ChangesTwoBowie“ vom Taschengeld kaufte. Als Knirps kamen für mich damals ja hauptsächlich Singles in Frage, keine LPs, aber auf dieser Bowie-Kompilation war nicht nur „Ashes to Ashes“ drauf, sondern auch „Starman“. Das allein war mir Kaufgrund genug. Die anderen Stücke kannte ich zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht, aber es sah alles sehr verheißungsvoll aus. Und das Versprechen, welches ich allein schon beim Betrachten des Plattencovers in die Musik gelegt hatte, wurde eingehalten: das Teil lief auf meiner Kompaktanlage fast pausenlos. Ich hab das freejazzige Klaviersolo von „Aladdin Sane“ verinnerlicht wie kaum etwas sonst zuvor, konnte die Noten buchstäblich tanzen sehen, ohne auch nur den Hauch irgendwelcher Querverbindungen oder popkultureller Verweise zu kennen. Musikzeitschriften hatte ich zu jenem Zeitpunkt nämlich noch keine einzige gelesen, die Fixpunkte waren „MusikLaden“ oder „Disco“ im TV, bisschen später dann die BRAVO aufm Schulhof. Man konnte das also alles ganz unmittelbar aufsaugen und es hatte einen Zauber, wie er im Lauf der späteren Jahre zwar immer noch stattfand, aber immer seltener zu finden sein sollte.
Auf „ChangesTwoBowie“ kenne ich jede einzelne Sekunde. Überhaupt gibt es nur zwei Platten, die ich öfter in meiner Jugend gehört habe. Die eine war „Rumours“, die andere das „Weiße Album“. Ich glaube, das ist gar keine so schlechte „Ausbeute“ für ein Aufwachsen in einem mehr oder weniger vollkommen unmusikalischen Elternhaus.
Ende der 80er hatte ich Bowie kaum noch auf dem Schirm. Vieles, was er da gemacht hat, fand ich uninteressant, langweilig, nicht selten sogar richtig schlimm. Und als ein paar Jährchen später „Black Tie White Noise“ erschien, war Bowie für mich fast schon ein Relikt aus grauer Vorzeit, das nochmal zum Sprung ansetzt, es aber nicht mehr wirklich hinkriegt. Erst so vor ungefähr zehn Jahren hab ich meine alten Bowie-Platten wieder neu lieben gelernt. „Station To Station“, „Young Americans“ und „Scary Monsters (And Super Creeps)“, spätere Singles wie „Hallo Spaceboy“ oder das Stück „I’m Deranged“, welches mir urplötzlich in David Lynchs LOST HIGHWAY begegnete… heute dann die Nachricht vom Tode Bowies. Es ist schwer zu fassen, so einer wie er, der konnte doch eigentlich niemals sterben, das Alien, der Gigolo, der Pierrot, der Starman, der Berlinreisende… es braucht sicher noch ein paar Tage, bis die Realität hier zur Gewissheit wird. Gute Reise, David. Danke für alles.
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