Videoclips und Popmusik – Eine verhängnisvolle Affäre?

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  • #82769  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
    -

    Registriert seit: 15.05.2005

    Beiträge: 85,004

    Anm. d. Mod.: Die folgende Diskussion zum Thema Videoclips entspann sich im Thread zum Dylan-Album „Tempest“ und um den Clip zu „Duquesne Whistle“.

    http://www.tape.tv/musikvideos/Bob-Dylan/Duquesne-Whistle

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    #8595875  | PERMALINK

    wolfgang-doebeling
    Moderator
    KICKS ON 45 & 33

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 7,351

    McGeadyWa hälst Du allgemein von Musikvideos? Gibt es welche, die Du als besonders gelungen erachtest?

    Videoclips schienen anfangs eine gute Idee zu sein, als Visualisierung von Songs, und es gab auch eine ganze Menge durchaus gelungene (Beispiel: „Pontiac“ von Lyle Lovett). Doch begann sich das bald zu verselbständigen, wuchs sich zu einer eigenen Industrie aus, die Prioritäten verkehrten sich. Die Musik trat hinter ihre Promotion zurück, die Produktion des Clips verschlang ungleich mehr Geld und Aufmerksamkeit als die Produktion des zu bewerbenden Tracks, aus Musikhörern wurden Musikglotzer. Wer ein wenig Einblick bekommt in die Dynamik karriereplanender Maßnahmen der Musikindustrie, dürfte ob der dort waltenden profanen Zweckrationalität und des oft unverhohlen zur Schau gestellten Zynismus ziemlich ernüchtert sein. Und wer sich seine Freude an Musik bewahren möchte, tut gut daran, sich eben darauf zu konzentrieren, die Verwertungsmechanismen als solche zu erkennen und entsprechend geringzuschätzen. Bei mir kommt erschwerend hinzu, daß das Clip-Unwesen eine schlimme Allergie ausgelöst hat, gegen jede Art von Synchronhüpfen. Ein furchtbares Feature in zahllosen Clips, um die ich schon deshalb einen großen Bogen mache. Unterm Strich leidet die Musik eher durch die Übersetzung in laufende Bilder, weil sich Bilder unweigerlich einprägen und man sich nur schwer auf Musik einlassen kann, solange sie sich beim Hören aufdrängen. Eine Ablenkung auf jeden Fall. Es ist wie bei der Literaturverfilmung: hat man den Film gesehen, wird die Lektüre nicht mehr die eigene Fantasie so beflügeln können als ginge man völlig unbelastet von vorgegebenen Bildern an die Buchstaben heran. Images vor Imagination. Das mögen für die meisten Kulturkonsumenten müßige Gedanken sein in Zeiten von YouTube, ich spreche da nur für mich.

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    #8595877  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    YouTube ist sicher in manchen Dingen eine Pest, man darf die Cliptradition mitsamt „Synchronhüpfen“ aber nicht samt und sonders als stumpfsinnige, kapitalistische Erscheinung verfluchen. Astaire und Rogers pflegten schon die Kunst des synchronen Tanzes, Joseph Cornell und Kenneth Anger jene des visuellen Musikkunstwerks, lange vor MTV oder YouTube. Auch hier tut also Differenzierung bis in die Neuzeit Not!

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    #8595879  | PERMALINK

    wolfgang-doebeling
    Moderator
    KICKS ON 45 & 33

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 7,351

    Ich wurde nach meiner Meinung zu Videoclips gefragt, pinch. Verflucht habe ich nichts, schon gar nicht Ginger und Fred.

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    #8595881  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    Wolfgang DoebelingIch wurde nach meiner Meinung zu Videoclips gefragt, pinch.

    Schon klar. Es las sich aber so, als ob Videoclips per se eine unschöne Sache wären, weil sie Images vor Imagination stellen und eher karriereplanenden Zwecken der Musikindustrie dienen als anderweitigen Dingen. In manchen Fällen mag das sicher so sein, eine pauschale zynische und rein materielle Haltung gegenüber dem konsumierenden Endverbraucher will ich indes aber nicht vermuten wollen.
    Aber wenn dies deine Meinung dazu ist, so sei sie dir unbenommen.

    --

    #8595883  | PERMALINK

    fifteenjugglers
    war mit Benno Fürmann in Afghanistan

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 11,442

    Napoleon DynamiteIhr denkt zu viel über das Promo-Video nach.

    Schon klar. Ist ja nicht von Graf … Graaaaf … Dominik Graaaf.

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    "Don't reach out for me," she said "Can't you see I'm drownin' too?"
    #8595885  | PERMALINK

    wolfgang-doebeling
    Moderator
    KICKS ON 45 & 33

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 7,351

    pinchSchon klar. Es las sich aber so, als ob Videoclips per se eine unschöne Sache wären, weil sie Images vor Imagination stellen und eher karriereplanenden Zwecken der Musikindustrie dienen als anderweitigen Dingen. In manchen Fällen mag das sicher so sein, eine pauschale zynische und rein materielle Haltung gegenüber dem konsumierenden Endverbraucher will ich indes aber nicht vermuten wollen.
    Aber wenn dies deine Meinung dazu ist, so sei sie dir unbenommen.

    Da danke ich doch artig. Im Ernst, pinch: lies bitte genauer. Keine Ahnung, woher Du Dein „pauschal“ nimmst, bei mir heißt es an der betreffenden Stelle „oft“. Für die nicht unschöne, sondern deplorable Umkehrung der Prioritäten gibt es leider unzählige Belege. Allein der Umstand, daß es sehr oft überhaupt nicht zur Veröffentlichung von Singles kam, nur weil man kein Geld für die obligate Videoproduktion hatte, spricht doch Bände.

    Aber wir sind damit hier off-topic. Back to Bob…

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    #8595887  | PERMALINK

    otis
    Moderator

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 22,557

    Die Video-Schauer hier nach ihren Eindrücken zur Musik befragt, war nicht viel mehr in Erinnerung geblieben als die raue Stimme Dylans („Dylan halt“). So verkommt die Musik zum Soundttrack, was besonders an der Stelle mit dem Baseballschläger massiv unterstützt wird.
    Da, wo das Video zur Attraktion wird und die Musik das Video assoziiert und nicht das Video die Musik, wird es zum Problem für den, dem es um die Musik geht.

    --

    FAVOURITES
    #8595889  | PERMALINK

    napoleon-dynamite
    Moderator

    Registriert seit: 09.11.2002

    Beiträge: 21,857

    FifteenJugglersSchon klar. Ist ja nicht von Graf … Graaaaf … Dominik Graaaf.

    What up? Das Video ist eben so sympathisch schluddrig, wie meistens bei Dylan. Nicht mehr, nicht weniger.

    otisDie Video-Schauer hier nach ihren Eindrücken zur Musik befragt, war nicht viel mehr in Erinnerung geblieben als die raue Stimme Dylans („Dylan halt“).

    Eben. Back to basics, Leute.

    --

    I'm making jokes for single digits now.
    #8595891  | PERMALINK

    clau
    Coffee Bar Cat

    Registriert seit: 18.03.2005

    Beiträge: 91,461

    Wichtiger als das Video wäre eine „Duquesne Whistle“ 7″ gewesen, viel wichtiger sogar.

    --

    How does it feel to be one of the beautiful people?
    #8595893  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    Wolfgang DoebelingDa danke ich doch artig. Im Ernst, pinch: lies bitte genauer. Keine Ahnung, woher Du Dein „pauschal“ nimmst, bei mir heißt es an der betreffenden Stelle „oft“.

    Okay, sorry, Wolfgang. Da habe ich Zeilen wie:

    Wolfgang DoebelingDie Musik trat hinter ihre Promotion zurück, die Produktion des Clips verschlang ungleich mehr Geld und Aufmerksamkeit als die Produktion des zu bewerbenden Tracks, aus Musikhörern wurden Musikglotzer.

    wohl falsch verstanden. Gelobe Besserung. Für mich klang das aber trotzdem nach: Clips arteten mit der Zeit unweigerlich zu einer lästigen Sache aus, die dem eigentlichen Werk nicht nur illusorisch den Schneid abkauften, sondern auch noch finanziell an den Karren fuhren, also die Prioritäten völlig falsch gewichteten. Klar gibts das, aber den vielen Videokünstlern, die aus eigener Überzeugung mühevoll den diversen Vorgaben von Industrie und Kommerz trotzen, tut man damit ein wenig Unrecht. Reine Musikglotzer und andere oberflächliche Trottel gabs auch schon vor der Massenfütterung durch Musikclips.

    Und schließlich:

    Wolfgang DoebelingWer ein wenig Einblick bekommt in die Dynamik karriereplanender Maßnahmen der Musikindustrie, dürfte ob der dort waltenden profanen Zweckrationalität und des oft unverhohlen zur Schau gestellten Zynismus ziemlich ernüchtert sein.

    Ja, doch, durchaus. Ich nehme „pauschal“ auf rein formaler Ebene zurück, inhaltlich pustet es aber mehr oder weniger ins selbe Horn, wenn die Industrie es so lenkt, dass aus „Musikhörern Musikglotzer“ werden. Das impliziert so ein weitflächiges, zombiehaft-gezüchtetes, von langer Hand perfide geplantes. Für viele Beispiele mag das zutreffen, mir fehlte in deiner Argumentation aber die Weiterführung deiner zu Beginn angeführten Fußnote („gab auch gelungenes“). So hat es eher was von Anfangs Hui, später Pfui, Abstufungen gibts keine.

    Back to Bob: ich behaupte mal, dass Dylan den Clip nicht stillschweigend und vollkommen desinteressiert abgenickt haben wird, sondern dass er sich aus irgendwelchen bestimmten Gründen durchaus mit seiner Visualisierung und seiner „visuellen Message“ indentifiziert und im Einklang befunden haben mag. Von mir aus kann man es auch Meta-Ebene nennen. Gerade die Tatsache, dass der Clip am Ende (aber nicht nur da) die Erwartungshaltungen unterläuft und Mythen und Codes konterkariert, zeigt doch, dass es durchaus Sinn macht, seine Musik in ein Clipumfeld zu kleiden. Der Grat zwischen Kunst und Kommerz ist logischerweise auch hier ein schmaler, das dürfte er aber bei so ziemlich jeder begleitenden Form von Vermarktung (Clip, TV Auftritt etc.) sein.

    Napoleon DynamiteEben. Back to basics, Leute.

    Ich finde eine Auseinandersetzung mit dem Video zur aktuellen Single von Onkel Bob ebenso legitim und an der Basis, wie eine Auseinandersetzung bzgl. des „Tempest“-Artworks.

    --

    #8595895  | PERMALINK

    fifteenjugglers
    war mit Benno Fürmann in Afghanistan

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 11,442

    Napoleon DynamiteEben. Back to basics, Leute.

    Wundert mich ein wenig, dass Du diese Position unterstützt. Sicher gibt es Leute, die zwischen Musik und Video nicht zu unterscheiden vermögen. Aber ist das ein Problem für jemanden, dessen audiovisuelle Rezeptoren einigermaßen geschult sind? Ich schaue mir mit Vergnügen das Video an und werde den Song, ‚tschulligung, Track dann später sicher noch etliche Male auf Zehdeh oder Winühl anhören. Eine Differenzierung sollte dann eigentlich kein Problem sein.
    Sonst müsste man eigentlich gleichermaßen gegen die Verwendung von, ich sag mal, „Kaw-Liga“ in „The Last Picture Show“ argumentieren.

    --

    "Don't reach out for me," she said "Can't you see I'm drownin' too?"
    #8595897  | PERMALINK

    napoleon-dynamite
    Moderator

    Registriert seit: 09.11.2002

    Beiträge: 21,857

    FifteenJugglersWundert mich ein wenig, dass Du diese Position unterstützt.

    Ah, welche Position unterstütze ich nochmal? Ich wundere mich lediglich darüber, dass seit Tagen über das wenig spektakuläre Video diskutiert wird, während die Musik höchstens beiläufiges Schulterzucken erfährt. Wenn Beyoncé endlich mal wieder in ihren Videos tanzen sollte, und das Ganze dann auch noch von Hype Williams inszeniert wird, diskutieren wir am besten nochmal über audiovisuelle Rezeptoren, Vergnügen, Differenzierung & den ganzen anderen Spaß.

    pinchIch finde eine Auseinandersetzung mit dem Video zur aktuellen Single von Onkel Bob ebenso legitim und an der Basis, wie eine Auseinandersetzung bzgl. des „Tempest“-Artworks.

    Ja. Warum auch nicht? In meinen Augen: Gibt nicht allzu viel her für eine Auseinandersetzung, dieses Filmchen.

    --

    I'm making jokes for single digits now.
    #8595899  | PERMALINK

    otis
    Moderator

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 22,557

    Wenn dem Hörer etwas fehlt, wenn er nur die Musik hört oder die Musik nur mit Bildern im Kopf hört, dann ist doch was faul. Zumindest, was die Musikrezeption anbelangt. Dann steht das eine nicht mehr für sich (und das andere auch nicht). Das kann sinnvoll sein, aber hier reden wir über Musik, die vorher da war und nicht als Soundtrack zu einem Video oder als Gesamtkunstwerk gedacht war. (Über diese Problematik hat man sich übrigens auch schon, seit es Opern gibt, Gedanken gemacht.)
    Ich kann WD gut folgen, sehe allerdings das Problem auch bei den Rezipienten, die genau diese Visualisierung (warum auch immer) so wollen, es ist nicht allein die „Schuld“ der Industrie. Die reagiert wie immer nur.

    --

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    #8595901  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
    -

    Registriert seit: 15.05.2005

    Beiträge: 85,004

    Wenn’s recht ist, verlagere ich die interessante Diskussion ab #151 in einen eigenen Thread.

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