"Ich will Spaß" oder Kunstlied 2.0 – wie hältst du’s mit der Popmusik?

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    hal-croves
    אור

    Registriert seit: 05.09.2012

    Beiträge: 4,617

    Die eine oder andere Diskussion der letzten Zeit hat es ans Tageslicht gefördert: Der Blick auf die Popmusik und die Frage, was du und ich eigentlich von ihr wollen, ist widersprüchlich und bedarf einer diskursiven Klärung. Einerseits wird Popmusik als Quelle sui generis für eine sowohl individuell als auch kollektiv empfundene Lebensfreude betrachtet, die eines darüber hinausgehenden Anspruchs nicht bedarf, andererseits wird sie in ihrer Fähigkeit verteidigt, aus sich selbst, aber auch aus der Begegnung mit anderen Stilrichtungen Neuschöpfungen hervorzubringen, die auch in künstlerisch-intellektueller Hinsicht den Vergleich mit Jazz, (Art-)Rock und Klassik nicht zu scheuen brauchen. Es liegt natürlich nahe, die ideale Kombination aus beidem zum ultimativen Maßstab zu erheben und Popmusik insgesamt und ihre InterpretInnen daran zu messen, und ich persönlich hätte gegen einen solchen Idealmaßstab durchaus nichts einzuwenden. Aber die Frage, wie wir es mit denjenigen halten, die ganz überwiegend einen dieser beiden Pole bedienen, bliebe dann weiterhin unbeantwortet. Sind sie gleichrangig, oder kann einer von beiden für sich einen Vorrang beanspruchen? Ist der „Spaßfaktor“ der Natur der Popmusik gemäßer oder ist das intellektuelle Vergnügen am „gehobenen“ Pop der „wahre“ Genuss? Und kann man das überhaupt allgemein diskutieren, losgelöst von den individuellen Persönlichkeiten, die Popmusik machen? Ist nicht die individuelle Ausstrahlung der charismatischen Popsängerin bzw. des charismatischen Popsängers die entscheidende Qualität, auf die es ankommt? Und ist die Ästhetik eines Popsongs die Kombination aus allen diesen Einzelmerkmalen oder wiederum eine eigene, davon getrennt zu betrachtende Qualität?

    --

    "Edle, freie Unbefangenheit bei Allem. ... Alle übrigen Vollkommenheiten sind der Schmuck unsrer Natur; sie aber ist der der Vollkommenheiten selbst. ... Sie ist mehr als Leichtigkeit, sie geht bis zur Kühnheit: sie setzt Ungezwungenheit voraus und fügt Vollkommenheit hinzu. Ohne sie ist alle Schönheit todt, alle Grazie ungeschickt: sie ist überschwenglich, geht über Tapferkeit, über Klugheit, über Vorsicht, ja über Majestät." (Baltasar Gracián) =>mehr<=
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      #8711347  | PERMALINK

      latho
      No pretty face

      Registriert seit: 04.05.2003

      Beiträge: 36,823

      Was ist Pop?

      --

      If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.
      #8711349  | PERMALINK

      hal-croves
      אור

      Registriert seit: 05.09.2012

      Beiträge: 4,617

      lathoWas ist Pop?

      Als Verweis auf eine Materialsammlung finde ich den Link wertvoll. Ich möchte aber betonen, dass ich es gerne sähe, wenn die Diskussion in diesem Thread sich auf die gestellten Fragen beschränken würde, der aber gerne artverwandte Fragen, die mir nicht eingefallen sind, hinzugefügt werden können. Würde dagegen die Diskussion im Thread „Was ist Pop“ weitergeführt, bestünde die Gefahr, dass sie unter dieser viel weiter gefassten Frage völlig zerfasert.

      --

      "Edle, freie Unbefangenheit bei Allem. ... Alle übrigen Vollkommenheiten sind der Schmuck unsrer Natur; sie aber ist der der Vollkommenheiten selbst. ... Sie ist mehr als Leichtigkeit, sie geht bis zur Kühnheit: sie setzt Ungezwungenheit voraus und fügt Vollkommenheit hinzu. Ohne sie ist alle Schönheit todt, alle Grazie ungeschickt: sie ist überschwenglich, geht über Tapferkeit, über Klugheit, über Vorsicht, ja über Majestät." (Baltasar Gracián) =>mehr<=
      #8711351  | PERMALINK

      alberto

      Registriert seit: 04.12.2007

      Beiträge: 1,935

      Um die Ausgangsfrage

      „Ich will Spaß“ oder Kunstlied 2.0 – wie hältst du’s mit der Popmusik?

      zu beantworten:

      Das hängt davon ab, wie ich gerade drauf bin.

      In der weiteren Diskussion würde ich nicht nur auf die Persönlichkeiten schauen, die Popmusik machen, sondern auch auf die, die sie sich anhören:
      Will ich mit dem und dem es gemeinsam haben, dieselbe Musik zu hören?

      --

      #8711353  | PERMALINK

      mick67

      Registriert seit: 15.10.2003

      Beiträge: 76,902

      Hal CrovesAls Verweis auf eine Materialsammlung finde ich den Link wertvoll. Ich möchte aber betonen, dass ich es gerne sähe, wenn die Diskussion in diesem Thread sich auf die gestellten Fragen beschränken würde, der aber gerne artverwandte Fragen, die mir nicht eingefallen sind, hinzugefügt werden können. Würde dagegen die Diskussion im Thread „Was ist Pop“ weitergeführt, bestünde die Gefahr, dass sie unter dieser viel weiter gefassten Frage völlig zerfasert.

      Du bist noch nicht lange im Forum, oder? Ansonsten wüßtest Du, daß solche Diskussionen immer ausfasern. Hast Du mal den von Latho verlinkten Thread durchgele..äh..gearbeitet?
      Da findest Du garantiert auch Beiträge, die in Deine Richtung gehen.

      --

      #8711355  | PERMALINK

      hal-croves
      אור

      Registriert seit: 05.09.2012

      Beiträge: 4,617

      Mick67Hast Du mal den von Latho verlinkten Thread durchgele..äh..gearbeitet?

      Ja, und zwar noch bevor ich mich hier angemeldet habe. Das ist wirklich ein hochinteressanter Thread, und ich habe ihn bereits im Lena-Forum mit großer Begeisterung als Grundlage bzw. Materialsammlung für die Frage angeführt, ob es im Popdiskurs noch so etwas wie Deutungshoheit gebe, und wenn ja, wer sie innehat. Aber ich bleibe dabei, dass die Frage „Was ist Pop“ sehr viel weiter gefasst ist als die Fragen, die ich hier gestellt habe, und ich hätte überhaupt nichts dagegen, auf letztere aktuelle Antworten zu bekommen und nicht fünf Jahre alte; seitdem ist nämlich einiges passiert, wie man u.a. an meinem Avatar sehen kann. Du erlaubst also, dass dieser Thread bestehen bleibt? Oder muss er aufgrund eines Rationalisierungsbeschlusses Deiner Bank geschlossen werden?

      --

      "Edle, freie Unbefangenheit bei Allem. ... Alle übrigen Vollkommenheiten sind der Schmuck unsrer Natur; sie aber ist der der Vollkommenheiten selbst. ... Sie ist mehr als Leichtigkeit, sie geht bis zur Kühnheit: sie setzt Ungezwungenheit voraus und fügt Vollkommenheit hinzu. Ohne sie ist alle Schönheit todt, alle Grazie ungeschickt: sie ist überschwenglich, geht über Tapferkeit, über Klugheit, über Vorsicht, ja über Majestät." (Baltasar Gracián) =>mehr<=
      #8711357  | PERMALINK

      de64625

      Registriert seit: 22.04.2012

      Beiträge: 2,794

      Hal CrovesDie eine oder andere Diskussion der letzten Zeit hat es ans Tageslicht gefördert: Der Blick auf die Popmusik und die Frage, was du und ich eigentlich von ihr wollen, ist widersprüchlich und bedarf einer diskursiven Klärung……

      Echt jetzt?
      Warum?

      --

      Was nutzt es denn, einem alten Ochsen, der nur ein einziges Sprüchlein draufhat, in's Horn zu kneifen?!
      #8711359  | PERMALINK

      hal-croves
      אור

      Registriert seit: 05.09.2012

      Beiträge: 4,617

      Albert EinsteinDie Herrschaft der Dummen ist unüberwindlich, weil es so viele sind, und ihre Stimmen zählen genau wie unsere.

      … und sie werden auch diese Diskussion ersticken, mittels Masse und Penetranz.

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      "Edle, freie Unbefangenheit bei Allem. ... Alle übrigen Vollkommenheiten sind der Schmuck unsrer Natur; sie aber ist der der Vollkommenheiten selbst. ... Sie ist mehr als Leichtigkeit, sie geht bis zur Kühnheit: sie setzt Ungezwungenheit voraus und fügt Vollkommenheit hinzu. Ohne sie ist alle Schönheit todt, alle Grazie ungeschickt: sie ist überschwenglich, geht über Tapferkeit, über Klugheit, über Vorsicht, ja über Majestät." (Baltasar Gracián) =>mehr<=
      #8711361  | PERMALINK

      hal-croves
      אור

      Registriert seit: 05.09.2012

      Beiträge: 4,617

      Neustart

      Hal CrovesDie eine oder andere Diskussion der letzten Zeit hat es ans Tageslicht gefördert: Der Blick auf die Popmusik und die Frage, was du und ich eigentlich von ihr wollen, ist widersprüchlich und bedarf einer diskursiven Klärung. Einerseits wird Popmusik als Quelle sui generis für eine sowohl individuell als auch kollektiv empfundene Lebensfreude betrachtet, die eines darüber hinausgehenden Anspruchs nicht bedarf, andererseits wird sie in ihrer Fähigkeit verteidigt, aus sich selbst, aber auch aus der Begegnung mit anderen Stilrichtungen Neuschöpfungen hervorzubringen, die auch in künstlerisch-intellektueller Hinsicht den Vergleich mit Jazz, (Art-)Rock und Klassik nicht zu scheuen brauchen. Es liegt natürlich nahe, die ideale Kombination aus beidem zum ultimativen Maßstab zu erheben und Popmusik insgesamt und ihre InterpretInnen daran zu messen, und ich persönlich hätte gegen einen solchen Idealmaßstab durchaus nichts einzuwenden. Aber die Frage, wie wir es mit denjenigen halten, die ganz überwiegend einen dieser beiden Pole bedienen, bliebe dann weiterhin unbeantwortet. Sind sie gleichrangig, oder kann einer von beiden für sich einen Vorrang beanspruchen? Ist der „Spaßfaktor“ der Natur der Popmusik gemäßer oder ist das intellektuelle Vergnügen am „gehobenen“ Pop der „wahre“ Genuss? Und kann man das überhaupt allgemein diskutieren, losgelöst von den individuellen Persönlichkeiten, die Popmusik machen? Ist nicht die individuelle Ausstrahlung der charismatischen Popsängerin bzw. des charismatischen Popsängers die entscheidende Qualität, auf die es ankommt? Und ist die Ästhetik eines Popsongs die Kombination aus allen diesen Einzelmerkmalen oder wiederum eine eigene, davon getrennt zu betrachtende Qualität?

      AlbertoUm die Ausgangsfrage

      „Ich will Spaß“ oder Kunstlied 2.0 – wie hältst du’s mit der Popmusik?

      zu beantworten:

      Das hängt davon ab, wie ich gerade drauf bin.

      In der weiteren Diskussion würde ich nicht nur auf die Persönlichkeiten schauen, die Popmusik machen, sondern auch auf die, die sie sich anhören:
      Will ich mit dem und dem es gemeinsam haben, dieselbe Musik zu hören?

      --

      "Edle, freie Unbefangenheit bei Allem. ... Alle übrigen Vollkommenheiten sind der Schmuck unsrer Natur; sie aber ist der der Vollkommenheiten selbst. ... Sie ist mehr als Leichtigkeit, sie geht bis zur Kühnheit: sie setzt Ungezwungenheit voraus und fügt Vollkommenheit hinzu. Ohne sie ist alle Schönheit todt, alle Grazie ungeschickt: sie ist überschwenglich, geht über Tapferkeit, über Klugheit, über Vorsicht, ja über Majestät." (Baltasar Gracián) =>mehr<=
      #8711363  | PERMALINK

      mikko
      Moderator
      Moderator / Juontaja

      Registriert seit: 15.02.2004

      Beiträge: 34,399

      Zu Albertos letzter Frage kann ich ganz klar sagen: das war mir schon immer völlig schnurz. Wenn mir etwas gefällt, dann weiß ich eigentlich ganz gut, was mir daran gefällt und warum. Ob und wem es sonst gefällt, ist dabei zunächst zweitrangig. Mit wem ich mich über meine Vorlieben austausche und auf welche Weise, das entscheide ich dann, wenn’s relevant wird.

      --

      Twang-Bang-Wah-Wah-Zoing! - Die nächste Guitars Galore Rundfunk Übertragung ist am Donnerstag, 19. September 2019 von 20-21 Uhr auf der Berliner UKW Frequenz 91,0 Mhz, im Berliner Kabel 92,6 Mhz oder als Livestream über www.alex-berlin.de mit neuen Schallplatten und Konzert Tipps! - Die nächste Guitars Galore Sendung auf radio stone.fm ist am Dienstag, 17. September 2019 von 20 - 21 Uhr mit US Garage & Psychedelic Sounds der Sixties!
      #8711365  | PERMALINK

      latho
      No pretty face

      Registriert seit: 04.05.2003

      Beiträge: 36,823

      Hal Croves… und sie werden auch diese Diskussion ersticken, mittels Masse und Penetranz.

      Ich finde schon toll, wie du solche Diskussion angehst. Gleich vorweg alle zu Trotteln erklären, um sich dann über elitäres Denken zu beschweren. Beste Vorraussetzungen, dass dieser Thread im üblichen Klein-Klein untergeht. Den Link hatte ich als Hinweis gepostet, dass es eine Diskussion zudem Thema bereits gab, die sich bei breiter gefasster Ausgangsfrage auch mit dem Thema Anspruch beschäftigt hatte. Kein Grund, das Thema in einem Sonderthread nicht noch mal zu vertiefen. Aber ich bin skeptisch.

      --

      If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.
      #8711367  | PERMALINK

      friedrich

      Registriert seit: 28.06.2008

      Beiträge: 4,855

      Gerade erst gesehen, dass hier ein neuer Thread aufgemacht wurde.

      Ich habe im Retromania-Thread ja eine Sichtweise auf Pop als Kunstlied 2.0 („Oberfläche, Hallraum, Referenzhölle“, das hatte ich im Suicide-Thread auch schon mal zitiert) unterstützt und beworben. Ich würde das auch nach wie vor so oder so ähnlich formulieren, denn bei 30 Jahren persönlichen Popkonsum, durch den ich mir zumindest rudimentäre Kenntnisse von Popkultur des 20. Jahrhunderts bis zurück zu Blues und Jazz der Vorkriegszeit (und Film und Tanz und Kunst und Subkulturen etc. ff. der verschiedensten Schattierungen) angeeignet habe, bleibt eine solche Sichtweise einfach nicht aus. Pop hat eine Geschichte, die in vielen Fällen auch ablesbar ist und die Pop bereichert. Die ihn in vielen Fällen eigentlich auch erst ausmacht.

      Mir fällt ein Beispiel ein, dass mir fast schon zu plump vorkommt, aber vielleicht ist es einfach auch bloß sehr treffend: Irgendwo – ich glaube bei allmusic – wird Tom Waits verglichen mit / beschrieben als „Howlin‘ Wolf sings Brecht/Weill“. Da denke ich doch: Großartig auf den Punkt gebracht! Und wer sowohl Howlin‘ Wolf kennt als auch Brecht/Weill, ist hier als Popkonsument klar im Vorteil. Das ist eine Bildungsvoraussetzung, die mag zwar nicht für jede Art von Pop notwendig oder vorteilhaft sein, aber in diesem Falle und vielen anderen ist sie das.

      Ich will aber auch gleichzeitig sagen, dass es ein fast völlig voraussetzungsfreies und unmittelbares Hören geben kann und gibt. Ich habe vor kurzem das sehr gute Buch DER KLANG DER FAMILIE über die Entstehungszeit von TECHNO um die Zeit des Mauerfalls in Berlin gelesen. Ein bisschen habe ich das selbst miterlebt und bin öfter mal im UFO und im TRESOR gewesen. Ich habe damals nie gewusst, welches Stück dort gerade gespielt wurde, ich wollte es auch nie wissen, das hatte auch überhaupt keine Bedeutung. Es zählte nur die Euphorie des Augenblicks. Eine unmittelbare sinnliche Erfahrung, die solange anhielt, wie die Musik spielte. Und dann kam was anderes. Und das war gut so. Ich gehe immer noch hin und wieder tanzen und das ist genau das, was ich dann erleben möchte. Auch das ist Pop.

      Inzwischen hat auch Techno (und andere Tanzmusik) eine eigene Geschichte entwickelt. Kann man wahrnehmen, muss man aber nicht. Auf dem dancefloor sollte das einem im günstigsten Fall egal sein. Zwei Pole, zwischen denen sich Pop bewegt. Auch das ist etwas, das Pop mit vermutlich allen anderen Künsten gemein hat.

      --

      „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
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