Was macht einen guten Song (nicht Track!) aus?

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  • #7377377  | PERMALINK

    bullschuetz

    Registriert seit: 16.12.2008

    Beiträge: 2,089

    Was ein Song ist, wurde hier ja schon mehrfach sehr gut definiert. Was ist ein GUTER Song? Hier zu dem, was schon vorgebracht wurde, noch ein Vorschlag:

    Ein guter Song klingt vertraut und doch nicht geklaut. Man hört ihn und glaubt, ihn schon immer zu kennen. Und doch ist er nicht bloß eine Variation von etwas, das man tatsächlich schon kennt. Ein guter Song schafft auf wundersame Weise den Tanz auf dem schmalen Grat zwischen abgegriffenen melodischen Klischees und der Prägnanz des So-eben-doch-noch-nie-Dagewesenen. Die besten Songs finden zu großer Markanz und Unverwechselbarkeit, obwohl, nein, weil sie ohne eine Fülle abgefahrener Akkorde und schrägster Tonsprünge auskommen. Sie sind zugleich „0815“, was das musikalisch analysierbare Material betrifft, und einzigartig.

    Schlechte Songs kippen dagegen in die eine oder andere Richtung vom Grat: sind überladen, überkonstruiert, forciert auf Prägnanz, Markanz, Einzigartigkeit getrimmt; oder erschöpfen sich reißbrettartig in der billigen Variation von Kniffen, die sich bewährt haben. Ein guter Song ist zugänglich, ohne darüber verwechselbar zu werden.

    Ganz einfach sein und ganz besonders – darin liegt für mich der Zauber eines guten Songs.

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      #7377379  | PERMALINK

      reino

      Registriert seit: 20.06.2008

      Beiträge: 5,699

      Auch ein guter Song ist abhängig von der Interpretation. So ist „Gracia a la vida“ gesungen von Mercedes Sosa absolut großartig, gesungen von Gisela May schrecklich (beides gehört, kein Vergleich!). Und umgekehrt ist „Bilbao Mond*“ gesungen von Gisela May absolut großartig, gesungen von Mercedes Sosa schrecklich (beides gehört, kein Vergleich!).

      * kann auch ein anderer Song aus „Happy End“ gewesen sein, bin mir da nicht mehr so sicher.

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      #7377381  | PERMALINK

      malibu

      Registriert seit: 12.12.2005

      Beiträge: 3,280

      Prince KajukuLiegt es denn nicht eigentlich immer im „Auge des Betrachters“, ob ein Track oder Song gut ist oder nicht ? Ich verstehe nicht daß die Frage so wissenschaftlich angegangen werden muss…für mich ist das Hören von Musik eine Gefühlssache, wie könnte ich sonst Interpreten wie Lou Reed, der kaum einen Ton richtig trifft immer und immer wieder gern hören ?

      Natürlich kann man auch die Bewertung eines Songs nicht von der bewertenden Person trennen. Ich bin einfach an ein paar Rangehensweisen interessiert.

      Dein Lou Reed Beispiel (ein toller Songwriter!) auf Songs bezogen würde in etwa so gehen:
      Welche Songs sind toll, obwohl sie ein holpriges Versmaß haben und die Metaphern in ungewollte Richtungen gehen? Mir fällt gerade kein Beispiel für liebenswert schnoddriges Songwriting ein.

      Was das „Wissenschaftliche“ oder Abstrakte angeht: Sorry, aber ich denke wirklich so krude! :-)

      --

      #7377383  | PERMALINK

      otis
      Moderator

      Registriert seit: 08.07.2002

      Beiträge: 22,557

      Die Thread-Frage ist generalisierend genauso unmöglich zu beantworten, wie etwa die, was ein gutes Gedicht, ein gutes Bild oder einen guten Film ausmacht. Deutlich leichter könnte man sich mit der Frage tun, was einen schlechten Song ausmacht. Da fallen mir sehr wohl einige allgemeine Kritierien ein:
      – ausgelutschte Metaphern und Reime
      – austauschbare Song-„Handlung“
      – unpassende oder zu vordergründig einfache oder übertrieben komplexe oder nur auf Wirkung bedachte Melodieführung und Harmonisierung
      – ??

      Zu Mikkos Bemerkung, dass ein guter Song in jedem Arrangement funktioniere, noch Folgendes: Es ist zwar so, dass der Song gut bleibt, aber er ist in einem schlechten Arrangement nur schlecht als ein solcher erkennbar.
      Es gab in den 70s/80s sicher viele gute Songs. Manche von denen mögen für mich aber hinter einem mir widerstrebendem Arrangement-Vorhang verborgen geblieben sein.

      --

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      #7377385  | PERMALINK

      mikko
      Moderator
      Moderator / Juontaja

      Registriert seit: 15.02.2004

      Beiträge: 34,399

      otisZu Mikkos Bemerkung, dass ein guter Song in jedem Arrangement funktioniere, noch Folgendes: Es ist zwar so, dass der Song gut bleibt, aber er ist in einem schlechten Arrangement nur schlecht als ein solcher erkennbar.
      Es gab in den 70s/80s sicher viele gute Songs. Manche von denen mögen für mich aber hinter einem mir widerstrebendem Arrangement-Vorhang verborgen geblieben sein.

      Das ist sicher richtig. Ich habe aber auch schon oft gedacht, ein guter Song ist eben nicht tot zu kriegen, wenn ich mal wieder eine schlechte Coverversion hörte.

      --

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      #7377387  | PERMALINK

      mick67

      Registriert seit: 15.10.2003

      Beiträge: 76,902

      MikkoDas ist sicher richtig. Ich habe aber auch schon oft gedacht, ein guter ist eben nicht tot zu kriegen, wenn ich mal wieder eine schlechte Coverversion hörte.

      Hm, das wäre mal ein schönes Threadthema: die miesesten Coverversionen oder Coverversionen, denen es gelang einen guten Song zu zerstören.

      Spontan fällt mir da Framptons Version von „Jumping Jack Flash“ ein.

      --

      #7377389  | PERMALINK

      norbert

      Registriert seit: 08.07.2002

      Beiträge: 2,169

      otisIch sehe das Problem überhaupt nicht.
      Ein Song ist ein Liedtext, dem eine Melodie angepasst ist.

      Läuft ein Komponist, der einen Liedtext erst im Nachhinein in die Melodie einfügt, eher Gefahr, dass der Song – aufgrund des in das Melodiegerüst eingepassten Textes – kein guter Song ist? (Im schlechtesten Fall werden Lyrics hingebogen bis sie einigermaßen passen.)
      Muss ein guter Song immer anspruchsvolle Lyrics beinhalten (der Idealfall), oder tut es manchmal auch eine geniale Tonfolge im Zusammenspiel mit einem recht mittlemäßigen Text?

      --

      Blog: http://noirberts-artige-fotos.com Fotoalbum: Reggaekonzerte im Berlin der frühen 80er Jahre http://forum.rollingstone.de/album.php?albumid=755
      #7377391  | PERMALINK

      otis
      Moderator

      Registriert seit: 08.07.2002

      Beiträge: 22,557

      NorbertLäuft ein Komponist, der einen Liedtext erst im Nachhinein in die Melodie einfügt, eher Gefahr, dass der Song – aufgrund des in das Melodiegerüst eingepassten Textes – kein guter Song ist? (Im schlechtesten Fall werden Lyrics hingebogen bis sie einigermaßen passen.)

      Ich sehe da kein Problem. Das schöne deutsche Wort „Gedicht“ hat ja auch etwas mit Verdichtung von Sprache zu tun. Ein Lyriker wird also auch immer biegen und basteln müssen, bis es so ist, wie er es haben möchte. Viel und langwierige Arbeit oftmals.
      Aber klar, wenn es schlecht gemacht ist, ist es halt schlecht. Was ich oben geschrieben hatte („Liedtext, dem Melodie angepasst ist“), beinhaltete kein Nacheinander, sondern beschrieb den fertigen Song, im Sinne von: Melodie und Text sind einer angepasst. Egal, wie beides entstanden ist.

      --

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      #7377393  | PERMALINK

      norbert

      Registriert seit: 08.07.2002

      Beiträge: 2,169

      otisIch sehe da kein Problem. Das schöne deutsche Wort „Gedicht“ hat ja auch etwas mit Verdichtung von Sprache zu tun. Ein Lyriker wird also auch immer biegen und basteln müssen, bis es so ist, wie er es haben möchte. Viel und langwierige Arbeit oftmals.
      Aber klar, wenn es schlecht gemacht ist, ist es halt schlecht. Was ich oben geschrieben hatte („Liedtext, dem Melodie angepasst ist“), beinhaltete kein Nacheinander, sondern beschrieb den fertigen Song, im Sinne von: Melodie und Text sind einer angepasst. Egal, wie beides entstanden ist.

      Ein gutes Beispiel für einen erst im Nachhinein entstandenen Text ist Paul McCartneys „Yesterday“, die Arbeitsfassung hiervon soll wohl „Scrambled Eggs“ genannt worden sein.

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      #7377395  | PERMALINK

      otis
      Moderator

      Registriert seit: 08.07.2002

      Beiträge: 22,557

      Mag sein, dass genau das das Problem von Yesterday ist.
      Wahrscheinlich wäre der Song mit Scrambled Eggs als Thema schön widersprüchlich/ ironisch geworden, sodass die süßliche Harmonienfolge und Melodik gebrochen worden wären. So aber hat Macca, wenn es stimmt was du sagst, nachträglich noch mehr Pathos hinzugefügt. In meinen Ohren ganz sicher nicht zum Vorteil des Songs.
      Wie gesagt, er hätte es auch bei nachträglicher Vertextung ohne Weiteres deutlich besser machen können.

      --

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      #7377397  | PERMALINK

      norbert

      Registriert seit: 08.07.2002

      Beiträge: 2,169

      otisMag sein, dass genau das das Problem von Yesterday ist.
      Wahrscheinlich wäre der Song mit Scrambled Eggs als Thema schön widersprüchlich/ ironisch geworden, sodass die süßliche Harmonienfolge und Melodik gebrochen worden wären. So aber hat Macca, wenn es stimmt was du sagst, nachträglich noch mehr Pathos hinzugefügt. In meinen Ohren ganz sicher nicht zum Vorteil des Songs.
      Wie gesagt, er hätte es auch bei nachträglicher Vertextung ohne Weiteres deutlich besser machen können.

      Für mich ist Yesterday schon ein sehr gelungener Song. (Nicht nur) Deine Meinung zu dieser Komposition zeigt jedoch, dass es kein objektives Kriterium für die Einschätzung eines „guten Songs“ gibt.
      „Yesterday“ soll übrigens der Song sein, für den zeitweise die meisten Tantiemen geflossen sind. (Wie oben bereits angedeutet soll das jedoch nicht heißen, dass ein guter Song immer massentauglich sein muss.)

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      #7377399  | PERMALINK

      mistadobalina

      Registriert seit: 29.08.2004

      Beiträge: 20,816

      Kennt ihr wirklich viele Komponisten, die eine Melodie auf einen Text schreiben? Außer Elton John fällt mir da überhaupt niemand ein. Auch in meiner Praxis im Musikverlag habe ich es meistens so erlebt, dass erst die Musik entsteht und dann der Text. Viele Komponisten können auch gar nicht texten und umgekehrt – sind also auf einen „zweiten Mann“ angewiesen.

      --

      When I hear music, I fear no danger. I am invulnerable. I see no foe. I am related to the earliest time, and to the latest. Henry David Thoreau, Journals (1857)
      #7377401  | PERMALINK

      krautathaus

      Registriert seit: 18.09.2004

      Beiträge: 25,801

      Mick67

      Spontan fällt mir da Framptons Version von „Jumping Jack Flash“ ein.

      Mir dagegen „The Letter“ v. Joe Cocker.

      Norbert
      Muss ein guter Song immer anspruchsvolle Lyrics beinhalten (der Idealfall), oder tut es manchmal auch eine geniale Tonfolge im Zusammenspiel mit einem recht mittlemäßigen Text?

      Der Text muß keine lyrische Großtat sein. Wenn er mir ein bestimmtes Lebensgefühl vermittelt, und auch der Text beim singen gut klingt, bin ich schon zufrieden.

      Beispiel „The Letter“

      http://www.boxtops.com/w_letter.htm

      Wie Alex Chilton das „Lonely days are gone, I’m a-goin‘ home“ singt, ist wirklich traumhaft.

      --

      “It's much harder to be a liberal than a conservative. Why? Because it is easier to give someone the finger than a helping hand.” — Mike Royko
      #7377403  | PERMALINK

      otis
      Moderator

      Registriert seit: 08.07.2002

      Beiträge: 22,557

      MistadobalinaKennt ihr wirklich viele Komponisten, die eine Melodie auf einen Text schreiben? Außer Elton John fällt mir da überhaupt niemand ein. Auch in meiner Praxis im Musikverlag habe ich es meistens so erlebt, dass erst die Musik entsteht und dann der Text.

      In der Singer/Songwriter-Szene gibt es so einige, bei denen zunächst einmal der Text da ist. Scheint mir dort sogar eher die Norm.
      Aber ich sagte ja oben auch schon, dass die Reihenfolge der Entstehung nichts mit der Qualität zu tun haben muss.

      --

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      #7377405  | PERMALINK

      the-imposter
      na gut

      Registriert seit: 05.04.2005

      Beiträge: 38,566

      MistadobalinaKennt ihr wirklich viele Komponisten, die eine Melodie auf einen Text schreiben?

      Jonatha Brooke hat letztes Jahr auf einem Album mit dem Titel “The Works“ Woody Guthrie Texte vertont, ganz gut gelungen, find ich, ein paar der Resultate kann man hier hören

      Wilco & Billy Bragg haben das zehn Jahre vorher auf „Mermaid Avenue“ auch schon mal gemacht

      --

      out of the blue
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