Ry Cooder – Pull Up Some Dust and Sit Down

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  • #77639  | PERMALINK

    go1
    Gang of One

    Registriert seit: 03.11.2004

    Beiträge: 5,625

    1 No Banker Left Behind
    2 El Corrido de Jesse James
    3 Quick Sand
    4 Dirty Chateau
    5 Humpty Dumpty World
    6 Christmas Time This Year
    7 Baby Joined the Army
    8 Lord Tell Me Why
    9 I Want My Crown
    10 John Lee Hooker for President
    11 Dreamer
    12 Simple Tools
    13 If There’s a God
    14 No Hard Feelings

    Vierzehn topical songs und ein Musterbeispiel dafür, wie man ein zugleich abwechslungsreiches und stimmiges Album zustandebringt. Wenn man Protestsongs singen will – und die Zeiten sind danach – sollte man es wie Ry Cooder machen: humorvoll, unterhaltsam und musikalisch bunt. In diesem Fall heißt das: Folk, Blues, Tex-Mex (bei drei Songs spielt Flaco Jimenez mit) und Pop.

    Bei den ersten zwei, drei Tracks dachte ich noch, dass Cooder hier zu affektiert singe, aber das gibt sich dann. Die Platte ist großartig. Volksmusik im besten Sinne, Populismus im besten Sinne. Musik zur Zeit mit den Mitteln der Tradition. Ry Cooder ist heute der bessere Dylan.

    Am schönsten ist vielleicht der Schlusstrack, „No Hard Feelings“, der die Erkenntnis aufgreift, dass Woody Guthries Traum sich nicht verwirklicht hat:

    „This land should have been our land
    You took it for your land
    You got a use for every stream and tree
    When I go up the highway old trees are dying up that way
    You pumped out the water and sold it back to me
    You build mansions in the city, prisons in Mojave
    You’re quite a pillar of high society
    You call it law and order, I call it dirty money
    You lock the young ones down or send ‚em off to war

    But no hard feelings, no offense taken
    You’re just a ripple in the shifting sands of time
    No bad karma, no curses on ya
    You go your way and I’ll go mine“

    Link zur Label-Seite: http://www.nonesuch.com/albums/pull-up-some-dust-and-sit-down

    Einige Reviews:

    http://www.metacritic.com/music/pull-up-some-dust-and-sit-down/critic-reviews

    The New Yorker

    Jörg Feyer im RS

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    To Hell with Poverty
    Highlights von Rolling-Stone.de
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      #8164175  | PERMALINK

      ragged-glory

      Registriert seit: 22.03.2007

      Beiträge: 11,762

      Tolle LP! Schön, dass Xerxes ihr gleich einen gebührenden Platz in seiner 2011er-Liste gewährt hat.

      Besonders gut gefällt mir das ruppige „I Want My Crown“, das ich mir auch von Tom Waits sehr gut vorstellen könnte. Außerdem das ruhige „Baby Joined The Army“, die Reggae-infizierten Tracks sowie die Hooker-Hommage, ein mit boom-boom-Licks verzierter und lässigem Fußklopfen unterlegter Stomper.

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      #8164177  | PERMALINK

      sittertal

      Registriert seit: 22.10.2011

      Beiträge: 1

      Wirklich tolle Musik!

      Probleme habe ich aber mit der Vinyl-Qualität. Alle vier Seiten knistern, nicht sehr stark, aber doch hörbar. Ist auf dem Cover nicht von audiophiler Pressung dei Rede? Leider habe ich die Platte bei amazon gekauft und eine Rückgabe ist mir zu kompliziert.

      Ich stelle ganz allgemein fest, dass neue Platten immer häufiger Pressfehler aufweisen.

      Gruss
      Paul

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      #8164179  | PERMALINK

      blues-pfaffe

      Registriert seit: 28.09.2003

      Beiträge: 1,350

      sittertalWirklich tolle Musik!

      Probleme habe ich aber mit der Vinyl-Qualität. Alle vier Seiten knistern, nicht sehr stark, aber doch hörbar. Ist auf dem Cover nicht von audiophiler Pressung dei Rede? Leider habe ich die Platte bei amazon gekauft und eine Rückgabe ist mir zu kompliziert.

      Ich stelle ganz allgemein fest, dass neue Platten immer häufiger Pressfehler aufweisen.

      Gruss
      Paul

      Gegen das Knistern einer neuen Platte könnte eine Plattenwäsche mit ner antistatischen Reinigungsflüssigkeit helfen

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      #8164181  | PERMALINK

      powderfinger

      Registriert seit: 13.07.2002

      Beiträge: 179

      Ich kann mich nur anschließen. Ganz, ganz große Scheibe !!! Bin überhaupt der Meinung, dass die California-Trilogie von Cooder grandios unterbewertet wurde – auch im RS. „Pull up…“ ist sicherlich eine der Top-Scheiben in diesem Jahr in der Rubrik „American Songwriters / Americana“

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      #8164183  | PERMALINK

      wa
      The Horst of all Horsts

      Registriert seit: 18.06.2003

      Beiträge: 24,480

      Welche der vier letzten Studioalben zählst Du zu dieser Trilogie?

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      What's a sweetheart like me doing in a dump like this?
      #8164185  | PERMALINK

      blues-pfaffe

      Registriert seit: 28.09.2003

      Beiträge: 1,350

      Natürlich, es gibt sie immer noch, die Protestsänger. Diese Typen voller Engagement, die dem Zeitgeist entschieden mit ihren Gitarren und betroffenen Texten zusetzen wollen. Doch Spaß machen sie nicht. Wie es wirklich geht, zeigt Ry Cooder mit seinem neuen Album „Pull Up Some Dust And Sit Down“.

      Ach waren das noch Zeiten, als damals in New York Leute wie der ganz junge Dylan oder Phil Ochs fast die Funktion von Nachrichtenkommentatoren hatten. Als je nach Ereignis schnell das politische Lied dazu in den Cafés erklang. Oder als die deutschen Liedermacher wie Hannes Wader sich mit mitreißenden Stücken nicht nur gegen neue Waffen stellten sondern gleich das ganze System in Frage stellten. Irgendwann war aber die Zeit vorbei, wo politische Liedermacherei noch sexy war. Für manche viel zu schnell. Für andere nicht schnell genug. Denn wenn man im Rückblick die alten Lieder hört, dann verbreiten sie zu oft eine muffige und verstaubte Sicht. Sie sind oft so belanglos und vernachlässigbar geworden wie alte Lokalzeitungen. Und tanzen kann man dazu auch nicht. Und ehrlich: „Sag mir wo die Blumen sind“ – das war großartig im Sommer vor dem Abitur mit Gitarre abends am Lagerfeuer. Doch heute – vergiss es!

      Der Meinung ist – für manche wirklich überraschend – Ry Cooder. Natürlich hatte er immer wieder mit Songs soziale Themen angesprochen. In der Frühzeit seiner Karriere aber meist durch die Neubelebung alter Songs etwa aus der Zeit, wo Woody Guthrie noch mit seiner Klampfe die Gewerkschaftstreffen zum Singen brachte. Heute bräuchte man neue Protestlieder als das mit den dahingegangenen Blumen, meint er und veröffentlicht mit „Pull Up Some Dust And Sit Down“ gleich einen Rundumschlag gegen die Verhältnisse in den USA heute. Er zielt – bösartig, satrisch treffend und mit scheinbar einfachen Melodien auf Banker, die verschärften Einwanderungsgesetze, gegen die Kriege, die die USA heute führen oder die Tatsache, dass immer mehr Menschen ihre Häuser verlieren. Jesse James im Himmel wünscht sich nichts sehnlicher als seine Knarre, um die ganzen Banker abzuknallen. Und wenn man John Lee Hooker zum Präsidenten gemacht hätte, gäbe es sicherlich nicht nur Bourbon, Scotch & Beer, sondern Milch und Brot für alle, die Hunger haben.

      „with champagne and shrimp cocktails/and that’s not all you find/there’s a billion dollar bonus/and no banker left behind“ – dass man zu solchen Texten sogar tanzen kann, dass ist das eigentlich faszinierende an dieser Scheibe. Cooder vermischt musikalisch die ganze reiche Tradition vom klassischen Folksong über TexMex, Oldtime Jazz, Blues und rockigen Klängen. Endlich mal wieder hört man ihn dabei auch seine lang vermisste elektrische Slide-Gitarre ausgiebig singen. Erinnerungen werden wach an die Zeiten, als Cooder schon als künftiger Gitarrist der Stones galt. Aber auch das Erbe Guthries hört man. Und den Blues nicht nur in der Lesart von John Lee Hooker. Selbst die zünftige Polka mit Akkordeon kommt zu ihrem Recht, wenn er in dem scheinbar simplen Weihnachtsschunkelsong „Christmas Time This Year“ die „Segnungen“ der Kriege für zahlreiche Familien abfeiert.

      Es ist ein einziges Fest, dieser Scheibe zuzuhören. Doch gleichzeitig fragt man sich, warum in Deutschland kaum jemand so witzig, tanzbar und – man verzeihe mir das Wort – sexy politische Lieder schreibt. Herren wie Knyphausen haben sich in ihren Selbstbespiegelungen schnon längst selbst ins Abseits gestellt, Konstantin Wecker modernisiert scheinbar zu jeder Gelegenheit seinen „Willy“. Und Wader oder Degenhart und Mey fallen überhaupt kaum noch ins Gewicht. Schon zu lange wartet man hier auf ein neues Lebenszeichen etwa von Stoppok, der das am ehesten könnte. Oder sollten mir die jungen Talente in dieser Gattung entgangen sein? Wann bekommt hier jemand so einen schönen Song hin wie „John Lee Hooker for President“ – oder meinetwegen auch etwas ähnlich mitreißendes und politisch engagiertes wie damals Udo Jürgens mit dem „Griechischen Wein“ oder dem „Ehrenwerten Haus“?

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