BB’s cineastisches Hinterzimmer

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  • #72949  | PERMALINK

    blitzkrieg-bettina

    Registriert seit: 27.01.2009

    Beiträge: 11,779

    So. Lange schlug ich mich mit dem Gedanken herum einen eigenen Thread mit „meinen Klassikern“ zu eröffnen, (quasi als Gegenentwurf zu dem entsprechenden Thread von meinem lieben Freund scorechaser;-)).
    Nun soll dies aber keine blasse Kopie von Phillips Rezensionen werden, sondern eine Art Gegenentwurf, die hier vorgestellten Filme sollen nicht unbedingt meine Lieblingsfilme sein, sondern eher Werke die mir unabhängig von ihrem cineastischem Wert persönlich wichtig sind, Filme die einen derartigen trashigen Charme versprühen das ich ihre pure Existenz gerne für die Nachwelt festhalten möchte, Filme von denen ich schade finde das sie nur einer begrenzten Anzahl von Menschen bekannt sind, oder auch Filme bei denen ich mir selber unsicher bin wie ich sie einzuordnen habe, kurz Filme die mir in irgendeiner Weise aufgefallen sind. Alles was ich hier schreibe ist natürlich auch ausdrücklich zur Diskussion freigegeben!

    Viel Spass!

    So, hier gehts weiter:

    secretarymovpost.jpg

    Secretary (Die Sekretärin), Steven Shainberg, 2002

    Die junge Lee (dargestellt von der göttlichen Maggie Gyllenhaal) ist aus nicht näher ersichtlichen Gründen sehr unzufrieden mit ihrem Leben, sie fügt sich ständig selbst Verletzungen zu, und wird deswegen in eine Klinik eingeliefert. Nach ihrer Entlassung – sie ist doch nicht wie vermutet suizidgefährdet – nimmt sie eine Stelle als Sekretärin bei dem exzentrischen Anwalt E. Edward Grey (James Spader) an, bei dem schon das abgelegene Domizil etwas merkwürdig wirkt. Es dauert nicht lange bis beide merken das sie ein ausgezeichnetes Arbeitsverhältnis haben werden, da sie masochistisch veranlagt ist, er hingegen sadistisch. Lee wird ausdrücklich aufgefordert Briefe an Grey im Mund, wie ein Hund auf allen vieren kriechend zu überbringen, oder auch während Kopf und beide Hände an einem prangerartigem Brett befestigt sind. Bei Tippfehlern bekommt sie ihren Hintern versohlt, was ihr selbstverständlich nichts ausmacht.
    Dies geht eine Weile gut, bis Lee Angst vor ihrer eigenen Courage hat. Sie hofft das sie mit ihrem Verlobten Peter glücklich werden kann, sogar die Hochzeit ist schon geplant. Doch da Peter – welch eine Überraschung – ihre speziellen Bedürfnisse nicht erfüllen kann nimmt sie vom Traualtar aus Reissaus zu ihrem früheren Vorgesetzten. Dieser stellt sie auf eine harte Probe: Sie soll ihre Handflächen auf seinen Schreibtisch legen, und mehrere Tage in dieser Position verharren, um zu demonstrieren wie stark ihre Liebe ist. Während sie dies tut wird sie natürlich von verschieden Personen bedrängt, die sie von dieser Aktion abbringen möchten, unter anderen von Feministinnen-Gruppen, ihren Eltern und der Frau von der sie das Brautkleid ausgeliehen hat. Doch sie bleibt stark, heiratet Grey schliesslich, und der Film findet doch zu einem Happy End.

    Was mich an diesem Film begeistert ist die Tatsache das das – doch eher ungewöhnliche – Verhältnis zwischen den beiden Protagonisten absolut ernst genommen wird, trotzdem würde ich den Film durchaus als Komödie bezeichnen. Auch die knisternde Erotik ist sehr subtil, in keiner einzigen Szene driftet es ins platt pornographische ab. Und – nicht zu vergessen – wird doch eine – trotz allem – ziemlich klassische Lovestory geboten.

    Wenn ich etwas davon halten würde Filme mit Sternen zu bewerten würde ich bei diesem Werk doch ziemlich mit eben solchen um mich werfen.

    --

    Man hatte uns als Kindern das Ende der Welt versprochen, und dann bekamen wir es nicht.
    Highlights von Rolling-Stone.de
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    #7847371  | PERMALINK

    blitzkrieg-bettina

    Registriert seit: 27.01.2009

    Beiträge: 11,779

    24/7 – The Passion Of Life – Roland Reber, 2006

    Nach einem wirklich grossem Film wie „Secretary“ darf natürlich dessen missratener kleiner Bruder nicht fehlen: 24/7 – The Passion of Life, ein Werk welches sich zum Ziel genommen hat die Abgründe der menschlichen Psyche zu ergründen. Die Geschichte ist schnell erzählt: Die verwöhnte Hotelierstochter Eva gerät nach einem Motorrad-Unfall an die Tasche der Domina Lady Maria, und beschliesst – verwundert über das Arbeitsmaterial welches sie dort vorfindet – sich auf die Spuren der Besitzerin zu machen.
    Daran anschliessend gerät sie in eine Welt welche ihre Vorstellungskraft bei weitem übersteigt: SM, Swingerclubs, die seltsamsten Fetische etc.

    Der Film kann mit vielen interessanten Figuren aufwarten, so die Gummisau Nr.3, ein Mann der sich eine Schweine-Gummimaske übers Gesicht gestülpt hat, und Lady Maria wie ein Haustier zur Verfügung steht. Interessanterweise ist „Gummisau Nr.3“ wenn sie denn die Maske abgenommen hat, ein relativ spiessig wirkender Bayer mittleren Alters, der die Vorstellung einen Swingerclub zu besuchen schon komplett abseitig findet.
    Weitere interessante Personen wären natürlich Lady Maria selber, die nebenher Soziologie studiert und ihre Arbeit in Zusammenhang mit religiösen Themen setzt. Des weiteren „Elfriede“ ein älterer Herr der sein Kriegstrauma dadurch zu überwinden sucht das er Lady Maria als Dienstmädchen zur Verfügung steht.

    „24/7“ bietet viele interessante Ansätze, geht allerdings leider in einer ziemlich dilettantischen Inszenierung unter – schauspielerische Leistungen und
    Dialoge erinnern oft an eine billige Vorabendserie – und nervt teilweise damit den völlig übertriebenen philosophischen/theologischen Überbau viel zu ernst zu nehmen. Eine noch nicht erwähnte Person ist ein junger Theologiestudent, welcher sich so sehr mit der Passion Christi identifiziert das er am Ende mit Holzkreuz auf der Schulter an einer Autobahn vorbeimarschiert, eine Szene welche nun wirklich unfreiwillig komisch wirkt.

    Fazit: Nicht so viele Sterne wie „Secretary“.

    --

    Man hatte uns als Kindern das Ende der Welt versprochen, und dann bekamen wir es nicht.
    #7847373  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 66,859

    Oh, „Secretary“ – sehr schön!
    Den hab ich eher zufällig mal im Kino gesehen damals, toller Film! Hab ihn auch noch auf DVD gekauft…

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #150: Neuheiten 2023/24 – 12.3., 22:00; #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #7847375  | PERMALINK

    tinylittlefracture
    Busting crime one blunt at a time

    Registriert seit: 08.01.2007

    Beiträge: 2,887

    SECRETARY ist zum Niederknien schön. Ein Liebesfilm für Leute, die (mit Dutzenden platten „Hollywood-Romanzen“ im Hinterkopf) sagen, sie sähen keine Liebesfilme.

    --

    "This is a present from a small, distant world, a token of our sounds, our science, our images, our music, our thoughts and our feelings. We are attempting to survive our time so we may live into yours." Voyager Golden Record
    #7847377  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
    -

    Registriert seit: 15.05.2005

    Beiträge: 84,916

    Ich lese im Filmforum ja nur mit, aber da komme ich gerne mal kurz aus der Deckung: Schön, dass Du jetzt auch einen Thread machst. Und „Secretary“ ist ein großartiger Film. Ich würd mir ein wenig mehr Analyse/Kritik/Einordnung wünschen, ist noch etwas viel Nacherzählung.

    --

    #7847379  | PERMALINK

    schussrichtung

    Registriert seit: 06.02.2007

    Beiträge: 17,697

    „Hinterzimmer“ klingt so schlüpfrig, weiss nicht ob hier öfters vorbei lese.

    --

    smash! cut! freeze!
    #7847381  | PERMALINK

    blitzkrieg-bettina

    Registriert seit: 27.01.2009

    Beiträge: 11,779

    The Royal Tenenbaums (Die Royal Tenenbaums), Wes Anderson, 2001

    Einer meiner absoluten Lieblingsfilme!
    Es ist die Geschichte des Royal Tenenbaum und seiner Familie, die allesamt aus Wunderkindern besteht: dem Börsenprofi Chas, dem Tennisspieler Richie und der Theaterautorin Margot, die allerdings nur eine Adoptivtochter ist, wie Royal bei jeder Gelegenheit betont. Ebenfalls zur Familie gehört Eli Cash, ein Nachbarsjunge der bei seiner strengen Tante aufwächst, und bei den Tenenbaums die Geborgenheit findet die ihm in seinem kalten Zuhause fehlen. Irgendwann beschliesst Royal Tenenbaum jedoch seine Familie zu verlassen um mit seinem indischen Diener (der ihm einst auf einem Basar vor einem Attentat rettete – er war auch der Attentäter -in ein Hotel zu ziehen. Es kommt wie es kommen muss: Die einstigen Wunderkinder werden zu lebensunfähigen Neurotikern, einzig Eli Cash wird zum gefeierten – allerdings drogenabhängigen – Westernautor. Natürlich beschliesst Royal eines Tages zu seiner Familie zurückzukehren – unter Vortäuschung einer Magenkrebserkrankung. Alles nicht so einfach, durch sein Verschwinden hatte er einen Scherbenhaufen hinterlassen, den man nicht an einem Tag wegkehren kann. Der ältere Sohn Chas sorgte sich weniger um seine Börsengeschäfte als vielmehr um die Sicherheit seiner beiden Söhne Ari und Uzi, da deren Mutter einst bei einem Unfall ums Leben kam. Der andere Sohn Richie hatte seine Tenniskarriere längst an den Nagel gehängt, er fuhr lieber mit einem Kreuzschiff um die Welt, der Kontakt zur Aussenwelt war hauptsächlich sein Falke Mordecai. Zu allem Überfluss war er auch noch unglücklich in seine Stiefschwester verliebt, die mit einem weltfremden Verhaltensforscher verheiratet war, den sie nach Strich und Faden betrügt.
    Und Mutter Tenenbaum hatte längst Gefallen an ihrem schwarzen Steuerberater gefunden.
    Ob es Royal Tenenbaum wohl gelingt seine Familie wiederzubekommen? Ihr dürft gespannt sein, seht euch den Film an!

    „The Royal Tenenbaums“ entfaltet seine Wirkung zum einen durch seine charismatischen Schauspieler – Gene Hackman als charmant-fieses Familienoberhaupt in der Rolle seines Lebens, Anjelica Huston als dessen Ehefrau, Ben Stiller als Chas, der verzweifelt versucht die Neurosen die er durch seinen Vater bekommen hat an seine Söhne weiterzugeben (die Namen Ari und Uzi sind übrigens eine Hommage an Nico) sowie die Brüder Owen und Luke Wilson als Richie Tenenbaum und Eli Cash. Nicht zu vergessen das ungleiche Ehepaar Gwyneth Paltrow und Bill Murray (Margot und Raleigh St.Clair).

    Genauso wichtig dürfte allerdings Andersons Fähigkeit sein die Familienmitglieder zwar absolut exzentrisch zu inszenieren, sie aber bei allen ihren Schrullen absolut ernstzunehmen, sich nie über sie lustig zu machen. In diesem Punkt dürften die „Tenenbaums“ einem Film wie „Secretary“ ziemlich verwandt sein.

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    Man hatte uns als Kindern das Ende der Welt versprochen, und dann bekamen wir es nicht.
    #7847383  | PERMALINK

    sonic-juice
    Moderator

    Registriert seit: 14.09.2005

    Beiträge: 10,983

    Schöne Threadidee. „Secretary“ kenne ich noch nicht, scheint ja ein Konsensstreifen zu sein – ist vorgemerkt.

    Da hier ja auch Diskussion sein soll: Aussagen wie „Auch die knisternde Erotik ist sehr subtil, in keiner einzigen Szene driftet es ins platt pornographische ab.“ machen mich eher skeptisch, das deutet so ein bischen auf ein Filmchen, bei dem auch Akademiker ohne schlechtes Gewissen feuchte Achseln und Höschen bekommen dürfen, weil ja alles gleichzeitig so schön niveauvoll ist. Stichwort ZDF Sommernachtsphantasien. Meine Sympathie in diesem Segment gilt oft eher Filmen von zwanghaften Erotomanen, die ohne Kompromisse ihre Fantasien herunterkurbeln.
    Na, jedenfalls bin ich auf „Secretary“ gespannt.

    --

    I like to move it, move it Ya like to (move it)
    #7847385  | PERMALINK

    blitzkrieg-bettina

    Registriert seit: 27.01.2009

    Beiträge: 11,779

    Herr RossiIch lese im Filmforum ja nur mit, aber da komme ich gerne mal kurz aus der Deckung: Schön, dass Du jetzt auch einen Thread machst. Und „Secretary“ ist ein großartiger Film. Ich würd mir ein wenig mehr Analyse/Kritik/Einordnung wünschen, ist noch etwas viel Nacherzählung.

    Alles klar, allerdings sind Kritik und Einordnung auch gerne von mitlesenden Foris erwünscht.

    schussrichtung“Hinterzimmer“ klingt so schlüpfrig, weiss nicht ob hier öfters vorbei lese.

    Hab ich mir durchaus was bei gedacht, wie gesagt, ich habe etwas anderes mit diesem Thread vor als mein Vorbild Scorechaser;-)

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    Man hatte uns als Kindern das Ende der Welt versprochen, und dann bekamen wir es nicht.
    #7847387  | PERMALINK

    blitzkrieg-bettina

    Registriert seit: 27.01.2009

    Beiträge: 11,779

    Sonic Juice
    Da hier ja auch Diskussion sein soll: Aussagen wie „Auch die knisternde Erotik ist sehr subtil, in keiner einzigen Szene driftet es ins platt pornographische ab.“ machen mich eher skeptisch, das deutet so ein bischen auf ein Filmchen, bei dem auch Akademiker ohne schlechtes Gewissen feuchte Achseln und Höschen bekommen dürfen, weil ja alles gleichzeitig so schön niveauvoll ist. Meine Sympathie in diesem Segment gilt oft eher Filmen von zwanghaften Erotomanen, die ohne Kompromisse ihre Fantasien herunterkurbeln.

    Ach nee, so ein Film ist das nicht, keine Sorge.

    --

    Man hatte uns als Kindern das Ende der Welt versprochen, und dann bekamen wir es nicht.
    #7847389  | PERMALINK

    schussrichtung

    Registriert seit: 06.02.2007

    Beiträge: 17,697

    Ich freue mich auf Deine Besprechung von „Bilitis“! :bier:

    --

    smash! cut! freeze!
    #7847391  | PERMALINK

    blitzkrieg-bettina

    Registriert seit: 27.01.2009

    Beiträge: 11,779

    Mit dem hamiltonschem Oeuvre bin ich noch zu wenig vertraut, tut mir leid.

    --

    Man hatte uns als Kindern das Ende der Welt versprochen, und dann bekamen wir es nicht.
    #7847393  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
    -

    Registriert seit: 15.05.2005

    Beiträge: 84,916

    Sonic JuiceStichwort ZDF Sommernachtsphantasien.

    Die Befürchtung kann ich nachvollziehen, aber so hab ich den Film damals nicht empfunden, die Charaktere waren doch recht nerdig. Und um die Charaktere geht es meiner Erinnerung nach in erster Linie, S/M ist halt ihre Art der Kommunikation.

    --

    #7847395  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 66,859

    Nein nein, „Secretary“ ist nun wirklich kein ZDF-Feuchtgebiet!
    Ein viel zu schöner Film, um in solchen Verdacht zu geraten, und viel zu abgedreht.

    --

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    #7847397  | PERMALINK

    blitzkrieg-bettina

    Registriert seit: 27.01.2009

    Beiträge: 11,779

    @Rossi, Gypsy: Aber die von mir erwähnte knisternde Erotik würdet auch ihr dem Film sicher nicht absprechen? Das er nicht auf das Niveau eines Quasi-Softpornos herabrutscht liegt doch vor allem daran wie ernsthaft sowohl Schauspieler als auch Regisseur und Drehbuchautor an die Sache herangehen, wie stark sie sich für die Figuren interessieren, für die sie soviel Empathie einbringen das es gar nicht dazu kommen kann das sie zum Vorwand für eine schmuddelige Altherrenphantasie degradiert werden.

    --

    Man hatte uns als Kindern das Ende der Welt versprochen, und dann bekamen wir es nicht.
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