Art Blakey & The Jazz Messengers

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  • #7744779  | PERMALINK

    alexischicke

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    Grandios geschrieben Gypsy! Ja mir ist schon augefallen,dass du eine Vorliebe für den Jazz der 50/60er hast und da vorallem die kleineren Besetzungen.

    Hab auch ein witziges Konzert von 58 von Blakey!

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    #7744781  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Danke für die Blumen!

    Falls es jemanden interessiert, „Cu-Bop“, „Gretsch Drum Night“ und „Golden Boy“ sind neulich in Japan auf CD wiederaufgelegt worden, z.B. bei Dustygroove kann man die wohl mit etwas Geduld kriegen (wie auch eine ganze Menge anderer jüngerer Japan-CDs aus der EMI-Label-Familie).

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #150: Neuheiten 2023/24 – 12.3., 22:00; #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #7744783  | PERMALINK

    katharsis

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    Auch wenn wir noch gar nicht so weit sind, diese Version von Dat Dere will ich niemandem vorenthalten. Ich finde man hört sehr eindrücklich, wie unterschiedlich Lee Morgan und Wayne Shorter letztlich waren aber dennoch wunderbar zusammengepasst haben. In den Soli passt eigentlich alles und der Rhythm-Support ist unglaublich gut, vor allem was Timmons und Merrit (nehme ich mal an) angeht. Timmons ist einfach eine coole Sau (entschuldigung, aber wie er sein Solo langsam aufbaut und dann mit schnellen Läufen unterfüttert und das Tempo immer mehr anzieht). Und Blakey kann man gar nicht genug überschätzen. Rhythmusmaschine!

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    "There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III
    #7744785  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Vor einigen Jahren kam ich an die Aufnahmen der ganzen Blakey/Monk-Sessions heran. Auch wenn mit ziemlicher Sicherheit die besten Takes den Weg aufs Album gefunden haben ist das doch ein Dokument, das mich fasziniert.

    Robin D. G. Kelley hat folgenden Eintrag in seiner Diskographie:

    May 14, 1957

    Capitol Studios, New York City
    Art Blakey’s Jazz Messengers with Thelonious Monk
    Personnel: Bill Hardman (tp) Johnny Griffin (ts) Thelonious Monk (p) Spanky DeBrest (b) Art Blakey (d)

    2560-1/2 Blue Monk (rejected)
    2560-3 Blue Monk (rejected)
    2560-5 Blue Monk (rejected)
    2560-6 Blue Monk (rejected)
    2560-7 Blue Monk (rejected)
    2560-8 Blue Monk (rejected)
    2560-9 Blue Monk (rejected)
    2560-10 Blue Monk Rhino R2 75598-2
    2561-1/2 Evidence (rejected)
    2561-4 Evidence Rhino R2 75598-2
    2561-5/6 Evidence (rejected)
    2561-7 Evidence (rejected)
    2561-8/9 Evidence (rejected)
    2561-10 Evidence (rejected)

    Notes: The CD Rhino R2 75598-2 is titled Art Blakey’s Jazz Messengers with Thelonious Monk. On the original release on Rhino, “Evidence” was mistakenly titled “I Mean You.”

    May 15, 1957

    Capitol Studios, New York City
    Art Blakey’s Jazz Messengers with Thelonious Monk
    Personnel: same as above

    2564-1/2 I Mean You (rejected)
    2564-3 I Mean You Rhino R2 75598-2
    2564-6 I Mean You Atlantic LP/SD1278; Rhino R2 75598-2
    2561-1-3 Evidence (rejected)
    2561-4 Evidence (rejected)
    2561-5 Evidence (rejected)
    2561-6 Evidence Atlantic LP/SD1278; Rhino R2 75598-2
    2560-1-4 Blue Monk (rejected)
    2560-5 Blue Monk Atlantic LP/SD1278; Rhino R2 75598-2
    2563 Purple Shades Atlantic LP/SD1278; Rhino R2 75598-2
    2562 Rhythm-a-ning Atlantic LP/SD1278; Rhino R2 75598-2
    2565 In Walked Bud Atlantic LP/SD1278; Rhino R2 75598-2

    Notes: Atlantic LP/SD1278, titled Art Blakey’s Jazz Messengers with Thelonious Monk, was also released on CD as Atlantic 1278-2 [CD].

    Das ist wohl nicht ganz vollständig, einige Take-Nummern wurden mehrmals verwendet (im Falle von false starts oder rasch abgebrochenen Takes), auch fehlt bei Kelley TK4 von „Blue Monk“ (in der ersten Session), ein vollständiger Alternate Take. Von „Evidence“ fehlt dann (auch ein der ersten Session) TK3, ein weiterer vollständiger Alternate Take. Auch bei „I Mean You“ (zweite Session) fehlen bei Kelley einige Take-Nummern, die ich als kurze false starts und unvollständige Takes auf meinen CDRs habe.

    Die Ausbeute an vollständigen Takes ist folgende: Von der ersten Session drei weitere Alternate Takes von „Blue Monk“ (zusätzlich zum Alternate auf der Rhino-CD), zwei weitere von „Evidence“ (zusätzlich zum Alternate auf der Rhino-CD) und von der zweiten Session noch zwei Alternates von „Evidence“ (zusätzlich zum Master).
    Der Rest des unveröffentlichten Materials beschränkt sich auf zahlreiche Breakdowns von „Blue Monk“, „Evidence“, und „I Mean You“, von den drei anderen Stücken des Albums („Purple Shades“, „Rhythm-a-Ning“ und „In Walked Bud“) ist leider nichts weiteres überliefert.
    Das spannende an der Sache ist aber auch weniger, die Alternates zu hören, sondern einen Einblick zu kriegen, wie die Session abläuft, wie sich die Tempi ändern, wie Themen verhauen, Töne verpasst, Unsicherheiten ausgebügelt werden, wie sich die Ideen der Solisten entwickeln, vor allem Hardmans Spiel etwas an Sicherheit gewinnt (Griffin klingt eigentlich stets souverän).

    Ein paar Wochen davor, am 25. April 1957, wurden Blakeys Messengers in ihrer Sextett-Version im Blue Note in Philadelphia mitgeschnitten:

    Art Blakey’s Jazz Messengers
    Philadelphia, PA (USA), Blue Note
    April 25, 1957

    Bill Hardman – trumpet
    Jackie McLean – alto sax
    Johnny Griffin – tenor sax
    Sam Dockery – piano
    Spanky DeBrest – bass
    Art Blakey – drums

    1. The Theme (8:33) [cuts in]
    2. Off the Wall (21:38) [cut]
    3. Stella By Starlight (14:02)
    4. A Night in Tunisia (16:08) [cut]

    TT: 60:25
    Source: SBD Reel (?)

    McLean, Hardman und Griffin sind alle in starken Soli zu hören, dass die Stücke so lang dauern ist eine kleine Überraschung, die zeigt, dass die Musik auf den Alben kaum dem entspricht, was die Messengers damals an ihren Auftritten boten.
    Die langen Soli sind sicher nicht grundsätzlich besser, eher anders. Sie erlauben den Musikern, Ideen zu entwickeln, geben ihnen Raum – und das nutzen alle aus. Blakey geht im Mix ziemlich unter, DeBrest ist oft nur vage zu spüren. Das Highlight des Sets ist erwartungsgemäss das leider unvollständige „A Night in Tunisia“ mit einem sehr tollen Drums+Perkussion-Intro.

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    #7744787  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    If you feel like pattin‘ your feet, pat your feet, ’n If you feel like clappin‘ your hands, clap your hands, ’n if you feel like takin‘ off your shoes, take off your shoes. We are here to have a ball. So we want you to leave your worldly troubles outside and come in here and swing, ladies and gentlemen!

    ~ Lee Morgan, Ansage zu „Close Your Eyes“ auf Art Blakey & The Jazz Messengers at the Jazz Corner of the World, Vol. 1, Blue Note BLP 4015

    Im Frühjahr 1959 nahmen die Messengers als erstes Mal Benny Golsons Musik für einen seltsamen, aber toll gemachten Animationsfilm über sicheres Autofahren mit deutlichem christlichen Einschlag auf, Stop Driving Us Crazy – der ganze Film ist auf Youtube zu sehen (LINK). Ein Spion vom Mars kommt auf die Erde, um diese auszukundschaften, weil auf dem Mars der Sauerstoff ausgehe…

    Vom 7. bis 13. Januar spielen die Messengers in Chicago im Sutherland Hotel. Das war wohl Golsons letzter Auftritt mit der Band (Morgan war wegen Lungenentzündung abwesend). Beim nächsten Gig im Apollo in Manhattan (6. bis 12. Februar) war wohl Hank Mobley zurück.

    In dieser Version ging die Gruppe am 8. März ins Studio von Rudy Van Gelder – eine unveröffentlichte Blue Note Session:

    Art Blakey And The Jazz Messengers
    Lee Morgan (tp) Hank Mobley (ts) Bobby Timmons (p) Jymie Merritt (b) Art Blakey (d)
    Rudy Van Gelder Studio, Hackensack, NJ, March 8, 1959

    tk.5 Jimerick Blue Note rejected
    tk.10 Quick Trick –
    tk.14 Hipsippy Blues –
    tk.15 M And M –
    tk.19 Close Your Eyes –
    tk.21 Just Foolin‘ –

    Ausser den ersten beiden Stücken wurde diese Musik fünf Wochen später live im Birdland mitgeschnitten.

    Am 29. März fand dann eine der eigenartigsten Sessions in Blakeys Karriere statt: im Duo mit Paul Chambers nahm er für Blue Note zwei Stücke auf, Irving Berlins „I’ve Got My Love to Keep Me Warm“ (erstmals auf einer Blue Note Compilation-CD unter dem TItel „Blue Berlin“ erschienen) und „What Is This Thing Called Love“. Beide Stücke sind auf der Connoisseur-CD „Drums Around the Corner“ sowie auf dem Mosaic Select von Paul Chambers zu hören. Die Musik ist sehr schön, ich würde gerne mehr davon hören! Chambers‘ sicheres Spiel (pizzicato auf dem Berlin-Stück, arco bei Porter) und Blakeys tolle Begleitung lassen jedenfalls nichts vermissen!

    Die beiden Duos waren wohl ein Nebenprodukt der Sonny Clark-Session, die am selben Tag in Van Gelders Studio stattfand. Sie wurde mit einiger Verspätung als GXF 3056 unter dem Titel „My Conception“ veröffentlicht und brachte Blakey und Mobley mit ihrem alten Kollegen Donald Byrd sowie Chambers und Clark zusammen.

    Gemäss der Lee Morgan Chronologie (S. 26) wurde Hank Mobley im Frühjahr mal verhaftet – ich weiss dazu nichts.

    Am 15. April 1959 entstanden nach über fünf Jahren Blakeys zweite Live-Aufnahmen für Blue Note im New Yorker Birdland. Zwei Volumes von Art Blakey and the Jazz Messengers at the Jazz Corner of the World (BLP 4015/16) waren das Resultat. In ihrer Bedeutung reichen diese Aufnahmen nicht an die 1954er mit Clifford Brown und Horace heran, für mich persönlich zählen sie aber zu den schönsten Blakey-Aufnahmen, auch weil sie das längste und beste Dokument aus der kurzen Zeit von Hank Mobleys Rückkehr in die Messengers sind und dieser im Frühjahr 1959 in sehr guter Form war und mit Morgan eine perfekte Frontline bildete (die beiden nahmen über Jahre hinweg immer wieder gemeinsam für Blue Note auf).

    Pee Wee Marquette kündet die Band an und die die legt mit Mobleys „Hipsippy Blues“ los, einer klassischen Hardbop-Nummer mit absteigenden Akkorden und typischen Stakkato Effekten. Mobley soliert als erster, funky, voller überraschender Wendungen, Blakey feuert ihn von Beginn mit einem fetten Backbeat an, Merritt walkt mit grossen Sound, oft mehr gespürt als gehört, und Timmons wirft sparsam mal harte, mal weiche Akkorde ein. Morgan folgt – er war damals erst 21 Jahre alt aber bereits absolut Herr über sein Instrument und auch in der Lage, mit seiner stupenden Technik musikalisch umzugehen, sie zu zügeln, effektvolle Soli zu blasen. Wie er seine Ideen entwickelt, auch über die Grenzen der einzelnen Chorusse hinaus verfolgt, wie er in double time fällt und wieder zurück findet, über stotternde Motive aus rasanten Läufen in einfache funky Figuren wechselt, das ist sehr toll gemacht. Timmons‘ Spiel verdichtet sich zunehmend und sein Solo wächst fast bruchlos aus Morgans hinaus.
    Monks „Evidence“ folgt, wie üblich bei Blakey unter dem alternativen Titel „Justice“. Morgan spielt das erste Solo, sehr effektvoll und intensiv, aber er fliegt eher über das Stück hinweg als dass er hineintaucht. Mobley hingegen greift in die vollen, taucht in Monks Welt ein – es wäre bestimmt spannend gewesen, zu hören, wie er in Monks Quartett jener Zeit geklungen hätte! Timmons und Blakey gehen mit ihm mit, die Begleitung ist seines Solos würdig. Timmons folgt mit einem kurzen Solo, Merritt walkt einen Chorus, dann folgt Blakey (mit einigen tollen triolischen Rhythmen gegen Ende). Mit einer zweiminütigen Version „The Theme“ endet das erste Viertel der Aufnahmen (es werden vier zwanizigminütige Sets suggeriert). Timmons ist der Solist, Pee Wee Marquette sagt die Gruppe ab, dann folgen arrangierte Shout-Chorusse und ein paar Takte von Blakey.
    Nach Morgans oben zitierter Ansage beginnt das zweite Viertel mit „Close Your Eyes“. Die Bläser sind im Thema sehr hübsch arrangiert, umspielen die Melodie fast zärtlich. Morgan spielt das erste Solo, voll mit Ideen und nahe am Thema in der ersten Bridge. Wie er kleine Motive spinnt, variiert, aus nichts scheinbar endlos Ideen bezieht, das beeindruckt mich immer wieder! Mobley folgt, im Gegensatz zu Morgans hartem, attackenreichen Solo spielt er getragen, legato. Leonard Feather findet in seinen Liner Notes, Timmons folge mit seinem besten Solo der Platte – seine Artikulation ist glasklar, sein Anschlag hart, seine Linien funky, und Blakey hält sich sehr zurück mit seiner Begleitung, swingt wie wild aber lässt Timmons dabei sehr viel Raum.
    Mit Mobleys „Just Coolin'“ (von Blakey als Foxtrot angesagt) endet dann das erste Album. Das Stück war auf Mobleys erstem Blue Note 25cm-Album zu hören (gespielt von den Original-Messengers ohne Dorham). Vor den Soli von Mobley und Morgan wird eine kleine Ensemble-Figur gespielt, das Stück ist überhaupt sehr effektvoll arrangiert. Die zweite Seite des ersten Albums ist wohl die nachdenklichste der ganzen Aufnahmen.
    Volume 2 beginnt mit einem tollen Gospel-Original von Ray Bryant (mit äusserst weltlichem Titel): „Chicken an‘ Dumplins, meiner Lieblingsnummer der beiden LPs. Morgan und Mobley spielen das Stakkato-Thema im Unisono, die Bridge kontrastiert dann mit einer absteigenden fliessenden Linie. Mobley spielt das erste Thema, Timmons bleibt in der Akkord-Begleitung vom Thema und trägt Mobley komfortabel durch sein Solo, das sehr direkt und einfach gemacht ist aber doch auch Raum für ein paar seiner typischen verspielten Figuren und raffinierten harmonischen Tricks lässt. Morgan folgt, setzt gleich mit einem half valve Effekt ein. Sein Solo ist fast karg, sehr funky – wie auch Timmons‘ Solo, das in einem Groove bleibt, den wir von Ray Bryant kennen. Die Bläser riffen dann, Timmons‘ Figuren beginnen zu rollen, für einen Moment könnte man fast glauben, im anderen off shoot der Messengers zu sein, dem Horace Silver Quintett. Aber dann kommt kurz Blakey und alles ist klar. Das Thema wird repetiert und aus…
    Mobleys „M & M“ (Mobley und Morgan) folgt. Blakey kocht in diesem schnellen Tempo, Mobley spielt das erste Solo, das Highlight kommt dann von Morgan, melodisch und voller Selbstvertrauen und Sicherheit. Auch Timmons kommt mit dem Tempo prima zurecht, Blakey streut bei ihm wie bei den Bläsern tolle Fills in seine Begleitung. Blakey steht dann auch im Mittelpunkt einer Reihe von 8er und 4er Austäuschen mit den Bläsern.
    Dann folgt eine weitere der raren Fremdkompositionen, Randy Westons „Hi-Fly“. Weston hatte das Stück anscheinend 1958 am Newport Jazz Festival einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt, Melba Liston hat das Arrangement für die Messengers beigesteuert. Morgan und Mobley sind etwas zurückhaltender als üblich, Timmons klingt hier ein wenig nach Bud Powell. Auch Blakeys Fills im Ensemble, das folgt, sind voller Understatement (und Witz). Merritt spielt die Bridge am Ende, Morgan und Mobley hängen jeweils nur von Timmons begleitete eine Art Coda im Rubato an, dann folgt nochmal ein Teil des Themas – sehr schönes Arrangement, ausgeklügelter als das meiste, was die Messengers sonst spielten. Zum Ende folgt eine nicht auf dem (CD-)Cover verzeichnete kurze Version von „The Theme“.
    Mit einer ausgewachsenen Version von „The Theme“ beginnt die letzte Albumseite. Das Stück wird eine Spur langsamer angegangen als in den kurzen Versionen, Morgan soliert als erster, Blakey hält sich zu Beginn noch zurück, glänzt aber bald schon mit einer dichten, swingenden Begleitung. Mobley folgt, Blakey kocht und überschäumt förmlich vor Spielfreude. Auch Timmons folgt mit einem heissen Solo, gegen Ende von den Bläsern begleitet.
    Das letzte Stück der Aufnahmen ist Gildo Mahones‘ „Art’s Revelation“. Das Thema ist halsbrecherisch, aber Merritt walkt stabil und scheinbar mühelos. Mit tollen Soli von Morgan, Mobley und Timmons und grossartigem Spiel von Blakey als Begleiter wie auch als letztem Solisten endet diese hervorragende Aufnahme.

    Am 4. Juli 1959 spielen die Messengers noch immer mit Mobley am Newport Jazz Festival:

    Art Blakey and the Jazz Messengers
    Newport Jazz Festival
    Newport, RI (USA), Freebody Park
    July 4, 1959

    Lee Morgan – trumpet
    Hank Mobley – tenor sax
    Bobby Timmons – piano
    Jymie Merrit – bass
    Art Blakey – drums

    1. M & M 9:36
    2. Close your Eyes 9:58
    3. Moanin‘ 10:55
    4. A Night in Tunisia 10:31

    TT: 41:01

    Das Konzert wird aufgezeichnet und ausgestrahlt. Wir haben hier die Gelegenheit, eine neue Version von „A Night in Tunisia“ zu hören, die einiges schlanker geraten ist (mit der „second edition“ dauerte meist schon das Drums/Perkussions-Intro sechs bis sieben Minuten). Ebenfalls hören wir, was Mobley mit Timmons‘ „Moanin'“ anstellt und haben erneut die Gelegenheit, „M & M“ und „Close Your Eyes“ (das einzige ruhigere Stück dieses treibenden Sets) zu hören.

    Die Messengers spielten weitere Engagements in dieser Besetzung. Am 24. Juli in Toronto tauchte Mobley jedoch nicht auf und der Name Wayne Shorter findet Eingang in die Geschichte der Band – der entsprechende Eintrag der Morgan Choronologie (S. 28):

    Jul 24 (Fri)
    Toronto, Canada

    2:30 p.m. CNE Grandstand. First Canadian Jazz Festival. Hank Mobley fails to make the gig and Morgan petitions Wayne Shorter, who is at the festival with Maynard Ferguson, to join the band. Shorter does not join the band on this occasion but joins a week later at the jazz festival in Indiana.

    Zuerst fanden aber am 28. und 29. Juli im Nola Studio in New York die Sessions für den Soundtrack von Roger Vadims Les Liaisons Dangereuses statt, an denen eine weitere Überraschung stattfand: Barney Wilen spielte anstelle von Mobley.
    Es war erneut Marcel Romano, der die Musik für Vadims (mittelprächtigen) Film organisierte. Thelonious Monks Quartett war im Film ebenfalls zu hören, auf der LP erschien aber nur Blakeys Teil. Sieben der zehnt Stücke wurden von den Messengrs mit Wilen gespielt, die zwei Takes von Duke Jordans „No Hay Problema“ (der Latin-Version seines „No Problem“, von dem ebenfalls zwei Takes eingespielt wurden) entstanden mit Blakey and the Afrocuban Boys (Timmons, Merritt, Blakey, John Rodriguez an Bongos sowie Tommy Lopez und William Rodriguez beide an Congas). Das Highlight der Sessions ist das Stück „Prelude in Blue“, das Wilen im Quartett mit Duke Jordan am Piano sowie Merritt und Blakey präsentiert – am Sopransaxophon.

    Weitere Details von Romano aus einem Interview, das im März 1988 aufgenommen und für die Liner Notes der CD-Ausgabe von 1988 (zweites Cover) ausgeschlachtet wurden:

    The very first project for „Les liaisons dangereuses“ was to record Thelonious Monk in Paris during a tour that in fact had to be cancelled. So I had to go to New York with the screenplay and precise timings for each scene so I could organise the recording at Nola’s studio. Part of the music was recorded by Monk with Sam Jones on bass, Art Taylor on drums, and Charlie Rouse and Barney Wilen on tenor saxes.
    You can hear this session in the film but it was never issued on record. The second part, which appears on this CD, was recorded over the two days following the session with Thelonious Monk.
    For most of the titles, the musicians are Art Blakey’s Jazz Messengers, with Barney Wilen on tenor. Barney, who had just come back from Newport, where he’d appeared with Toshiko Akiyoshi and Roy Haynes [und wo Blakey ihn wohl gehört hat], was temporarily in the band, between Benny Golson [bzw. Hank Mobley] and Wayne Shorter. The titles recorded by the group became the soundtrack to the party-scenes at Miguel’s, where you can see the quintet of Kenny Dorham, Duke Jordan and Barney Wilen onscreen [die Band, mit der Wilen sein grossartiges Album „Barney“ wie auch den Soundtrack zu „Un témoin dans la ville“ eingespielt hat].
    So it’s not Kenny Dorham you can hear, but Lee Morgan and it’s the same with the rest of the band. Barney had moved over to soprano saxophone a few months before, and he’d created a unique style on the instrument. It’s important to note that in this respect he was a real innovator, for John Coltrane didn’t record on soprano for another year, and Steve Lacy was still in the background.
    Duke Jordan had been very active in the preparation of these sessions, but he only recorded „Prelude in Blue.“
    The Afro Cuban Boys only existed as such for the duration of this session.

    ~ Marcel Romano, Liner Notes zu „Art Blakey – Les Liaisons Dangereuses“, Fontana CD 1988

    Duke Jordan hat seine Musik drei Jahre später dann auch noch selber aufgenommen, sie erschien zuerst auf einer LP bei Parker Records, später bei Collectables auch auf CD (LINK), ich kenne sie bisher allerdings nicht. Jordans Sidemen waren Sonny Cohn (t), Charlie Rouse (ts), Eddie Kahn (b) und Art Taylor (d).

    Wilen klingt funky, hat überhaupt kein Problem damit, in so exzellenter Gesellschaft zu spielen. Sein Ton am Tenor klingt zwar wie immer biegsam und beweglich aber auch körnig und eine Spur härter als auf seinen ganz frühen Aufnahmen. Wir hören insgesamt wie gesagt viermal Duke Jordans „No Problem“, zweimal in einer Latin Version mit Timmons‘ Piano im Zentrum, zweimal im Quintett als typische Messengers-Nummer. Jordan selbst begleitet Wilen auf „Prelude in Blue“ am Piano. Wilens Ton am Sopran ist weich und geschmeidig, klingt eher so wie später Lucky Thompson am Sopran klingen sollte als nach Coltrane. Jordans eigenes Pianosolo passt perfekt, auch er spielt weicher, musikalischer, pianistischer als Timmons. Auch „Valmontana“ ist in zwei Takes zu hören, von wem es stammt weiss ich nicht, offiziell sind alle Tracks einem Jacques Marray zugeschrieben. „Miguel’s Party“ ist dann eine typische Gospel-Nummer, könnte von Timmons sein. Die zweite Version von „Prelude in Blue“ wird dann von den Messengers mit Wilen am Tenor gespielt. Wie „Miguel’s Party“ ist auch das kurze „Weehawken Mad Pad“ nur einmal zu hören, es bleibt aber mit unter zwei Minuten Dauer eine Skizze.

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    #7744789  | PERMALINK

    katharsis

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    gypsy tail windIm Frühjahr 1959 nahmen die Messengers als erstes Mal Benny Golsons Musik für einen seltsamen, aber toll gemachten Animationsfilm über sicheres Autofahren mit deutlichem christlichen Einschlag auf, Stop Driving Us Crazy – der ganze Film ist auf Youtube zu sehen (LINK). Ein Spion vom Mars kommt auf die Erde, um diese auszukundschaften, weil auf dem Mars der Sauerstoff ausgehe…

    Vielen Dank für die neuen Texte, ganz besonders aber für den Hinweis auf den Cartoon!!
    Ich bin dieses Wochenende immerhin mal wieder dazu gekommen, „Kyoto“ mit den Messengers zu hören. Bin gespannt, wie es mit Deinen Höreindrücken weitergeht.

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    "There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III
    #7744791  | PERMALINK

    alexischicke

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    Beiträge: 1,776

    Gefallen dir die Messengers der 50 oder der 60er Jahre,Gypsy?

    Alex

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    #7744793  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Beide natürlich… 1954/55 und dann 1958-1964 ist alles mindestens gut, fast alles sehr gut, einiges hervorragend. Danach kenn ich nicht mehr so viel, die Limelight-Alben sind nicht die besten, viel zu produziert, zuwenig Raum – entsprechen wohl auch viel weniger als die Blue Notes demjenigen, was die Messengers jeweils live abgeliefert haben.

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    #7744795  | PERMALINK

    alexischicke

    Registriert seit: 09.06.2010

    Beiträge: 1,776

    Das Album Soul Finger ist doch von Limelight?

    Ich mag das Album weil so einen schönen fetten Sound hat!

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    #7744797  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Ja, „Soul Finger“ ist neben „‚S Make It“ das einzige Limelight-Album, das ich bisher kenne. Es ist in Ordnung, aber ich denke es kommt grad knapp an die schwächsten Blue Note Alben heran, viel mehr nicht.

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    #7744799  | PERMALINK

    alexischicke

    Registriert seit: 09.06.2010

    Beiträge: 1,776

    Aber es ist doch insgesamt ein solides Jazzalbum.Blakey hat dort auch schöne Einlagen.

    Machst du auch seine Impulse Alben?

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    #7744801  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Die Impulse-Alben mag ich, ja – aber ich höre sie auch eher auf der schwächeren Seite.
    Blakeys Messengers haben besonders in den Quintett (Morgan-Shorter-Timmons/Davis-Merritt) und Sextett (Hubbard-Fuller-Shorter-Walton-Workman) Line-Ups jener Jahre sehr konstant gearbeitet und mich dünkt das Impulse-Album (das zwar reizvoll ist, weil Fuller mit dem früheren Quintett Line-Up mitspielt… es gab dann am Ende nochmal so ein Album, das sehr tolle „Indestructible“, als Morgan wieder an Hubbards Stelle spielte) etwas weniger ausgereift als die meisten Blue Notes.
    „A Jazz Message“ mit Stitt ist eine nette Abwechslung, aber kein essentielles Blakey-Album.

    Ich mach übrigens irgendwann hier weiter mit meinen Posts, aber derzeit hör ich anderes. Die Blakey-CDs sind allerdings in Griffweite und die Olympia Konzerte von 1961 sind unterwegs, die scheinen hervorragend zu sein und ich hab sie bisher noch nicht gehört. Die nächste Phase werden aber die Messengers mit Walter Davis sein und deren Europa-Tour Ende 1959.

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #150: Neuheiten 2023/24 – 12.3., 22:00; #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #7744803  | PERMALINK

    alexischicke

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    Hab nur ein Impulse Album von ihm werde mir das mal anhören.

    Ja tut mir leid,will dir dein Konzept hier nicht zerstören.

    Mein Lieblingsalbum von ihm ist „Moanin“ wohl ein richtiger Jazzklassiker.Besonders die Bläsersätze konnte er auch sehr gut einsetzen.

    Aber er endeckte auch viele großartige Musiker.

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    #7744805  | PERMALINK

    alexischicke

    Registriert seit: 09.06.2010

    Beiträge: 1,776

    Das Album „Urgetsu“ soll vier Bonustracks haben.Hat von euch jemand diese neue Fassung gekauft?

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    #7744807  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
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    alexischickeDas Album „Urgetsu“ soll vier Bonustracks haben.Hat von euch jemand diese neue Fassung gekauft?

    Die Scheibe heisst „Ugetsu“ und #9 der neuen OJC-Remasters CD ist neu, „Conception“ (jazzecho.de). Die ältere OJCCD enthielt auch schon Bonustracks (hier).

    Ich habe sie noch nicht, aber da ich die ältere in der ZYX 20bit Version habe, wäre ein Upgrade sicher nicht falsch!

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