Re: Miles Davis

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nail75

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pink-niceEr hatte also gute Gründe Rassist zu sein.

In Wirklichkeit ist die Frage weitaus komplizierter und dreht sich um folgende Probleme:

1. Der europäische und amerikanische Rassismus ist in seiner Entstehung logischerweise ein von Weißen erdachtes Konzept. Wenn man Vorbehalte bis hin zum Hass (theoretisch gesprochen) von Schwarzen gegenüber Weißen als Rassismus bezeichnet, wirft man da nicht zwei verschiedene Dinge in einen Topf? [Ich meine: Nein, denn beide Gruppen sind vom herrschenden Diskurs geprägt]

2. Wenn Rassismus als Ausdruck eines gesellschaftlichen Machtverhältnisses dazu dient, die Vorherrschaft einer Rasse über eine andere ideologisch zu rechtfertigen, dann kann man zumindest die Frage stellen, ob die Unterdrückten (auch kein ganz einfaches Konzept) überhaupt Rassisten im Sinn der Unterdrücker sein können, denn sie unterdrücken ja niemanden. Oder anders gesagt: Trennt man sinnvollerweise Rassismus als Ausdruck von Macht von Rassismus als Ausdruck von Machtlosigkeit?

Es gibt gute Gründe, das anders zu sehen, aber man sollte das zumindest bedenken. Im Grunde sitzt man beiderseits im Dreck: Einerseits läuft man Gefahr, Phänomene zusammenzuwerfen, die man besser trennen würde, andererseits läuft man Gefahr, den Eindruck zu erwecken, das rassistische Verhalten (in diesem Fall) von Schwarzen entschuldigen zu wollen.

Es geht mir eigentlich vor allem darum, dass man die damalige Gesellschaft mitdenkt, wenn man Miles Davis „Hass auf Weiße“ oder „Rassismus“ vorwirft. Seine Äußerungen waren eine Reaktion auf die Gesellschaft, wie er sie wahrnahm. „Seht her, ich bin Miles Davis, ich habe keine Angst, ich verstecke mich nicht!“

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