Die Arrangeure des Jazz

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    gypsy-tail-wind
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    Ich habe diesen und die beiden folgenden Posts aus dem Hör-Tagebuch hier reinkopiert und etwas gekürzt:

    Schwieriger zu beantworten wäre z.B. wer hinter den „Quincy Jones-Arrangements“ stand.

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
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    #7536689  | PERMALINK

    thelema

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    gypsy tail windSchwieriger zu beantworten wäre z.B. wer hinter den „Quincy Jones-Arrangements“ stand.

    Sagt mir nichts. Klär mich mal auf.

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    Now, when the day goes to sleep and the full moon looks / The night is so black that the darkness cooks / Don't you come creepin' around ‒ makin' me do things I don't want to
    #7536691  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    ThelemaSagt mir nichts. Klär mich mal auf.

    „The guys known as Quincy Jones“ – das sind, ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Billy Byers (lange Zeit der wichtigste Mann im Schatten), Don Sebesky, Thad Jones („Tea for Two“ auf dem „Ella & Basie“ Verve-Album!?), Rod Temperton (taucht z.B. bei „Off the Wall“ auf), Marvin Kibble, Jerry Hey … will sagen, nach seinen Anfängen als Arrangeur und im Zuge seines Wandels zum Produzenten setzte Q seinen Namen immer öfter auf Charts, die andere geschrieben haben. Aber wann das anfing weiss ich so genau nicht, wohl schon in seiner phantastischen Big Band Anfang der 60er. Immerhin sass da direkt neben Billy Byers in der Posaunen-Section auch noch Melba Liston … hier Chris Albertson über Q/Melba/Bobby Scott, Irving Mills/Duke Ellington, Milt Gabler und ein paar andere:
    http://stomp-off.blogspot.no/2010/08/in-reviewing-one-of-bobby-scotts-albums.html

    Zur Illustration passt erneut das hier:

    PS: Walter „Gil“ Fuller scheint möglicherweise der noch schlimmere Finger gewesen zu sein, Les Baxter mag auch in die Schublade gehören (mit Nelson Riddle im Hintergrund)

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #7536693  | PERMALINK

    alexischicke

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    Beiträge: 1,776

    Nelson Riddle hat Maßstäbe gesetzt beim arrangieren, sein Markenzeichen war dieser Herzrhytmus.

    Quincy Jones ist ein guter musikalischer Leiter aber kein guter Arrangeuer, die jazzigsten Arrangements kamen von Bill Byers.

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    #7536695  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Gunther Schuller ist am Sonntag gestorben:
    http://www.newmusicbox.org/articles/gunther-schuller-dies-at-89/?utm_campaign=coschedule&utm_source=facebook_page&utm_medium=NewMusicBox&utm_content=Gunther+Schuller+Dies+at+89
    http://www.nytimes.com/2015/06/22/arts/music/gunther-schuller-composer-who-synthesized-classical-and-jazz-dies-at-89.html?_r=0

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #9979673  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Aus dem Hörtagebuch ausgelagert:

    Friedrich … Aber bei Nelson ist in meiner Erinnerung meist höchste Vorsicht geboten. Der hat ja sogar ein ganzes Thelonious Monk-Album versaut. Oder Jimmy Smith, der hat ja auch Aufnahmen mit Lalo Schifrin gemacht, die sind toll. Aber wenn draufsteht „Arranged by Oliver Nelson“: Finger weg!

    Das ist jetzt hoffentlich nur der Unwissenheit geschuldet! Ernsthaft, ich möchte gerade ein berlinerisch-fadengrades „Sag mal spinnst Du?!“ raushauen!

    Das erste Verve-Album Smiths stellt jedes Schifrin-Album in den Schatten (und ich mag „The Cat“ seeeerhr gerne! Oder auch die Sachen mit Dizzy Gillespie) und ist auch besser als viele von Smiths Blue Note-Alben.

    Zudem hat Nelson – auch als Arrangeur – eine ganze Reihe toller Alben eingespielt. Wer davon die Finger lässt, ist selber Schuld :-)

    Alle diese Arrangeure waren auch (teils in erster Linie) Lohnarbeiter, die quasi im Akkord gearbeitet haben. Auch Nelson, der gewiss einige Dinge in den Sand gesetzt hat. Aber er hat eben auch Alben gemacht, von denen praktisch alle Arrangeure des Jazz nur träumen können. Und ich meine jetzt explizit nicht nur „Blues and the Abstract Truth“ und andere Small Group-Alben. Die Frage ist halt, ob Nelson zuviel gemacht,,zuvieke Aufträge angenommen hat, zu schnell gearbeitet hat – seine Hinterlassenschaft ist ja trotz frühem Ableben gross, von Konstanz kann man nicht wirklich reden. Aber von Schlock wie ihn ein Sebesky üblicherweise verantwortet hat, eigentlich auch nie … irgendwelche spannenden Ideen findet man immer, selbst auf dem Monk-Album.

    Wir hätten hier ja einen Thread über Arrangeure, vielleicht verschiebe ich das später mal dorthin.

    _____

    weiterhin aus dem Hörtagebuch (ein kopierter halber Post):

    gypsy tail wind … ein anderer Aspekt, der zu beachten ist bei diesen Alben (seien es welche von Smith oder Montgomery oder wem auch immer): der Wechsel zu Verve, das ja gerade von MGM übernommen wurde, ermöglichte solche opulenten Produktionen (für das Evans/Ogerman-Album z.B. gab es vier Sessions, mit Orchester, vielleicht noch Overdub-Sessions dazu). Blue Note oder andere der damals teils schon darbenden Indies konnten sich sowas nur selten mal leisten: Nelson hat mit „Joyride“ auch für Stanley Turrentine ein tolles Album arrangiert – beste Version von „River’s Invitation“? … bei Verve gab es hie und da Big Band Alben (Ray Brown feat. Cannonball Adderley), auch bei Riverside (ebenfalls Adderley, oder auch Wes Montgomery mit Streichern) kam sowas mal vor, aber Bethlehem z.B. hatte sich ja mit der opulenten Einspielung von „Porgy & Bess“ übernommen und ging daran zugrunde … sowas wollten und konnten Alfred Lion oder auch Orrin Keepnews gewiss nicht riskieren und so zogen eben gerade die Musiker, die den Crossover-Erfolg suchten, weiter … andere blieben und scheiterten daran (oder trotzdem) (in denke da z.B. an Grant Green, der ja den Erfolg suchte aber nicht wirklich fand, und darob auch musikalisch irgendwie abhanden kam, so halb wenigstens). Und anderso gingen ja ganze Label zugrunde auf diesem Pfad (World Pacific mit Chet Baker Plays Beatles und Bud Shank Plays Stones und all dem seichten Blödsinn – da gibt es wirklich ganz übles Zeug).

    Wenn ich ab und zu generelle Vorbehalte äussere, so liegt das auch daran, dass mein Interesse für solche Experimente (die ja oft auch oder eher Anbiederungen waren) sich in Grenzen halten, dass ich in den meisten Fällen die schnörkellosen Jazz-Alben aus der Zeit davor viel mehr schätze. Das ist bei Montgomery ganz klar so, bei Smith bin ich etwas gespalten … von beiden gab es bei Verve hervorragende Aufnahmen aber eben auch geschlecktes Mittelmass, mit grosser Kelle angerichtet (fiel mir am Wochenende zum ersten Mal auf: in der Montgomery-Box sind tatsächlich die Chart-Positionen – Jazz, Pop, R & B – angegeben … und in vielen Fällen ging so gesehen die Rechnung von Creed Taylor wohl auf – besser werden die Alben dadurch nicht und das Phänomen mit dem hübschen weissen Mädchen auf dem Cover wurde auch nicht umschifft).

     

    zuletzt geändert von gypsy-tail-wind

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #9980195  | PERMALINK

    vorgarten

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    so oder so, man kann über diese ganzen arrangement- und veredelungsstrategien im jazz nur reden, wenn man den ökonomischen aspekt berücksichtigt, insofern finde ich gypsys hinweis zur finanzkraft von verve sehr wichtig. als ogerman geld und reputation genug hatte, hat er mit den veredelungsjobs ja auch aufgehört und klassik geschrieben.

    meine „hits“, wenn ich an streicherarrangements denke, die ich tatsächlich ambitioniert finde, wären dann sowieso eher jean-claude vannier bei gainsbourg oder gabriel yared bei mina, letzterer hat dann später tatsächlich „großes“ kino gemacht (der englische patient usw.). im jazzbereich finde ich gary mcfarland einen spezialfall, aber auch johnny mandel sollte man bei streichern auf dem schirm haben, nicht nur wegen UNFORGETTABLE oder dem späten shirley-horn-album.

    interessant, dass diese jazz&pop-veredelungsnummer zu der zeit immer über brasilien läuft, und da haben ogerman, yared und andere glaube ich mehr begriffen als sebesky, was den zusammenhang von atmosphäre und rhythmus, fläche und punktierung angeht. aber, wie gesagt: ich müsste mehr kennen, um mehr zu wissen.

    ein bisschen schwierig finde ich die begriffsverwenung von „schnörkel“ bzw. „schnörlellos“. das konstruiert natürlich immer ein „dazu“, das man auch weglassen könnte. aber was wäre „bumping on sunset“ tatsächlich ohne die streicher? ein ziemlich klischee- und formelhafter bossa. und auch bei solch irrlichternden projekten wie alices überschichtung von coltrane-improvisationen fällt es mir mittlerweile schwer, die schichten separat zu hören.

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    #9980259  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    vorgartenso oder so, man kann über diese ganzen arrangement- und veredelungsstrategien im jazz nur reden, wenn man den ökonomischen aspekt berücksichtigt, insofern finde ich gypsys hinweis zur finanzkraft von verve sehr wichtig. als ogerman geld und reputation genug hatte, hat er mit den veredelungsjobs ja auch aufgehört und klassik geschrieben.

    Ogerman kam aber schon vom Jazz her … er begann als Gebrauchspianist (bei Greger glaube ich?) und wollte zum Jazz. Von da zog es ihn dann wohl weiter. Ich weiss auch zuwenig, also auch nicht, ob er durch diese Arrangements erst hin zur Klassik fand?

    vorgartenmeine „hits“, wenn ich an streicherarrangements denke, die ich tatsächlich ambitioniert finde, wären dann sowieso eher jean-claude vannier bei gainsbourg oder gabriel yared bei mina, letzterer hat dann später tatsächlich „großes“ kino gemacht (der englische patient usw.). im jazzbereich finde ich gary mcfarland einen spezialfall, aber auch johnny mandel sollte man bei streichern auf dem schirm haben, nicht nur wegen UNFORGETTABLE oder dem späten shirley-horn-album.

    Mit „Unforgettable“ meinst Du tatsächlich das Natalie Cole-Album? Ich glaube wir hatten es davon ja schon einmal (nach ihrem Tod)? Habe bisher nicht das Bedürfnis, das Ding mal wieder zu hören (zuletzt in den späten 90ern) … kaufte aber (auch nach ihrem Tod) „Ask a Woman Who Knows“, das zumindest respektabel ist (arr. Alan Broadbent und Rob Mounsey, ein Stück glaub ich von John Clayton). Aber das Shirley Horn-Album mag ich unheimlich gerne!

    Aber gut, v.a. erinnerst Du mich daran, dass ich endlich mal die beiden umfangreichen Mina-Compilations hören sollte, die ich vor geraumer Zeit gekauft habe (sie standen neulich sogar mal länger griffbereit aber wanderten dann doch wieder ins Regal zurück).

    vorgarteninteressant, dass diese jazz&pop-veredelungsnummer zu der zeit immer über brasilien läuft, und da haben ogerman, yared und andere glaube ich mehr begriffen als sebesky, was den zusammenhang von atmosphäre und rhythmus, fläche und punktierung angeht. aber, wie gesagt: ich müsste mehr kennen, um mehr zu wissen.

    Das mit Brasilien stimmt, ja. Auf Getz with Voices gibt es auch Bossa-Annäherungen von Ogerman selbst, aber das wiegt ca. ein Gramm (weniger als eine Seele jedenfalls). Ich kann zu Yared oder Sebesky nichts sagen, habe beider Werk nie bewusst gelauscht, womit wir zum nächsten Punkt kommen:

    vorgartenein bisschen schwierig finde ich die begriffsverwenung von „schnörkel“ bzw. „schnörlellos“. das konstruiert natürlich immer ein „dazu“, das man auch weglassen könnte. aber was wäre „bumping on sunset“ tatsächlich ohne die streicher? ein ziemlich klischee- und formelhafter bossa. und auch bei solch irrlichternden projekten wie alices überschichtung von coltrane-improvisationen fällt es mir mittlerweile schwer, die schichten separat zu hören.

    Ich nehme das wohl immer noch oft so wahr, also als Schnörkel, als nachträgliche Hinzufügung, die ich generell überflüssig finde … das ist meine Bauch-Reaktion, ein Überbleibsel meines rigorosen einstigen Teenager-Selbst, das sofort „Kommerz!“ geschriehen hätte. Der Kopf weiss es inzwischen besser und der Bauch ist längst dran, ihm zu folgen, aber die kritische Grundhaltung werde ich wohl nie los (will ich auch nicht). Das „dazu“ und das „weg“ sind aber schon interessante Punkte – Montgomery konnte ja nicht Noten lesen, Pate brachte es beim ersten Verve-Album fertig, ihn in eine Stimmung zu bringen, dass er sich nicht einschüchtern liess von all den Cracks im Studio, beim zweiten Album gab Sebesky dann auf und nahm zunächst nur mit der Rhythmusgruppe auf. Ob diese Tracks so schon vollständig gewesen wären weiss der Geier, aber Sebesky ergänzte dann quasi im Dialog mit den existierenden Spuren den Rest … andere Beispiele wären „Blue Rose“, Clooney war nie mit Ellington im Studio. Oder das eine späte Verve-Album von Antia O’Day, wo der Dialog mit den Bläsern in den fours nur halb funktioniert, weil die Bläser nicht auf O’Day reagieren können (weil sie halt auch schon früher mal im Studio waren) … ob man das merken würde, wenn man es nicht wüsste?

    Ich bin im Büro und kann nicht nachschauen, aber schreibt Ogerman zu „Symbiosis“ nicht auch, dass die Suite auch ohne Evans und sein Trio „fertig“ war? Hab nur rasch ins Booklet geguckt gestern, nicht wirklich drin gelesen … aber ja, das Album sticht bestimmt heraus, ein Third Stream-Hybrid, der leidlich gut funktioniert und bei dem das „Dazu“ eben kein „Dazu“ ist (bzw. an sich ist ja Evans dann das „Dazu“).

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    #9980493  | PERMALINK

    vorgarten

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    gypsy tail windIch nehme das wohl immer noch oft so wahr, also als Schnörkel, als nachträgliche Hinzufügung, die ich generell überflüssig finde … das ist meine Bauch-Reaktion, ein Überbleibsel meines rigorosen einstigen Teenager-Selbst, das sofort „Kommerz!“ geschriehen hätte. Der Kopf weiss es inzwischen besser und der Bauch ist längst dran, ihm zu folgen, aber die kritische Grundhaltung werde ich wohl nie los (will ich auch nicht). Das „dazu“ und das „weg“ sind aber schon interessante Punkte – Montgomery konnte ja nicht Noten lesen, Pate brachte es beim ersten Verve-Album fertig, ihn in eine Stimmung zu bringen, dass er sich nicht einschüchtern liess von all den Cracks im Studio, beim zweiten Album gab Sebesky dann auf und nahm zunächst nur mit der Rhythmusgruppe auf. Ob diese Tracks so schon vollständig gewesen wären weiss der Geier, aber Sebesky ergänzte dann quasi im Dialog mit den existierenden Spuren den Rest … andere Beispiele wären „Blue Rose“, Clooney war nie mit Ellington im Studio. Oder das eine späte Verve-Album von Antia O’Day, wo der Dialog mit den Bläsern in den fours nur halb funktioniert, weil die Bläser nicht auf O’Day reagieren können (weil sie halt auch schon früher mal im Studio waren) … ob man das merken würde, wenn man es nicht wüsste?
    Ich bin im Büro und kann nicht nachschauen, aber schreibt Ogerman zu „Symbiosis“ nicht auch, dass die Suite auch ohne Evans und sein Trio „fertig“ war? Hab nur rasch ins Booklet geguckt gestern, nicht wirklich drin gelesen … aber ja, das Album sticht bestimmt heraus, ein Third Stream-Hybrid, der leidlich gut funktioniert und bei dem das „Dazu“ eben kein „Dazu“ ist (bzw. an sich ist ja Evans dann das „Dazu“).

    ich kann dazu nur sagen, dass ich die fälle schon sehr ernst nehme, bei denen ich mich nicht mehr entscheiden mag, ob da was weg kann. evans auf SYMBIOSIS ist für mich kein „dazu“, egal, was der ogerman sagt ;-) und ALL THE SAD YOUNG MEN von anita o’day mit den getrennt entstandenen vokalspuren und den mcfarland-arrangements habe ich bis vor kurzem nicht seine produktionsgeschichte angehört, weil ich nichts darüber wusste. dass die überformung druch größere-ensemble-schichten immer gleich ein ausweis für kommerzialisierung sind, habe ich so nie gesehen, aber das kann an einer anderen sozialisation liegen – oft hast du ja auch recht, vom standpunkt der autorenintention; aber ich kann es ja anders hören, als so-und-nicht-anders-gesamtkunstwerk, bei der mich die schnörkellose variante vielleicht gar nicht interessieren würde.

    was yared und mina angeht, wäre mein (off-topic-)anspieltipp folgendes album:

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    #9980499  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Wie gesagt, ich bin inzwischen soweit, dass ich die Dinge durchaus auch so sehen kann, wie Du es gerade beschreibst. Es ist ja auch nicht so, dass die Musiker_innen gezwungen worden wären … soweit ich weiss hat ja gerade Grant Green ziemlich darunter gelitten, dass ihm der Crossover-Erfolg von Wes Montgomery verwehrt blieb. Blue Note machte wohl, was möglich war, dass gerade sein Verve-Album eine Small Group-Geschichte mit altbekannten Sidemen (Harold Vick, Larry Young, Ben Dixon, Candido) war, muss man wohl irgendwie als Treppenweitz sehen …

    Ich kann Deine Liebe für das O’Day/McFarland-Album übrigens durchaus verstehen, auch wenn ich sie nicht wirklich teilen kann. McFarland bleibt mir bisher irgendwie auch noch etwas rätselhaft, vieles ist mir zu süss, zu harmlos – ich packe „camp“ nur aus, um zu sagen, dass es das wohl schon nicht ist? Aber ich bleibe auch da dran, in den letzten Jahren kamen ein paar Impulse-Alben dazu, was ich von ihm höre gefällt mir eigentlich immer ganz gut, aber ich höre da eben auch vor allem polierte Oberfläche, die Feinheiten, die Du ja schon einige Male beschrieben hast, erschliessen sich mir noch nicht. Falls wir nächste Woche mal noch Lust auf Konservenmusik haben, können wir ja mal einen gemeinsamen Versuch anstellen …

    ad Mina: davon gibt es keine Single-Auskopplung? Ich habe „Ritratto: I Singoli“ 3CD-Sets von ihr – nach einem weiteren Begeisterungsschub über den „Eclisse Twist“ und einigen Youtube-Gängen gekauft (in den älteren 2011er-Ausgaben im – ungefähr 7″-Format, hübsche Sache aber minimale Infos … es gibt inzwischen von beiden Sets neue Auflagen).

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #9980517  | PERMALINK

    vorgarten

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    ich kann deinen standpunkt auch total gut verstehen, du zitierst ja auch immer die „normalfälle“ (hier brauchen wir noch fette streicher für den kommerziellen erfolg) und ich die ausnahmen (symbiosis), die frage ist ja eben, wieso es plötzlich diese ganzen sebeskys, ogermans, deodatos, paichs, nelsons usw. brauchte, als es dem „schnörkellosen“ jazz immer schlechter ging.

    das mina-album ist fast programmmusik, in sich völlig geschlossen konzipiert – da haben sie wohl nix ausgekoppelt. aber alleine über dieses arrangement hier könnte man zumindest eine bachelorarbeit schreiben:

    und hier wirds dann völlig irre:

    (und das, wo ja die battisti-originale schon unfassbar toll sind.)

    --

    #9980555  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    vorgartenich kann deinen standpunkt auch total gut verstehen, du zitierst ja auch immer die „normalfälle“ (hier brauchen wir noch fette streicher für den kommerziellen erfolg) und ich die ausnahmen (symbiosis), die frage ist ja eben, wieso es plötzlich diese ganzen sebeskys, ogermans, deodatos, paichs, nelsons usw. brauchte, als es dem „schnörkellosen“ jazz immer schlechter ging.

    Zu Mina muss ich dann daheim … ansonsten faszinieren mich ja gerade diese Ausnahmen schon auch – da würde ich z.B. auch die Ben Webster-Sessions mit Streichern mitzählen, die zwar formal konventionell sind aber perfekt passen.

    Ansonsten muss man da halt schon auch etwas aufpassen, ich verstehe Deinen Punkt, bin aber nicht ganz sicher, wie die Zusammenhänge sind … Huhn und Ei? Es war ja auch eine zeitliche Entwicklung, wenn man den Hard Bop bis Anfang der Sechziger als letzten Mainstream nimmt (der in gewissen Milieus als Orgel- oder Soul Jazz noch etwas länger überlebt), dann die Entwicklung der Avantgarde, die ja quasi (Mingus, Dolphy, McLean, Taylor) aus dem Hard Bop heraus entsteht, dazu die „British Invasion“ … allerdings spielt bei den Versuchen mit „Veredelung“ ja gewiss auch anderes rein, der US-Pop der Vierziger und Fünfziger (das Zeug für „adults“ halt, as opposed zum Teenager-Kram von Elvis und später den Beatles – verkürzte Darstellung, ist mir klar, und die Terminologie bildet nicht meine Ansicht ab), was weiss ich wer da alles erfolgreich war, Bing Crosby, Dean Martin, Doris Day, Dinah Shore, Sinatra, Perry Como, Peggy Lee … Wiki führt das unter Traditional pop music – da waren ja auch üppige Arrangements mit Streichern im Einsatz, und ein Charlie Parker hat wohl wirklich auch Schönberg und Stravinsky und sowas angehört, auch wenn die Arrangeure, mit denen er dann aufnahm, stilistisch konservativer gewickelt waren … die Suche nach dem Crossover-Erfolg ist ja auch etwas, was sich durch die US-Musik durchzieht, da kommen dann wieder Label wie King und später Motown ins Spiel, die C&W und R&B Leute ihre Songs tauschen liessen (ein Afro-Amerikaner kaufte nicht die C&W-Single, aber er kaufte den C&W-Song, wenn der R&B-Künstler ihn einspielte) …

    Paich z.B. hat in den Fünfzigern manche lupenreine Jazz-Alben arrangiert, natürlich auch für Sänger (seine Alben für Mel Tormé sind phantastisch), ich kenne ihn aber auch wirklich nur als Jazzer, auch als Sideman mit (oder Leader von) Art Pepper und anderen.

    Bei Nelson würde mich wundernehmen, ob er selbst seine Tätigkeit in zwei Bereiche trennte (Jazz vs. Lohnarbeit, wenn man so will, wobei er ja auch Jazz-Gigs annahm, für Jimmy Smith, Shirley Scott, Johnny Hodges, Pee Wee Russell … und ja, auch für Monk) oder ob er das alles irgendwie als eins sah?

    __

    Wir hatten es anderswo – mit redbeansandrice – mal davon, wie es in den Sechzigern war, welche Strategien es gab, z.B. was die Produktionen von Joel Dorn für Atlantic betrifft, wie sich da die Musik von Leuten wie Rahsaan, Lateef oder Eddie Harris in neue Richtungen entwickeln, die irgendwie ja ein Spiegel ihrer Zeit sind – und die so gesehen auch durchaus als gelungener traktiert werden können als wenn die Leute weiter Quartett-Alben mit p/b/d und Bop-Tunes und Standards eingespielt hätten, ob dann noch eine Bossa dazukommt oder nicht, was macht’s, Latin gab’s ja schon viel früher im Mainstream-Jazz.

    Wie da die Zusammenhänge stehen, ob der Schlock am Niedergang oder der Niedergang am Schlock schuld ist … Huhn und Ei, vermute ich, bzw. einfach der Lauf der Dinge. Und es gibt ja auch im Mainstream Beispiele, wo beides zusammenfällt (das wäre dann aber eher Sinatra/Jobim als „Symbiosis“). Aber es ist wohl meine Skepsis gegenüber dieser ganzen Entwicklung (ich bleibe dann halt bei Miles bzw. biege mit dem Free Jazz ab und es zieht mich noch mehr als schon seit den Fünfzigern von New York nach Chicago etc.), die mich z.B. beim Output von Labeln wie A&M oder CTI generell einfach mal Zögern lässt … im Wissen darum, dass da (v.a. bei CTI) manche Perle versteckt ist, die ich durchaus aufspüren mag. Aber – um noch einen Namen aus Deiner Liste ins Spiel zu bringen – die Deodato-Alben habe ich tatsächlich noch nie bewusst gehört (einiges in der Tube, auch durch redbeans‘ wiederholte Hinweise vor ein paar Jahren mal – aber muss ich nicht im Regal haben, glaube ich).

    Das ist alles etwas wirr, im Büro nebenher getippt … aber die Diskussion bietet wirklich viele interessante Ansatzpunkte.

    __

    Noch ein Strang: Es gab ja schon in der Big Band-Ära zentrale Arrangeure wie Don Redman, Benny Carter, Ellington/Strayhorn, die Leute hinter Lunceford, Goodman, Shaw, Herman oder Kenton etc etc – einige von ihnen blieben bis in die Sechziger aktiv, der Basie-Mainstream der Fünfziger lief ja auch irgendwie weiter … das verhält sich alles auch zu den „Veredlungen“, manchmal sind die selben Leute tätig. Es gab aber auch schon früh „Veredler“, bei Whiteman oder so, Sauter/Finnegan, Thornhill, Gil Evans, die Grenzen sind da schmal, dünkt mich, schon damals könnte man beim einen oder anderen mit zwei „Seiten“ argumentieren … bei Artie Shaws Band mit Streichern oder bei den ambitionierten Kenton-Projekten (oder Pete Rugolos eigenen Alben) wird ja auch schon veredelt, in anderem Kontext halt – „sweet“ vs. „hot“ war ja von Beginn weg ein Thema, die Übergänge aber nie wirklich dicht.

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    Und noch was: Oliver Nelsons Album für James Brown ist natürlich auch klasse!

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    #9980583  | PERMALINK

    vorgarten

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    ja, alles richtig. ich glaube, man müsste hier mal eingrenzen, um welchen korpus es hier eigentlich geht. oder eben nicht. mir fallen ständig interessante sachen ein, weil du den „camp“-aspekt noch reingebracht hast – das ist ja ein relationaler begriff, camp ist alles, was bestimmten leute zu bestimmten zeiten dafür halten, aber ich würde mich mal festlegen, was man in einer camp-perspektive wertschätzen könnte…

    ALL THE SAD YOUNG MEN sicherlich nicht, dafür ist es zu gut, zu ambitioniert, zu handwerklich perfekt und streckenweise fast visionär. aber mcfarlands spätere entwicklung geht auf jeden fall in diese richtung, nicht nur THE IN SOUND, sondern vor allem das bescheuerte AMERICA THE BEAUTIFUL oder wie das heißt…

    LADY IN SATIN ist natürlich eine camp-fundgrube, ich liebe es, gerade weil die stimme so kaputt ist und mit streicher übermalt wird (hatte ogerman da nicht auch schon seine hände im spiel?)

    alles von les baxter natürlich, den sun ra ja verehrt hat, und der ja am ende die ganzen b-movies vertont hat (die poe-verfilmungen von corman) – jack smith, quasi erfinder des camp, hat genau diese art von exotica zu seinen stummen filmen aufgelegt. die heterosexualisierungen oder entqueerungen von baxter haben dann mancini und schifrin übernommen.

    da fallen einem bestimmt noch mehr sachen ein, vor allem richtung LADY IN SATIN: kaputte stimmen in luxuriös weichen settings… gibt es den späten chet baker mit streichern?

    --

    #9980601  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Ogerman bei „Lady in Satin“, das wüsste ich gerne – ist mir unklar, bei Wikipedia taucht das Album in seinen Credits auf, aber weder in der Legacy-Ausgabe der 90er noch der jüngsten Dreier-Box fand ich im Line-Up einen Hinweis darauf. Die Liner Notes müsste ich erst komplett nachlesen … aber dass Ogerman da ev. die Finger im Spiel hatte, fand ich erst nach der Bestätigung seines Ablebens heraus.

    Und klar, mit „camp“ wollte ich genau auf sowas wie dieses McFarland-Album hinweisen … auch Impulse machte da mit, Szabo/McFarland (war das schon Ed Michel oder gab Thiele sich tatsächlich für sowas her? Aber gut, Johnny Hartman mit Streichern finde ich auch schon grenzwertig*) … da ist meine Neugierde zu gering als dass ich ohne Bezahlung das ganze Album anhören würde …

    Aus der „guten“ aber „falschen“ Ecke könnte man noch Jo Stafford und Paul Weston anführen – perfekter Gesang, seichte Settings, nie schlecht, aber trotz der Stimme mag ich selten mehr als 15 Minuten am Stück hören.

    *) das nächste Thema: Crooner-Alben …welche sind gut und warum eigentlich? Nur weil man die Stimme und/oder die Songs mag? Gibt es aus der Ecke auch Ausnahmen (mal von Nachzüglern wie dem oben erwähnten Album von Shirley Horn abgesehen)?

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    asdfjkloe

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    … gibt es den späten chet baker mit streichern?

    Ja, gibt es…

     

    Chet Baker with strings – Hearbreak

     

    Das sind Aufnahmen aus 1986-1988, jedoch wurden die Streicher nachträglich hinzugefügt!

     

     

    --

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