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Tommy T – The Prester John Sessions (2009)
Wer ist Prester John? Die Legende beschreibt ihn als weisen, großzügigen und sehr wohlhabenden König aus dem 13. Jahrhundert, dessen Reich jedoch nie gefunden wurde aber in Äthiopien vermutet wird. Der Äthiopier Tommy T, hauptberuflich Bassist der Band Gogol Bordello, benutzt nun die Figur des Prester John, um der Welt die Musik seiner Heimat näher zu bringen. Diese kombiniert er hauptsächlich mit Dub aber auch mit Funk und Jazz. Nun ist Dub aus Äthiopien nichts Neues mehr und spätestens seit dem phänomenalen Dub Colossus Projekt auch international mehr als nur eine Randnotiz. Was Tommy T jedoch von Dub Colossus unterscheidet ist, dass sein Album ausschließlich mit Instrumenten eingespielt wurde, darunter auch die Massingo, eine Art einsaitige Violine. Tommy T selbst erweist sich hier nicht nur als ausgezeichneter Bassist sondern beweist auch sein Geschick für eine äußerst druckvolle und dynamische Produktion.
The Prester John Sessions ist ein zum größten Teil instrumentales Album, bei dem die meist verschleppten Dub Rhythmen im Mittelpunkt stehen. Besonders gut zur Geltung kommt dies im Stück The Call, einer Art Liebeslied, bei dem er dann doch auch singt. Das direkt darauf folgende The Response ist dann quasi die Antwort der Angebeteten, gesungen von seiner Landsmännin Gigi, die bis dato auch schon einige überzeugende Alben vorlegen konnte. The Response fällt tatsächlich etwas aus dem Rahmen, da es als Singer/Songwriter Stück die ansonsten vorherrschende Rhythmik unterbricht. Im dunklen, atmosphärisch dichten Eden am Ende des Albums darf Gigi dann noch einmal ans Mikro und besingt die einstige, paradiesische Schönheit Äthiopines, in dem heutzutage einige auch das biblische Eden vermuten. Die restlichen instrumentalen Stücke bauen z.T. auf mächtigen Rhythmusfundamenten wie z.B. The Eighth Wonder, das von den Steinkirchen in der Provinz Wollo handelt. Der East-West Express kombiniert dagegen den Osten mit dem Westen, Ostafrika mit Westafrika, Äthiopien mit Nigeria, Dub mit Afrobeat und erinnert entfernt an Fela Kuti. Ebenfalls aus dem Rahmen fällt das Stück September Blues, das von einer Frau handelt, die ihren Mann kurz vor dem äthiopischen Neujahr (im September) verlässt und lediglich von zwei Saxophonen gespielt wird.
Irgendwo habe ich gelesen, dass Tommy Ts Stimme furchtbar sein soll. Mal abgesehen davon, dass man sie sowieso kaum zu hören bekommt, ist so eine Aussage tatsächlich nur schwer nachvollziehbar. Tommy T ist sicher kein großer Sänger, das muss er für dieses Album aber auch gar nicht sein. Ansonsten klingt seine Stimme angenehm unauffällig auf diesem duchweg starken Album.
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