Polizeiruf 110

Ziemlich klasse, der Polizeiruf. Geradezu ein Labsal nach dem schaurig stumpfen Tatort. Ich würde auch ganz bescheiden sagen, dass es überhaupt nicht darum geht definitiv zu kapieren, wer jetzt am Ende wirklich die Strippenzieher sind. Wie der Kommissar und die Freundin der Toten sich ihre Narben zeigen, das ist das schönste (und schönst gespielte), was ich seit langem auf der Mattscheibe in einer TV-Eigenproduktion gesehen habe. Und die Geiselnahme mit das derbste. Das sind doch schonmal zwei Gründe, den Film sehr zu mögen. Und Graf macht auch insofern vieles richtig, indem er immer wieder Klischeesituationen und -dialoge, Schauspielroutine, Kamera- und Schnittstandards umschifft. Das ist recht erfrischend anzuschauen. Natürlich hätte ich noch lieber die Uncut-Version gesehen, dass da zum Ende hin 10 Minuten herausgenommen wurden (wenn auch sicherlich nichts sinnstiftendes), merkt man schon (wenn man’s weiß).

Tja, in dem Tatort wäre das Zimmer eben mit Lethal Weapon Plakaten tapeziert und von Meuffels hätte währenddessen noch darüber gequasselt, dass er sich ja irgendwie wie Mel Gibson fühlt.
Preisen muss man Graf auch für die Entdeckung von Judith Bohle für den Film. Sie hatte schon in seinem Essay „Es werde Stadt“ eine schöne kleine Rolle:

ClauNichts gegen Marek Harloff, das ist ein astreiner Typ.

Aber singen kann er nicht ;)

linnOk: POLIZEI!!!!!
Viel besser machts das aber jetzt irgendwie nicht …

Better call 110. Der Polizeiruf ist eben ursprünglich eine DFF-Produktion, was da in den 70ern für ein Rangordnungen-Porn betrieben wurde, muss man zumindest einmal gesehen haben. Das ganze gegenseitige Arschkriechen mit Herrn Oberleutnant, Herrn Oberst und Herrn Hauptmann wirkt heute wie eine delirierende Sci-Fi-Serie, in der die Lebensweisen ausgestorbener Galaxien gezeigt werden.

lathoDie originale Narben-Zeig-Szene ist meines Wissens in Jaws.

Logo. Aber beherztes Narbenzeigen sieht man eigentlich viel zu selten in Filmen, so gesehen kann man Graf sicherlich nicht overstating the obvious vorwerfen.

Den Meuffels habe ich nicht gesehen, aber Sonntag Nacht lief auf 3sat ein sehr schöner, etwas älterer Polizeiruf von Andreas Dresen (sein einziger?), der mir wieder wach rief, was ich an vielen Tatorten aus den 70er und 80er Jahren mag: Die Komissare hauten 90 Minuten lang Schnäpse mit den Verdächtigen weg und hofften darauf, dass sie niemanden verhaften müssen. Diese süffige Lakonie und Alltags-Grandezza stand der Reihe eigentlich mal sehr gut zu Gesicht. Wo sind heute solche geilen Typen wie Felmy oder Bayrhammer?

The times they are changing…

Sonic Juice[…]Ich würde auch ganz bescheiden sagen, dass es überhaupt nicht darum geht definitiv zu kapieren, wer jetzt am Ende wirklich die Strippenzieher sind.[…]

ach nee? ich mein, wenn ich eine geschichte zu erzählen habe, dann möchte ich auch das man sie versteht. ein bischen konfus war das allerdings schon, nach dem optischen chic, den zitaten und dem an sich sehr stimmigen film, wäre das verstehen am ende des films für mich besser gewesen. ansonsten sehr guter Polizeiruf und Graf einer der bessten.

Napoleon DynamiteBetter call 110. Der Polizeiruf ist eben ursprünglich eine DFF-Produktion, was da in den 70ern für ein Rangordnungen-Porn betrieben wurde, muss man zumindest einmal gesehen haben. Das ganze gegenseitige Arschkriechen mit Herrn Oberleutnant, Herrn Oberst und Herrn Hauptmann wirkt heute wie eine delirierende Sci-Fi-Serie, in der die Lebensweisen ausgestorbener Galaxien gezeigt werden.[…]

das stimmt, aber mit dem heutigem Polizeiruf hat das nichts mehr zu tun. damals wurden halt einige sachen übernommen die man für relevant hielt oder wo man dachte, damit kriegt man die ossis auch noch, die ohnehin westfernsehen guckten. dann übernehmen wir das format, gut, Ein Kessel Buntes hat es nicht geschafft, aber ich denke, irgendeine show im MDR hat das gleiche konzept, und der Polizeiruf könnte auch als Tatort laufen. als Rostocker freut es mich natürlich das der Polizeiruf von Schwerin nach Rostock gezogen ist, auch wenn ich denke, wenn ich die bilder immer sehe, das Rostock nur aus dem Stadthafen besteht. wie gesagt, die formate Polizeiruf und Tatort sind ja auch sehr schwammig und ein Andreas Schmidt-Schaller, ehemals Oberleutnant, ermittelt ja seit jahren als KHK…seit dreißig jahren quasi eine figur…rangordnungen-porn, haha, geil!

Travisach nee? ich mein, wenn ich eine geschichte zu erzählen habe, dann möchte ich auch das man sie versteht. ein bischen konfus war das allerdings schon, nach dem optischen chic, den zitaten und dem an sich sehr stimmigen film, wäre das verstehen am ende des films für mich besser gewesen. ansonsten sehr guter Polizeiruf und Graf einer der bessten.

Ich habe überdurchschnittliche Aufmerksamkeits-, Kombinations- und Interesseschwierigkeiten bei Krimis, aber hier schien mir recht deutlich, dass Graf die Auflösung einfach offen lassen wollte, damit man sich seinen eigenen Reim macht. Ob das ein tolles Konzept für einen Polizeiruf ist, sei mal dahingestellt. Der Verschwörungsplot, in dem irgendwie die Bayerische Staatsregierung, die Waffenlobby, irgendwelche Friedensterroristen und eine Gruppe ehemaliger Internatsschüler involviert scheinen, war jedenfalls sicherlich nicht die Stärke dieses Films, eher die einzelnen atmosphärisch gelungenen Szenen, aus denen sich das krude Puzzle (nur so halbwegs) zusammensetzt.