Alela Diane in Belfast, 24.9.2009

Sonst war wohl keiner dabei, oder?

Weird-Folk auf einmal gar nicht mehr so weird, sondern traumhaft schön. Alela begann mit Tired Feet, und ab dem Moment hatte sie mich schon. Wobei mich ihre stimmliche Begleitung, Alina Hardin, noch mehr hatte. So ein zauberhaftes Wesen habe ich selten drei Meter vor mir singen gesehen. Kurz hatte man den Eindruck, das müsse ihre kleine Schwester sein. Nachdem ich meine Augen dann endlich mit aller Gewalt von Alina weggerissen hatte, blieben sie auf Alela, denn ihre Stimme hat eine sanfte Kompromisslosigkeit, der man sich nicht entziehen kann. Neben ihr spielte ihr Vater Gitarre, er hatte für ihre Tour seinen Beruf als Zahntechniker aufgegeben – er wirkte mehr als glücklich mit dieser Entscheidung. Zuerst also zu dritt, dann kamen der Drummer und ein Bassist dazu. Beide mit lustigen Hüten und langen Bärten, um das Folk-Klischee reichlich zu bedienen. Aber Tom, der Bassist, entpuppte sich als der Clown der Band, sprach uns Belfasterds erstmal sein Beileid aus – für den Untergang der Titanic (die wurde in Belfast gebaut) und machte sich lustig über den Hauptsponsor des Festivals, Coors Light, worauf Alela gleich einging, selbst aber nicht mit uns trank, im Gegensatz zu Tom. Morgen um sechs gehts schließlich schon wieder nach Stockholm.

Es ging fast zwei Stunden – ich saß die ganze Zeit gebannt da, bewegungslos, fast mit Tränen in den Augen, ehrlich wahr. Auf der Platte ist noch eine gewisse Distanz zu spüren, die heute völlig weg war. Sie klingt down-to-earth im besten Sinne, sie spricht das Publikum direkt an, und behält dabei trotzdem ihre musikalische Dringlichkeit, ihren einzigartigen Umgang mit Gitarre und Stimme, diese charmante Reduktion. Lagerfeuer? Ja klar, warum denn auch nicht? Aber nicht in terms of Blowin‘ in the Wind, nein, Alela versteht es, ganz tief verborgene Regionen des Herzens zu entflammen, ach, ich werde pathetisch, egal. Kaum geatmet, fast geweint, so hat sie mich da dann sitzen gelassen, makellos gesungen, ausgesehen…

Zum Ende verschwand die Band, stand Alela alleine mit Alina (die dann die Gitarre nahm und noch besser aussah) auf der Bühne, und verabschiedete sich mit einem Lied für ihre Mutter, für alle Mütter – kein Kitsch in Sicht. Ich konnte mich zwischenzeitlich kaum mehr bewegen, habe es dann doch geschafft, und mit Tom ein Coors Light getrunken. Vielleicht schaffe ich es irgendwann mal nach Nevada City. To be still.