Bob Dylan & His Band, Wien und Klam – Juni 2014

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  • #91009  | PERMALINK

    b-b-grunt

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 782

    Es gibt verschiedene Möglichkeiten sich den Konzerten zu nähern. Da sich beide male gute Gelegenheiten fürs Vor- und Nachbesprechen der Konzerte mit Unbekannten im Publikum ergeben haben, kann ich davon ein bisschen erzählen:

    Da wären beispielsweise die jungen Menschen, die nach dem Konzert begeistert waren, weil sie einen der „Late Greats“ live erlebt haben. Hier bewahrheitet sich wieder einmal, dass die Abwendung von den Idealen (respektive Idolen) der Eltern oft mit einer Hinwendung zu denen der Großelterngeneration verbunden ist. Das Erlebnis steht im Mittelpunkt und es ist sicher ein Erlebnis, so hautnah dran zu sein am Mythos Dylan (in den ersten Stehreihen ist es gesteckt voll) und die Inszenierung – out of time – unterstreicht diesen eindrucksvoll.

    Dann gibt es da die abgebrühten Konzertgänger (eher nur in der männlichen Form). Sie haben Dylan schon oft gehört/gesehen – wie alle anderen MusikerInnen und Bands übrigens auch. Der Assoziationen und Referenzen gibt es daher Legion: Vor allem den Vergleich mit der Stimme von Tom Waits hört man oft. Und dass die Musiker, die man auch von anderen Bands- / Projekten kennt, von Dylan doch in einem etwas engen musikalischen Korsett gehalten werden (kaum Solos, kein Improvisieren). Poor Charlie Sexton ……

    Ein großer Teil des Publikums stellen natürlich auch die Zeitgenossen dar, welche die Erinnerung an alte Platten und Erlebnisse suchen und glauben, dass diese bei einem Dylan-Konzert lebendig werden, wie bei Schmecken einer in Tee getunkte Madeleine. Ob das funktioniert hängt aber vielleicht mehr mit der Intensität der Erinnerungen zusammen, als mit der simplen Tatsache, dass Dylan so gut wie keine alten Lieder spielt. Bei dieser Gruppe gab es wohl die meisten Enttäuschen.

    Ach ja – da sind da noch die Dylan Fans. Die kamen mit ein paar wunderbaren Interpretationen (z.b. Long And Wasted Years, Forgetful Heart aber auch Simple Twist Of Fate) voll auf ihre Rechnung und tragen die statische Setlist mit Fassung. Schließlich erschließt die Reflexion (der Reflexion) dass das Warten auf Raritäten für einen ernsthaften Fan ja irgendwie auch „albern“ ist.

    Mir selbst bleibt die Erinnerung an zwei – im Gesamterlebnis – schöne Konzerte, ein paar wunderbare Interpretationen, eine streckenweise unter ihrem (vermutet sehr hohem) Niveau spielende Band, einen wunderbar phrasierenden Dylan der für seine Verhältnisse relativ oft (und eindeutig) singt – freilich mit einem immer bescheideneren Tonumfang und – leider – zweimal derselben Setlist (wobei das auch spannend war: So war beispielsweise Beyond Here Lies Nothing in Wien grottenschlecht, in Klam aber einer der Höhepunkte; während Spirit in The Water und She Belongs To Me dort – im Vergleich zu Wien – ziemlich abgesoffen sind).

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    #9242707  | PERMALINK

    stormy-monday
    We Shall Overcome

    Registriert seit: 26.12.2007

    Beiträge: 20,008

    Danke, B.B. Klasse!

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    Well, my telephone rang, it would not stop It's President Biden callin' me up He said, "My friend, Maik, what do we need to make the country grow?" I said, "My friend, Joe, my friend Bob would advice you , Brigitte Bardot, Anita Ekberg, Sophia Loren" Country'll grow
    #9242709  | PERMALINK

    neiliebly

    Registriert seit: 11.02.2007

    Beiträge: 1,757

    In Zwickau war heute auch volles Haus. Dylan war erstaunlich locker aufgelegt. Mit Pause hat er gut zwei Stunden gespielt – eine Zugabe: „All along the Watchtower“.

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    #9242711  | PERMALINK

    notdarkyet

    Registriert seit: 15.04.2011

    Beiträge: 701

    Schöner Bericht, B.B.Grunt!
    Ich war diesmal in Klam und München.

    Klam:
    Was für ein Scheißwetter ;-) Als Dylan, wie Open Air üblich eine halbe Stunde verspätet (er wartet wohl gerne die Dämmerung ab), auf die Bühne kommt, beginnt es wieder zu regnen. Ich mag Dylankonzerte Open Air sehr gerne. Es gibt dann die Chance Dylans Gestik und Mimik, seine tänzelnde wippende Bühnenpräsenz, im natürlichen Licht zu beobachten (zumindest die ersten Songs). Generell ist die Stimmung lockerer, es ist mehr Platz, Festivalcharakter – nicht zu vergessen die örtliche Feuerwehr, die sich rührend und ohne autoritäres Gehabe um die BesucherInnen kümmert. Lustiger Haufen ;-)

    Im Vergleich zum Set der letztjährigen Tour hat Dylan noch einmal das Tempo verlangsamt und die Songs behutsamer arrangiert. Der Wirkung seiner Stimme ist das zuträglich. V.a. bei „Forgetful Heart“, „What Good am I“ und „Simple twist of fate“ ist das zu beobachten.
    Die Band: Ja, die ist erhaben. Ich beobachte gerne, wie Dylan Sexton die Freigabe zum Gitarrensolo erteilt: Das ist von Konzert zu Konzert unterschiedlich, funktioniert manchmal besser, manchmal schlechter.
    Dylans Harpspiel ist ebenso zurückgenommen und leiser. Ich vermisse da manchmal etwas mehr Power und Soul. Aber es passt du den Arrangements, zumindest meist.
    Ein tolles Konzert in einer wunderbaren Location.

    München:

    Im Tollwoodzelt. Ich war ja anfangs skeptisch ob das Großzelt geeignet ist für Dylans momentane „Dynamik“. Die Sorge war unberechtigt. Super gemixter Sound und ein wirklich sehr aufmerksames, begeistertes und mitgehendes Publikum. Beim Encore reagierte Dylan auf die mitklaschende Menge und bedanke sich durch ein paar weitere klatschgeeignete Takte auf seinem Piano.

    Eine Änderung in der Setlist: Workingman´s Blues statt „What Good am I“. Der Song ist in seiner momentanen Fassung ganz leise instrumentiert, fast ein Akkustkstück mit A-Capella-Teilen. Wirklich wunderschön, auch die neuen Textteile.

    Das Bootleg dieses Gigs besorge ich mir, da war wirklich alles stimmig. Und Zappa1 ist ein toller Kumpan zum Dylanbesuch! ;-)

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    #9242713  | PERMALINK

    zappa1
    Yellow Shark

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 86,862

    notdarkyet Und Zappa1 ist ein toller Kumpan zum Dylanbesuch! ;-)

    Das Kompliment gebe ich doch gerne zurück. :-)

    Ja, war ein klasse Abend, den ich so wirklich nicht mehr erwartet hätte. Seh berührend zum Teil, wobei mein persönliches Highlight „Simple Twist Of Fate“ war. Alles in allem, ein absolut wunderbares Konzert.

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    „Toleranz sollte eigentlich nur eine vorübergehende Gesinnung sein: Sie muss zur Anerkennung führen. Dulden heißt beleidigen.“ (Goethe) "Allerhand Durcheinand #100, 04.04.2024, 22:00 Uhr https://www.radiostonefm.de/naechste-sendungen/8887-240404-allerhand-durcheinand-100  
    #9242715  | PERMALINK

    b-b-grunt

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 782

    ich empfinde fotografieren und filmen bei Konzerten störend, aber wenn die Ergebnisse so gelungen und – von der Stimmung her – so repräsentativ sind, wie hier Workingman’s Blues #2 aus München, ist das doch auch erfreulich: http://www.youtube.com/watch?v=Ut5QZg5QknE#t=52

    PS: Gestern in Slups, Polen war die Setlist komplett umgekrempelt, kann man lesen ….

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    If you dance, you might understand the words better. David Byrne
    #9242717  | PERMALINK

    b-b-grunt

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 782

    Warum repräsentativ? Nicht von der Setlist her, da gehört es sicher zu den Ausnahmen – aber in seiner Zurückgenommenheit steht es eindeutig für den Großteil (und den besseren Teil) der auf dieser Tour gespielten Lieder. Vorbei ist der Folk, vorbei ist der Rock, vorbei ist die Country Schiene der späten Neunziger und vorbei ist auch der Bluesrock des letzten Jahrzehnts. Die neuen, bis jetzt beinahe ausschließlich gespielten, Dylan Lieder sind schlichte Nummern, „Songs“ im besten Sinne des Wortes. Mir fallen z.b. die Lieder von Stephen Foster (dessen Hard Times er ja auf Good As I Been to You gecovert hat) ein, wenn ich an mögliche Vergleiche denke. Im Unterschied zu den alten Dylan Songs sind sie gesanglich simpel und von der Melodieführung den Möglichkeitsbedingungen des Interpreten angepasst. Gemeinsam mit seiner Band vermag er aus diesem Material gelegentlich Großartiges herauszuschälen (ein schönes Solo da, eine wunderbar phrasierte Passage dort oder ein Sprachspiel das hängen bleibt – „I can’t go to paradise, I shot a man up there ……“), gelegentlich (selten) wirken die Nummern aber leider auch schlicht langweilig und manchmal einfach lieblos und unkonzentriert heruntergespielt (aber das ist wohl das Schicksal, dass wir alle in unseren Jobs und sonstigen regelmäßigen Aktivitäten teilen). Interessanterweise braucht es manchmal einen ordentlichen Patzer (z.b. völlig verhaute Einsätze und Gitarrenstimmungen [!] bei She Belongs To Me in Klam) um danach eine hochkonzentrierte, tolle Nummer zu hören (z.B. Beyond Here Lies Nothin‘ bei derselben Gelegenheit).

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    If you dance, you might understand the words better. David Byrne
    #9242719  | PERMALINK

    notdarkyet

    Registriert seit: 15.04.2011

    Beiträge: 701

    Zur Bühnenästhetik bzw. Dylans „Hide and Seek“:

    Die Spiegel sind ja glücklicherweise abgebaut. Nun gibt es neue Gimmicks zum Versteckspiel (oder für mehr…?)
    Da wären die 3 Mikros, die Dylan Center Stage hat aufbauen lassen und hinter denen Dylans Gesicht zum Großteil verborgen bleibt.
    https://www.flickr.com/photos/highw61/14552810141/
    https://fbcdn-sphotos-c-a.akamaihd.net/hphotos-ak-xfp1/t1.0-9/q77/s720x720/10486205_646445062116192_4239047771565505606_n.jpg

    Die zwei Ribbon Mikrophone geben natürlich Spekulationsanlass: Nur Versteckspiel oder gar multi-track Aufnahmen für ein Livealbum? (Ich tendiere zu Ersterem, aber es ist mir auch ein bisschen egal.)

    Workingman´s Blues als Repräsentativ?:
    Absolute Zustimmung. Ganz ähnlich bei „Simple Twist…“ und immer deutlicher, von Gig zu Gig, bei „Tangled up..“. Dazu dann „Forgetful Heart“, „Long and Wasted…“, „What Good am I“ und bei den Athen- und Slupsversionen von “Girl from the North Country” und “ Shelter from the Storm”.
    Auch die Liveversion “Roll on, John” (London und Blackpool 2013) fügt sich da gut ein.

    Bei den zurückgenommenen Songs, slow Sound, den Balladen und beim Sprechgesang habe ich in den letzten 3 Jahren keine einzige schwache Liveversion gehört. Was ich von v.a. den Bluesstücken nicht behaupten kann. Da kommt schon das eine oder andere Mal eine verhuntzte Nummer…

    Hier noch der wichtigste Teil der neuen Workingman´s Blues Lyrics:

    I woke up this morning
    And I sprung to my feet
    And I went into town on a whim
    I saw my father in the street
    At least I think it was him
    In the dark I hear a song bird call
    You know the hills are rugged and steep
    But I’ll sleep in the kitchen with my feet in the hall
    If I told you my whole story you’d weep

    I’ll be back home in a month or two
    When the frost is on the vine
    I’m gonna punch my spear right straight through
    Half-ways down his spine
    Then I’ll lift my arms to the star-lit skies
    And I’ll pray the fugitive prayer
    I’m guessin‘ tomorrow the sun will rise
    I hope the final end’s been spared
    Now the battle is over, up in the hills
    And the mist is settlin‘ in
    Look at me with all my spoils
    What did I ever win?

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    #9242721  | PERMALINK

    roseblood

    Registriert seit: 26.01.2009

    Beiträge: 7,089

    Auch wenn der Donnerstag Abend in Zwickau wieder sehr schön war, 2 kleine Kritikpunkte habe ich dennoch:

    1. Eine etwas variablere Setlist wäre schön.
    2. Mir fehlt ein bisschen der Schwung. Vor 2, 3 Jahren spielte die Band noch „lauter“ und der Bluesanteil war ein höherer. Die Mischung der Tracks war besser.

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    #9242723  | PERMALINK

    notdarkyet

    Registriert seit: 15.04.2011

    Beiträge: 701

    B.B. Grunt Die neuen, bis jetzt beinahe ausschließlich gespielten, Dylan Lieder sind schlichte Nummern, „Songs“ im besten Sinne des Wortes… Im Unterschied zu den alten Dylan Songs sind sie gesanglich simpel und von der Melodieführung den Möglichkeitsbedingungen des Interpreten angepasst. Gemeinsam mit seiner Band vermag er aus diesem Material gelegentlich Großartiges herauszuschälen .

    Habe gerade das (leider soundmäßig recht schlechte) Slups(PL)-Bootleg gehört und da v.a. „Girl from the North Country“. Darauf, „alter“ Song, würde deine gute Beschreibung auch passen: Es ist wirklich bemerkenswert. Die leise Instrumentierung, mit einem wunderschönen Akkustiklauf und einer zurückgenommenen Harp spielt Dylans Gesang in die Hände. Ich habe den Song noch nie schöner gehört! Wahnsinn.

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