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jessebluePuh. Bin ich froh, dass G N‘ R Slash hatten/haben und nicht diese Schlaftabletten. Versuchen zu begreifen, wie solche Interpretationen, wie die verlinkten, auf Begeisterung stoßen und Emotionen auslösen können, ist schwieriger als jedes Mathematikstudium. Das über Slash zu stellen löst dezentes Fremdschämen in mir aus.
Du hast natürlich meinen Punkt nicht verstanden … Ich habe nichts „über Slash gestellt“, Slash interessiert mich überhaupt nicht und es geht auch nicht um Slash. Falls Du Dich noch an Deine Ausgangsthese erinnerst – die lautete nämlich, dass aufgrund des Fehlens der klassischen Rockband in der aktuellen oberen Spotify-Liga es keine Vorbilder und Anreize für die junge Generation mehr gäbe, zur Gitarre zu greifen. Es lässt sich leicht nachweisen, dass die These einfach nicht stimmt. Punkt. Das sind Amateurvideos, wo einfach Leute (weiblich) zeigen, was sie spielen können. Woher soll denn der Profi-Nachwuchs kommen ohne einen solchen Pool an begeisterten Amateuren?
Dass eine solche Zusammenstellung vor 35 Jahren nicht möglich gewesen wäre, hätte nicht nur technische Gründe gehabt. Junge Frauen, weibliche Rockfans, wurden durch die vorherrschende Mackermentalität des Genres systematisch vom Gitarrespielen ferngehalten. Das weitgehende Verschwinden des Gitarrengockels hat meiner Ansicht nach den Weg dafür geebnet, dass eine nachwachsende Generation unbefangener und ohne den Ballast der Rockermythologie ein Instrument wie die Gitarre in die Hand nimmt.
Ich hab hier noch das „Lexikon der Rockgitarristen“ (M. Rudolf/F. Schäfer) von 1999 (es ist amüsant zu lesen und Slash wird ein wohlwollendes „Zeugnis der allgemeinen Gitarrenreife“ ausgestellt …). Rate mal, wieviele Frauen darin auf 350 Seiten vorkommen? Beim schnellen Durchblättern entdecke ich keine einzige. Am Ende werden es vielleicht drei oder vier sein.
Und nenn mir mal ein paar bekannte Bands der klassischen Rock-Ära, die keine „reine Frauen-Band“ waren und eine Gitarristin hatten? Um das Spiel noch etwas zuzuspitzen: Lass die Leadsängerinnen, die auch Gitarre spielten, mal weg. Dann wird es nämlich dünn. Sehr, sehr dünn. Mir fallen da spontan nicht so furchtbare viele ein. Princes Revolution. Aber Prince war nunmal auch mit Sexy Motherfucker-Posen und -Outfits seiner Zeit ziemlich weit voraus, der hat so systematisch mit Musikerinnen zusammengearbeitet wie niemand sonst aus seiner Generation.
Belassen wir es nun wirklich dabei, Rossi. Du kannst mich nicht mit deinen Frauenvideos locken und dich juckt mein Gitarrengepose nicht. Was soll’s.
Es sind nicht „meine Frauenvideos“ und sie sollten auch keine rockistische Hochleistungsshow sein, sondern einfach zeigen, dass der Gitarrennachwuchs offenkundig nicht ausstirbt. Ich habe einfach mal „Sweet Child O‘ Mine guitar cover“ in die Suche eingeben und geschaut, was passiert. Das m/w-Verhältnis kommt 50/50 schon gut nahe. Dass kaum jemand versucht, bei solchen Coverversionen wie Slash zu posen, spricht eher für die Intelligenz des Nachwuchs, denn die Gefahr, sich dabei lächerlich zu machen, ist ziemlich hoch. Und die meisten hätten wahrscheinlich auch gar kein Interesse daran. Die spielen einfach ein Instrument und stellen keine Mythologie mehr nach.
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