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dominick-birdsey
Birdcore

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Daryl Hall · Sacred Songs
RCA (1980)

„Gotta have something that rhymes“ singt Daryl Hall auf seinem Soloalbum, das 1980 veröffentlicht wurde, drei Jahre, nachdem es aufgenommen worden war (da zu unkommerziell). Das mag auf die „Hall & Oates“-Songs zutreffen und auch auf seine später veröffentlichten Soloalben, aber „Sacred Songs“, das in Zusammenarbeit mit Robert Fripp entstand, ist eine vertrackte Platte ohne potenzielle Hits.

Auf dem Innersleeve sieht Daryl Hall aus wie Kevin Bacon zu Zeiten von „Footloose“ in einer hereinbrechenden Miami-Vice-Moderne. Musikalisch aber beginnt „Sacred Songs“ eher konservativ und altbacken. Der Titelsong ist ein honkytonkbluesiger Beginn und auch das nachfolgende „Something in 4/4 Time“ ist catchy und noch am ehesten in „Hall & Oates“-Tradition. Ein richtiger Aufhorcher ist das über sieben Minuten lange „Babs And Babs“, eine an sich nicht weltbewegende Nummer üppiger Melodik, die von Robert Fripps experimenteller Ader durchzogen wird und nahtlos in einer elegischen (urbanen) Klanglandschaft mündet.

Am Ende der ersten Albumseite tritt Halls kompromissloser stimmlicher Übermut in „NYCNY“ auf ein asynchron rockendes Gitarrengerüst, eine Liebeserklärung an eine aufgewühlte Stadt, die dennoch wie ein wohlarrangiertes Chaos klingt. Die zweite Albumseite beginnt ruhiger, mit dem Soul in seiner Stimme, den er auf seinen späteren Alben bis zur Perfektion und auch bis zur Langeweile perfektionierte. Hier indes („Why Was It So Easy“) mischen sich noch gewollt falsche Kiekser dazwischen, und auch die Chorelemente sind produktionstechnisch verfremdet. Und manchmal, ganz kurz nur, spiegelt sich costelloartiger New Wave in Halls Stimme („Don’t Leave Me Alone With Her“). Dann kommt ein bereits beendet geglaubtes Stück zurück, um – während Fripp frickelt – sich auszurocken.

In die zunächst unterdrückte Soulnummer „Survive“ mischen sich sukzessive ein Pianomotiv, eine verzerrte Gitarre und Halls Stimme, die sich bis ins Kreischen aufschwingt. Wie auch die Ballade „Without Tears“, sind die Songs von der Art, die gewiss nicht jeden überzeugen wird: mit sehr eigenwilliger Intonation, gleichwohl auch überfalsettiert – richtig gute Musik also. Insbesondere weniger greifbar als sein (und Oates) Soul-Pop-Rock der späteren Jahre und Jahrzehnte.

Rank:
1. Daryl Hall · Sacred Songs
2. Ozark Henry · The Last Warm Solitude
3. Perry Blake · California
4. Seafruit · I Feel A Bit Normal Today

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