Alice Coltrane

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    vorgarten

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    JOUNEY IN SATCHIDANANDA (1970)

    das wurde aber auch zeit: frau coltrane geht nach indien! lange genug hatte ihr guru, swami satchidananda, auf sie eingeredet. also fahren sie zusammen, mit einigen anderen „studenten“, besuchen new delhi, reshikesh, madras und fahren über land durch sri lanka. vorher allerdings nimmt sie noch ein album auf, voller vorfreude und voller ideen darüber, was sie dort wohl erleben wird.

    das reise-album JOURNEY IN SATCHIDANANDA, das auch ein stück mit dem titel STOPOVER BOMBAY enthält, lässt sich schon im vorfeld sehr weit auf das spirituelle erlebnis ein, das alice coltrane im dezember 1970 erwarten wird. schon jetzt hat sie sich mit der tambouraspielerin tulsi eine fernöstliche klangfarbe ins studio geholt und macht erstmals ernst mit einer konzentrierten drone-musik. vier stücke entstehen am 8. november 1970, tamboura-bedingt auf einem einzigen grundton aufgebaut, mit dem tollen, hochvirtuosen cecil mc bee am bass, der entweder stur ein riff durchspielt oder kamikazehaft in soli und absurde umspielungen ausbricht. coltrane selbst hält sich sehr zurück, ihr harfenspiel ist nochmal anders geworden, repetitiver, weniger solistisch, manchmal pausiert sie auch einfach. so entsteht das tolle titelstück, auf dem pharoah sanders, wie auf dem gesamten album, helle, leicht brüchige, selten ausbrechende sopransax-linien anlegt, die ihn eigentlich schon in einer post-free-phase zeigen. rashied ali bringt als einziger bewegung in dieses komplex texturierte tongeflecht hinein, das hier entschieden spirituelle mood music sein will, pop (wenn man so will), psychedelische glückswolke.

    sehr schön dann auf seite zwei, wie alice coltrane das indien-thema mit einer referenz an den verstorbenen mann verbindet: natürlich mit einer variation über INDIA, die sie SOMETHING ABOUT JOHN COLTRANE nennt (it „is set on a d-minor mode, and will not be unfamiliar to john’s followers“). sehr zurückhaltend wechselt sie dafür mccoy-tyner-haft ans klavier und lässt ein paar modale akkordstrukturen wandern, während sanders hier den coltrane geben darf. das instrument, das auf john coltranes village-vanguard-aufnahmen angeblich von ahmed abdul-malik gespielt und immer fälschlicherweise als „oud“ angegeben wird, war ja höchstwahrscheinlich auch eine tamboura (ist das eigentlich mittlerweile geklärt?). ein schöner blick zurück vor dem abflug. wahrscheinlich wollte john auch immer mal nach indien.

    die große überraschung ist aber das allerletzte stück, das knapp ein halbes jahr zuvor aufgenommen wurde, live im village gate. hier ist tatsächlich eine oud statt einer tamboura zu hören und charlie haden, der langjährige freund von alice coltrane, ist erstmals am bass. im völlig offenen harmonischen feld entsteht zunächst eine klangwolke aus lauter faszinierenden und zurückhaltend geformten sounds der musiker, in denen sanders (wieder am sopran) auf einzelne drones der oud eingeht, alice sanfte harfenakzente hinzufügt, haden kaum hörbar grundiert und ali mitschrummelt. gerade, als sich sanders zu einem gänsehautmoment gehauchter emotionalität emporgeschwungen hat, fängt rashied ali aus dem absoluten nichts heraus mit einem sophisticated rumpelbeat an, in den die oud (von vishnu wood gespielt) ein kleines, hippes motiv einstreut. keine ahnung, ob das alles wirklich jemand komponiert hat, aber es folgt eine faszinierende zweite hälfte, angetrieben vom wieder gleichzeitig verschleppten und beschleunigten beat alis, der im konsequenten nicht-gradlinig-spielen das stück mit großem reiz auflädt. ein besonderer live-moment, so hört sich das an. fällt deswegen auch etwas raus aus dieser spirituellen reisevorbereitungsmusik. guten flug, frau coltrane!


    UNIVERSAL CONSCIOUSNESS (1971)

    in indien passiert natürlich das erwartete. alice coltrane kommt erleuchtet zurück, hat einen neuen namen (turiya aparna) und ihre nächsten liner notes erzählen mythen nach, bringen locker krishna, allah, maria & joseph, isis & osiris in einen geheimnisvollen zusammenhang und sind um ein foto herumgruppiert, das eine gewandete alice mit ihrem im yogasitz auf einer säule hockenden guru swami satchidananda am ufer des ganges zeigt. ich bin nicht in der lage, diese texte tatsächlich einzuordnen, aber irgendwie scheinen sie jetzt nicht von esoterischen imitierungen durchsetzt oder mit hinduistischen formeln verknotet, sondern auf eigenartige weise originell in ihren verknüpfungen von irdischem und geistigem, von universellen ideen und der erwähnung, dass die jüngere schwester jetzt bei einer großen plattenfirma arbeitet, gebeten und dank an ihre musiker.

    „transonic power“ jedenfalls habe gott ihr gegeben, schreibt turiya aparna. aber um diese kraft des durchwanderns von klängen im tonstudio festzuhalten, lässt sie sich noch ein paar monate zeit. im april, mai und juni 1971 gibt es drei sessions im coltrane-haus. zwei sachen sind neu: wir hören zum ersten mal streicher und die wurlitzer orgone, eine orgel mit zwei tastaturen und bass-pedalen. alice coltranes sound darauf ist ungewöhnlich und mittlerweile kann man wohl von einem trademark-sound sprechen. trocken, etwas gequetscht, null legato, dafür mit einigen hall-effekten, bei denen ich aber nicht weiß, ob sie ein ergebnis der postproduktion sind. die streicher (in alices arrangement, von ornette coleman transkribiert) wiederum sind auch sehr besonders – vier violinen, gespielt von musikern aus dem klassikbereich, darunter aber auch leroy jenkins. das klingt scharf, schrill, aber durch die hallige aufnahme wie ein großes orchester, dem man den bass abgedreht hat. dazwischen streicht jimmy garrison ein paar drones, einmal aber soliert er auch im kollektiv mit alice. bewegung findet im drum-bereich statt, zum einen durch den jungen jack de johnette (für den ich ja einen besonderen crush habe, weil er am anfang so funky, schnell und beweglich war, egal ob bei miles, bei bill evans oder hier); zum anderen durch den viel pattern-affineren, polyrhythmischen clifford jarvis.

    das titelstück ist ein schräger und recht gewalttätiger call & response heuler, in dem kürzelmotive der streicher (‚unrein‘ und geräuschhaft gespielt) von alices orgel aufgefangen werden. im mittelteil des albums gibt es dagegen lange, statische, z.t. original indische hymnen, in denen die streicher unisono und klangsauber eine ziemlich quecksilbrige, unwirkliche schönheit verbreiten. aber auch da immer wieder mit atempausen, lücken, die von den anderen musikern gefüllt werden. die postproduktion bringt hier einiges zusammen, setzt aber auch artifiziellen hall ein, der z.t. durch die kanäle wandert. auch overdubbs kommen vor, vor allem, um die harfe ins spiel zu bringen, während alice noch an der orgel zu hören ist. wenn das jetzt nach harmonieseligem brei klingt, liegt man völlig daneben. die meisten sounds sind spitz und aggressiv, das material wird in harten schnitten gegeneinandergesetzt. trotzdem ergibt sich auf einer höheren ebene eine harmonie, der man sich – trotz all ihrer geheimnisfülle – ziemlich schnell ergibt.

    für scharfe kontraste sorgen die beiden duos mit rashied ali, die im juni aufgenommen wurden. BATTLE AT ARMAGEDDON und THE ANKH OF AMEN-RA sind ziemlich krawallige improvisationen, die wieder die linie der harmonisch niemals aufgelösten blues-studien verfolgen, die auf PTAH so prominent waren. sehr schön ist außerdem die rahmung des letzten stückes durch zwei harfen-teile, die auch zeigen, dass alice coltranes harfenspiel mittlerweile sehr an facetten gewonnen hat (schimmernde flächen, klare punktierungen, metallisches durchstreichen und mit haut gepielte basslinien, in denen häufig etwas mitschnarrt). insgesamt bin ich ein großer fan vor allem ihres orgelspiels, das eine entschiedene hipness hat, obwohl es ein irgendwie defizitär flacher sound ist. später wird sie auch noch anfangen, die einzelnen töne zu dehnen und mikrotonal zu erweitern, aber hier sind es eher schräge akzente in den streicherwolken und schweißtreibend wiederholte patterns, die im fluss des spiels von rashied ali ums nicht-untergehen kämpfen.

    UNIVERSAL CONSCOUSNESS ist eine große bewegung durch sehr unterschiedliche klangpaletten, wirkt aber wie aus einem guss. transonic power. meine erste erfahrung mit alice coltrane außerhalb der bands ihres mannes und immer noch eins meiner liebsten alben.

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    gypsy-tail-wind
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    Schön, dass es weitergeht! „Universal Consciousness“ war auch mein Einstieg in Coltranes eigene Musik und das Ding faszinierte mich von Beginn, auch wenn ich bisher nie das Gefühl hatte, auch nur annähernd alles zu begreifen, was man darauf hören kann.

    Heute ging übrigens das einzige nicht völlig überteuerte Exemplar der „Piano Jazz“ CD mit Alice, das ich finden konnte, in die Post … darauf freue ich mich sehr und bedanke mich auch gleich nochmal für den Stupser, der mir einer Deiner BFTs diesbezüglich gab!

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    #8940645  | PERMALINK

    vorgarten

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    gypsy tail wind“Universal Consciousness“ war auch mein Einstieg in Coltranes eigene Musik und das Ding faszinierte mich von Beginn, auch wenn ich bisher nie das Gefühl hatte, auch nur annähernd alles zu begreifen, was man darauf hören kann.

    ja, die produktion ist sehr speziell, der aufnahmeraum ist nicht mehr spürbar, das material ist vielschichtig, gemessen an der harmonischen grundgeste gibt es eine fülle von dissonanzen usw. ich höre die immer wieder und immer wieder neu.

    gypsy tail windHeute ging übrigens das einzige nicht völlig überteuerte Exemplar der „Piano Jazz“ CD mit Alice, das ich finden konnte, in die Post … darauf freue ich mich sehr und bedanke mich auch gleich nochmal für den Stupser, der mir einer Deiner BFTs diesbezüglich gab!

    respekt, dass du da fündig geworden bist! ich habe das nur als dateienhaufen. ich warte meinerseits auf die einzige publikation zu alice, nachdem ich bei google books ein bisschen quergelesen habe und sehr überrascht war, wie originell das aufgebaut ist. und dass es sich auch nicht vor dem spirituellen komplex verschließt (was ich ja auch nicht vorhabe).

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    #8940647  | PERMALINK

    vorgarten

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    WORLD GALAXY (1972)

    „love for love’s sake is divine“ lässt sich swami satchidananda in den liner notes zitieren – das ist aus einem „gedicht“ von ihm, das er selbst in alice coltranes version von A LOVE SUPREME rezitiert. das große kosmische unbekannte und die liebe als göttliche energie sind die themen der WORLD GALAXY suite, die noch etwas größer denkt als UNIVERSAL CONSCIOUSNESS und doch ausgesprochen auf john coltrane bezogen bleibt. ausgerechnet MY FAVORITE THINGS eröffnet, im dreckig und roh quäkendem wurlitzer sound, der aber schnell von einem streicherteppich überdeckt wird. 15 violinen sind es diesmal, flächendeckend, dicht, nur noch wenige lücken lassend – für ein kleines orgelsolo hier, ein paar völlig aus dem rahmen schießende saxlinien des jungen und hier erstmals diskografisch dokumentierten frank lowe dort. ben riley hält etwas hilflos einen midtempo-swing aufrecht. wenn die wurlitzer nicht sofort in clusterartige dissonanzen ausfranst, gibt es noch paul-buckmaster-gemäße elektronik-attacken, die sich so anhören, als würden die aufgenommenen streicher schnell vor- oder zurückgespult.

    der mittelteil besteht aus drei galaxie-variationen – GALAXY AROUND OLUDUMARE, wo sich die 15 violinen auf ein soundtrackhaftes thema einigen, dazwischen klavier und vereinzelte schreie von frank lowe, kesselpaukenüberleitung zum außerirdisch schönen GALAXY IN TURIYA, einem schwebenden unisonoexzess, von ben riley flirrend mit besen auf dem ride bewegt, einer harfe, die harmonisch zuwiderläuft, als gleiteten zwei wolken ineinander – und der bassgrundierung, die allein reggie workman mit einem durchgestrichenen grundtton aufrecht hält. dazwischen wird ein jazzmoment ausgelöst, der nochmal in neue dimension aufsteigt, workman soliert, die harfe geht in die bassfrequenz, frank lowe spielt ein traumhaft schönes vier-ton-motiv als solo auf dem sopransax, riley rumpelt auf den toms los. wenn die streicher danach wieder einsteigen, fühlt man sich, als würde in ein boot zurück steigen, das man nur für einen augenblick verlassen hat, um sich etwas an land genauer anzusehen. am ende spielen plötzlich alle violinen wild drauflos, und die unverhoffte kakophonie ordnet sich in einem großflächigen akkord, in dem eine tamboura den grundton festlegt. einstieg in die GALAXY IN SATCHIDANANDA. die harfe gibt ein thema vor, dass die streicher aufgreifen, wieder wähnt man sich in einem film. die schärfe und flächigkeit des arrangements erinnert von ferne an die gleichalte HISTOIRE DE MELODY NELSON bzw. an die streicherscores von jean-claude vannier. von völlig woanders her kommt ein fire-solo von alice auf der wurlitzer, was die harmonie exentiell kippen lässt, obwohl sie auf die tamboura bezogen bleibt. unterstützt wird die orgel durch ein gleichermaßen aggressives kurzsolo von lowe auf dem sopran, dem aber schnell die luft ausgeht. streicher und harfe bleiben siegreich, gleichzeitg sind die wogen in sich instabil, die triller und unreinen töne gehen aus dem europäisch-klassischen kontext raus, das thema sowieso.

    zum schluss der auftritt des gurus und seines liebesgedichts, das john coltranes LOVE SUPREME weiterschreibt und um fernöstliche bedeutungsebenen erweitert. das vier-ton-bass-motiv ist geschickt in ein streicherthema umgewandelt, ben riley schlägt (1972!) einen lupenreinen hiphop-beat, die wurlitzer beißt sich hip am thema fest, der fette, grunzende orgelbass übernimmt den rest. riley und coltrane zelebrieren das im duo, der ganze orchestrale apparat hat pause, die orgel verschiebt das thema. lowe krächzt mal kurz dazwischen, dann kommt plötzlich ein violinensolo von leroy jenkins, das sich nach anfänglicher orientierungslosigkeit toll mit den orgelkaskaden vermischt. die dominante klangfarbe des albums erobert sich aber am ende doch ihren raum zurück: unisono-streicher-thema, umspielende harfe, grundton vom bass, ein letztes solo der orgel. swami haucht dreimal „om shanti“ und die WORLD GALAXY löst sich in atmosphäre auf.


    LORD OF LORDS (1972)

    es geht alles noch größer. ein halbes jahr nach WORLD GALAXY nimmt alice in los angeles LORD OF LORDS auf, ein 5-teiliges werk für großes orchester und improvisierendes trio (alice, charlie haden & ben riley). wobei – improvisierend ist nur noch die leaderin zu hören, kurz, kakophonisch, in wilden free-ausbrüchen. tief in den raum gestaffelte unisono-flächen sind zu hören, hinter denen ein klarer plan steht, dessen ergebnis aber mitunter verstörend ist. für mantras und sonstige ritualbezüge ist das alles zu dramatisch, für jazz zu statisch, für klassik zu flächig. sie habe besuch von igor strawinsky bekommen, schreibt alice. er habe ihr ein kleines fläschchen überreicht mit einer flüssigkeit, die sie auf kommando getrunken habe. eigentlich sei das für ihre großmutter gewesen, soll strawinsky ihr gesagt haben. und den rätselhaften satz: „i want you to receive my vote!“ wirklich far out, das ganze. jedenfalls hat alice zwei passagen aus dem feuervogel für das album transkribiert, mit der orgel als hauptinstrument. und einigen wilden free-ausbrüchen dazwischen. ganz am ende noch eine komplexe dvorak-anleihe, das „largo“ aus der new world symphony, das aber auf der grundlage von spirituals entstanden war und später als „going home“ wieder zum beliebten gospel wurde. alice ornumentiert darum herum, bewahrt aber mit den streichern den dvorakbezug, nicht die gospelreferenz.

    und die orgel, seltsam verstärkt und verzerrt, klingt sehr merkwürdig hier. wie eine plastiktröte unter holzbläsern. wie ein score für einen psychedelischen science-fiction-film. ende der 60er bis mitte der 70er sei halt eine sehr offene zeit gewesen, erzählt alices produzent ed michel – die leute hätten alles mögliche im radio hören können. ein paar substanzen haben zu dieser entspanntheit und neugier sicherlich beigetragen. nur ist LORD OF LORDS, in völlig unangestrengtheit, kein spiel, kein pop und kein experiment – es liefert so scheint es, sehr genau, was es beabsichtigte. und war laut michel sogar erfolgreich.

    danach brach alice coltrane ihre zelte auf long island ab und zog mit ihrer familie an die westküste. in der neugeordneten labellandschaft wurde sie von warner übernommen, ihr produzent ed michel folgte ihr. ebenso einige sinnsucher – ein erstes gebetszentrum entsteht. bald erfolgt ein weiterer umzug, nach woodland hills, nahe los angeles. alice coltrane geht ins zölibat und wird guru.

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    #8940649  | PERMALINK

    vorgarten

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    LORD OF LORDS, 2. versuch

    in den letzten tagen lässt mich diese aufnahme nicht mehr los. sehr hartnäckig schreibt sie sich ein in das grundgefühl eines tages, beunruhigend und beruhigend zugleich. komplex ist das alles nicht, aber sehr ernst, wie die streicher, die vom sonoren unisono plötzlich in flirrende fernöstliche kratztöne abheben. aufgekratzte musik, sozusagen. die klassischen, geborgten melodien sind genausowenig fluchtpunkte wie die dissonanten free-ausbrüche, gleichsam scharniere zum nächsten bewusstseinsraum. das zweite stück, „sri rama ohnedaruth“, ist vergleichsweise kurz, aber besonders beeindruckend. zu den sich überlagernden flächen kommt eine auf- und eine abwärtsbewegung dazu, in drei-ton-schritten, abwechelnd, hoch runter hoch runter, am ende parallel und leiser werdend. bewegter stillstand, ewige unauflösbarkeit. der großneffe, flying lotus, hat dieses stück einfach eingebaut in seine sachen. zu LORD OF LORDS hat er eine eigene theorie:

    For me, this record is the story of John Coltrane’s ascension. It’s her understanding and coping with his death. I feel that. This song in particular, “Going Home,” that’s a family song. When someone passes, that’s the song we play at the funeral. When my auntie passed, we played that one. My mom died last year in October, and in making this record, hearing this sound, I went “that’s it.” That’s the whole journey, the whole thing, of understanding, and going deeper within. For me at least. It made sense. This is that journey through that astral life, the next place. On all levels. You die and there’s still so much to go through. It’s not a quick thing. You have to work and understand that you die and what it’s like to die and see yourself in the world without you and a whole bunch of things.

    von hier.

    und alice selbst, im wire-interview:

    That record was so special to me because practically every aspect of it is like a meditation, and the [cover] photograph was so unlike any one ever taken. It was the expression, it was what appeared to be the underlying substance of some higher energy vibration. When I looked at it I could see it was more like identifying with the soul than it was with the external person’s features or anything like that. And then the music became a meditation where each selection told its own story. Although it’s one that you can write down, I sometimes think things are better left in that realm of mystery or the unknown.

    [zwischenstopp, ein schritt zurück]
    JOHN COLTRANE / ALICE COLTRANE: INFINITY (1972)

    eine völlig überraschende wiederbegegnung. das hatte ich eigentlich auch gehofft. vor ewigkeiten habe ich INFINITY mal gehört, in meiner ersten john-coltrane-phase, in der ich nach den 1961er village-vanguard-aufnahmen (also „india“ z.b.) direkt in die spätphase gestolpert bin. vor allem EXPRESSION hat mich damals sehr bewegt, nicht zuletzt daher kommt meine verehrung dieser pianistin. in dem zusammenhang tauchte dann mal INFINITY auf und ich fand es überhaupt nicht merkwürdig, dass da plötzlich streicher waren und harfen und kesselpauken, denn sowas wie OM oder KULU SE MAMA waren ja auch schon hybrides zeug, wo sich expressivität aus einem soundgeflecht heraus entwickelt, das offensichtlich genauso ernst gemeint war wie die himmelwärts gerichteten sax-ausbrüche von coltrane und sanders.

    jetzt, wo ich INFINITY wiederbegne, im kontext der streicherphase von alice coltrane (die overdubs, also die eigentliche albumproduktion, passierten zwischen WORLD GALAXY und LORD OF LORDS, mit den gleichen orchestermusikern und charlie haden, also quasi in der gleichen besetzung wie LORD OF LORDS), scheint sie mir 100%ig als album von alice coltrane, in der ihr verstorbener mann und verschiedene musiker in seinen bands nur farben sind, einzelne stimmen, die innerhalb ihres soundaufbaus mal collagiert, mal übermalt, auch (aber selten) übertönt werden. wäre die tontechnik weiter gewesen damals, hätte ein völlig verwirrendes palimpsest entstehen können, bei dem man die schichten nicht mehr einzeln hätte voneinander ablösen können. alice coltrane hat nicht einfach streicher über fertige jazzaufnahmen gelegt – sie hat sie in jedem stück unterschiedlich eingesetzt, hat einzelne soli mit anderen konstrastiert, eigene intros und überleitungen eingespielt, einen zusammenhängenden remix hergestellt, in dem alles einzelne zum teil eines größeren ganzen wird.

    im close reading fällt erst auf, wie facettenreich das gemacht ist. teil eins der suite, „peace on earth„, hat als grundlage ein stück aus alices erster session mit ihrem mann (vom 2.2.1966). zunächst einmal gibt es eine dramatische einleitung, in der sie auf vibes und harfe zu hören ist. die streicher deuten schon eine schärfe an, die gleichzeitig eingebunden wird in offene harmonien – dann kommt die tenorsax-stimme john coltranes hineingeschwebt, hymnisch, zudringlich. die streicher verstärken, im hintergund raschelt ali darum herum, charlie hadens overgedubter bass drängt. am ende des themas erscheint ein neues, harmonisches streichermotiv, das mantra-artig wiederholt wird. die harfe übernimmt und alice spielt, nur von haden begleitet, ein in bass (akzente der einen) und arpeggien (festgestellte akkorde der anderen hand) gegeneinanderlaufendes solo – ein teil will weiter, ein anderer will bleiben. erlösung kommt durch die wieder einsetzende sax-stimme, die plötzlich alles in bewegung bringt. sax und streicher scheinen sich tatsächlich zu antworten, die illusion ist komplett. alice coltranes beitrag kommt am ende wieder in form des neuen streichermotivs hinein, die die hymnische grundstimmung ins dunkel zieht, oder – wenn man so will – in eine andere umlaufbahn.

    living space“ ist ursprünglich aus einer etwas vernachlässigten session des klassischen quartetts (16.6.1965), in der gleichwohl großartige musik entstanden war. alice hatte zwei takes dieses stücks zur verfügung, die macht ein von john coltrane zweistimmig gespieltes thema daraus, das dunkel und ahnungsvoll spannung aufbaut. die streicher begleiten eng am thema, mit einigen spärlichen fills. außerdem ornamentiert die harfe (virtuell mit einem paukenden elvin jones zusammen), während eine neue tambura virtuell mit jimmy garrison den grundton dröhnen lässt. sobald das klassische quartett in die improvisation eintaucht, ziehen sich die streicher auf wenige unterstützende akkorde zurück, alice coltrane selbst und die tambura verstummen. das dunkle der streicher geht fantastisch mit den mollakkorden tyners zusammen. nach einem ersten höhepunkt von coltrane auf dem sopran verstummen aber auch die streicher und nur die tambura bleibt als zusatzklang übrig. („india“ kommt einem ins ohr). dann hört man tyner, garrison und jones, mit dem auf- und abschwellenden drone des indischen instruments, bis john coltrane auf einem noch höherem energieniveau wiedereinsteigt. zum thema kommen dann wieder die streicher, die vorhin so bewegte luft bleibt stehen. alles endet in einer flirrenden coda von coltrane, als ausatmer von den streichern aufgegriffen.

    joy“, ebenfalls aus der 1965-session, ist eine flexible bewegung durch die welten der beiden coltranes. es beginnt luftig mit harfe und vibes, dann kommt ein repetitives, flirrendes streichermotiv mit rhythmisch dazu querlaufendem bass (haden). dann folgt ein bollywoodeskes, harmonienseliges streichermotiv mit umspielender harfe, das aber auch in einem cluster hängen bleibt – und dann setzt mit einem paukenschlag john coltranes tenor ein, mit jones, tyner und garrison – die streicher bewegen sich leicht irre in glissandi an dieser band entlang. nach dem thema kommt der große virtuelle auftritt von jimmy garrison. er spielt ein langes, anfangs noch von jones begleitetes, dann unbegleitetes solo, dass dem indischen auftakt seinen klassischen flamenco entgegensetzt. in einer repetitiven schlussfigut kommen die streicher wieder, dann der rest des quartetts, sie machen ein wenig weiter im akkordschema, während coltrane sich ins nirwana steigert. die glissandi der streicher erscheinen dazu improvisiert, setzten die musik aber zusätzlich schweißtreibend unter druck. coltranes solo wandert etwas, verliert sich im hintergund, wird plötzlich leiser, während die streicher auf einem unheilvollen ton stehen bleiben. am ende des stücks ergreifen sie mit einem wuchtigen unisono-akkord noch mal das wort.

    leo“, das es nur in dieser, overdubten, version gibt, ist vielleicht die größte herausforderung an den john-coltrane-fan. von ihm selbst angezählt, fliegt das stück als abstraktes kürzelmotiv zum treibenden swing von rashied ali los, in atemberaubendem tempo. alice liebt dieses stück, es ist 1978 der höhepunkt von TRANSFIGURATION und noch auf ihrer allerletzten aufnahme hat sie es mit ravi zusammen neu eingespielt. hier ist zwar ihr klavier (in der band mit sanders, garrison und ali) zu hören, doch ich weiß nicht genau, ob es nicht auch neu eingespielt wurde. john coltrans solo wird aus dem stegreif abstrakt, driftet in dramatische kreisbewegungen, plötzlich antwortet er sich selbst mit einer bassklarinette, die nochmal mehr will – die streicher pausieren, hadens bass drängt wie bei ornette coleman – doch plötzlich verschwindet das solo und alles andere verstummt auch. es folgt ein kesselpauken-solo, das wirklich grandios ist. alice spielt es, mit gedämpften, abgestoppten, sich ausdehnenden akzenten. dunkle melodien werden evoziert – über die plötzlich (eingefaded) eines der dramatischsten, wildesten klaviersolos, die ich von ihr kenne, gelegt wird (aus der originalaufnahme, schätze ich). man bleibt völlig in der klangwelt des späten john coltrane dabei. dann verschwindet das klavier und zur immer noch präsenten kesselpauke gesellt sich alices trademark-wurlitzer-sound. der zwischen zwei akkorden wechselnde orgelbass wird irgendwann durch ihre blueslinien aus den angeln gehoben – doch es folgt eine neue passage, eingeleitet durch frei imrpovisierende streicher, leises klavier, nach wie vor kesselpauke, schließlich einer wilden miniatur von pharoah sanders (oder ist das auch coltrane?). es folgt das thema, ein paar irre gewordene streicher, immer noch die dunkel strukturierende pauke – und ein abschließender, hochdramatischer streicherausklang.

    deutlich geworden ist hoffentlich die vielfalt dieses ansatzes, verschiedene ebenen zusammenzubringen zu einem aufregend bewegtem klangraum. alice hätte es sich einfacher machen können – es gibt ja genug rubatoballaden von coltrane, auch späte, „welcome“ zum beispiel. doch sie hat keinen teppich darüber gelegt, sondern die stimmen in einzelteile zerlegt und neu zusammengebaut: die methode funktioniert mal als collage, mal als verschmelzung, mal als bewegung durch verschiedene klangwelten.

    monoton hat, glaube ich, einfach mal geschrieben, dass er dieses album liebe. ich glaube, so einfach kann das auch sein. ohne diese merkwürdigen kontexte (darf man sowas? darf ausgerechnet SIE das?) lässt sich wohl ein ganz einfacher, schwärmerischer zugang zu diesem werk finden – zumindest respekt vor dem unendlich vielen, was dort passiert.

    alice selbst begreift INFINITY als gemeinschaftswerk:

    Infinity?

    „Some people didn’t like the addition of strings. They said, ‚We know that the original recording didn’t have any strings, so why didn’t you leave it as it was?‘ And finally I made a reply because they don’t know what we were talking about, about music or architecture or biology, you name it. They don’t know when or where… They don’t know what happened or transpired between myself and John. So when they would give an opinion I just replied, ‚Were you there? Did you hear his commentary and what he had to say? Are you aware of it?‘ So it just became something that I consider didn’t require an answer.“

    It was a very personal statement.

    „We had a conversation about that piece and about every detail. We had a long talk about it and we were talking about the dimension of things, and he was showing me how the piece could even include other sounds, blends, tonalities and other resonances such as strings. So that’s how it happened, and I’ll tell you it teaches living space, and we had a very lengthy and wonderful talk about it. He talked about cosmic sounds, higher dimensions, astral levels and other worlds and realms of music and sound that I could feel.“

    auch aus dem wire-interview.

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    #8940651  | PERMALINK

    vorgarten

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    DEVADIP CARLOS SANTANA / TURIYA ALICE COLTRANE: ILLUMINATIONS (1974)

    „OM / Love Is God / Life, Breath Within Us“

    religionsklassentreffen mit guru. der musterschüler von sri chinmoy hat die vorzeigeschülerin von satchidanada eingeladen und carlos santana spielt das dritte partneralbum in folge ein, nachdem sich die beiden mit buddy miles und (ebenfalls satchidananda-jünger) john mc laughlin hervorragend verkauft haben. nun also die wesentlich unbekanntere alice coltrane. das heißt auch: nur noch top 100, nicht mehr top 20. columbia hat sich dennoch den plänen seiner gold- und platinverwöhnten cash cow gefügt.

    was die menschen (u.a. auch meine eltern) damals so sehr an santana geliebt haben, an seinem skalengedudel, seinem klischee-energetischem spiel und seinem kreissägen-sound, ist mir seit jeher unbegreiflich. nichts lässt mich da auch nur für eine sekunde aufhorchen. dass er wahrscheinlich ein netter mensch ist und ein großer jazzfan, insbesondere fan der aufnahmen von john coltrane, mag dahingestellt sein. was er genau unter jazz versteht, zeigt mir auch diese, für seine verhältnisse wahrscheinlich hochsensible aufnahme mit der coltrane-witwe nicht.

    die sich auch arg zurückhält. sie hat ihre streicher mitgebracht und arrangiert sie ganz hübsch unkitschig, auch ihre harfe hört man hier und da, ansonsten macht sie platz für das aalglatte klavierspiel von tom coster.

    nach einführendem segen des gurus lässt allerdings ein vierton-streichermotiv aufhorchen, das dave holland rockig umspielt – ich kannte das lange zuvor vom cinematic orchestra, die daraus ALL THAT YOU GIVE mit fontella bass geloopt haben. hier heißt es „angel of air“ und schnell kommt schon der folgeteil „angel of water“, ein lahmer, poppig verhallter indienkitsch. santanas gitarre macht hier überhaupt keinen sinn in ihrer technische kühle.
    sehr hübsch dann das typische alice-stück „bliss: the eternal now“, wo santana nur thema zupft und ansonsten harfe, klavier und streicher dramatisch eine indische hymne imitieren.

    herzstück der platte ist die lange playing-orgie „angel of sunlight“, eingeleitet von tambura und tablas, ein climax-solo-reservoir und jack de johnette als antreiber. erst kommt ein fürchterliches klischeesolo von santana, dann vom sopransaxophonisten jules broussard, schließlich packt alice die wurlitzer aus und lässt sie schwitzen – zieht sich aber beim kollektivorgasmus von santana und broussard dezent zurück. die coda „illuminations“ spielt nochmal intim mit streicherdramatik, alices harfe, kleinen gitarrenminiaturen des leaders und den gelackten klavierakkorden von coster.

    obwohl alice mit ihren streichern viel zur atmosphäre dieses albums beiträgt und das schöne „bliss“ komponiert hat, ist doch die glätte der produktion auffällig. selbst die harfe hängt klischeehaft sphärisch im hall, die streicher sowieso – geradezu unfreiwillig komisch wirkt der versuch, das einzige heiße santana-solo in den kanälen wandern zu lassen (es klingt wie ein technischer defekt). trotzdem wirkt das ganze durchaus wie ein gemeinschaftswerk (produziert ist es von coster, santana und alice). ein nebenwerk, es stört nicht, es bewegt aber auch nicht. indien scheint so fern wie grönland und auch blues und jazz haben urlaub. ein ethnohauch von kitsch und sanften drogen hängt über dieser kraftlosen meditation. alice befindet sich im übergang und wird bei einem neuen label neue wege gehen.

    sollte mir irgendjemand erklären können, was vielleicht doch toll an santana ist: bitte, sehr gerne, ich habe da wirklich erklärungsbedarf.

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    #8940653  | PERMALINK

    friedrich

    Registriert seit: 28.06.2008

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    vorgartensollte mir irgendjemand erklären können, was vielleicht doch toll an santana ist: bitte, sehr gerne, ich habe das wirklich erklärungsbedarf.

    Zu Alice Coltrane kann ich nicht viel sagen, da ich von ihr nur PTAH THE EL DAOUD kenne. Vielleicht schreibe ich dazu später noch was, wenngleich ich kein Fan bin und sicher einen ganz anderen Zugang dazu habe als Du.

    Aber Santana, die standen in den 70ern für exotische, leidenschaftliche Musik. Die holten die Wärme der Karibik in die Rockmusik. Mädchen liebten die Melodien, Jungs die Rhythmen. ;-) Da durfte man sich mal für ein paar Minuten als Latin Lover fühlen, bzw. umgekehrt sich diesem hingeben. Kaum zu ermessen, wie viele Mädchenherzen unter Einfluss von Samba Pa Ti, Patchouli und Räucherstäbchen dahinschmolzen!

    Ja und dann ist da noch diese Spiritualität, die Esoterik, der Guru, John McLaughlin und der ganze andere Hokuspokus. Auch das stand damals bei manchen hoch im Kurs und das nobilitierte diese Schmusemusik für viele wohl.

    In den 80ern war das dann aber natürlich total verboten!

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    #8940655  | PERMALINK

    vorgarten

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    FriedrichZu Alice Coltrane kann ich nicht viel sagen, da ich von ihr nur PTAH THE EL DAOUD kenne. Vielleicht schreibe ich dazu später noch was, wenngleich ich kein Fan bin und sicher einen ganz anderen Zugang dazu habe als Du.

    immerhin hast du mein bisheriges lieblingsalbum von ihr! aber ich kann mir schon denken, dass das nicht unbedingt nach deinem geschmack ist. schreib gerne was, würde mich interessieren.

    FriedrichAber Santana, die standen in den 70ern für exotische, leidenschaftliche Musik. Die holten die Wärme der Karibik in die Rockmusik. Mädchen liebten die Melodien, Jungs die Rhythmen. ;-) Da durfte man sich mal für ein paar Minuten als Latin Lover fühlen, bzw. umgekehrt sich diesem hingeben. Kaum zu ermessen, wie viele Mädchenherzen unter Einfluss von Samba Pa Ti, Patchouli und Räucherstäbchen dahinschmolzen!

    Ja und dann ist da noch diese Spiritualität, die Esoterik, der Guru, John McLaughlin und der ganze andere Hokuspokus. Auch das stand damals bei manchen hoch im Kurs und das nobilitierte diese Schmusemusik für viele wohl.

    In den 80ern war das dann aber natürlich total verboten!

    ja, zurecht! ich kann den samba pa tí auswendig, meine eltern haben mich damit traktiert (gitarre habe ich trotzdem gelernt), schade, gitarre könnte so viel mehr – was mich halt wundert, ist, dass seine musik auf mich völlig kalt wirkt, technisch, unromantisch – entweder hat da eine sehnsucht nebelwolken gebildet oder eine pr-agentur gute arbeit gemacht oder ich total danebengehört. kann ja alles sein. ein erleuchteter ekstatiker, „devadip“ heißt ja auch die „leuchte gottes“ oder so, heller wird es dadurch bei mir auch nicht. muss mal hören, was mclaughlin in dieser zeit gemacht hat, mahavishnu ist ja schon etwas cooler, und shakti hat mir eigentlich immer ganz gut gefallen… aber DEVOTION, das album zwischen miles und mahavishu, sollte ich mal antesten, ich habe das auch irgendwo…
    (schade, dass aus dem larry-young-thread bisher nichts geworden ist, das war ja auch ein interessanter kandidat unter den erleuchteten rockjazzern…)

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    #8940657  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Die ersten paar Santana-Alben finde ich klasse, „Abraxas“ kenne ich fast auswendig, die anderen noch nicht so gut und viel weniger lang (Santana, Santana III, von beiden gibt es Deluxe 2CD-Ausgaben, die sich lohnen). Die Sache mit McLaughlin kenne ich noch kaum … aber den finde ich sehr viel interessanter als Santana. Das Album von Santana mit Alice Coltrane habe ich bereits virtuell beäugt, es ist ja billig zu haben, die Neugierde wird eines Tages wohl überwiegen ;-)

    Dass Alice zu Santana fand … vielleicht ist das ja auch mussikalisch nicht so überraschend, denn er war wohl damals einer der Musiker, denen es gelang, gewisse „spirituelle“ Aspekte von (John) Coltranes Musik in den Rock zu übersetzen … und die frühe Band war einfach sehr toll, sehr funky. Für mich wird dann recht bald der Kitsch zu gewichtig im Ganzen – aber versuch es mal mit den ersten drei Alben, falls Du sie noch nicht kennst. Es gibt auch noch ein Live-Album mit Buddy Miles von 1972, auf dem neben einigen der üblichen Mitstreiter auch Greg Errico, Luis Gasca und Hadley Caliman mitwirken. So wirklich gut ist das wohl auch nicht, aber für mich bisher interessanter als das Album mit McLaughlin/Young/Cobham et al.

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #8940659  | PERMALINK

    nail75

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    gypsy tail windDie ersten paar Santana-Alben finde ich klasse, „Abraxas“ kenne ich fast auswendig, die anderen noch nicht so gut und viel weniger lang (Santana, Santana III, von beiden gibt es Deluxe 2CD-Ausgaben, die sich lohnen). Die Sache mit McLaughlin kenne ich noch kaum…

    Love Devotion Surrender? Gefällt mir ausgezeichnet.

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    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #8940661  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Registriert seit: 25.01.2010

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    Ja, die – muss ich wohl bald mal wieder anhören (auch „Caravanserai“, „Welcome“ und „Borboletta“).

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    #8940663  | PERMALINK

    Anonym
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    Die „Caravanserai“ ist genial. „Welcome“ und „Borboletta“ haben es bei mir aber nicht (mehr) in die Sammlung geschafft.
    „Santana 3“ hat ein paar grossartige Momente. „Lotus“ ist noch ein Klasse Live-Album.

    Von Carlos Santana habe ich einmal ein Interview gesehen, wo er sich ueber Miles aeussert und seine Bewunderung kundtut.
    Sehr sympathisch.

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    #8940665  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

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    gypsy tail wind
    Dass Alice zu Santana fand … vielleicht ist das ja auch mussikalisch nicht so überraschend, denn er war wohl damals einer der Musiker, denen es gelang, gewisse „spirituelle“ Aspekte von (John) Coltranes Musik in den Rock zu übersetzen …

    ich glaube, es war eher umgekehrt und spirituell bedingt. santana war sehr auf dem sri-chinmoy-trip und wollte das in musik umsetzen – zuerst mit mclaughlin, dann mit alice (die da ja musikalisch schon etwas weiter war – zu diesem zeitpunkt aber mehr mit ihrem neuen leben an der ostküste beschäftigt als mit kommerziellen musikeinspielungen). mir kommt das ergebnis auch wie eine verpoppung, auch begradingung der musik von alice vor.

    andererseits gerät sie über santana im wire-interview fast ins schwärmen:

    Illuminations with Carlos Santana?

    „He [Santana] was so happy, so buoyant, such a beautiful soul and everything was wonderful. Everything was like a new and wonderful, joyful experience. And he brought that youthful dynamic into everything that we did.“

    kennt hier jemand DIVINE LIGHT, die santana-remixes von bill laswell, die ausschließlich material der alben mit alice und mclaughlin verwenden? (ich nicht…)

    --

    #8940667  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Nein, kenne ich nicht. Das Wire-Heft muss ich mal suchen – es war meine erste „Begegnung“ mit Alice jenseits von John … aber Musik von ihr kannte ich damals noch nicht, es gab dann erstmal „Universal Consciousness“, die ja in dieser Verve LPR-Serie erschien, das war aber auch ein wenig später, wenn ich mich nicht täusche. Das Wire-Heft war glaube ich das allererste, das ich kaufte – und zwar wegen des Interviews … keine Ahnung mehr, warum ich darauf kam.

    --

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    #8940669  | PERMALINK

    sparch
    MaggotBrain

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    vulturewayDie „Caravanserai“ ist genial. „Welcome“ und „Borboletta“ haben es bei mir aber nicht (mehr) in die Sammlung geschafft.
    „Santana 3“ hat ein paar grossartige Momente. „Lotus“ ist noch ein Klasse Live-Album.

    Welcome solltest Du Dir auf jeden Fall noch mal anhören. Für mich besser und geschlossener als Caravanserai. Und bei 3 unbedingt mal in die Legacy Edition reinhören, Banbeye ist fast noch besser als das ganze Album.

    --

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