Bob Dylan – Shadows In The Night (VÖ: 30.01.2015)

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  • #9487501  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

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    Klar, aber man sollte ihn seit 40 Jahren in Ruhe lassen!

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    #9487503  | PERMALINK

    clau
    Coffee Bar Cat

    Registriert seit: 18.03.2005

    Beiträge: 91,465

    nikodemusAlles richtig, aber abgedroschene Schmonzette ist schon sehr fies, Autumn Leaves ist schon ein großer Song.

    Natürlich.

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    How does it feel to be one of the beautiful people?
    #9487505  | PERMALINK

    bullschuetz

    Registriert seit: 16.12.2008

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    gypsy tail windDie grosse Sinatra-Liebe, die hier plötzlich ausbricht … und dass man all die Songs schon kenne?

    Nein, natürlich kannte ich vorher nicht alle dieser Songs, das hätte ich allenfalls Dir zugetraut … Aber ich hab sie mir aus Neugier jetzt angehört, und das hat mir nebenbei eine vertiefte Freude an der Dylan-Platte beschert.

    Was Sinatra betrifft: Na, also, toll singen konnte er schon. Ich räume aber ein, ich finde die alten Sinatra-Versionen dieser Lieder durchaus nicht alle wahnsinning packend oder auch nur sonderlich überzeugend – die Arrangements sind nicht immer gefeit gegen billiges Pathos und Kitsch, nicht jeder Harfenklang, nicht jeder Backgroundchor ist da zwingend, und gerade im direkten Vergleich offenbaren sich bei manchen Liedern (sicher nicht bei allen) die genuinen Stärken von Dylans Interpretation. Sinatra klingt einfach immer brillant und souverän, selbst bei Liedern wie „Lucky Old Sun“ schwingt da diese Mühelosigkeit mit, diese Lässigkeit, eine Fähigkeit, jederzeit triumphal aufzutrumpfen; und dazu der pompöse Schluss, dieses majestätische Bläseraufdonnern am Ende – darf man da nicht auch eine verlogene Note durchhören, zumindest eine nonchalante Ignoranz gegenüber all dem, wovon der Text eigentlich handelt, nämlich von den täglichen Mühen der Ebene und der höchst fragilen Hoffnung, der womöglich immer uneinlösbaren Sehnsucht nach sowas wie Erlösung? Wenn dagegen Dylan erschöpft verzögert die Zeile „worked like the devil for my pay“ hinterm Beat her phrasiert, krieg ich Gänsehaut. Sinatra könnte alles singen, auch das berühmte Telefonbuch rauf und runter, es klänge immer gut. Aber die brüchige, müde, dauernd absturzgefährdete Schönheit, die Dylan dem Lied gibt, ergibt für mich ein viel überzeugenderes Common Man‘s Lament – wenn Dylan sich unter Mühen hochächzt zu der Passage „Show me that river“ (und ich denke da unweigerlich assoziativ an „I was born by the river“, die Eröffnungszeile von Sam Cookes größtem Song, den Dylan ja auch schon live gegeben hat in einer sehr respektvollen, deutlich an den Musizieransatz der neuen Platte erinnernden Version), dann ist das einfach viel stimmiger als so eine junge Stimme, die frei von jeglicher Erdenschwere einfach über alle Anstrengungen hinwegschwebt.

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    #9487507  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 67,000

    Den jungen Sinatra mag ich nicht – erst ab dem Wechsel zu Capitol 1953 wird er für mich interessant – und die Alben auf Reprise kenne ich dann bereits praktisch nicht mehr. Das will ich aber eigentlich seit dem ersten get happy!? mal ändern … aber ja, die Lässigkeit und Nonchalance von Sinatra – gerade dem „reifen“ der Fünfzigerjahre – ist manchmal wirklich etwas too much.

    Und ja, die Arrangements – auch in Sinatras besten Jahren – sind von wechselnder Qualität … das ist ja auch bei den grossen Song Books von Ella Fitzgerald so, manch einer, der damals solche prestigeträchtigen Jobs kriegte, war vor Kitsch oder Übertreibung nicht gefeit.

    Mein Eindruck von der Dylan-Scheibe ist auch nach dem zweiten Hörgang sehr gut. Klar hat der Mann keine Stimme, aber – wunder – er kann singen! Das merkte man ja in den letzten fünfzehn Jahren schon ab und zu mal (abgesehen von dieser Phase, als er die mühsame Angewohnheit hatte, jede Phrase mit diesem albernen „Hochziehen“ zu beenden – bin mir jetzt nicht mehr sich, welches Intervall es war, eine kleine Sext oder sowas?). Das einzige, was mich etwas nervt, ist der fast pausenlose Einsatz der Pedal Steel … und ja, etwas unterschiedlichere Tonarten hätten da und dort wohl auch Sinn gemacht. Andererseits ist Dylans Stimmumfang wohl etwa so klein wie der der ganz späten Billie Holiday und da hat man dann halt nicht mehr die grosse Auswahl.

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    #9487509  | PERMALINK

    nail75

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    Beiträge: 44,707

    gypsy tail windKlar hat der Mann keine Stimme, aber – wunder – er kann singen! Das merkte man ja in den letzten fünfzehn Jahren schon ab und zu mal (abgesehen von dieser Phase, als er die mühsame Angewohnheit hatte, jede Phrase mit diesem albernen „Hochziehen“ zu beenden – bin mir jetzt nicht mehr sich, welches Intervall es war, eine kleine Sext oder sowas?).

    Keine Ahnung, aber das war furchtbar nervig. Ist zum Glück mehr als ein Jahrzehnt her.

    --

    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #9487511  | PERMALINK

    the-imposter
    na gut

    Registriert seit: 05.04.2005

    Beiträge: 38,722

    das mit der immerselben Tonlage hat ja der Kritiker von der FAZ auch schon geschrieben, da kann er wohl auch nicht anders

    und das mit dem übermässigen Betonen wirklich jeder letzten Silbe jeder (!) Zeile ist mir schon immer tierisch auf den Geist gegangen, wie ich auch nicht verstehen kann, dass man in ihm einen (sehr) guten Sänger sieht, seine herausragenden Qualitäten liegen sicher woanders

    das Album hab ich noch nicht in Gänze gehört (kommt aber noch), Autumn Leaves gefiel mir aber sogar von Clapton besser

    --

    out of the blue
    #9487513  | PERMALINK

    clau
    Coffee Bar Cat

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    Beiträge: 91,465

    The ImposterAutumn Leaves gefiel mir aber sogar von Clapton besser

    Hart!

    --

    How does it feel to be one of the beautiful people?
    #9487515  | PERMALINK

    rockingroll

    Registriert seit: 31.03.2014

    Beiträge: 2,752

    The ImposterAutumn Leaves gefiel mir aber sogar von Clapton besser

    Mir auch. Dylan kommt schon ziemlich kraftlos rüber. Ich wünsche mir wieder was wie Pay In Blood.

    --

    #9487517  | PERMALINK

    lotterlotta
    Schaffnerlos

    Registriert seit: 09.04.2005

    Beiträge: 5,102

    nun ja, bin ja etwas skeptisch rangegangen, sprich meine erwartungen waren eher niedrig angesiedelt.
    muss aber zugeben, das mich das album in gewisser weise schon fesselt, bin dann immer enttäuscht das es so schnell
    vorbei ist. Vielleicht ist fesseln auch der falsche begriff, einlullend auf angenehme art und weise trifft es eher.
    lief seit freitag im auto in dauerrotation, heute zwei spins auf dem teller, *** 1/2+, in dylans discographie gehobenes mittelmaß..

    --

    Hat Zappa und Bob Marley noch live erlebt!  
    #9487519  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 67,000

    The Imposterdas mit der immerselben Tonlage hat ja der Kritiker von der FAZ auch schon geschrieben, da kann er wohl auch nicht anders

    Ich bezog mich diesbezüglich ja auf den FAZ-Artikel.

    The Imposter… wie ich auch nicht verstehen kann, dass man in ihm einen (sehr) guten Sänger sieht, seine herausragenden Qualitäten liegen sicher woanders

    Die Qualität liegt darin – ist das nicht in aller Musik, erst recht in allen Spielarten der „black music“ und des Pop so? – die vorhandenen Mittel einzuschätzen, die Fähigkeiten und Möglichkeiten – und daraus das Optimum herauszuholen. Ob das nun für „Grösse“ oder ein Urteil wie „sehr guter Sänger“ (das ich übrigens nicht fällte) reicht, steht auf einer anderen Seite. Aber die Gratwanderung gelingt Dylan hier sehr gut, so jedenfalls mein Eindruck. (Vergleiche kann ich nur aus anderen musikalischen Bereichen anbieten, wie könnte es anders sein … ein Kenny Dorham oder ein Miles Davis waren kein Dizzy Gillespie – ihre Qualitäten lagen anderswo und sie fanden daher zu einem anderen Stil – es geht nie um die Technik per se sondern darum, dass alles zusammekommt, dass man eben nicht mit dem Amateur-Kirchenchor ohne Tenöre an Ostern die „Matthäus-Passion“ in ganzer Länge aufführt, am besten noch mit einem Orchester ohne Violinen, weil man halt grad keine finden kann, die schlecht genug sind).

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    #9487521  | PERMALINK

    captain-kidd

    Registriert seit: 06.11.2002

    Beiträge: 4,140

    bullschuetzIch bin jetzt doch gerade dabei, die Platte ins Herz zu schließen. So entschlossen hat sich noch kein Popkünstler dem Thema Alter zugewandt, oder? Wenn man direkt davor die jeweilige Sinatra-Version hört, wird sehr eindringlich deutlich, was Dylan diesen Texten durch seine teilweise großartige Phrasierung hinzuzufügen weiß: Sterblichkeit.

    Ja, das finde ich auch. Ein Beispiel ist „Lucky old sun“. Meist wird im Refrain ja folgendermaßen betont:

    And that LUCKY old SUN

    Dylan betont so:

    And that lucky OLD sun

    Das ist sicherlich nur ein kleiner aber ein feiner Kniff. Anonsten ist mir das Album aber etwas zu gleichförmig. Anfag und Ende sind aber klasse. „I’m a fool to want you“ ist ja auch sehr vieldeutig. Stelle mir immer vor, dass das „You“ des Songs in diesem Fall die Jugendlichkeit ist.

    --

    Do you believe in Rock n Roll?
    #9487523  | PERMALINK

    bullschuetz

    Registriert seit: 16.12.2008

    Beiträge: 2,106

    The Imposterwie ich auch nicht verstehen kann, dass man in ihm einen (sehr) guten Sänger sieht, seine herausragenden Qualitäten liegen sicher woanders

    Na, was ist schon ein guter Sänger? Ich kann allem, was gypsy geschrieben hat, zustimmen und versuche mich noch an einer Ergänzung:

    Für mich ist ein guter Sänger jemand, der mit seiner Stimme verschiedenen Stimmungen und Gefühlen Ausdruck zu verleihen vermag im weiten Feld zwischen Melancholie und Euphorie, Trauer und Glück, Zärtlichkeit und Wut, Hohn und Gelassenheit (weitere Begriffspaare bitte nach Belieben ergänzen); jemand, der eine Persönlichkeit (die eigene oder auch, wie ein Schauspieler, eine fremde, empathisch angeeignete) markant und unverwechselbar zum Klingen bringt; ein guter Sänger ist jemand, der andere erreicht, jemand, der einen Text zum Leben erweckt und nachfühlbar macht, jemand, der einer Melodie nachspürt und die darin enthaltenen emotionalen Potenziale auslotet und akzentuiert.

    In gewisser Weise gehört dazu natürlich immer auch Handwerk, aber wie immer bei der Musik ist Handwerk kein Selbstzweck, und wie immer bei der Musik genügt Handwerk allein nicht im geringsten.

    Ich habe für mich persönlich keinerlei Mühe, Dylan als großen Sänger zu betrachten, denn das Spektrum an Gefühlslagen, das er über den Gesang vermittelt, empfinde ich als außerordentlich weit – nur zwei Beispiele: Auf Blonde on Blonde oder Tempest transportiert der Gesang so ziemlich alles, was ich oben aufgezählt habe. Und die Stimme klingt, je nach dem, was sie ausdrücken soll, von Platte zu Platte so verschieden wie bei kaum einem anderen Sänger. Die Blood-on-the-track-Stimme hat mit der Desire-Stimme zum Beispiel eher wenig zu tun, um nur mal zwei dicht beieinander liegende Platten zu bemühen (zu schweigen vom Nashville-Skyline-Karamell oder dem L&T-Knurren).

    Und was das Handwerk betrifft: Dylan hat weder einen Belcanto noch ein nuanciertes Vibrato noch einen sonderlich großen Tonumfang, er ist weder Sam Cooke noch Aretha Franklin, weder ein Operntenor noch Celine Dion (zum Glück!) – so what? Wir sind uns doch hoffentlich einig, dass ein Gitarrist, der 100 Noten pro Sekunde spielen kann, nicht zwangsläufig besser ist als Keith Richards oder Steve Cropper (es ist doch in Wahrheit verdammt schwer für jeden Gitarristen, besser als die beiden zu sein). Dylan jedenfalls hat Fähigkeiten auf der Habenseite, über die viele Sänger mit dreieinhalb Oktaven Umfang nicht verfügen: Seine Phrasierungskunst zwischen gewollter Undeutlichkeit, Genuschel und extrem prononcierter, bisweilen fast schon provokant überprononcierter Artikulation, sein Rhythmusgespür zwischen Tightheit und Hinterher-Geschluffel, Silben-Geknatter und Zerdehnung, seine Art, den Klang zu formen, mit Lautstärke-Dynamiken zu spielen, eine Melodie durch verschiedene Stimmtönungen oft innerhalb einer einzigen Zeile zu beleben, einzelne Worte zu isolieren und so mit Bedeutung aufzuladen, das alles sind für mich Merkmale eines großen Stilisten.

    Was ich neben all dem sehr mag: Die Risikobereitschaft, den Mut zum Scheitern – es wäre heutzutage ja technisch ein lächerlich kleines Problem, Zitterer bei langen Tönen oder intonatorische Unsauberkeiten nachträglich zu korrigieren durch digitale Bearbeitung oder erneutes Einsingen einzelner Passagen. Nichts von alledem ist auf Shadows in the Night zu finden, und das finde ich toll. „Fehler“ nicht nur zuzulassen, sondern als ausdrucksvertiefendes Element zu nutzen, ist die Kunst vieler großer Stilisten.

    --

    #9487525  | PERMALINK

    stormy-monday
    We Shall Overcome

    Registriert seit: 26.12.2007

    Beiträge: 20,050

    Wie immer wunderbar beschrieben.

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    Well, my telephone rang, it would not stop It's President Biden callin' me up He said, "My friend, Maik, what do we need to make the country grow?" I said, "My friend, Joe, my friend Bob would advice you , Brigitte Bardot, Anita Ekberg, Sophia Loren" Country'll grow
    #9487527  | PERMALINK

    the-imposter
    na gut

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    Beiträge: 38,722

    Danke für die Ausführungen. Nur hat sich mir das subtile in seinem Vortragsstil nie erschlossen, weil mich das Geleier immer zu sehr genervt hat (die ständigen Überbetonungen der letzen Silbe am Zeilenende) und ich die Stimme und die Art wie er sie eisetzt auch sonst nicht als angenehm empfunden habe. Mal milde ausgedrückt. Das „Geleier“ ist vielleicht mit einem Rad mit Unwucht vergleichbar, dass in regelmässig kurzen Abständen immer kurz hochhoppelt, und das nervt dann eben auf die Dauer. Hab das auch immer für so eine Art Tick gehalten.

    Ansonsten, was die technischen Aspekte betrifft, bin ich ja durchaus eurer Meinung, dass es eben nicht technisch perfekt sein muss, um subjetktiv als gut empfunden zu werden, und dass der Ausdruck von Emotionalität auch dazu gehört.

    --

    out of the blue
    #9487529  | PERMALINK

    bullschuetz

    Registriert seit: 16.12.2008

    Beiträge: 2,106

    The ImposterRad mit Unwucht

    Cooles Bild, ich verstehe, was Du meinst. Dylan hat schon bisweilen extreme Eigenheiten kultiviert, mir gefällt davon gewiss auch nicht alles. Aber hörst Du die Überbetonung der letzten Silbe wirklich überall? Ich hielt das bislang für einen „Before the Flood“-Manierismus. Im Hintergrund läuft bei mir grade „Blood on the Tracks“ – für Dich auch nicht subtil?

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