bft#13 – vorgarten

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  • #8917469  | PERMALINK

    janpp

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    Wenn ich deine Compilation höre, lieber jan, merke ich einmal mehr, wie schwer Schreiben über Musik ist. Mein Vokabular ist völlig unzureichend, um all die Emotionen auszudrücken, die Jazz im allgemeinen, und diese tracks im besonderen in mir auslösen. technicalities interessieren mich im Jazz einfach nicht. Vielleicht komme ich noch dazu, mehr zu schreiben, wenn nicht: Tolle Songs, tolle Reihenfolge, vielen Dank!

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    #8917471  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 11,965

    JanPPWenn ich deine Compilation höre, lieber jan, merke ich einmal mehr, wie schwer Schreiben über Musik ist. Mein Vokabular ist völlig unzureichend, um all die Emotionen auszudrücken, die Jazz im allgemeinen, und diese tracks im besonderen in mir auslösen. technicalities interessieren mich im Jazz einfach nicht. Vielleicht komme ich noch dazu, mehr zu schreiben, wenn nicht: Tolle Songs, tolle Reihenfolge, vielen Dank!

    das ist ja auch ein tolles statement, danke! würde mich schon sehr interessieren, wie du die sachen hörst. ich lasse den thread noch ein paar tage offen, dann kannst du ja nochmal überlegen, ob du lust hast. vielleicht kommt auch noch was von katharsis, teja und vultureway…

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    #8917473  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

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    so, hier ist die luft raus. also fange ich mal an mit der auflösung, so nach und nach und offen für einsprengsel.
    beginnend mit der sektion der gepflegten unterhaltungsmusik.

    #1

    raymond scott: egyptian barn dance (rehearsal). aus: “the music of raymond scott – reckless nights and turkish twilights” (columbia 1992).
    aufgenommen zwischen 1937 und 1940. keine credits.
    wahrscheinlich: raymond scott (ld, p, cel), chubby Jackson o. fred whiting o. lou shoobe o. ted harkins (b), andy picard o. johnny williams (dm), art ryerson o. vince maffei (g), bernie leighton o. walter gross (p), benny lagasse o. hugo winterhalter o. pete pumiglio o. slats long o. stan webb (cl), benny lagasse o. reggie merrill o. slats long (as), art drelinger o. charles mc camish o. dave harris o. hugo winterhalter o. stan webb o. wendell de lory (ts), irving sontag o.joe vargas (tb), bert la mar o. gordon griffin o. dave wade o. lawrence stearns o. mike meola o. russ case o. stephen market o. willie kelley (tp).

    die längsten credits für das kürzeste stück. ist auch ein bisschen gemein, den inbegriff makelloser skurrilitäten mit einem verspieler vorzustellen. andererseits dürften die bands von raymond scott wohl diejenigen der jazzgeschichte sein, die die meiste zeit mit proben verbracht haben und da passt vielleicht ein einblick in die werkstatt.
    scott, der eigentlich anders hieß und sich nach einem flüchtigen blick ins telefonbuch neuerfunden hat und zeitlebens eine schillernde figur blieb, war im strengeren sinne wohl kein jazz-fan – raum für individualität, solistische entfaltung, fehler waren ihm angeblich ein graus. kein wunder, dass er frühzeitig anfing, menschen durch elektronische apparaturen zu ersetzen. andererseits haben seine sachen eine lebendigkeit und spielfreude, die außergewöhnlich ist – kein wunder, dass sich die produzenten von animationsfilmen von bugs bunny bis simpsons bei ihm bedient haben.
    dieses stück auf dem wohl allseits bekannten sampler ist ein bonustrack ohne credits – es existiert keine vollständige aufnahme des ägyptischen scheunentanzes. wie diese tolle melodie weitergegangen wäre, kann man in einer aufnahme der holländischen retroband beau hunks hören.

    #2

    terry gibbs: papirossen (cigarettes). aus: terry gibbs plays jewish melodies in swingtime. mercury 1963.
    terry gibbs (mar), alice hagood bzw. mcleod bzw. coltrane (p), herman wright (b), bobby pike o. sol gage (dm), ramon muskier (cl), sam kutcher (tb). produced by quincy jones.

    wir bleiben in der jüdischen neighborhood in Brooklyn, eine knappe generation später, aus der heraus ein bebop-vibraphonist erwächst, nachdem sein vater und sein bruder ihn zur begleitung von religiösen feierlichkeiten herangezogen haben.
    ich kenne, wie gesagt, wenig von gibbs, dessen karriere unter eigenem namen wohl erst in den 50ern in los angeles so richtig losging und der hier ein wenig wurzelsuche betreibt bzw. ein amalgam aus herkunft und leidenschaft versucht. soweit ich die einträge im netz richtig deute, waren die musikerkollegen immer voll des lobes über ihn. mit #1 und #3 verbindet ihn die soundtrackfähigkeit, jedenfalls war er regelmäßiger musikalischer gast in einer tv-show.

    was mich hier natürlich besonders interessierte, war die dame auf dem klavierstuhl. hier noch alice hagood, weil sie mit einem sänger gleichen namens verheiratet war, der sie nach paris zu bud powell brachte, wo unter anderem diese tollen aufnamen entstanden.
    hier, in der band, in der john coltrane sie kennen lernte und für seine weitere musikalischen entdeckungsreisen verpflichtete, klingt sie schon ziemlich prä-coltranesk, wie ich finde.
    später lernte sie ihm zu liebe harfe, brachte mit ihrem wurlitzer orgone häuser zum kochen (z.b. auf der unglaublich faszinierenden TRANSFIGURATION zu hören, die ich gerade im dauereinsatz habe), arrangierte mit ornette coleman streichersätze, nahm eine reihe hindu-gesänge auf und führte das alles mit dem gospel ihrer jugend auf ihrer letzten cd TRANSLINEAR LIGHT wunderbar zusammen. (damit sein nur ihre musikalische karriere umrissen, über die spirituelle und nachlassverwaltende mag ich mich nicht auslassen).

    #3

    philippe sarde / orchestre hubert rostaing: la radicale. aus : barocco (original soundtrack), 1976. besetzung unbekannt.

    jetzt mal ein originalsoundtrack. BAROCCO, den ersten, heillos überfrachtetem und völlig artifiziellen film meines lieblingsregisseurs andré téchiné, wird hier wohl kaum jemand kennen. aber wie einige andere filmemacher hat téchiné von beginn an eine enge beziehung zum filmkomponisten philippe sarde gepflegt, den ich auch sehr verehre. universal hat mittlerweile begonnen, die filmmusiken von sarde nach regisseuren zusammenzustellen.

    BAROCCO ist ein komplex geplotteter und atmosphärisch schwülstiger fieberfilm (ausschnitt), mit viel schweren streichern und ein paar gefakten cocktail-musiken unterlegt. etwas bekannter als LA RADICALE ist vielleicht „on se voit se voir“, das von marie-france gesungene chanson darin – die band, die man da sieht, dürfte aber kaum das orchester von hubert rostaing sein.

    letzterer ist ein interessanter griff hier – ein französischer swingmusiker (klarinette und altsaxophon), der stéphane grapelli im quintet des pariser hot clubs ablöste, um dort mit django reinhardt große erfolge zu feiern. aufnamen mit dem hier im forum verehrten bernard pfeiffer gibt es auch von ihm. anfang der 60er erfolgte schließlich der wechsel in das filmmusikfach. wer zu dieser zeit (1976) im orchester mitglied war, wer also hier genau zu hören ist und ob rostaing sogar selbst das tolle saxsolo spielt, weiß ich leider nicht.

    zum gitarristenblock dann heute abend.

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    #8917475  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Ha, Raymond Scott also!

    #3 ist eine Überraschung, aber auch grösstenteils unerforschtes Territorium (gilt für Téchiné wie auch für die Film-Musik) … das Sax-Solo ist kaum von Rostaing, kann ich mir nicht vorstellen.

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #8917477  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    (doppelpost, pardon)

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    #8917479  | PERMALINK

    Anonym
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    Wie bitte, Philippe Sarde?! Ich möchte nicht wissen, was Du uns da noch alles aufgetischt und untergejubelt hast! Und natürlich möchte ich es wissen. Sarde höre ich immer gern, aber den hätte ich beim Leibhaftigen hier nicht vermutet.

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    #8917481  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Sarde ist aber, wenn ich mich nicht irre, „nur“ der Komponist, arrangiert und die Band geleitet hat Rostaing?

    Schade, dass die ansonsten sehr hübsch aufgemachten CDs, die Universal Frankreich diesen ganzen Film-Musiken widmet, nicht besser dokumentiert sind! Es gab da jedenfalls duchaus Schnittstellen zum Jazz, nicht nur wenn Stan Getz oder Jimmy Smith angeheuert wurden … in Serge Gainsbourgs Bands sass etwa auch mal ein junger Michel Portal. Die meisten Leute dürften aber die üblichen Verdächtigen sein, in Sachen Saxophon etwa William Boucaya, Georges Grenu, Armand Migiani, Pierre Gossez, vielleicht Jean-Louis Chautemps.

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    #8917483  | PERMALINK

    Anonym
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    gypsy tail windSarde ist aber, wenn ich mich nicht irre, „nur“ der Komponist, arrangiert und die Band geleitet hat Rostaing?

    Das genügt aber zu meiner Verwirrung, ich höre in diesem Arrangement kaum Sarde. Das ist fast so, als ob aus Mozart Lady Dingsbums gemacht worden wäre. Oder worden würde. – Zu Rostaing kann ich natürlich wieder nichts sagen, ich kenne ihn nicht.

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    #8917485  | PERMALINK

    vorgarten

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    aber was sagt ihr denn zu alice „bud“ hagood in paris mit kenny clarke und lucky thompson (die besetzung bei „woody’n you“ kann ich leider nicht identifizieren)?

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    #8917487  | PERMALINK

    thelonica

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    Sehr lange Hände hatte sie, die Finger wirken extrem lang. Die beiden Clips kannte ich vorher noch nicht.

    Und Philippe Sarde hat tolle Filmmusiken gemacht.

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    #8917489  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    vorgartenaber was sagt ihr denn zu alice „bud“ hagood in paris mit kenny clarke und lucky thompson (die besetzung bei „woody’n you“ kann ich leider nicht identifizieren)?

    Willst Du es wirklich wissen?

    Sie spielt ohne Rhythmus und Nuancen, ohne jegliche Idee von Phrasierung, Betonung – wenigstens in „Strike Up the Band“, in „Woody’n You“ ist das alles stellenweise viel besser, aber sie fällt auch da immer wieder ins Einheitsmus zurück.

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    #8917491  | PERMALINK

    Anonym
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    So weit wie gypsy würde ich vielleicht nicht gehen, aber irgendwie dann doch. Die Phrasierung fehlt mir auch völlig, das war dann wohl auch das, was ich meinte: Das Klavier sollte in dem Stück (bft) etwas weniger sein und damit daraus mehr machen. In den beiden Clips klimpert sie mir zu viel. Oder anders gesagt: an der Harfe hat sie vielleicht doch ihren richtigeren Weg gefunden, so hört sich das für mich an. So etwas wie „Transcendance“ bewegt mich nicht sonderlich, macht mich eher skeptisch, aber das ist ohne Zweifel Musik. Die „Transfiguration“ muss ich dann wohl mal wieder hervorsuchen. Was mir bei der Frau einfach nicht so recht gefällt, wenn sie am Klavier sitzt: Sie schleift die Töne. An der Harfe macht sie das eher nicht oder es fällt mir nicht auf.

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    #8917493  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

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    gypsy tail windWillst Du es wirklich wissen?

    Sie spielt ohne Rhythmus und Nuancen, ohne jegliche Idee von Phrasierung, Betonung – wenigstens in „Strike Up the Band“, in „Woody’n You“ ist das alles stellenweise viel besser, aber sie fällt auch da immer wieder ins Einheitsmus zurück.

    naja, jedem sein schwarzes loch.:lol:

    in STRIKE UP… ist das tempo natürlich mörderisch (viele nuancen höre ich da auch beim saxophon nicht mehr), ansonsten höre ich das tatsächlich völlig anders, auch wenn ich die bopperin alice nicht brauche (youtube-kommentar: „surprise – she actually can play!“ usw.).

    Alice McLeod’s bebop piano playing with Terry Gibbs in the early 60’s is legendary. Very little of it is on tape, but those that saw it live still talk about this pretty young girl tearing it up Bud Powell-style.

    At that time, her boyfriend was Joe Henderson. Shortly afterwards, she starting going with John Coltrane. Unlike Coltrane’s previous wife, Naima, Alice agreed to learn to play the harp, an instrument that fascinated Coltrane. They married in 1966.

    At the piano, she abandoned her Powell style and studied McCoy Tyner’s fourth-chords and pentatonic flurries. Rather than imitate Tyner exactly, she put all that new modal information in the service of free-form rhythm. The John Coltrane records with Alice show her fitting in Trane’s late style much better than Tyner did. Tyner said he left the band because he couldn’t hear himself, but you can hear Alice on the ’66 and ’67 recordings just fine. It’s too bad Alice isn’t on Ascension and Kulu Se Mama, because she would have hooked up those dates much more than Tyner, who sounds a little irritated.

    (Ethan Iverson)

    --

    #8917495  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Na ja, mörderisches Tempo ist keine Ausrede, das muss trotzdem gehen (und sonst muss man sich, so man Berufsmusiker ist, in einer Hütte einsperren und üben, bis es geht). Aber der Klang ist in der Tat bescheiden, das mag den Eindruck, den ich habe, noch etwas verstärken. Lucky Thompson kenne ich allerdings gut genug, als dass ich weiss, dass bei ihm die Nuancen immer da sind. Sein Ton veränderte sich zwar (mich dünkt es gab eine Gegenläufige Bewegung, das weiche Tenor verhärtete sich, während das Anfangs auch bei ihm leicht schrille Sopran zu einer unglaublichen Zartheit fand, wie ich sie sonst bei keinem Sopransaxer kenne).

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #8917497  | PERMALINK

    Anonym
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    Ein mörderisches Tempo höre ich da gar nicht; ich frage mich gerade, warum ich das Klavier so reduziert haben möchte, wenn Kenny Clarke auf den Putz haut? Ich bin ja nun allerdings nicht gegen das Klavier, aber es hat eben harmonische Möglichkeiten, die ganz einfach sein können. Das ist auch schon da bei der Dame und „Strike“ gefällt mir auch sehr viel besser als die andere Sache, aber so wirklich erforderlich ist sie in dem Stück nicht. Das irritiert mich übrigens.

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