Marilies Jagsch

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  • #58865  | PERMALINK

    go1
    Gang of One

    Registriert seit: 03.11.2004

    Beiträge: 5,625

    Marilies Jagsch ist eine junge Sängerin und Songschreiberin aus Österreich, die in diesem Jahr ihr Debütalbum veröffentlicht hat, Obituary for a Lost Mind (in Österreich auf Asinella Records, in Deutschland auf Unterm Durchschnitt). Mir ist sie zuerst als Gastsängerin auf dem neuen Album von B. Fleischmann begegnet, der seinerseits bei einem Track ihres Debüts mitgewirkt hat („Concrete Garden“). In der Kurzkritik der Intro hieß es:

    Florian Obkircher wrote:
    Sicher sind die Cat-Power-Platten der gebürtigen Oberösterreicherin schon recht abgespielt, dennoch bergen ihre Songs durch die zerbrechliche Intensität und die düstere Wucht eine sehr eigenständige Note.
    Ich selber empfinde ihre Musik nicht als düster (nur als melancholisch, ein bißchen dunkel) und ich habe beim Hören weniger an Chan Marshall gedacht als an Jason Molina (Songs:Ohia und Magnolia Electric Co.). Der Klang ihrer Stimme wiederum erinnert mich am ehesten an Beth Orton.

    Ihre Stimme und ihre akustische Gitarre stehen im Mittelpunkt des Albums (seltener auch die elektrische). An den richtigen Stellen kommen Cello, Akkordeon, Klavier, Banjo, Bass und Schlagzeug dazu. Die Songs sind sparsam arrangiert, aber nicht karg; das Klangbild ist transparent, aber nicht arm an Klangfarben. Besonders gut gefallen mir die Momente, in denen zwei Gesangsspuren zu hören sind (meist singt Marilies Jagsch selbst die zweite Stimme). Und ein besonderes Lob verdient das Vibraphon im ätherischen Schlusstrack „Daydream“, das einfach perfekt passt. Im großen und ganzen ist es ruhige Musik, doch ist sie nie spannungslos. Bei aller Melancholie wird stets mit Nachdruck und oft rhythmisch akzentuiert gespielt: so mancher Track animiert auch zu Bewegungen und drei Mal wird es gar rockig. Obituary for a Lost Mind evoziert für mich einen weiten Horizont – der zweite Track, „Ghosts“, hätte einen Platz auf der nächsten Americana-Compilation des ROLLING STONE verdient. Hervorheben möchte ich außerdem „I’m you(rs)“, wegen der Art, wie dieser Track zwei Mal Fahrt aufnimmt, mit nachdrücklich wiederholten Motiven der elektrischen Gitarre, und dem sehnsüchtigen Ende. „Concrete Garden“, zu dem es auch ein Video gibt, ist der am stärksten an Beth Orton erinnernde Track.

    http://www.myspace.com/marilies

    („Daydream“ und „Thank you“ gefallen mir hier am besten.)

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    To Hell with Poverty
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      #6923667  | PERMALINK

      vega4

      Registriert seit: 29.01.2003

      Beiträge: 8,667

      Ohh, sie wird gerade in gewissen Kreisen „groß“ gehandelt. Ein kleiner Kritikerliebling halt…
      Zurecht! Sehr schöne Musik, die sich vor allem „live“ besonders stark entfaltet.

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      Der Teufel ist ein Optimist, wenn er glaubt, dass er die Menschen schlechter machen kann. "Fackel" - Karl Kraus
      #6923669  | PERMALINK

      rob-fleming

      Registriert seit: 08.12.2008

      Beiträge: 12,838

      Danke für den Tipp. Das was ich bei mspace hören konnte macht durchaus Lust auf mehr. Da ich heute eh noch bei dem Plattendealer meines Vertrauens vorbei gehe, werde ich mal intensiver reinhören.
      Obwohl Stimmvergleiche ja immer etwas zwiespältig sind gebe ich dír Recht, sie hat wirklich etwas von Beth Orton.

      --

      Living Well Is The Best Revenge.
      #6923671  | PERMALINK

      enter-k

      Registriert seit: 29.03.2007

      Beiträge: 99

      schöner text, Go1. tatsächlich sehr gelungenes album.

      --

      grether's pastilles.
      #6923673  | PERMALINK

      carrot-flower
      Moderator

      Registriert seit: 26.09.2007

      Beiträge: 3,122

      enter kschöner text, Go1. tatsächlich sehr gelungenes album.

      Erster Satz: Indeed, comme toujours. Der Vergleich mit Songs:Ohia hat mich erst etwas verwundert, aber bei einem Track wie „Ghosts“ leuchtet er sofort ein.
      Zweiter Satz: Magst du ein bisschen mehr ins Detail gehen, enter k?

      Ich habe vor einigen Wochen in einem Blog etwas zu Soap&Skin gelesen, und in dem Text war auch die Rede von Marilies Jagsch. Da meine Aufmerksamkeit offenbar nur für eine junge Melancholikerin aus dem kleinen, kotelettförmigen Land (Vega4, verzeih) ausreichte, habe ich mich erstmal auf Anja Plaschg gestürzt, doch so lange deren Album noch nicht raus ist, kann man ja auch andere Abgründe besichtigen.

      --

      the pulse of the snow was the pulse of diamonds and you wear it in your hair like a constellation
      #6923675  | PERMALINK

      enter-k

      Registriert seit: 29.03.2007

      Beiträge: 99

      @Carrot Flower
      einzige gemeinsamkeit zwischen jagsch und soap & skin ist die bananenrepublik. die vorbilder von jagsch sind offensichtlich, ihre englischen texte teilweise holprig, dennoch insgesamt – auch auf dauer – anziehend.

      soap & skin ist ein 17jähriges mädl, welches derzeit recht gut von ihrem wunderkind-anhängsel, das ihr von jeglicher quelle zugeschrieben wird, profitiert. aktuell in einem musik-theaterstück nico verkörpernd, die ep im studio von fennesz aufgenommen (der auf ihrer aktuellen ep auch einen remix beisteuerte) etc.. immer in zusammenhang mit großen namen aktiv! jene borgt sie sich dann auch bei ihren eigenen stücken aus – vornehmlich russische komponisten, welche dank klassischer klavierausbildung im repertoire geläufig sind. vermengt mit ein paar aphex twin geräuschchen aus dem mac und pathos-gekreische – und österreichs indie-gemeinde ist entzückt! auch live zum davonlaufen.

      --

      grether's pastilles.
      #6923677  | PERMALINK

      irrlicht
      Nihil

      Registriert seit: 08.07.2007

      Beiträge: 31,188

      Rob FlemingDanke für den Tipp.

      Dito. Eben reingehört, sehr hübsch.

      --

      Hold on Magnolia to that great highway moon
      #6923679  | PERMALINK

      carrot-flower
      Moderator

      Registriert seit: 26.09.2007

      Beiträge: 3,122

      enter ksoap & skin

      Off Topic:
      Eigentlich erbat ich ausufernde Urteile zu Marilies Jagschs Album, denn, wie geschrieben, ich habe mich ja auf Soap&Skin gestürzt. Doch deine Einschätzung ebendieser Dame ist ja umso interessanter! Ich finde sie nämlich äußerst beeindruckend (die EP höre ich zurzeit sehr oft), kann aber nicht abschätzen, inwiefern sie sich mit fremden Federn schmückt bzw. sich die Denkarbeit von größeren Geistern abnehmen lässt. Von ihren schrecklichen Liveauftritten habe ich gehört bzw. selbst einige Mitschnitte gesehen, in der Tat furchtbar! Bei den Studioaufnahmen erkenne ich jedoch keinen Hang zum Überzeichnen, du denn?
      Scusi, nun wieder on topic weiter oder ggf. in einem eigenen Thread zu Soap&Skin.

      --

      the pulse of the snow was the pulse of diamonds and you wear it in your hair like a constellation
      #6923681  | PERMALINK

      vega4

      Registriert seit: 29.01.2003

      Beiträge: 8,667

      enter k und österreichs indie-gemeinde ist entzückt!

      Leider kann ich dazu nur „Unsinn!“ schreiben.
      Gerade die „sogenannte österreichische Indie-Gemeinde ist sehr gespalten. Sie kommt in Deutschland bei die Kritiker und Hörer viel besser weg…

      --

      Der Teufel ist ein Optimist, wenn er glaubt, dass er die Menschen schlechter machen kann. "Fackel" - Karl Kraus
      #6923683  | PERMALINK

      go1
      Gang of One

      Registriert seit: 03.11.2004

      Beiträge: 5,625

      Mittlerweile hat Marilies Jagsch ihr zweites Album veröffentlicht, From Ice to Water to Nothing, und es ist gut geworden, mindestens ebenso gut wie das Debüt. Der Sound ist diesmal voller, die elektrische Gitarre dominiert, während die akustische zurücktritt, ein Klavier kommt hinzu und hier und da auch Bläser und das Schlagzeug ist fast durchgehend im Einsatz. Die Stücke sind etwas länger geworden, integrieren mehr instrumentale Passagen und bauen sich schön auf, mit viel Gefühl. „Ghosts“ und „I’m yours“ vom Debütalbum geben ungefähr die Richtung an, die das neue Album einschlägt. Geblieben sind die schöne, warme, leicht belegte Stimme von Marilies Jagsch und die romantische Melancholie ihrer Songs. Als Sängerin hat sie noch an Souveränität gewonnen.

      Am besten gefallen mir bisher der Opener des Albums („Intro“) mit seiner großartigen Steigerung und das zum Verlieben schöne Titelstück, das auch auf der Myspace-Seite zu hören ist (es erinnert mich ein bisschen an Laura Veirs).

      --

      To Hell with Poverty
      #6923685  | PERMALINK

      starfish

      Registriert seit: 17.05.2010

      Beiträge: 448

      Erwähnen kann man in diesem Zusammenhang auch noch die beiden wie ich finde absolut gelungenen Alben von „A Life, A Song, A Cigarette“, mit deren Sänger Stephan Stanzel sie längere Zeit zusammen war.

      Auf dem ersten Album „Fresh Kills Landfill“ ist sie bei ziemlich vielen Songs im Hintergrund zu hören, auf dem zweiten Album „Black Air“ bei „Near“ und in dem Duett „Fever“.

      Sehr eingängiger, meist eher melancholischer Indie-Pop/Rock mit viel Melodie, teils in Richtung Bright Eyes oder auch Kevin Devine, und ziemlich Americana-lastig (besonders beim ersten Album). Aber auch z.B. die Beatles werden bei den Vorbildern/Einflüssen genannt. Das zweite Album wurde von Ken Stringfellow (Posies, R.E.M., Big Star-Reunion) produziert – wobei es mir persönlich aber streckenweise fast etwas zu gefällig geraten ist. Schön sind aber durchaus beide.

      http://www.myspace.com/alifeasongacigarette (hier ist Marilies Jagsch z.B. in „Love“ mit dabei)

      --

      God save strawberry jam
      #6923687  | PERMALINK

      irrlicht
      Nihil

      Registriert seit: 08.07.2007

      Beiträge: 31,188

      Ja, wirklich schönes Album. Zwar bin ich noch nicht ganz sicher, ob ich ein wenig der Stilistik des Vorgängers nachtrauere, aber zumindest für dieses Album bin ich nun doch sehr versöhnt. Weder karg, noch überproduziert, haben die Tracks alle dennoch ein wenig an Masse gewonnen und sich in üppigere Schale geworfen und so klingt „From ice to water to nothing“ dann auch weit mehr nach Bandprojekt denn Soloalbum. Und auch wenn mir manches Mal ein wenig mehr Song als Arrangement und Instrumentierung lieb gewesen wäre (ich finde manchen Track auch etwas zu lang): Wirklich bereichernd. Fast jeder Song hat mindestens eine Stelle, die aufhorchen lässt, beim Opener sind es die sterbenden Streicher, die eine vereinsamte Gitarre zurücklassen, bei „How sad a fate“ mag ich den aufgelockerten Rhythmus, der mich an Karnival und Spielzeugläden erinnert, an Clowns und Seifenblasen – das ist aber natürlich nur die eine Seite von Marilies Jagschs kunterbuntem Eintauchen in Pop, Folk und gepflegt schwelgenden Rock. Denn bei all dem Schönen ist natürlich auch irgendwo das Dunkle, Rätselhafte und Abgründige (eine Sache, die mich auch immer an PJ Harvey, Nina Nastasia und zuletzt Emily Jane White begeisterte) und ich finde doch, dass davon vieles auch auf ihrem Zweitwerk zur Geltung kommt. „Turn it off“ (schlichter, aber großartiger Refrain, der einzigartigen Stimme sei Dank) klingt verzweifelt und kämpfend, „Everything that’s not there“ entwickelt sich mit jedem Eintreten des Schlagzeugs zum reinsten Hexenkessel und „Abysmal“ ist dann wirklich magisch – ich bin jedes Mal aufs Neue erstaunt, wie eindrucksvoll diese schillerende Gitarrenmelodie förmlich zu kreisen beginnt und sich um die Stimme legt.

      Favoriten: Der wirklich umwerfende Titelsong, das deutlich dunklere „Abysmal“ und das einfach nur bezaubernde „Goodbye sundown“ (generell fällt mir wieder auf, wie wunderbar Bläser doch eigentlich sind).

      --

      Hold on Magnolia to that great highway moon
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