Re: Paul Simon, Lörrach, 26.7.2008

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masureneagle

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Jazz Open Stuttgart:
Der US-amerikanische Gitarrist Paul Simon auf dem Pariser Platz
am 17. Juli 2008

Die Spuren der Stille

Selten gab der Pariser Platz mit seiner Glas- und Beton-Bravour einen passenderen Konzertrahmen ab als für Paul Simon, den wohl größten Star, den Jazz Open je nach Stuttgart holte.

Für das Time Magazine zählt der zwölffache Grammy-Gewinner zu den hundert Menschen „who shaped ourworid“. Die Auflistung seiner Songs lässt sich nur tabellarisch bewältigen, unter jedem Buchstaben des Alphabets.

Keine Frage, Paul Simon ist ganz hoher Besuch, so eine Art Papst des Pop, auch wenn er erneut, wie kürzlich in Montreaux, bei einem Jazz-Festival spielt. Wobei Stil-Schubladen für keinen weniger gelten als für Simon, der in Folkrock ebenso reüssierte wie in Balladen-Pop, Fusion, Musical, Weltmusik. Ein Songschreiber ohne Grenzen, der seit Mitte der 50er, damals mit Partner Art Garfunkel als Rock’n’Roll-Duo Tom & Jerry, der populären Musik seinen Stempel aufdrückt.

Und dann kommt er ohne Ankündigung, ohne Zeremonienmeister, ohne jedes Tamtam einfach auf die Bühne inmitten seiner Multi-Kulti-Musikertruppe, das Hemd aus der Hose, auf dem Kopf ein schwarzes Hütchen. Und klein ist der Mann! Einer unter vielen anderen Musikern, der Zuschauern zuwinkt. Und der seinen sieben Begleitern fortan durchaus Profilierung zugesteht.

Die Band steigt gleich ein in den Afro-Groove von „Gumboots“, die luftige Ju-Ju-Gitarre von Vincent Nouini verstrickt sich in Simons elektrische, während dessen New Yorker Diktion dem Song die Pop-Erdung erhält. Öfters an diesem Abend wird er eine akustische Gitarre zupfen, mit all seiner Kompetenz, die ihn Gitarren-Lehrbücher schreiben ließ. Aber in den groovenden, hüpfenden Nummern, und das sind die meisten im Programm, schlägt der Star perkussiv und fast bescheiden die Akkorde, als überlasse er seinen Afro- und Latino-Partnern das Sagen.

Die bewegenden Momente sind indes jene. die sein perlend präzises Fingerpicking in den Mittelpunkt stellen, etwa „Duncan“, eine eindringliche a-Moll-Elegie, in der der Gitarrist dem Herrn im Himmel für seine Finger dankt. Von Interesse sind natürlich auch jene Passagen, die die Erinnerung an Simons alten Partner Art Garfunkel beschwören. Braucht er ihn noch? Einmal, bei „Only living boy in New York“, singt Simons afrikanischer Gitarrist die „harmony vocals“ – krasser könnte der Gegensatz zum blondgelockten Garfunkel kaum sein, aber es klingt gut.

Und in jenen fünf Minuten, die einen das Konzert nie vergessen lassen, braucht Paul Simon niemanden und nichts außer seiner Gitarre. Das ist der Moment, als die Akkorde von „Sounds of Silence“ selbst die Freikarten-Fans mit dem Bier in der Hand zum Verstummen bringen, als auf diesem kühlen Betonplatz so etwas wie süße Stille spürbar wird.

Ein Moment, in dem Paul Simon seine Spuren auch in Stuttgart hinterlässt.

Der zwölffache Grammy-Gewinner Paul Simon hat am Donnerstagabend die Besucher auf dem Pariser Platz in seinen Bann gezogen. Zusammen mit seiner Multi-Kulti-Musikertruppe sorgte er für bewegende Momente auf dem kühlen Betonplatz, insbesondere bei „Sounds of Silence“.

Stuttgarter Nachrichten vom 18. Juli 2008 von MICHAEL RIEDIGER

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