Retromania | ist Pop tot?

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  • #8682779  | PERMALINK

    hal-croves
    אור

    Registriert seit: 05.09.2012

    Beiträge: 4,617

    FriedrichWarum auch nicht? Ich kenne Leute, die können geistreicher über Elektro Pop sprechen, als andere über Klavierkonzerte, Gemälde oder Baukunst.

    Eben drum: http://forum.rollingstone.de/showpost.php?p=2875729&postcount=207

    Gleichfalls ein frohes Fest!

    --

    "Edle, freie Unbefangenheit bei Allem. ... Alle übrigen Vollkommenheiten sind der Schmuck unsrer Natur; sie aber ist der der Vollkommenheiten selbst. ... Sie ist mehr als Leichtigkeit, sie geht bis zur Kühnheit: sie setzt Ungezwungenheit voraus und fügt Vollkommenheit hinzu. Ohne sie ist alle Schönheit todt, alle Grazie ungeschickt: sie ist überschwenglich, geht über Tapferkeit, über Klugheit, über Vorsicht, ja über Majestät." (Baltasar Gracián) =>mehr<=
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      #8682781  | PERMALINK

      mikko
      Moderator
      Moderator / Juontaja

      Registriert seit: 15.02.2004

      Beiträge: 34,399

      Wieder ein guter Beitrag, Friedrich! Danke sehr!

      Übrigens schreibt sich der Vorname von Herrn Ferry auch mit Y: Bryan Ferry.

      Schöne Feiertage und viel Vergnügen mit Roxy Musics Gesamtwerk!

      --

      Twang-Bang-Wah-Wah-Zoing! - Die nächste Guitars Galore Rundfunk Übertragung ist am Donnerstag, 19. September 2019 von 20-21 Uhr auf der Berliner UKW Frequenz 91,0 Mhz, im Berliner Kabel 92,6 Mhz oder als Livestream über www.alex-berlin.de mit neuen Schallplatten und Konzert Tipps! - Die nächste Guitars Galore Sendung auf radio stone.fm ist am Dienstag, 17. September 2019 von 20 - 21 Uhr mit US Garage & Psychedelic Sounds der Sixties!
      #8682783  | PERMALINK

      tolomoquinkolom

      Registriert seit: 07.08.2008

      Beiträge: 8,651

      Friedrich Ich hatte in den letzten Wochen auf endlosen S-, U- und Straßenbahnfahrten ausgiebig Gelegenheit über diesen Thread nachzudenken. […] Ich hole mal etwas weiter aus. Hoffe, ich langweile damit niemanden. Aber es ist ja niemand gezwungen das hier zu lesen. Falls ich dummes Zeug quatsche, bitte ich um einen entsprechenden Wink.

      Keineswegs. Ich empfinde deine Gedanken interessant, anregend und als eine Bereicherung dieses Threads. Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln sind als mentale Kreativzonen eben nicht zu unterschätzen. Und Roxy Music – zumindest die beiden ersten Alben – stehen für mich nicht unter Retro-Music-Verdacht.
      .

      --

      #8682785  | PERMALINK

      friedrich

      Registriert seit: 28.06.2008

      Beiträge: 4,856

      Hal CrovesEben drum:

      Interessanter Gedanke, aber ist das, was die Spezialisten unter Pop verstehen, nicht so eine Art „Kunstlied 2.0“, gewissermaßen die postmoderne Kammermusik für Großstadthedonisten, die die Adelsimitation des klassischen Bürgertums als niederstufige Farce wiederholen, inklusive stiff upper lip? Also vollständig arriviert, etabliert, saturiert und deshalb tot?

      Gleichfalls ein frohes Fest!

      Das ist nicht von der Hand zu weisen. Und selbst wenn die Bezeichnung Großstadthedonist hier so schön spöttisch verwendet wird, würde ich sie gerne auch auf mich selbst anwenden.

      Zum Glück gibt es im Pop aber auch diese Erneuerungszyklen, durch die das Arrivierte, Etablierte und Saturierte immer wieder mal zertrümmert wird um Platz zu machen für Unverbrauchtes. Elvis ließ Sinatra aussehen wie einen alten Mann, die british invasion wiederum schickte Elvis in den vorläufigen Ruhestand, Johnny Rotten hasste Pink Floyd, House und Techno musterten traditionelles Instrumentarium und Songstrukturen aus, Hip Hop warf gleich alle Instrumente weg und gebrauchte nur noch einen Plattenspieler und so weiter und so fort. Die jeweils vorhergehende Generation versteht nicht, was die darauf folgende überhaupt macht, deren Musik hört sich nur nach primitiven Krach an, den man mit den bekannten Begriffen nicht mehr beschreiben kann. Bis sich auch das wieder arriviert, etabliert und saturiert. Dann wird mit einigen Jahren Abstand das zuvor mit keiner Tradition zu vereinbarende in den Kanon aufgenommen und danach geht der Spaß wieder von vorne los. Jugendliches Distinktionsverhalten? Künstlerische innovation? Technischer Fortschritt? Wahrscheinlich von jedem etwas.

      Es ist doch auch heute keineswegs so, dass es keine neuen Entwicklungen im Pop gibt. Vielleicht haben sie auf diesen Seiten bloß nicht sehr viele Anhänger. Ich selbst bin vermutlich schlicht zu alt, um zu wissen, was für die jungen Leute heute der heiße Scheiß ist. Ich habe ja bis heute nicht kapiert, was man unter Dub Step versteht. Das hindert mich aber nicht daran, auch Musik zu mögen, von der ich gelesen habe, dass man sie sogar schon Post Dub Step nennt. ;-) Also: Worüber beklagen wir uns eigentlich?

      http://www.youtube.com/watch?v=GRVwtSmgKP8

      --

      „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
      #8682787  | PERMALINK

      friedrich

      Registriert seit: 28.06.2008

      Beiträge: 4,856

      MikkoWieder ein guter Beitrag, Friedrich! Danke sehr!

      Gerne! Das bereitet doch Freude.

      MikkoÜbrigens schreibt sich der Vorname von Herrn Ferry auch mit Y: Bryan Ferry.

      Ups, und dabei halte ich einen großen Teil seines Werkes buchstäblich in meinen Händen. Zum Glück habe ich wenigstens den Namen seiner Band richtig geschrieben. ;-)

      MikkoSchöne Feiertage und viel Vergnügen mit Roxy Musics Gesamtwerk!

      Danke!

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      „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
      #8682789  | PERMALINK

      hal-croves
      אור

      Registriert seit: 05.09.2012

      Beiträge: 4,617

      Es ist doch nicht die Musik selbst, in welcher Gestalt auch immer sie auftritt, die aus sich selbst heraus zu dem wird, was ich als „Kammermusik 2.0“ bezeichnet habe, sondern die Vorstellung, die diejenigen sich von ihr machen, die, nach Bodo Mrozeks Wort, ihr akkumuliertes Popwissen und ihre ehrfurchtgebietenden Plattensammlungen zu einem Statussymbol machen. In diesen Plattensammlungen kann nicht nur, sondern muss doch geradezu auch der allerneueste heiße Scheiß Platz finden, und zwar noch am Veröffentlichungstag! Schließlich will der Wissensvorsprung jeden Tag aufs neue verteidigt werden.

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      "Edle, freie Unbefangenheit bei Allem. ... Alle übrigen Vollkommenheiten sind der Schmuck unsrer Natur; sie aber ist der der Vollkommenheiten selbst. ... Sie ist mehr als Leichtigkeit, sie geht bis zur Kühnheit: sie setzt Ungezwungenheit voraus und fügt Vollkommenheit hinzu. Ohne sie ist alle Schönheit todt, alle Grazie ungeschickt: sie ist überschwenglich, geht über Tapferkeit, über Klugheit, über Vorsicht, ja über Majestät." (Baltasar Gracián) =>mehr<=
      #8682791  | PERMALINK

      friedrich

      Registriert seit: 28.06.2008

      Beiträge: 4,856

      tolomoquinkolomFahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln sind als mentale Kreativzonen eben nicht zu unterschätzen. Und Roxy Music – zumindest die beiden ersten Alben – stehen für mich nicht unter Retro-Music-Verdacht.

      Ein Hoch auf den ÖPNV!

      Retro fängt bei der ersten Roxy Music ja schon an, bevor man die Platte überhaupt aus dem Cover gezogen hat: Vorne drauf ein 50s Pin Up und die Bandmitglieder sehen mit ihren schmierigen Haartollen, Lederjacken oder Leopardenfellhemden aus wie die Karikatur einer Rockband. Noch mal Andy Mackay: „We certainly didn’t invent eclecticism but we did say and prove that rock ’n‘ roll could accommodate – well, anything really.“

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      „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
      #8682793  | PERMALINK

      friedrich

      Registriert seit: 28.06.2008

      Beiträge: 4,856

      Hal CrovesEs ist doch nicht die Musik selbst, in welcher Gestalt auch immer sie auftritt, die aus sich selbst heraus zu dem wird, was ich als „Kammermusik 2.0“ bezeichnet habe, sondern die Vorstellung, die diejenigen sich von ihr machen, die, nach Bodo Mrozeks Wort, ihr akkumuliertes Popwissen und ihre ehrfurchtgebietenden Plattensammlungen zu einem Statussymbol machen. In diesen Plattensammlungen kann nicht nur, sondern muss doch geradezu auch der allerneueste heiße Scheiß Platz finden, und zwar noch am Veröffentlichungstag! Schließlich will der Wissensvorsprung jeden Tag aufs neue verteidigt werden.

      Was soll ich machen? Meine Plattensammlung wegschmeißen? Das würde mir sehr weh tun …

      Sicher: Früher hat man seltene Erstausgaben in seiner Bibliothek gesammelt und präsentiert. Heute ist es in manchen Kreisen stattdessen altes Vinyl. Ich finde ja auch selbst, dass das ein Fetisch ist. Und deswegen kann ich mich nicht davon trennen.

      In einer Ausweitung des Begriffs auf den nichtreligiösen und atheistischen Bereich umfasst der Begriff Fetischismus auch die religionsähnliche Verehrung von Objekten mit besonderer Bedeutung für die eigene Identität, denen besondere Wirkungsmacht auf das subjektive Wohlbefinden zugetraut wird – davon überträgt sich das Wort auf Formen der Objektfixierungen (Wikipedia)

      --

      „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
      #8682795  | PERMALINK

      hal-croves
      אור

      Registriert seit: 05.09.2012

      Beiträge: 4,617

      FriedrichWas soll ich machen? Meine Plattensammlung wegschmeißen? Das würde mir sehr weh tun …

      Welch abseitige Idee… und überhaupt, warum fühlst Du Dich angesprochen? Ist Deine Sammlung Dir ein Statussymbol? Das fände ich allerdings tatsächlich schade, nämlich um die schöne Musik…

      P.S.: Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Beitrags umfasste das hier enthaltene Zitat den kompletten zitierten Post.

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      "Edle, freie Unbefangenheit bei Allem. ... Alle übrigen Vollkommenheiten sind der Schmuck unsrer Natur; sie aber ist der der Vollkommenheiten selbst. ... Sie ist mehr als Leichtigkeit, sie geht bis zur Kühnheit: sie setzt Ungezwungenheit voraus und fügt Vollkommenheit hinzu. Ohne sie ist alle Schönheit todt, alle Grazie ungeschickt: sie ist überschwenglich, geht über Tapferkeit, über Klugheit, über Vorsicht, ja über Majestät." (Baltasar Gracián) =>mehr<=
      #8682797  | PERMALINK

      nail75

      Registriert seit: 16.10.2006

      Beiträge: 44,672

      Letztens habe ich folgenden Kommentar gehört, der mich wirklich zum Lachen gebracht hat: „Das ist nicht vintage, das ist retro!“

      --

      Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
      #8682799  | PERMALINK

      icculus66

      Registriert seit: 09.01.2007

      Beiträge: 2,248

      nail75Letztens habe ich folgenden Kommentar gehört, der mich wirklich zum Lachen gebracht hat: „Das ist nicht vintage, das ist retro!“

      Vintage sind Pornos.

      Retro Pornos gibt es auch.

      --

      Free Jazz doesn't seem to care about getting paid, it sounds like truth. (Henry Rollins, Jan. 2013)
      #8682801  | PERMALINK

      friedrich

      Registriert seit: 28.06.2008

      Beiträge: 4,856

      Hal CrovesWelch abseitige Idee… und überhaupt, warum fühlst Du Dich angesprochen? Ist Deine Sammlung Dir ein Statussymbol? Das fände ich allerdings tatsächlich schade, nämlich um die schöne Musik..

      Dazu müsste ich erst mal jemanden finden, der sich davon beeindrucken lässt … ;-) Aber etwas identitätsstiftendes hat es schon. Und schade drum wär’s sowieso.

      PS: Das mit dem Kunstlied 2.0 ist übrigens brillant formuliert, Hal Croves. Touché!

      --

      „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
      #8682803  | PERMALINK

      alberto

      Registriert seit: 04.12.2007

      Beiträge: 1,935

      FriedrichZum Glück gibt es im Pop aber auch diese Erneuerungszyklen, durch die das Arrivierte, Etablierte und Saturierte immer wieder mal zertrümmert wird um Platz zu machen für Unverbrauchtes. Elvis ließ Sinatra aussehen wie einen alten Mann, die british invasion wiederum schickte Elvis in den vorläufigen Ruhestand, Johnny Rotten hasste Pink Floyd, House und Techno musterten traditionelles Instrumentarium und Songstrukturen aus, Hip Hop warf gleich alle Instrumente weg und gebrauchte nur noch einen Plattenspieler und so weiter und so fort. Die jeweils vorhergehende Generation versteht nicht, was die darauf folgende überhaupt macht, deren Musik hört sich nur nach primitiven Krach an, den man mit den bekannten Begriffen nicht mehr beschreiben kann. Bis sich auch das wieder arriviert, etabliert und saturiert. Dann wird mit einigen Jahren Abstand das zuvor mit keiner Tradition zu vereinbarende in den Kanon aufgenommen und danach geht der Spaß wieder von vorne los. Jugendliches Distinktionsverhalten? Künstlerische innovation? Technischer Fortschritt? Wahrscheinlich von jedem etwas.

      Diese Entwicklung scheint ja aber gerade nach dem Ende von Techno unterbrochen worden zu sein. Nach dem Postpunk kamen noch HipHop und Techno. Danach scheint die Popgeschichte ans Ende ihrer Entwicklung gekommen zu sein. Seither ist alles retro. So sagt es jedenfalls die These von der Retromanie. Die Nullerjahre werden allgemein als Phase des Stillstands charakterisiert. Entsprechend ist die Musik. Aber wie geht es jetzt weiter? Bleibt der Stillstand? Macht doch noch mal einer was Innovatives?

      --

      #8682805  | PERMALINK

      Anonym
      Inaktiv

      Registriert seit: 01.01.1970

      Beiträge: 0

      nail75Letztens habe ich folgenden Kommentar gehört, der mich wirklich zum Lachen gebracht hat: „Das ist nicht vintage, das ist retro!“

      du hast gelacht weil du den Unterschied nicht verstanden hast?

      --

      #8682807  | PERMALINK

      bullschuetz

      Registriert seit: 16.12.2008

      Beiträge: 2,089

      Eines hat sich sicher fundamental verändert gegenüber den 60er-Jahren: Damals waren die Hörer jung, trafen auf teilweise massive Abweisung der Älteren und hatten schon allein deshalb das Gefühl, dabei zu sein, als etwas Aufregendes, Aktuelles, Neues passierte. Das die im Alten gefangene Generation nicht verstand und deshalb bedrohlich fand und aggressiv ablehnte.

      Heute hingegen gibt es solche Dinge wie den „Rolling Stones“-Thread im „Rolling Stone“-Forum oder die Jahresbestenliste einer aktuellen Musikzeitschrift, die „Tempest“ auf Platz 1 führt.

      Ich meine das überhaupt nicht wertend (ich habe mich mittlerweile durch viele Videos der aktuellen Stones-Konzerte geklickt und muss echt einräumen, das gitarristische Zusammenspiel dieser Zausel ist hinreißend! Und Tempest ist sowieso grandios, zumindest die erste Hälfte!), ich stelle es einfach nur fest.

      Insofern kann, glaube ich, kein Zweifel daran bestehen, dass zwischen dem „Be here now“-Geist der 60er, dem Gefühl, sich grade eben genau hier am Nabel der Welt zu befinden und in der aufregendsten aller möglichen Zeiten zu leben, und dem popmusikalischen Heute, das zumindest in großen Teilen geprägt ist von Historisierung, Nostalgie, vergleichendem Hören, Wertungslistenanfertigung, teils auch akademischer Einordnung, eine enorme Kluft klafft.

      Und diese grundlegende Wandlung thematisiert der „Retro“-Begriff.

      --

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