Boah, Skinny gibt seinen Senf dazu!

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  • #50605  | PERMALINK

    hello_skinny

    Registriert seit: 11.12.2010

    Beiträge: 2,305

    Habe mich jetzt auch unter die Rezensenten gewagt und einen Blog aufgemacht, den hier vllt. schon einige beäugt. haben. Ich werde die Einträge in Zukunft auch hier in diesem Thread posten. Auf geht’s mit der Neuen von Mount Eerie.

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    In einer Sauna gibt es eher eine beschränkte Anzahl an möglichen Ereignissen. Am spannendsten wird es sicher, wenn jemand versucht seine Erektion unter dem Handtuch zu verstecken. Warum dann ausgerechnet dieses Album “Sauna” heißt wirkt befremdlich. Höchstwahrscheinlich spielt es auf den geistigen Zustand nach dem zehnten Aufguss an.

    Denn hier kommuniziert Phil Elverum mit dem Hörer aus ganz anderen Sphären. Nein, das ist keine Anspielung auf möglichen Drogenkonsum und “Was hat der denn genommen, ich will das auch”. Die Musik spricht für sich. Schon die Drone- Kumuluswolke, die sich beim Einstieg des ersten Titelsongs bildet, lässt einen vom Boden der Tatsachen abheben. Und die gesamte Stunde, die man in diesem Werk verbringen darf, kommt man auch nicht mehr hinunter. Die Sogwirkung aus psychedelischem Folk und Drone / Ambient- Wänden funktioniert durchgehend.

    Trotzdem schwimmt der Zuhörer hier nicht in einer dünnen, geschmacksneutralen Soße. Immer wieder sind unterschiedliche akustische Szenarien und Eindrücke mit eingewoben. Die Field Recordings (Flugzeug, Regen, Meeresrauschen) bei “Dragon”, die subtile Bedrohlichkeit von “Emptiness” oder die Verspieltheit durch den Xylophon Einsatz bei “(Something)”, dann wieder Blast Beat- Einstiege, Sirenengesänge und Shoegaze- Passagen, “Sauna” ist ein durchweg spannendes Zusammenspiel aus alldem und mehr. Elverum verknüpft Experimente mit schauerlich-schöner Melancholie und der Losgelöstheit vom eigenen Körper.

    „Sauna“ ist eine Wanderung durch alle möglichen unterbewussten und fiktiven Regionen. Ein nebliger Wald mit unzähligen kleinen Lichtungen. Zwar würde man lügen, behauptete man, es wäre das erste Album dieser Art (man denkt doch immer wieder an das letzte Album von Elverums Band The Microphones, betitelt “Mount Eerie”), das nimmt aber nichts der Faszination, die hier verbreitet wird. Da schwitzt man auch gerne eine Stunde lang dafür.

    Freue mich über jeden, dem es gefällt und über jede KONSTRUKTIVE Kritik.

    Highlights von Rolling-Stone.de
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    #9502807  | PERMALINK

    irrlicht
    Nihil

    Registriert seit: 08.07.2007

    Beiträge: 31,220

    Zunächst einmal freut es mich, dass Dich die Schreiblust gepackt hat und Du Dich hier bislang Musik annimmst, die im Forum, zumindest in beschriebener Form, kaum präsent ist. „Sauna“ habe ich schon einige Wochen auf der Liste, wusste bisher aber nicht, ob ich damit den Einstieg in Elverums Universum wagen will. Sollte ich? ;-)

    P.S. Was den Titel betrifft hat consequenceofsound eine schöne Deutung formuliert, die auch gut zu Deiner Beschreibung passt, finde ich.

    „When you enter a sauna for the first time, it appears to be a mirage. The swirling wisps of steam cloud the room and turn milky white when light from the open door hits them, creating a momentary claustrophobia. There is no air. There’s only thick, wet steam, equal parts fresh water and communal sweat. The wooden panels look like paintings, as beads of water begin to dribble down their sides. Humidity starts to suffocate you. The panels underneath your body start to scorch. Yes, heat rises, but in a sauna it’s inescapable. It burns you up and enters your body until you finally learn to give in, to relax, to adapt.“

    P.S. Wenn ich etwas kritisieren soll: Ich finde kursive Schrift, abseits von Hervorhebungen, deutlich schlechter lesbar.

    --

    Hold on Magnolia to that great highway moon
    #9502809  | PERMALINK

    hello_skinny

    Registriert seit: 11.12.2010

    Beiträge: 2,305

    Danke für deine Antwort und den Link. Du kannst mit „Sauna“ auf jeden Fall den Einstieg wagen. Bei den musikalischen Sphären, in denen du dich bewegst, wird das Album kein Schock, sondern vielmehr eine Bereicherung sein.

    #9502811  | PERMALINK

    irrlicht
    Nihil

    Registriert seit: 08.07.2007

    Beiträge: 31,220

    Hello_SkinnyDanke für deine Antwort und den Link. Du kannst mit „Sauna“ auf jeden Fall den Einstieg wagen. Bei den musikalischen Sphären, in denen du dich bewegst, wird das Album kein Schock, sondern vielmehr eine Bereicherung sein.

    :-)

    --

    Hold on Magnolia to that great highway moon
    #9502813  | PERMALINK

    hello_skinny

    Registriert seit: 11.12.2010

    Beiträge: 2,305

    Nachdem mir Irrlicht diese beiden Glanzstücke nahegelegt hat, war unmöglich, sie nicht in diesem Thread anzupreisen

    Big Blood – Double Days I+II


    Anderthalb Stunden Musik von den Eingeborenen einer Insel, die letzte Woche, nach 300 Jahren wieder aus dem Ozean aufgetaucht ist. So ungefähr könnte man beschreiben was hier passiert. Nach mehrmaligem Hören fällt einem dann aber auf, dass man vor 300 Jahren weder Pop, noch Ambient und schon gar kein Black Sabbath hatte. Somit ist die vorangegangene Beschreibung auch wieder hinfällig. Ehrlich gesagt: Bei den zwei vorliegenden Alben ereilt jede Beschreibung dieses Schicksal.

    Big Blood, dieses ominöse Quartett, das die schönste unhörbare Musik der Jetztzeit macht, hat mit den Double Days- Teilen zwei ganz besondere Höhepunkte hervorgebracht. Die insgesamt 19 Titel sind eine wunderbare Tour de Force durch gespenstisch- schöne Mikrokosmen. Das kann sich anhören wie ein Kräfte zerrender Marsch durch die endlose Steppe oder der Aufenthalt im Hause Usher kurz vor dem Zusammensturz. Da trifft schleppender Folk auf sphärische Harmonien, die schlagartig von Störfrequenzen zersetzt werden. Im Fall von “Babies Looking Weird” (Wunderbarer Titel) ist es auch einfach der fröhliche Totentanz ins Ende der Welt. Das alles geht wunderbar ineinander über. Die vielen kleinen Besonderheiten wirken, ähnlich wie bei einem Hieronymus Bosch Bild, erst verschreckend und irritierend, jedoch fügen sie sich harmonisch ein in das große Ganze und bilden ein Klanggebilde gleich einem Sog.

    Drei besondere Einzelheiten dieser herrlichen Collage sind die Coverversionen von Black Sabbath (mit einer Stimme wie ein Rasiermesser wird “Planet Caravan” seziert), The Cure (”Disintegration”) und dem irischen Schunkler “Wild Mountain Thyme” von Francis McPeake. Big Blood drücken ihren eigenen Stempel auf, hüten sich aber davor sich die Songs komplett einzuverleiben. Vielmehr zeigen sie neue Seiten auf, die der Stimmung der Originale in nichts nachstehen.

    Die, von Kinderstimme vorgetragenen Songs „You’re Crushing My Heart“ und „Golden Heart“ leiten jeweils das Ende ein. Leider, muss man sagen. Man verliert doch während der beiden Alben komplett das Auge für die Realität und wird Teil von diesem einzigartigen, abstrakten Folkgeschöpf. Danach bricht die Realität, deren Eindrücke sich nun nur noch halb so intensiv anfühlen, umso brachialer über einen herein. Wenn man sich aber auch von diesem Schock erholt hat, kann man sich anfangen darüber zu freuen, dass es in dieser langweiligen Welt Perlen wie diese hier gibt.

    Und wer jetzt Interesse hat:
    DD1
    DD2

    #9502815  | PERMALINK

    irrlicht
    Nihil

    Registriert seit: 08.07.2007

    Beiträge: 31,220

    Hello_SkinnyDas kann sich anhören wie ein Kräfte zerrender Marsch durch die endlose Steppe oder der Aufenthalt im Hause Usher kurz vor dem Zusammensturz. Da trifft schleppender Folk auf sphärische Harmonien, die schlagartig von Störfrequenzen zersetzt werden.[…]Die vielen kleinen Besonderheiten wirken, ähnlich wie bei einem Hieronymus Bosch Bild, erst verschreckend und irritierend, jedoch fügen sie sich harmonisch ein in das große Ganze und bilden ein Klanggebilde gleich einem Sog.

    Bosch ist eine interessante Referenz, aber eine sehr Gute. Mannigfaltig und abstrakt, aber auch sehr spürbar, fein gearbeitet und voller kleiner und kurioser Details.

    Es freut mich sehr, dass Du Dich diesen Großwerken und Big blood generell annimmst – eine Band, die hier leider spürbar vernachlässigt wird bzw. gar nicht statt findet.

    Ich finde auch Deine Beschreibung gelungen, vor allem auch das Eingeständnis, dass man ihre Kunst teilweise gar nicht wirklich beschreiben kann – Big bloods Werk ist ein Manifest der Kreativität, allenfalls mit den verschiedenen Strömungen von Can vergleichbar; Stichwort Can: Coverversionen haben bei Big blood zuletzt eine besondere Tradition, ebenso wie die Tatsache, dass die Tochter der beiden immer mal wieder zu Text und Stimme kommt: Es gibt Verdrohnungen von Velvet Underground, peitschende Repetitivmuster von Cans „Vitamin C“ und sogar eine Verneigung vor Missy Elliott. Und Du hast recht: Hier wird dekonstruiert, die Beiden legen ein paar feine Schatten und unwirkliche Elemente darüber – aber man spürt die Wertschätzung, die den Tracks entgegengebracht wird.

    An den „Double days“ Parts mag ich fast alles: Eine Verwebung all ihrer Elemente, großartig produziert, im wahrsten progressiv und von der Muse geküsst.

    P.S. Im letzten Absatz ist ein Teil des ersten Satzes verschluckt worden. :-)

    --

    Hold on Magnolia to that great highway moon
    #9502817  | PERMALINK

    hello_skinny

    Registriert seit: 11.12.2010

    Beiträge: 2,305

    Danke für das Feedback und den Hinweis. Der Vergleich mit Can ist wirklich passend. Die Musik beider Band scheint aus dem Nichts zu kommen und doch entdeckt man nach mehrmaligem Hören verschiedene Einflüsse, die man wieder erkennt. Bei dem Update deiner Top 100 bin ich gespannt, wie oft Big Blood vertreten sind.

    #9502819  | PERMALINK

    irrlicht
    Nihil

    Registriert seit: 08.07.2007

    Beiträge: 31,220

    Hello_SkinnyDanke für das Feedback und den Hinweis. Der Vergleich mit Can ist wirklich passend. Die Musik beider Band scheint aus dem Nichts zu kommen und doch entdeckt man nach mehrmaligem Hören verschiedene Einflüsse, die man wieder erkennt. Bei dem Update deiner Top 100 bin ich gespannt, wie oft Big Blood vertreten sind.

    Vor allem haben sie beide etwas vollständig eigenständiges erschaffen. Ein Album wie „Ege bamyasi“ kann ich mit kaum etwas vergleichen und doch funktioniert es.

    Zum Anderen: Wahrscheinlich weniger, als Du vermutest.

    --

    Hold on Magnolia to that great highway moon
    #9502821  | PERMALINK

    hello_skinny

    Registriert seit: 11.12.2010

    Beiträge: 2,305

    So, Schwarzmetall…

    Black Metal ist Krieg. Das ist in der Zwischenzeit ein bekannter und allgemein akzeptierter Fakt. Das neue Mastery- Album ist allerdings eine ganz spezielle Methode der Kriegsführung. Eine, für die vielleicht die Bezeichnung “Technical Black Metal” eingeführt werden muss.

    Denn das Black Metal- Gerüst ist hier mit allerhand anstrengenden und nervenzerfetzenden Virtuositäten garniert. Am ehesten fallen einem hier die Gorguts ein, die sehr ähnliche schwarze Messen bereits im Death Metal gefeiert haben. Schon beim Einsteiger “V.A.L.I.S.V.E.S.S.E.L.” kommt man nur schwer mit: Plötzliche Tempowechsel. Sologitarren- Hexereien, Blast Beats, bei denen der Schlägel direkt aufs Gehirn einbrettert, ein Sänger mit frischem Luftröhrenschnitt, also fast 18 Minuten Spaß für die ganze Familie.

    Leider kommt auch hier schon das erste Problem: Nach mindestens fünf Minuten kennt man das alles schon. Nach 18 Minuten gibt es zwei Möglichkeiten. Man ist komplett fix und foxi und verkriecht sich für den Rest des Tages oder man hat sich so an alles gewöhnt, so dass einen die nächsten Attacken auch nicht mehr groß abschrecken können. Kommt wahrscheinlich auf die musikalische Vorbildung an. Die anderen beiden Metal- Tracks funktionieren nach dem gleichen Prinzip. Dazwischen gibt es zwei Pausen aus elektronischem Geblubber.

    Ja, leider verfliegt der Überraschungseffekt doch ein wenig schnell. Trotzdem kann “Valis” Spaß machen, denn ein überdurchschnittliches Brett ist es immer noch. Und im Verlgeich zu einigen Gorgoroth- Coverbands, erlebt man hier wirklich was.

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