Die Zauberflöte ein "Machwerk“?

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  • #8907459  | PERMALINK

    Anonym
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    otisEinen längeren, ausgesprochen aufschlussreichen und präzise argumentierenden Artikel zum Thema Antisemitismus in den Werken Wagners gab es vor einigen Wochen in der SZ. Kannst du dort nachlesen.

    Interessiert mich auch. Erbitte daher Link oder in wenigen Sätzen sowas wie ein Fazit, worin die SZ seinerzeit den Antisemitismus in den Werken Wagners erkannt zu haben glaubte. Merci, Otis.

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      #8907461  | PERMALINK

      otis
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      Ich meine nicht den Artikel „Judenhasser und Komponist“, der im Netz zu finden ist. Wenn ich ein Datum hätte, könnte ich ihn runterladen, ich habe die St auf dem iPad.

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      #8907463  | PERMALINK

      otis
      Moderator

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      Beiträge: 22,557

      Ich habe ihn gefunden. Jens Malte Fischer: „augenzwinkernde Andeutungen -hämisch humoristische Anspielungen“. Er ist offenbar nicht im Netz verfügbar.

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      #8907465  | PERMALINK

      Anonym
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      otisDas habe ich so nie gesagt oder gemeint. Ich halte viel von Interpretationsvergleichen.

      Also gut, da stimme ich doch zu.

      Wenn du so hörst, muss ich es nicht auch. Ich höre dann wohl anders.

      Wie kommst Du darauf, dass ich Dir Dein Hören vorschreiben wollte. Natürlich nicht. Wir geraten hier in andere Fahrwasser, die wir nicht verfolgen sollten. Mir ist der Pop-Rock-was-immer-Musik-Markt einfach fremd, und das streue ich halt hie und da ein. Aber doch nicht, weil ich meinte, ich hätte Recht. Es geht hier um Erweiterungen, oder nicht? Eine Diskussion anzukurbeln, die beim Widerspruch damit beginnt, ich muss das nicht, führt zu nichts, oder?

      In diesem Sinnspiel ist mir allerdings aller möglicher Pop von vornherein auftrumpfend und grässlich vereinnahmend. The Doors, Velvet Underground und dergleichen mal ausgenommen, aber selbst bei denen bin ich nicht sicher.

      Ich hatte nicht „entsprechen“ geschrieben, sondern „angemessen“. Etwas deutlich anderes.

      Nein, dasselbe.

      […] ansonsten liebe ich ausgesprochen viele Werke sehr und zu denen wünsche ich mir adäquate Interpretationen. Diese können sicher unterschiedlich sein, aber Mozart muss man nicht verniedlichen (z.B. Haebler in meinen Ohren) und Bach nicht orchestral aufblasen (z.b. Karajan).

      Wenn Du das dann einfach, wie auch immer, hier mitteiltst, wäre es schön. Aber nicht nur hineingreifen und herumwirbeln. Haebler ist allerdings eine ziemlich seltsame Sache, nur, sie hat auch Szeryng an der Seite, das muss man auch hören. Wie es dazu kommen konnte und ob man das schätzen kann. Ich weiß das nicht, ich schreib da halt auch mein Geschreibsel.

      Und für einen Link zur SZ wäre ich dann auch dankbar, ich lese nicht regelmäßig Zeitung und finde solche Globalhinweise: „Du könntest wissen, wenn Du wolltest“ nicht sehr angenehm. Erzähl doch, was Du davon denkst, also inhaltlich, ästhetisch – darum geht’s hier doch.

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      #8907467  | PERMALINK

      Anonym
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      Verstehe. Ich würde nur hier mit dem von dir eingeforderten Differenzieren schon gleich ansetzen und nicht den Fehler machen, in Wagners Musik pauschal nach vermeintlichem Antisemitismus suchen. Den wird man darin nämlich nicht finden. Eine gewisse herrische Tendenz und „Übermensch“-Denke im Sinne von Nietzsche (nicht im Sinne eines pre-Hitler-Faschistentums) ist freilich vereinzelt da, doch zielt dies bei Wagner nicht auf „Minoritäten“ ab, sondern existiert stets in einem Bewegungsradius innerhalb der jeweiligen Figuren- und Handlungskonstellationen. Aber wenn die SZ nun tatsächlich in präziser Ausformulierung in diese Richtung analysiert und argumentiert, dann werde ich hellhörig. Oder widmen die sich eher der Person RW und nicht in erster Linie seinem musikalischen Schaffen? Und wer hat denn den Text geschrieben? Und binden die bspw. Hans Mayers Betrachtungen mit in ihre Analyse ein?

      --

      #8907469  | PERMALINK

      otis
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      Nein, nein, Fischers Artikel war keineswegs plakativ oder vereinfachend. Er argumentiert mit den gängigen Juden-Klischees und Karikaturen der damaligen(!) Zeit, die Wagner bewusst szenisch und musikalisch in den Gestalten Beckmessers, Mimes, Alberichs und Kundry(?) lebendig werden lassen. Es ist kein geifernder Artikel, er differenziert und argumentiert.
      PS, ich denke, ich weiß bei Wagner sehr wohl zu differenzieren, dafür war er auf seine Weise zu gut.

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      #8907471  | PERMALINK

      otis
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      clasjaz, das Beispiel mit dem Metal habe ich nicht gewählt, um das Ganze in Popfahrwässer zu lenken, eher ist Metal für mich ein Pendant zu mancher Ästhetik in der Klassik. Eigentlich nicht so schwer zu verstehen.
      Ist es richtig, wenn dein Hör-erleben geprägt ist von „erlaubt ist was gefällt“?
      Meines ist es nicht.

      --

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      #8907473  | PERMALINK

      gypsy-tail-wind
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      Der Artikel von Jens Malte Fischer erschien in der Süddeutschen Nr. 108, Samstag/Sonntag, 11./12. Mai 2013 auf S. 15 unter dem Titel „Nazihafte und sonnige Totschlagehelden: Wie stark prägte Richard Wagner, was man später den ‚antisemitischen Code‘ der Epoche genannt hat? Über die dunklen Judengestalten in seinen Werken“ – und ich fand den Text ebenfalls sehr interessant. Auf dem obersten Drittel der Seite gab’s einen Text zur Absetzung der Düsseldorfer „Tannhäuser“-Aufführung, das war wohl auch der Anlass, um den längeren Text zu placiren.

      Bei Interesse PN.

      --

      "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #150: Neuheiten 2023/24 – 12.3., 22:00; #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
      #8907475  | PERMALINK

      Anonym
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      Registriert seit: 01.01.1970

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      otisclasjaz, das Beispiel mit dem Metal habe ich nicht gewählt, um das Ganze in Popfahrwässer zu lenken, eher ist Metal für mich ein Pendant zu mancher Ästhetik in der Klassik. Eigentlich nicht so schwer zu verstehen.
      Ist es richtig, wenn dein Hör-erleben geprägt ist von „erlaubt ist was gefällt“?
      Meines ist es nicht.

      Verstehe ich nicht. Was soll Metal – oder sonstwas – mit der Ästhetik in der Klassik zu tun haben, es sei denn, beide machen Lust? Was ist denn eigentlich die Ästhetik in der Klassik? – Doch, das ist schwierig zu verstehen, was Du meinst, Du deutest stets nur an, führst nichts aus, in einem Forum muss das auch nicht sein, aber etwas klare Worte, in welcher Weise auch immer, wären nett. Bisher lese ich nur: Beethoven IX, vierter Satz ist banal, Zauberflöte Pop, man muss nicht jede klassische Musik gut finden (ja Herrgott) usw. Was berührt Dich in der Musik eigentlich?

      Mein Hörerleben ist ein völlig anderes als Deines, das stimmt wohl. Ich wundere mich über die Übersetzung dessen, was ich oben geschrieben habe. Erlaubt ist, was gefällt? Das sind Kanonsfragen – und die hast Du gestellt. Ich käme gar nicht auf die Idee, mich daran aufzuhalten. Es ist also meilenweit nicht richtig, was Du erfragst.

      Den Artikel zu Wagner werde ich heute noch lesen mögen, der interessiert mich auch.

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      #8907477  | PERMALINK

      Anonym
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      So, den besagten Text aus der SZ nun gelesen. Vielen Dank, Gypsy und Otis. Malte Fischers Betrachtungen sind wirklich sehr interessant und aufschlussreich, aber so neu nun auch wieder nicht, als dass sie im Bewusststein der „aufgeklärten“ Wagnerianer nicht schon lange vorhanden seien. Schwierig jetzt darüber zu schreiben, wenn der Text für die Mehrheit hier nicht einsehbar ist.

      Aber Malte Fischer hat insofern Recht, als dass er die Figur des Mime aus dem „Ring“ als Beispiel einer Juden-Karikatur anführt, zum Beleg dieser These u.a. mit Aussagen von Adorno, Mann und Mahler ins Feld führt und auch noch den Bogen zu Richard Strauss‘ „Judenquintett“ aus der SALOME schlägt. Sehr klug, aber auch ein kleines bisschen altklug, wenn er (Malte Fischer) zugleich impliziert, dass heutzutage immer noch viele Wagnerianer diese Einwände bedenkenlos vom Tisch wischen und sozusagen als Nonsens abtun. Das ist mir eine zu eng gestrickte Deutung vom hohen Ross aus, die der Wirklichkeit wohl nicht komplett entsprechen dürfte. Einen direkten Nährboden zum Antisemitismus der späteren faschistischen „Stürmer“-Ausprägung sehe ich darin nach wie vor nicht, sonst müsste man der Vollständigkeit halber auch zurückgehen bis zu Luther und zu dessen fanatischen Judenhass. Viel mehr ist es eine Entwicklung inder Geschichte, die irgendwann kulminieren musste und die, zynisch ausgedrückt, halt in Wagner eine Art deutlichen Vorboten fand, weil Hitler und Goebbels eben Wagner-Fans waren.

      Und Nietzsche wurde ja letztlich auch nur „zweckentfremdet“, weil man nach Sachen und Gründen suchte, die ins vorgefertigte Muster zu passen hatten und die zugleich die gewünschten Bestätigungen quasi ad hoc mitlieferten. Dass es damit allerdings eine verkürzte und populistische Denk- Und Lesart auf sich hatte, wurde erst im Nachhinein, in Zeiten der „Aufklärung“ über die erlebten Resultate jener Gräuel bewusst.
      Klar bleibt es ein schwieriges Thema und klar ist man bei Wagner, was das Bild des Antisemitismus anbelangt, an einer interessanten Stelle, aber ganz so eindeutig ist das alles dann am Ende nun doch nicht so wirklich.

      Wie Thomas Mann es ausdrückt: „Es ist immer wieder ein schwieriger, anziehender und abstoßender Fall.“

      --

      #8907479  | PERMALINK

      otis
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      Keine Frage, Pinch, ich bin da ziemlich bei dir. Aber was sagt uns das jetzt? Ich hatte nur ins Feld geführt, dass Wagners Antisemitismus im Werk selbst nachzulesen sei. Eine abschließende Wertung damit nicht vorweggenommen.
      Es war da um die Werk-an-sich Diskussion gegangen, die Partitur ohne Interpretation. Wagner war ein Beispiel.

      Und selbstredend hat die Klassik keine eigene Ästhetik, jedes Werk hat letztlich eine eigene, aber sie basiert auf Grundeinstellungen jedes einzelnen Komponisten, die natürlich verwurzelt sind in ihrer Welt. Ein Bach hätte doch gar nicht komponieren können und zu seiner Zeit nicht wollen wollen wie Beethoven oder Schubert. Das romantisch genialisch Gefühlige wäre ihm unglaublich fremd und verdächtig gewesen. Seine persönliche Ästhetik entsprang seiner Welt und war gleichzeitig Ausdruck davon. Das gleiche gilt für Künstler aller Epochen.
      Und da kommt die eigene heutige Befindlichkeit ins Spiel. Das genialisch sich gebend Großartige, das den Hörer überrumpelnde ist mir deutlich fremder als das mozartisch „Leichte“, nicht Besserwissende, nicht nach Erlösung Strebende eines LvB.
      Oder anders: Liszts Les Preludes sind für mich unhörbar geworden, da sie die Denkformeln eines autoritären Systems offenbar adäquat musikalisch umsetzten. Auch wenn es der Franz nicht wollte und er keine Ahnung davon haben konnte, was kommen würde, so steckt es in der Musik doch schon drin, in ihrer ureigenen Ästhetik. Bei Wagner liegt der Falll sicher etwas anders. Die Ästhetik des Dritten Reiches verkörpert seine Musik eher nicht.

      --

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      #8907481  | PERMALINK

      gypsy-tail-wind
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      Oh, bis zu Luther zurückgehen sollte man allerdings!

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      "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #150: Neuheiten 2023/24 – 12.3., 22:00; #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
      #8907483  | PERMALINK

      Anonym
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      otisDie Ästhetik des Dritten Reiches verkörpert seine Musik eher nicht.

      Da wäre ich mir nicht so sicher. Gerade der Prunk, die dramatische Geste, das Überhöhte und das bis in die Dimensionen hinein Gesteigerte findet doch im Dritten Reich durch Wagners Musik leider einen sehr adäquaten Soundtrack. Genauso wie Liszt und Bruckner.

      --

      #8907485  | PERMALINK

      otis
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      Ist Wagners Musik nicht zu kompliziert für das propagandistisch Primitive? Natrürlich finden sich bei ihm ästhetische Grundelemente, die passen. Na, ich will ihn da keineswegs verteidigen.
      Bach und Mozart hingegen sind wohl absolut ungeeignet.

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      #8907487  | PERMALINK

      Anonym
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      Das RIENZI-Vorspiel wurde von A.H. bevorzugt bei Paraden der SA und der Wehrmacht eingesetzt, in der Wochenschau wurde Wagners „Walkürenritt“ außerdem mehrfach als Untermalung für Kampfgeschehnisse verwendet. So zum Beispiel für die Luftlandeschlacht um Kreta und bei Bombardements diverser russischer Linien. Unbestätigte Quellen wollen außerdem behaupten, dass bei der Landung auf Kreta die Deutsche Wehrmacht den „Walkürenritt“ via Schellackplatte von Grammophonen abspielen ließ. Coppola hat dies in APOCALYPSE NOW dann ja später auch aufgegriffen. Das ist schon sehr dynamische, wuchtige und peitschende Musik.

      Bach, Mozart und Beethoven wurden überdies auch sehr oft gespielt. Waren ja alles Arier. Beethoven war sogar der meistgespielte Komponist im Dritten Reich.

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