Suicide – Alan Vega + Martin Rev

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  • #8650503  | PERMALINK

    the-imposter
    na gut

    Registriert seit: 05.04.2005

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    sehr schön, Friedrich, bin gespannt was da noch so kommt

    --

    out of the blue
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      #8650511  | PERMALINK

      friedrich

      Registriert seit: 28.06.2008

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      The Impostersehr schön, Friedrich, …

      Thx!

      Macht doch Spaß, diese Musik mal zu durchleuchten. Da kommt einiges zum Vorschein. Ich wäre übrigens auch an ein paar anderen Meinungen interessiert. Im Vorfeld wurden die ersten beiden Alben hier ja durchaus unterschiedlich eingeschätzt.

      The Imposter … bin gespannt was da noch so kommt

      Tja,

      offen gesagt zunächst nicht allzu viel. Um Suicide wird es nach 1980 sehr ruhig: Nur noch vereinzelte Auftritte und bis 1988 keine weiteren Veröffentlichungen. Die Platten von Suicide ab 1988 kenne ich aber nicht. Da müsste jemand anderes was erzählen.

      Kurz nach Veröfffentlichung von Suicides zweitem Album nimmt Alan Vega aber sein erstes Solo Album auf. Das ist leider vergriffen, so dass ich erst eine erschwingliche gebrauchte Kopie aufstöbern musste, die aber noch in der Post ist. Darüber hinaus kenne ich noch seine Solo Alben SATURN STRIP und CUBIST BLUES. Dazu erzähle ich zu gegebener Zeit gerne noch was.

      Nicht verheimlichen will ich das Cover der CD-Reissue des zweiten Albums:

      Was soll das? Ich finde, es gibt bei Albencovers oft so ein schönes Wechselspiel zwischen dem Visuellen und der Musik. Die beiden ersten Suicide Alben sind ein gutes Beispiel dafür, insbesondere das zweite, mit seiner Kühle, seiner Erotik und dem Spiel mit Gewalt und Verletzung. Kann man eigentlich nicht verbessern. Alleine schon das Original Cover lohnt die Anschaffung einer alten Vinyl-Kopie.

      Ein bisschen was könnte ich aber doch noch zu den frühen Suicide und den Folgen erzählen. Suicide haben ja nicht nur mit Ric Ocasek eine eher unwahrscheinliche aber fruchtbare Begegnung gehabt, sondern sie trafen 1979/80 in den Power Station Studios auch noch einen anderen Musiker, den man damals eigentlich nicht mit ihnen in Verbindung gebracht hätte. Eine Begegnung, über die es sich lohnt, laut bzw. öffentlich nachzudenken.

      --

      „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
      #8650513  | PERMALINK

      friedrich

      Registriert seit: 28.06.2008

      Beiträge: 4,855

      Hätte ich diesen Faden lieber mit “Suicide: Oberfläche – Hallraum – Referenzhölle” überschreiben sollen? Die Begriffe Elvis, Velvet Underground, The Stooges, tote Rockstars, JFK und Richard Nixon, Atombombe und New York City Blackout, ein paar Filme des New Hollywood und das CBGB, Studio 54 und Harlem in den 70ern hatte ich schon absichtlich fallen lassen und selbst die Mondlandung und den Vietnamkrieg habe ich nicht ausgelassen.

      Referenzen über Referenzen, die mir in den Sinn kommen, wenn ich die ersten beiden Alben von Suicide höre. Als ich das Wort “Referenzhölle” googelte, stieß ich auf ein Buch, das oben genannten Titel trägt, wenngleich dieses Buch ein völlig anderes Thema als den Electro Punk verhandelt, über den wir hier reden. Und doch: Dieser vermeintlich triviale Elektro Punk, diese billig gemachte Musik, die nur geringe intstrumentale Fähigkeiten und keinerlei gesangliche Fähigkeiten im herkömmlichen Sinne erfordert und traditionelle Rock-Konventionen wie guitar, bass & drums und das Songformat glatt hinter sich lässt, scheint mir tief in einem Beziehungsgeflecht kultureller, sozialer und politischer Abhängigkeiten verstrickt zu sein. Auch das macht diese Musik so interessant.

      Als Alan Vega und Martin Rev 1979 mit Ric Ocasek in den New Yorker Power Station Studios ihr zweites Album aufnehmen, arbeitet Bruce Springsteen im Nachbarstudio an seinem Album THE RIVER. Auf der einen Seite Bruce Springsteen: uramerikanischer Kumpelrocker, Anwalt des kleinen Mannes, der am liebsten jedem aufmunternd auf die Schulter klopfen möchte. Auf der anderen Seite Suicide: zwei Art School Punks und Bohemiens, denen nichts ferner liegt als sich mit Otto Normalverbraucher zu verbrüdern und die selbst ihrem eigenem Publikum schon fast programmatisch vor den Kopf stoßen. Was verbindet diese beiden Fraktionen?

      Musikalisch scheinen Springsteen und Suicide nicht das geringste gemein zu haben. Aber doch gibt es einen gemeinsamen Bezugspunkt. Bruce Springsteen und Suicide haben ein gemeinsames Thema: “the distance between the American reality and the American dream.” Der Boss schaut mal kurz bei Suicide vorbei und ist schwer beeindruckt! Später nennt er FRANKIE TEARDROP „one of the most amazing records I think I ever heard“. Und tatsächlich könnte FRANKIE TEARDROP ein Charakter aus einem Bruce Springsteen-Song sein, jedoch eher aus einem späteren Song, denn zumindest bis BORN TO RUN sind seine Figuren ja meist von überbordender Euphorie erfüllt. Der Kater kommt erst später. Auf THE RIVER sieht es ja schon teils nicht mehr so rosig aus. Aber den Tiefpunkt errreicht Springsteen erst zwei Jahre später mit seiner depressiven Meditation über zerbrochene Träume auf NEBRASKA. Und hier ist dann auch der Einfluss von Suicide deutlich zu hören: STATE TROOPER ist eine bedrohliches Szenario kurz vor dem Knall, mit einem monotonen pattern – wenn auch auf der Gitarre gespielt und nicht auf dem Synthesizer – und vocals von Bruce Springsteen, die unverkennbar Alan Vegas unheimliches Murmeln und ausbruchhaftes Kreischen zum Vorbild haben. Das dürfte damals aber kaum jemand so wahrgenommen haben, denn Bruce Springsteen und Suicide hatten 1982 beim Publikum wohl kaum eine gemeinsame Schnittmenge.

      Erst viele Jahre später gibt es dann bei Bruce Springsteen die nächste offensichtliche Referenz auf Suicide: Im Jahr 2005 spielt er auf den Konzerten seiner Tour als letztes Stück eine Coverversion von Suicides DREAM BABY DREAM, fast nur von sich selbst auf dem Harmonium begleitet. Und das ist eine der erstaunlichsten Cover Versionen, die es überhaupt gibt. Eher eine Interpretation, die diesem scheinbar so schlichten kleinen Stück, das aus gerade mal ein paar sich immer wiederholenden Tönen und Worten besteht, eine ganz andere Dimension verleiht.

      dream baby dream
      dream baby dream
      dream baby, dream baby
      dream baby, dream 
forever

      Bruce Springsteen macht daraus ein hymnisches Gebet. Überwältigend! Alan Vega wünscht sich später, dass diese Aufnahme auf seiner Beerdigung gespielt wird.

      Suicides Original:

      http://www.youtube.com/watch?v=qCRTCqgAkfg

      Bruce Springsteens Cover:

      http://www.youtube.com/watch?v=mJPloPHGbjc

      Ein tolles mash up:

      http://www.youtube.com/watch?v=zQMs2LyjKJQ&feature=related

      Noch ein paar weitere Infos (und ein Download von DREAM BABY DREAM) zum Verhältnis von Suicide und dem Boss:

      http://hardcorefornerds.blogspot.de/2008/10/bruce-springsteen-vs-suicide-dream-baby.html

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      „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
      #8650515  | PERMALINK

      friedrich

      Registriert seit: 28.06.2008

      Beiträge: 4,855

      Hoffentlich gehe ich hier niemanden mit meinem Gerede von Oberfläche – Hallraum – Referenzhölle auf die Nerven. Ich möchte die Musik von Suicide nicht überinterpretieren. Aber vieles von dem, was ich hier anklingen lasse, geistert irgendwie durch Biografie und Werk von Alan Vega und Martin Rev. Einiges erwähnen sie explizit, anderes nicht. Einiges ist offensichtlich, anders kann man nachlesen, wieder anderes kann man sich zumindest zusammenreimen.

      Diese eigentlich unwahrscheinliche Begegnung von Bruce Springsteen und Suicide ergibt für mich erst Sinn, wenn man die Parallelen in der Musik dieser scheinbar völlig unterschiedlichen Künstler betrachtet. Aber man muss erst mal etwas danach stöbern. Dann wird dieses kleine Stück DREAM BABY DREAM auf einmal mit Sinn und Gefühl aufgeladen.

      Aber weiter: Ich weiß nicht, warum Alan Vega und Martin Rev das Projekt Suicide nach der Veröffentlichung ihres zweiten Albums vorläufig auf Eis legten. Vermutlich blieb der kommerzelle Erfolg hinter den Erwartungen zurück und es lohnte sich nicht so recht, mit Suicide weiterzumachen. Sie hörten zwar nicht ganz mit Suicide auf, sondern traten noch sporadisch gemeinsam auf. Aber neue Aufnahmen gibt es zunächst nicht mehr.

      Stattdessen nimmt Alan Vega 1980 sein erstes Soloalbum auf.

      Alan Vega (1981)

      Alan Vega – vocals
      Phil Hawks – guitar

      Auf dem zweiten Suicide Album war Alan Vegas Leidenschaft für Rock’n’Roll nicht mehr so offensichtlich gewesen. Umso mehr kommt sie auf seinem Solo Debut zur Geltung: Alan Vega und Phil Hawks spielen hier eine auf Haut und Knochen heruntergestrippte Version von Rockabilly, als wären die Skelette von Elvis, Eddie Cochran und Gene Vincent aus ihren Gräbern gestiegen. Phil Hawks Gitarre wiederholt oft minutenlang das gleiche minimalistische Riff und Alan Vega legt darüber sein obercooles trademark Murmeln, Fauchen, Kreichen und Zischen, oft auch nur ein “Ah-huh-huh” oder ein eruptives Jauchzen und Stöhnen. Auf LOVE CRY und LONELY nöhlt und jammert er bloß noch herum. Dazu kommen Akzente von Perkussion, meist nur handclaps, finger snapping, ein gnadenlos monoton auf der Bassdrum durchgehaltenes Stampfen oder sogar nur eine tuckernde rhythm box. Das hat dann sogar etwas von Bluesaufnahmen der 40er und 50er, aber auch vom New Wave der frühen 80er. Archetypisch und modern, eiskalt und heiß zugleich. Hier und da sind auch noch ein Piano und ein Bass zu hören, ebenso wie die percussion jedoch uncredited. Wahrscheinlich hat Alan Vega das alleine im Studio zusammengebastelt.

      Die besten Stücke sind JUKEBOX BABE, das in Frankreich ein Hit war, und FIREBALL das kurz for Ende zu einem großartigen Höhepunkt aufläuft. Mindestens JUKEBOX BABE ist ein Klassiker. Die Platte hat noch ein paar weitere Höhepunkte, wenn auch manche Stücke nicht so ganz mithalten können. Dennoch ein gutes Album, für Fans von Alan Vega unverzichtbar. Vielleicht ist sein Solo Debut sogar trotz seiner paar etwas lauen Passagen sowas wie der defining moment seiner Solo Arbeit.

      Ich hatte weder Zeit noch Muße mich mit den lyrics zu beschäftigen, aber alleine schon Titel wie JUKEBOX BABE, KUNG FOO COWBOY oder BYE BYE BAYOU verweisen auf die goldenen Zeiten der amerikanischen Popkultur und gleichzeitig auf deren unheimliche Seiten. Auf JUKEBOX BABE kann ich die Zeilen “Jukebox Babe playin‘ Johnnie Ray” heraushören. Johnnie Ray: der legendäre Nabob of Sob, halbtauber Teenieschwarm der 50er, wahnsinnig erfolgreich, mehrfach wegen seiner Homosexulität verhaftet und am Ende an den Folgen seines Alkoholismus gestorben.

      Die Platte ist leider vergriffen und nur noch gebraucht oder als Download erhältlich. Ein Jammer!

      Hier ein grandios bescheuertes Video von JUKEBOX BABE mit einem – ja! – tollen Jukebox Babe und einem Alan Vega und Publikum, die gleichermaßen voneinander angeödet und frustriert sind.

      http://www.youtube.com/watch?v=KPNO5f4yO_g&feature=related

      Und spaßeshalber noch ein Video mit Johnnie Ray. Richtig gut wird es mit dem zweiten Stück FOOL ab 3:00.

      http://www.youtube.com/watch?v=lIxl_ISz1Ag

      Alan Vegas zweites Solo Album COLLISION DRIVE kenne ich nicht. Kann da jemand weiterhelfen?

      PS.: Kleines Quiz: In welchem bekannten Stück eines anderen hemmungslosen Nostalgikers wird der Name Johnnie Ray auch noch erwähnt?

      --

      „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
      #8650517  | PERMALINK

      latho
      No pretty face

      Registriert seit: 04.05.2003

      Beiträge: 36,823

      Prima Thread! Die ersten zwei Suicide-LPs sind vorgemerkt.

      --

      If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.
      #8650519  | PERMALINK

      friedrich

      Registriert seit: 28.06.2008

      Beiträge: 4,855

      lathoPrima Thread! Die ersten zwei Suicide-LPs sind vorgemerkt.

      Thx!

      Die beiden ersten Suicide-Alben sind zu Unrecht übersehene Klassiker! Das Bindeglied zwischen Velvet Underground und Soft Cell, wenn ich es mal sehr verkürzt ausdrücken wollte. Mit dem Kauf der beiden Alben tust Du nicht nur Dir selbst etwas Gutes, sondern auch der Altersversorgung von Alan Vega und Martin Rev. Verdient haben sie es!

      Apropos Soft Cell: Ich kann die Quelle nicht finden, aber Alan Vega / Martin Rev waren meines Wissens nicht gerade angetan vom kommerziellen Erfolg Soft Cells. Sie warfen Marc Almond und Dave Ball vor, sie hätten Suicides Konzept geklaut und würden damit groß absahnen. Vermutlich haben Soft Cell Suicide gesehen und gehört, als diese 1978 in Großbritannien auf Tour waren und dabei auch in Leeds auftraten. Almond und Ball haben sich auch offen zum Einfluss durch Suicide bekannt und sogar deren GHOST RIDER live gespielt. Nachdem ihnen die Vorwürfe von Alan Vega / Martin Rev zu Ohren gekommen waren, haben sie das Stück dann aber nicht mehr gespielt. Ausbleibender Erfolg, Enttäuschung, das Gefühl verkannt zu sein, Neid und Missgunst unter Künstlern: Ein trauriges Thema.

      Hier die etwas exaltiert geratene Version von GHOST RIDER von Soft Cell:

      http://www.youtube.com/watch?v=TeI0rhhknjk&feature=related

      Coolness ist was anderes … Ich frage mich, was diese beiden etwas extrovertiert wirkenden Spaddel eingeworfen haben, bevor sie im öffentlich rechtlichen Fernsehen des Vereinigten Königreichs auftraten. ;-)

      Ansonsten mag ich Soft Cell aber sehr gerne.

      PS.: Hier noch ein sehr frühes Stück von Soft Cell, das sie 1980 veröffentlichten. Vielleicht handelt das von einer etwas anderen Ausprägung des FRANKIE TEARDROP.

      http://www.youtube.com/watch?v=GVtzX851Fl0

      --

      „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
      #8650521  | PERMALINK

      castles-in-the-air

      Registriert seit: 09.04.2005

      Beiträge: 1,395

      FriedrichApropos Soft Cell: Ich kann die Quelle nicht finden, aber Alan Vega / Martin Rev waren meines Wissens nicht gerade angetan vom kommerziellen Erfolg Soft Cells. Sie warfen Marc Almond und Dave Ball vor, sie hätten Suicides Konzept geklaut und würden damit groß absahnen. Vermutlich haben Soft Cell Suicide gesehen und gehört, als diese 1978 in Großbritannien auf Tour waren und dabei auch in Leeds auftraten. Almond und Ball haben sich auch offen zum Einfluss durch Suicide bekannt und sogar deren GHOST RIDER live gespielt.

      Ich hätte da eine Quelle, die deinen Beitrag bestätigt. Auf Seite 185 in Marc Almonds Autobiografie finden sich folgende Sätze:

      I spotted Alan Vega, the lead singer of Suicide, making his way towards me. I didn’t know if he was going to be friendly or hostile. Alan is a really great guy, and I was always a fan, but he seemed to have a bee in his bonnet about Soft Cell, even though we always acknowledged Suicide as being the first synth duo. ‚Hey, those Soft Cell guys ripped us off and stole our ideas‘, he said in the press. At first I had felt angry over what he said, and once stormed past him in the Gramercy Park, ignoring him. But now we had reconciled our differences.

      --

      #8650523  | PERMALINK

      friedrich

      Registriert seit: 28.06.2008

      Beiträge: 4,855

      castles in the airIch hätte da eine Quelle, die deinen Beitrag bestätigt. Auf Seite 185 in Marc Almonds Autobiografie finden sich folgende Sätze:

      I spotted Alan Vega, the lead singer of Suicide, making his way towards me. I didn’t know if he was going to be friendly or hostile. Alan is a really great guy, and I was always a fan, but he seemed to have a bee in his bonnet about Soft Cell, even though we always acknowledged Suicide as being the first synth duo. ‚Hey, those Soft Cell guys ripped us off and stole our ideas‘, he said in the press. At first I had felt angry over what he said, and once stormed past him in the Gramercy Park, ignoring him. But now we had reconciled our differences.

      Vielen Dank!

      Marc Almond hat seine Autobiographie schon mit Anfang 40 geschrieben. Da hat er Gelegenheit 40 Jahre später noch einen zweiten Teil nachzulegen. ;-)

      Ich kann Alan Vegas Gram sogar nachvollziehen. Er und Martin Rev sind vom kommerziellen Erfolg ja nicht gerade verwöhnt worden, während andere später mit einem ähnlichen Konzept viel Geld verdienten. Aber dafür gibt es sicher eine Vielzahl von Gründen. Soft Cell als einen Rip Off von Suicide zu brandmarken, ist jedenfalls allzu einfach. Gemeinsamkeiten gibt es bestimmt, aber bei Soft Cell kommen dann doch noch ein paar Eigenheiten dazu, die sicher auch für deren enormen Erfolg maßgeblich waren. Zunächst Almonds und Balls Leidenschaft für Northern Soul, dann Marc Almonds Begeisterung für theatralische Divas wie Liza Minelli und beider Fähigkeit, daraus in Verbindung mit Elektronik umwerfende Pop Songs zu schaffen. Aber ich schweife ab.

      Weiß wirklich keiner, in welchem sehr erfolgreichen Pop Song von 1982 Johnnie Ray ebenfalls erwähnt wird? Und kennt keiner COLLISION DRIVE und hat Lust, was dazu zu schreiben?

      --

      „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
      #8650525  | PERMALINK

      wenzel

      Registriert seit: 25.01.2008

      Beiträge: 5,471

      http://joeydemento.proboards.com/index.cgi?board=talk&action=display&thread=511

      die etwas unsympathische Missgunst von Vega und Rev wird in diesem Almond/Soft Cell -Board auch thematisiert:

      „We only made enough money to live but if you gave me a choice to make all the money some of those people made and sound like Soft Cell, I still wouldn’t do it,“ insists Rev. „I wouldn’t want to be part of it. It’s a betrayal. I’d rather make no money and do what I do. We have a different path and a different destiny.“
      „Apparently my work started a school called Scatter Art, so Jeffrey Deitch told me,“ says Vega, who was recently given his first show in 20 years at the Deitch Gallery. „So it happened again – a coupla guys got famous for it. I’d done it already, but they sold theirs for megabucks and had it shown in museums and stuff like that. Just like that Soft Cell thing all over again.“

      Friedrich

      Weiß wirklich keiner, in welchem sehr erfolgreichen Pop Song von 1982 Johnnie Ray ebenfalls erwähnt wird?

      poor old Johnnie Ray ?

      --

      #8650527  | PERMALINK

      the-imposter
      na gut

      Registriert seit: 05.04.2005

      Beiträge: 38,565

      ausser dass beide Formationen im Duo und mit Synthesizern aufgetreten sind, sehe ich da eigentlich keine weiteren Gemeinsamkeiten, musikalisch war das doch ziemlich gegensätzlich

      muss die ersten beiden Alan Vega Alben die Tage mal wieder hören

      --

      out of the blue
      #8650529  | PERMALINK

      friedrich

      Registriert seit: 28.06.2008

      Beiträge: 4,855

      Wenzeldie etwas unsympathische Missgunst von Vega und Rev wird in diesem Almond/Soft Cell -Board auch thematisiert: http://joeydemento.proboards.com/index.cgi?board=talk&action=display&thread=511

      Ich finde das zwar nachvollziehbar aber auch etwas unsympathisch. Nichts in der Kunst ist Original, alles ist hergeleitet und auch Alan Vega und Martin Rev haben den Rock’n’Roll nicht selbst erfunden. Eine Band, die sich einen Namen gibt, den man mit Selbstmord ins Deutsche übersetzen kann und die mehr auf Provokation als auf Intergration setzt, ist sicher auch nicht massenkompatibel. Das haben sie ja offenbar auch selbst gar nicht gewollt. Andere haben dann das Konzept vocals + electronics zur Massenkompatibilität – vulgo: Pop – entwickelt.

      Wenzelpoor old Johnnie Ray ?

      „… Sounded sad upon the radio
      Moved a million hearts in mono“

      The Imposterausser dass beide Formationen im Duo und mit Synthesizern aufgetreten sind, sehe ich da eigentlich keine weiteren Gemeinsamkeiten, musikalisch war das doch ziemlich gegensätzlich

      Na ja, gegensätzlich ist im musikalischen Bereich relativ. Die Besetzung vocals + electronics war Ende der 70er / Anfang der 80er ein Alleinstellungsmerkmal von Suicide und meines Wissens waren Soft Cell die ersten, die in der gleichen Konstellation arbeiteten. Und dann meine ich bei Suicide und Soft Cell auch noch eine Gemeinsamkeit im Interesse an den gerne verdrängten Seiten des Lebens zu erkennen. Weder bei den einen noch bei den anderen gibt es happy lovesongs, sondern da wird immer in der schmutzigen Wäsche gewühlt.

      Aber wenn man rückblickend nur das Genre Synth Pop der frühen 80er betrachtet, unterscheiden sich die beiden tatsächlich deutlich voneinander. Da gebe ich Dir Recht. Wenn man NON STOP EROTIC CABARET absichtlich etwas missverstehen wollte, würde man das eher in die Nähe von Human League rücken als in die Nähe von Suicide. Dabei sind Soft Cell vielleicht sogar näher an Lou Reed als an Human League. Zumindest hat Marc Almond mal Lou Reed gecovert …

      http://www.youtube.com/watch?v=Lq7Nshe7nH4

      The Impostermuss die ersten beiden Alan Vega Alben die Tage mal wieder hören

      Wäre sehr schön, wenn Du auch etwas dazu schreiben könntest. Die dritte, SATURN STRIP, habe ich dann wieder auf der Tagesordnung.

      --

      „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
      #8650531  | PERMALINK

      the-imposter
      na gut

      Registriert seit: 05.04.2005

      Beiträge: 38,565

      Friedrich
      gegensätzlich ist im musikalischen Bereich relativ

      auf der einen Seite Wohlklang, grosse Stimme und Musik für den Dancefloor, auf der anderen Seite Schmutz, düstere Monotonie und wüstes Bellen aus der Gruft .. o.s.ä. ..

      mir hat ja beides auf seine Art gefallen

      Friedrich Wäre sehr schön, wenn Du auch etwas dazu schreiben könntest.

      ich versuch’s, muss hier erstmal danach wühlen

      --

      out of the blue
      #8650533  | PERMALINK

      friedrich

      Registriert seit: 28.06.2008

      Beiträge: 4,855

      The Imposterauf der einen Seite Wohlklang, grosse Stimme und Musik für den Dancefloor, auf der anderen Seite Schmutz, düstere Monotonie und wüstes Bellen aus der Gruft .. o.s.ä. .. mir hat ja beides auf seine Art gefallen

      Ich verstehe, was Du meinst. Große Stimme, Musik für den dancefloor, das trifft beides sicher auf Soft Cell zu. Aber auch Soft Cell waren nicht nur der reine Wohlklang und Suicide sind auf ihrem zweiten Album zum Teil durchaus tanztauglich. Eine Stück heißt ja sogar DANCE. Man darf bei Soft Cell auch nicht die beiden Überhits TAINTED LOVE und SAY HELLO WAVE GOODBYE stellvertretend für ihr ganzes Debut Album sehen. (obwohl: auch diese beiden Stücke erzählen nicht gerade von glücklicher Liebe …) Es gibt da auch FRUSTRATION, SECRET LIFE und SEX DWARF (Vorsicht! Auf diejenigen, die von Soft Cell nur TAINTED LOVE von einer 80er Feten Hits-Compilation kennen, könnte dieses Video abstoßend wirken: http://vimeo.com/35394500), und damit geraten wir schon näher an die Abgründe menschlicher Existenz. Das wird auf dem 2. SF-Album ART OF FALLING APART noch ausgeprägter und der Titel des dritten, aber nur wenig bekannten Albums THIS LAST NIGHT IN SODOM sagt eigentlich schon alles. Was Suicide und Soft Cell gemein haben, ist die Besetzung mit vocals + electronics und die Lust, im Verdrängten zu wühlen. Und dabei waren für Soft Cell sicher – auch – Suicide ein Vorbild. Dass es auch viele Unterschiede gibt, ist natürlich unbestritten..

      The Imposterich versuch’s, muss hier erstmal danach wühlen

      Dann wühle mal und lass danach von Dir hören!

      --

      „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
      #8650535  | PERMALINK

      friedrich

      Registriert seit: 28.06.2008

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      COLLISION DRIVE scheint keiner zu kennen oder zu mögen. Dann muss ich selbst wohl ran.

      Alan Vega – COLLISION DRIVE
      (1981)

      Alan Vega – vocals
      Mark Kuch – guitar
      Sesu Coleman – bass
      Larry Chaplan – drums

      COLLISION DRIVE knüpft stilistisch direkt an Alan Vegas Solo-Debut an. Im Unterschied dazu ist hier aber eine komplette Band in klassischer Besetzung zu hören. Folglich klingt die Platte weniger minimalistisch und verfremdet, sondern um einiges konventioneller. Die Platte ist einerseits sowohl stilistisch als auch vom Niveau her geschlossener und beständiger als der etwas unausgewogene Vorgänger. Andererseits wirkt sie gerade dadurch auch gleichförmiger und ohne richtige Höhepunkte. Auch die Dynamik und Spannung solcher Stücke wie JUKEBOX BABE vermisst man. Manchmal hört sich das fast zu routiniert runtergespielt an. Die etwas einfallslose Coverversion von Gene Vincents BE-BPO-A-LULA, zwei nur leicht unterschiedliche Versionen des Stückes MAGDALENA und das quasi Selbstcover GHOST RIDER sprechen auch nicht gerade von Inspiration. Nur das 13-minütige VIET VET sticht heraus. Ein monotoner und bedrohlicher musikalischer Albtraum in Fortsetzung von FRANKIE TEARDROP. Vielleicht das beste Stück der Platte, mit seiner Länge und seiner deprimierenden Stimmung aber auch keine leichte Kost.

      Diese Beschreibung liest sich wahrscheinlich schlimmer, als COLLISION DRIVE sich anhört. Die Platte ist durchaus anhörbar, aber gefragt, welches Stück – außer das eher untypische VIET VET – besonders herausragend ist und warum, wüsste ich nicht so recht zu antworten. Vielleicht ist Alan Vega auf starke Partner angewiesen, die ihn ins rechte Licht rücken. Die scheinen ihm hier zu fehlen. Deshalb will ich mich auch gar nicht erst lange mit COLLISION DRIVE aufhalten, sondern gehe gleich weiter zum nächsten Album.

      Kleine biografische Ergänzung: Auch wenn es manchmal kolportiert wird, ist Alan Vega selbst kein Vietnam Veteran. Die Schattenseiten des American Dream sind jedoch sein Thema und da passt das nicht immer erfreuliche Schicksal mancher Vietnam Veteranen ins Bild.

      PS.: Vielen Dank an Keksofen!

      --

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      #8650537  | PERMALINK

      friedrich

      Registriert seit: 28.06.2008

      Beiträge: 4,855

      Im vorherigen post hatte ich Alan Vegas 1981er Album COLLISION DRIVE besprochen. Für mich leider nicht unbedingt ein Höhepunkt seines Schaffens. Aber damit will ich mich gar nicht erst lange aufhalten und springe gleich weiter.

      Während im Forum an anderer Stelle eine angeregte Diskussion über das Für-und-Wider von Retro-Trends in der Popmusik geführt wird, erzähle ich hier mal etwas über Alan Vegas retro-futuristischen Rockabilly aus den 80ern.

      Alan Vega – SATURN DRIVE (1983)

      Alan Vega – vocals
      Ric Ocasek – guitar, keyboards, producer
      Larry Chaplan – Bass
      Sesu Coleman, Stephen George – drums
      Greg Hawkes – synthesizer, saxophone

      “Billig? Will ich!” fällt mir als erstes ein, wenn ich das Cover von SATURN STRIP sehe. Der zweite Gedanke ist dann aber auch schon gleich wieder, dass jemand wie Alan Vega vermutlich viel Wert darauf gelegt hat, dass seine Platte in ein so trashig wirkendes Cover gesteckt wurde. Dabei ist SATURN STRIP sein Einstand bei einem Major-Label (Elektra) und damit vermutlich mit einem deutlich höherem Budget ausgestattet, als alles, was er zuvor gemacht hatte. Elektra hatte wohl vom Erfolg seiner Single JUKEBOX BABE in Europa Wind bekommen und witterte kommerzielles Potential. Als Produzent ist Ric Ocasek am Werk, der bereits Suicide zweites Album produziert hatte und mit seiner eigenen Band The Cars in den USA Erfolg in den Charts hatte. Optimale Bedingungen eigentlich.

      Ric Ocasek schneidert Alan Vega auf SATURN DRIVE einen kalten synthetischen Sound mit roboterhaften Drums, repetetiv tuckernden und wabernden Synthesizern, und hier und da einer leicht rachitisch klingenden Orgel oder einer Gitarre, die beide immer irgendwie so klingen als gäbe es davon 3 Stück zum Preis von einer. Alan Vega ist Alan Vega, also eine nicht mehr ganz so frische Version des jugendlichen Rockers, und passt damit perfekt in dieses Setting. Das klingt wie retro-futuristischer Rockabilly vom Rande der Galaxis, dessen Verfallsdatum bereits abgelaufen wäre, hätte Ric Ocasek ihn nicht schockgefrostet und damit unbegrenzt haltbar gemacht. SATURN STRIP pendelt mal mehr in Richtung monoton pluckernder Synth-Pop (SATURN DRIVE), mal mehr in Richtung R’n’R (VIDEO BABE ) und auf WIPEOUT BEAT gibt es neben billigen Synthies ein ebenso kürzel- wie klischeehaftes Gitarrenriff, das auch so manchem Schweinerockstück gut stehen würde. EVERY 1’s A WINNER ist abschließend eine nicht wieder zu erkennende Cover Version von Hot Chocolate. Die Platte klingt ein wenig so, als würde darauf schon 1983 nicht nur das, was von den 50ern übrig geblieben ist, in die 80er Jahre teleportiert, sondern auch gleich die 80er Jahre zur Vergangenheit erklärt und aus der verweggenommenen Rückschau lustvoll und hemmungslos recyclet. Scheiße aber toll! Im Gegensatz zu Alan Vegas Solodebut hält SATURN STRIP auch durchgehend ein sehr hohes Niveau, wenngleich es keinen zwingenden Single Hit wie JUKEBOX BABE gibt. Aber das wiederum ist Klagen auf hohem Niveau.

      Die Texte? Keine Ahnung! Es gibt kein Textblatt, im Netz ist nichts zu finden und das Genuschel, Genöhle und verbale Zucken Alan Vegas ist auf der Platte mit Ausnahme von eine paar Floskeln – oder sagen wir lieber verbalen Images – kaum zu verstehen. Klingt aber toll! ;-)

      Das Rezept geht also künstlerisch auf, kommerziell hingegen nicht, denn SATURN STRIP wird nicht der erhoffte Verkaufsschlager. Bei der Aufnahme des nachfolgenden Albums JUST ONE MILLION DREAMS geraten Alan Vega und Elektra dann so in Streit über die musikalische Richtung, dass das Label sogar versucht ihn von seinen eigenen Aufnahme-Sessions auszuschließen. Ich kenne nur ein paar Schnipsel von MILLION DREAMS, aber die lassen schon erahnen, dass das ein hilfloser und gescheiterter Versuch ist, Alan Vega auf Mainstream zu bügeln. Die Zusammenarbeit mit Elektra hat danach ein Ende und Alan Vega gibt alle Ambitionen, sich im Mainstream zu etablieren, auf. Seine Diskografie wird nach SATURN STRIP nicht nur etwas unübersichtlich, sondern – wenn man einschlägigen Reviews trauen darf – qualitativ sehr unbeständig. Ich kenne aber keins seiner Alben der Jahre unmittelbar nach 1983. Im Jahr 1988 kommt es dann zu einer Re-Union mit Martin Rev, deren Ergebnisse ich ebensowenig kenne. Erst in diesem Jahr ist mir dann eine Platte in die Hände gefallen, die er 1996 mit Alex Chilton und Ben Vaughn aufgenommen hat. Aber dazu später.

      Auch SATURN STRIP ist nicht mehr auf Tonträger erhältlich. Umso mehr bin ich stolz, diese Platte 1983 als Vinyl erworben zu haben.

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      „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
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