Neil Young – Storytone

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    annamax

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 4,597

    Review bei Spiegel-Online mit Stream des kompletten Albums:
    http://www.spiegel.de/kultur/musik/neil-young-neues-album-storytone-exklusiv-vorab-im-stream-a-998643.html

    Neil-Young-Album „Storytone“

    Bluesbruder mit Botschaft

    Von Andreas Borcholte

    „Wer steht auf und rettet die Welt?“, fragt Rock-Altmeister Neil Young auf seinem neuen Doppelalbum. Der 68-Jährige gibt sich darauf als Hippie, mal solo und akustisch, mal mit Orchestersound. Hören Sie „Storytone“ hier komplett vorab!

    Würde man Neil Young nicht besser kennen, man könnte befürchten, „Storytone“ wäre eine Art sentimentaler Abschiedsgruß des inzwischen 68 Jahre alten Sängers und Gitarristen. Youngs 39. Album seit 1969 erscheint überraschend nur wenige Monate nach seinem letzten, dem von Jack White in kratziger Low-Fidelity-Ästhetik produzierten „A Letter Home“, einer Hommage an alte Americana-Songs, die ihm lieb und teuer sind. Zeitgleich erschien in den USA soeben das Buch „Special Deluxe: A Memoir of Life and Cars“, in dem Autonarr Young autobiografische Anekdoten an seinen jeweiligen Vehikeln entlang erzählt.

    Alles deutet also auf ein großes Bilanzieren hin. Dazu passt die nostalgische Grundstimmung von „Storytone“. Zehn neue Songs schrieb Young für das Doppelalbum; auf der einen Hälfte sind die Lieder als opulente Orchesterversionen zu hören oder als soulige R&B-Nummern im Stax-Stil. Auf der zweiten Platte spielt Young dieselben Songs noch einmal solo und akustisch, an der Gitarre oder am Piano. Natürlich sitzt Young vorzugsweise am Steuer eines Autos, wenn er auf Leben und Lieben zurückblickt, vor allem im vertonten Roadmovie „I Wanna Drive My Car“ – wahlweise ein launig schiebender Boogie im Chicago-Blues-Modus oder karg und sinister in Springsteens „Mr. State Trooper“-Manier. Auch in „Glimmer“ träumt Young am Steuer, mal mit sehnenden Streichern im Hoagy-Carmichael-Schwulst, mal alleine am Klavier, von „tough love“, verflossener und neu gefundener Liebe.

    Andere Songs beschäftigen sich ähnlich rückblickend mit dem Leben als Reihe vorbeihuschender Steppenläufer: „Tumbleweeds, that’s all I got“. Aber stets ist da ein Licht in der Dunkelheit dieser Ödnis, „to find our way back home again“. Im Gospel-artigen, mit schwelgenden Violinen arrangierten „I’m Glad I Found You“ zeigt sich Young dankbar, nach all den Brüchen seines Lebens einen Platz gefunden zu haben: „So many people don’t understand what it’s like to be like me. But I’m not different than anybody else“, singt er mit seiner hellen, verwehenden Balladenstimme, ein Jedermann auf der Suche nach Geborgenheit.

    Seine Ehefrau Pegi kann mit dem sicheren Hafen eigentlich nicht gemeint sein, denn im September reichte Young nach 36 Jahren die Scheidung ein. Seine auffällig sentimentale Nostalgie in dem Großteil der neuen Songs, darunter auch „When I Watch You Sleeping“ und „All Those Dreams“, ist daher vielleicht auch als Hommage auf eine abgeschlossene Lebensphase zu verstehen: „The old clock is stopped, no longer ticking, no longer counting every second.“

    Rückkehr ins Hippie-Lager

    Vorab veröffentlicht wurde bereits das weitaus kämpferische „Who’s Gonna Stand Up“, eine beseelte Aufforderung, das Ökosystem des Planeten zu retten, bevor es zu spät ist: „Stoppt Fracking“, heißt es darin: „Protect the land from the greed of men/ Take out the dams/ Stand up to oil/ Protect the plants and renew the soil“ – auf orchestraler Seite mit dräuenden Streichern und Chören illustriert, solo im schrammelnden Folkblues-Stil.

    Die Öko-Hymne ist ein weiteres, durchaus beherztes Zeugnis der andauernden Polit-Agitation Youngs, der sich im Lauf der Jahrzehnte immer wieder auf musikalischem Wege zu gesellschaftlichen Missständen äußerte: 1970 reagierte er mit „Ohio“ auf die tragische Schießerei an der Kent State Universität, 1972 kritisierte er in „Alabama“ die Rassenproblematik im Süden der USA, mit dem Album „Living With War“ korrigierte er 2006 seine Haltung zur Kriegspolitik George W. Bushs, nachdem der eher liberale Musiker 2002, erschüttert von den Anschlägen auf das World Trade Center, den irritierenden Schlachtruf „Let’s Roll“ veröffentlicht hatte. Nach Benzin-Duseleien und diversen „Chrome Dreams“ kehrt Young mit „Who’s Gonna Stand Up“ ins Hippie-Lager zurück. Youngs geliebter Lincoln Continental von 1959, der auch das Cover von „Storytone“ schmückt, fährt übrigens mit einem umweltschonenden Biosprit-Hybridmotor.

    Youngs Unentschiedenheit, sich weder auf den klassisch-intimen Akustik-Sound mit Mundharmonika und Country-Feeling noch auf den ausschwingenden Bigband-Blues des Albums „This Note’s For You“ (1988) einigen zu wollen, mag abstrus erscheinen. Zu hören, wie sich Charakter und Tonalität der einzelnen Lieder je nach Instrumentierung verändern, ist jedoch verblüffend und faszinierend und zeugt von der Souveränität und Sicherheit, mit der sich Young heute durch sämtliche Americana-Stile bewegt.

    Am Ende findet hier jeder, der Neil Young durch die vergangenen 45 Jahre seiner Karriere begleitet hat, liebgewonnene Facetten des Altmeisters wieder. Also vielleicht doch ein versöhnliches, altersmildes Abschiedswerk? Ach, wer weiß, ob Young nicht im nächsten Jahr ein Rap-Album herausbringt. Unberechenbar genug dafür wäre er, vital genug hoffentlich auch.

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    I'm pretty good with the past. It's the present I can't understand.
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    #9316333  | PERMALINK

    stormy-monday
    We Shall Overcome

    Registriert seit: 26.12.2007

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    Klingt doch ganz spannend.

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    Well, my telephone rang, it would not stop It's President Biden callin' me up He said, "My friend, Maik, what do we need to make the country grow?" I said, "My friend, Joe, my friend Bob would advice you , Brigitte Bardot, Anita Ekberg, Sophia Loren" Country'll grow
    #9316335  | PERMALINK

    captain-kidd

    Registriert seit: 06.11.2002

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    Höre gerade den Stream. Respekt, dass der alte Zausel mit seiner Gießkannenstimme ein teilweises Swing-Album raushaut. Allerdings deutet sich bereits sein altes Problem an: Er hat kein Händchen für das Sequencing. Zieht sich ja durch seine gesamte Karriere. Und ich weiß nicht, ob ich diese Punkrock-Harp mag…

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    Do you believe in Rock n Roll?
    #9316337  | PERMALINK

    cripple-creek-ferry

    Registriert seit: 25.03.2005

    Beiträge: 1,477

    Nachdem ich A Letter Home bewusst ignoriert habe, wird Storytone wieder eine Veröffentlichung sein, die mich für längere Zeit begleiten wird. Sehr gute Scheibe! Das mit dem Sequencing stimmt übrigens.

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    #9316339  | PERMALINK

    captain-kidd

    Registriert seit: 06.11.2002

    Beiträge: 4,140

    Der erste Track ist wunderschön, doch doch.

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    Do you believe in Rock n Roll?
    #9316341  | PERMALINK

    southernman

    Registriert seit: 13.06.2010

    Beiträge: 1,161

    Mir gefällt die Platte leider gar nicht. Ich höre zwar in einigen Songs Anleihen an die ersten Alben, aber irgendwie ist mir das Orchester einerseits und der Swing andererseits zu viel.
    Nun, tragisch finde ich es nicht. Bei der Masse an (klasse) Alben, die es von Young gibt, ist mir selbst das 5. in Folge, das mir nicht gefällt egal.

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    Früher war mehr Lametta!
    #9316343  | PERMALINK

    deleted_user

    Registriert seit: 20.06.2016

    Beiträge: 7,399

    Bis zur Hälfte bin ich gekommen, fand es ganz schön seicht.

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    #9316345  | PERMALINK

    livinthing68

    Registriert seit: 30.12.2012

    Beiträge: 355

    Nachdem „A Letter Home“ für meine Gehörgänge nicht zumutbar war, wird dieses Album wohl wieder genau nach meinem Geschmack sein. Die Orchestrale Version hört sich jedenfalls schon mal sehr gut an. Wirklich klasse Songs, insbesondere die letzen beiden Stücke, genau so mag ich Neil. Bin mal auf die Solo Versionen gespannt. Mit Orchester klingt auf jedenfall schon mal klasse.
    Deluxe CD ist schon bestellt.

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    #9316347  | PERMALINK

    rockingroll

    Registriert seit: 31.03.2014

    Beiträge: 2,752

    Gratis-Download von „Who’s Gonna Stand Up?“ – 3 Versionen:

    http://neilyoung.com/?frontpage=true

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    #9316349  | PERMALINK

    close-to-the-edge

    Registriert seit: 27.11.2006

    Beiträge: 27,996

    Man kann die Unberechenbarkeit auch übertreiben. Das Teil hat zwar durchaus schöne Momente, aber es ist kein geschlossenes Album. Sowas wie „Say Hallo To Chicago“ wirkt ein Esslöffel Nutella im deftigen Erbseneintopf.

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    #9316351  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    Close to the edgeMan kann die Unberechenbarkeit auch übertreiben.

    Diesen Satz sollte man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Ein Künstler wie Neil Young sollte also vorab berechnen, wie unberechenbar er sein darf, damit er dir nicht zu unberechenbar ist? Also bitte nur eine Prise künstlerische Freiheit? WTF?

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    #9316353  | PERMALINK

    southernman

    Registriert seit: 13.06.2010

    Beiträge: 1,161

    Neil Young kann machen wozu er Lust hat , er spricht damit immer eine bestimmte Schnittmenge seiner Hörerschaft an. Außerdem hat er es einfach nicht nötig, irgendetwas gefälliges zu machen. Seine Schäfchen hat er mit seinem Alter einfach im trockenen.
    Er ist zwar erschreckend aktiv und schont sich nicht – ich denke bei seinem ehemaligem Leben da schon an das Risiko Schlaganfall, aber das wird er auch selbst wissen und es ist ihm womöglich auch egal. Mir sagen die letzten Alben zwar recht wenig zu – wobei ich Psychedelic Pill eigentlich ausgesprochen gut fand, aber dass er seine Unberechenbarkeit übertreibt ist ja wohl Käse.

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    Früher war mehr Lametta!
    #9316355  | PERMALINK

    close-to-the-edge

    Registriert seit: 27.11.2006

    Beiträge: 27,996

    kramerDiesen Satz sollte man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Ein Künstler wie Neil Young sollte also vorab berechnen, wie unberechenbar er sein darf, damit er dir nicht zu unberechenbar ist? Also bitte nur eine Prise künstlerische Freiheit? WTF?

    Ich glaub, Du hast schon verstanden wie ich das meinte, und stellst Dich grad ein bißchen dumm.
    Niemand will Neil Young die künstlerische Freiheit beschneiden, die aber mit seiner Berechenbarkeit nur bedingt zu tun hat. Der Mann sucht ja in den letzten Jahren förmlich nach Nischen, mit denen selbst er noch überraschen kann, von dem man sowieso jeden Tabubruch gewohnt ist. Das „Telefonzellenalbum“ war an sich eine interessante Idee. Aber er hat es so weit überdreht, bis der Faden gerissen ist. Er hat seinem Hang zum Extremen eine schöne Platte geopfert.

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    #9316357  | PERMALINK

    neiliebly

    Registriert seit: 11.02.2007

    Beiträge: 1,757

    Close to the edgeDas „Telefonzellenalbum“ war an sich eine interessante Idee. Aber er hat es so weit überdreht, bis der Faden gerissen ist. Er hat seinem Hang zum Extremen eine schöne Platte geopfert.

    Ob die Songs der „A Letter Home“ in einer ‚ordentlichen‘ Produktion schöner geworden wären wage ich stark zu bezweifeln. Eventuell war es sogar (sehr) passend, sie in dieser (gewollt) schlechten Atmosphäre zu verpacken!?

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    #9316359  | PERMALINK

    deleted_user

    Registriert seit: 20.06.2016

    Beiträge: 7,399

    neilieblyOb die Songs der „A Letter Home“ in einer ‚ordentlichen‘ Produktion schöner geworden wären wage ich stark zu bezweifeln. Eventuell war es sogar (sehr) passend, sie in dieser (gewollt) schlechten Atmosphäre zu verpacken!?

    A letter home fand ich vom Konzept her stark. Interessante Idee aus der Telefonzelle die Sehnsucht nach Heimat zu dokumentieren. Allerdings bestand das Problem, dass man sich diese Songs nicht mehrfach anhören möchte. Eine gute Sache wäre gewesen das Album so herauszubringen und diesem einen DL Code beizulegen, welcher 6 Wochen nach Veröffentlichung das gleiche Material in besserer Klangqualität (ein weiteres Mikro aufzustellen wäre wohl kein Problem gewesen) dem Käufer optional angeboten hätte.

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