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Den bft höre ich jetzt zum ersten bis zweiten Mal und werde mein unbeleckt-naives Gedankenströmchen mal fließen lassen.
#1
Bislang eines meiner Highlights des bft. Tolles Ensemblespiel. Früher fand ich Dixieland immer total nervig (mit Gesang ist mir das allerdings auch gar nicht geläufig), diesen Track erlebe ich hingegen als sehr angenehm, schlicht, fast schon elegant zurückgenommen. Aber eins greift wunderbar ins andere, auch die Form ist für meinen Geschmack schön ausbalanciert. Die Klarinette erscheint mir dynamisch erst etwas sehr hinter tr und pos zurückzustehen, tritt dann aber hörenswert hervor. Auch der Sängerin höre ich sehr gern zu, die einerseits ein ganz schön auffälliges Organ hat, andererseits aber unaufdringlich und fein gestaltet – passt.
#2
Meine Aufmerksamkeit ist hier recht schnell futsch. Wirkt fast wie eine rezitativische Improvisation innerhalb eines Bühnenstücks, von daher könnte es sein, dass das ohne Textverstehen auch nicht so sinnvoll ist, sich dazu zu äußern. Es pendelt immer zwischen zwei zunächst angenehm ätherischen Harmonien hin und her und scheint sich mit den syllabischen, teilweise sprechenden, teilweise in kantable Kurzwendungen übergehenden Vocals in einer Stimmungsmalerei zu erschöpfen. Allerdings ist nichts darin enthalten, was mich zu fesseln vermag. Es ist mir irgendwie zu harmlos. Die Mundharmonika erweckt dann bei mir den Anschein, als könne es jetzt eine Zuspitzung oder so etwas wie ein schärferes Profil geben, es ist aber bloß ein additives Element.
#3
Das, was ich bei #1 noch als ausbalanciert empfand, fehlt mit hier. Die Sängerin empfinde ich als zu dominant, mehr als dieser sehr offensive (und für meine Ohren weniger feine) vokale Charme kommt mir aber vom Ensemble nicht entgegen.
#4
Im ersten Moment habe ich mich über die knackige Rhythmik gefreut, dann habe ich nach der Nummer meines Klavierstimmers geschielt. Das, was der Pianist da in der linken Hand spielt – sagt man dazu ‚Voicings‘? Jedenfalls sind mir die zu wenig transparent, und das liegt m.E. nicht an der Klang-/Aufnahmequalität. Aber sie sind ziemlich tief, verstimmt und auch verwaschen artikuliert gespielt. Und Letzteres empfinde ich auch hinsichtlich der rechten Hand, sodass ich der Improvisation insgesamt nicht sehr angeregt folge. Gut gefällt mir aber vor allem der agile Drummer.
#5
Auch dieser Groove macht mich an, das Thema ist insgesamt zwar nicht zum Ausflippen bemerkenswert, aber – pfiffig, charmant, schön phrasiert.
Dazu kommt nun ein Klaviersolo, das mich deutlich glücklicher macht als bei #4. Es knüpft an die Klarheit des Themas an und nimmt dessen rhythmischen Gestus sehr hübsch auf. Timing und Phrasierung finde ich richtig klasse. Und ich mag die kurzweilige Art, wie sich dann dicht aneinandergereiht die weiteren Solos anschließen. Das Harfenteil allerdings überzeugt mich nicht.
#6
Im ersten Moment dachte ich: Ist das hier die Gesangsmelodie von #2? Aber der Klaviereinsatz hat ja sechs Stufen. Und dann kommt so eine Debussy-artige Passage, die mich an die berühmte erste Klavier-Arabesque denken lässt. Spielt außer in der Einleitung allerdings dann keine Rolle mehr.
Das Klaviersolo hat für meine Ohren zu viele Töne – ich wünschte mir Reduktion zu Gunsten einer Art „Innerlichkeit des Ausdrucks“ (uff, ist spät) und denke völlig unmotiviert an den Beginn des langsamen Satzes aus Ravels G-Dur-Klavierkonzert. Ich spüre den Reiz dieses Hin und Hers und hier Schleifchen drum und dort noch eine Verzärtelung nicht. Und der harmonisch überdimensionierte Schlussakkord fasst das für mich noch mal symptomatisch zusammen: Weniger wäre für meinen Geschmack – äh, zumindest erstmal nicht gleich weniger.
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