Deutschsprachige Musik

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  • #6625915  | PERMALINK

    mick67

    Registriert seit: 15.10.2003

    Beiträge: 76,902

    grandandtNein. Ich sagte „… aus ideologischen Gründen…“.

    Eine Diskussion um deutschsprachige Musik könnte auch sinnvoll sein; aber ich denke, daß es dann zum Lagerkampf Pro-Contra kommt. Und das ist ja nicht Sinn der Sache.
    Mein Interesse an deutschsprachiger Musik ist natürlich schon als Kind durch Kinderlieder (unbewußt) und durch Schlager (unterbewußt) geweckt worden. Aber es war keine Initialzündung. Ich konnte halt bei Sachen wie von Peter Maffay, Grobschnitt, Roland Kaiser, Truckstop (ua) mitsingen.
    Mein Englisch war zu diesem Zeitpunkt nicht vorhanden, deshalb verstand ich natürlich auch die Texte nicht. Da war das Gefühl dann ausschlaggebend. (Ausnahmen waren die Sachen, die mir jemand übersetzt hatte, zB PF „Dark Side…“ oder Queen „A Night At…“)
    Die eigentliche Initialzündung für deutsche Musik ist tatsächlich die NDW, wo zu guter (tanzbarer) Musik eben auch (teilweise) sehr intelligente Texte dazukamen, zB Fehlfarben, Palais Schaumburg, DAF, Ideal…
    Es gibt, wie überall gute und schlechte Sachen, und das hat nichts mit Airplay und Bekanntheitsgrad zu tun.
    Ich sehe deshalb auch keinen Unterschied zu Musik aus deutschen Landen und (jetzt speziell) angloamerikanischer Musik.
    Doch, einen sehe ich noch:
    Bei deutscher Musik höre ich – egal wie furchtbar – immer den Text mit (auch unterbewußt). Bei englischer Musik kann ich das ausblenden. (Gelingt aber immer weniger, je älter ich werde.)

    Man merkt, daß wir ein Jahrgang sind. Das kann ich so unterschreiben, auch mit der Musik Sozialisation (ich hasse dieses Wort) in Kindertagen und der NDW (ich finde Joachim Witts „Goldener Reiter“ immer noch grandios“ oder Rheingolds „Dreiklangdimensionen“).
    Allerdings habe ich Schlager als regelmäßiger Hitparaden Gucker Anfang bis Mitte der 70er bewußt aufgenommen.

    Was ich nicht nachvollziehen will, ist, daß man ernsthafte Rockmusik nur englischsprachigen Musikern zugesteht, weil sie angeblich diese Art der Musik erfunden haben und kulturell nur dort eine Berechtigung hat.
    Spinnt man diesen Faden nämlich konsequent weiter, ist auch der alte Blues und Gospel in englischer Sprache nicht authentisch, da er von den afrikanischen Sklaven in die Staaten importiert wurde. Wenn demnach überhaupt musikalisch was ernst zu nehmen ist, dann sind es die Sklavengesänge in Kisuaheli.

    --

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      #6625917  | PERMALINK

      just-me

      Registriert seit: 06.11.2007

      Beiträge: 1,074

      Go1Ein Unterschied ist offensichtlich: Man kann die Texte nicht so gut ignorieren…

      „Stell dir vor es gibt kein Himmelreich,
      es ist leicht es zu versuchen,
      keine Hölle unter uns,
      über uns nur Himmel.
      Stell dir vor alle Menschen,
      leben für das „heute“.
      Stell dir vor es gibt keine Länder,
      es ist nicht schwer es zu tun,
      nichts wofür man morden oder sterben müßte,
      und auch keine Religion.
      Stell dir vor alle Menschen,
      leben in Frieden.
      Du wirst vielleicht sagen ich bin ein Träumer
      aber ich bin nicht der Einzige.
      Ich hoffe du wirst dich eines Tages uns anschließen,
      und die Welt wird eins sein.
      Stell dir vor es gibt keinen Besitz,
      ich frag mich ob du das kannst,
      kein Grund für Gier oder Hunger,
      alle Menschen wären Brüder.
      Stell dir vor alle Menschen,
      teilen sich die Welt.
      Du wirst vielleicht sagen ich bin ein Träumer
      aber ich bin nicht der Einzige.
      Ich hoffe du wirst dich eines Tages uns anschließen,
      Und die Welt wird eins sein. ….. “

      das MUSS man ignorieren! Und nur leicht darüber hinweckfließen und gnädig sein
      das würde ich den Mitdiskutanten übrigens sehr wohl empfehlen, bevor sie mit ihrem strengen Zeigefinger „Lehrer“ spielen, die sie nicht sind und nie waren

      --

      #6625919  | PERMALINK

      malibu

      Registriert seit: 12.12.2005

      Beiträge: 3,280

      Mick67Spinnt man diesen Faden nämlich konsequent weiter, ist auch der alte Blues und Gospel in englischer Sprache nicht authentisch, da er von den afrikanischen Sklaven in die Staaten importiert wurde. Wenn demnach überhaupt musikalisch was ernst zu nehmen ist, dann sind es die Sklavengesänge in Kisuaheli.

      Um Authentizität im Sinne von Traditionsbewahrung kann es natürlich nicht gehen. Gerade nicht bei so etwas wie Pop Musik.

      Interessant fände ich es, eine typisch deutsche Art mit Pop Musik umzugehen herauszuarbeiten. Die britische Adaption US-Amerikanischen Rock’n’Roll Sachen ist ja weitgehend (:-)) akzeptiert, dass in Jamaika eine eigenständige Pop Musik entstanden ist, auch. Selbst englisch als Sprache muss keine Bedingung sein, was mit Blick auf Brasilien und Frankreich klar wird.
      Warum also ist deutsche Pop Musik so problematisch?

      Als in den 80ern geprägter (kurz nach Mick und Grandandt) Mensch fällt mir ein ziemlich starker Einfluss von Liedermachern mit (mehr oder weniger) reflektierenden, tiefschürfenden Texten auf. Kann es sein, dass das intensive Achten auf die Texte gar nicht so sehr am sofortigen Verstehen der Sprache als an den Texten selber liegt?

      Mir fallen spontan ‚Heißer Sand‘, die Kolossale Jugend und die letzten Tocotronic Platten ein, bei denen die Texte so metaphorisch konzipiert sind, dass ich mich aktiv konzentrieren muss, um auf den Text als Ganzes zu achten. Sonst höre ich dort ähnlich zu wie bei englischsprachigen Stücken.

      --

      #6625921  | PERMALINK

      staggerlee

      Registriert seit: 04.02.2007

      Beiträge: 738

      Eine kleine Anmerkung: Blues und Gospel ist nicht aus Afrika importiert worden, sondern in der USA entstanden unter den dortigen Voraussetzungen.

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      #6625923  | PERMALINK

      mick67

      Registriert seit: 15.10.2003

      Beiträge: 76,902

      StaggerleeEine kleine Anmerkung: Blues und Gospel ist nicht aus Afrika importiert worden, sondern in der USA entstanden unter den dortigen Voraussetzungen.

      Ja, schon klar. Ich hätte auch allgemeiner Klagegesänge schreiben können. Ich denke, Du weißt, was ich sagen will.

      --

      #6625925  | PERMALINK

      sparch
      MaggotBrain

      Registriert seit: 10.07.2002

      Beiträge: 36,501

      Mick67Ich hätte auch allgemeiner Klagegesänge schreiben können.

      Die Sklaven haben also Klagegesänge aus Afrika importiert und damit den Blues entwickelt?

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      If you stay too long, you'll finally go insane.
      #6625927  | PERMALINK

      close-to-the-edge

      Registriert seit: 27.11.2006

      Beiträge: 27,908

      Dass auch in Deutschland hörenswerte und relevante Musik gemacht wird, dürfte ja niemand ernsthaft bestreiten. Wir müssen uns da ja nicht auf bestimmte Interpreten einigen. Und wir sind ja auch nicht mehr in den 70ern, wo deutsche Künstler erstmal auf Umwegen einen amerikanischen Deal bekommen mußten um im eigenen Land mehr als 3000 Einheiten zu verkaufen, weil man hier von der Fachpresse totgeschwiegen oder verissen wurde (seltsamerweise wurden bands wie Hoelderlin oder Grobschnitt in den 80ern plötzlich gebeten, ihr nächstes Album doch bitte in deutscher Sprache abzuliefern).

      Spannender ist also die Frage ob tatsächlich die Texte das Problem sind. Musiker, die weniger zu sagen haben, wie, sagen wir mal die Scorpions, würden in Deutsch sicher weit peinlicher klingen. Da geht uns nichts verloren. Aber bei den deutschsprachigen Künstlern die wirklich was mitteilen wollen, fänd ich es schwer schade, wenn die das in einer „fremden“ Sprache täten.
      Kein Mensch käme auf die Idee einen Franzosen zu fragen wieso er französisch singt. Das ist eine typisch deutsche Verhaltensweise. Und deutsche Pop- und Rockmusik mußte lange darum kämpfen, in ihrer eigenen Sprache wahrgenommen und sogar akzeptiert zu werden. Das hat wohl auch zu einem erhöhten Anspruchsprofil geführt. Kein Mensch nimmt Anstoss wenn Die Stones, Deep Purple oder Genesis was Plattes singen, was ja gelegentlich auch mal vorkommt. Deutsche Texte aber werden mitunter nur geduldet wenn man wirklich höhere Lyrik darin findet. „Wind of Change“ z.B. wäre vom Label in Deutsch vermutlich nicht mal veröffentlich worden.

      Zu Nails provokantem Auslöser im Lindi-Thread würde ich sagen dass ich nicht lange genug hier bin um zu beurteilen ob es diese gemeinte grosse Gruppe in der Form gibt. Aber so zwei, drei, vier naserümpfende User die Nail sehr schön beschrieben hat, fallen mir schon ein. Und die heftige Resonanz zeigt auch dass sich offenbar einige angesprochen fühlten.

      Mein eigenes deutschsprachiges Musikspektrum ist übrigens sehr umfangreich. Das beginnt auch bei Udo, und den ursprünglich mal als ganz andere NDW gemeinten Aufbruchsbands wie Ideal, Spliff, Extrabreit, Witt, Fehlfarben, Foyer des Arts etc, über die nachfolgende klassische Deutschpopschiene mit Rio, Westerhagen, Bap, Grönemeyer, Kunze, Maurenbrecher, Meinecke etc.
      Gern auch mal etwas Punk (Abwärts, frühe Hosen, sogar mal Slime), gern auch EOC, Blumfeld, Frevert, Sterne etc.
      Da ist niemand dabei der mich rundum glücklich macht, aber für einzelne Songs wie Mauris „Brennende Boote“ oder Kunzes „Lebend kriegt ihr mich nicht“ muss ich auch bei Dylan sehr lange nach adäquaten Sachen suchen.

      --

      #6625929  | PERMALINK

      go1
      Gang of One

      Registriert seit: 03.11.2004

      Beiträge: 5,625

      Die Sprachrhythmen und Sprachmelodien sind anders als im Englischen oder Amerikanischen – das wirkt sich darauf aus, welche Gesangsmelodien natürlich klingen und wie die Worte zur Musik passen. Die Popmusik an die deutsche Sprache anzupassen oder umgekehrt ist schon eine gewisse Leistung; da mußten Leute wie Rio Reiser, Peter Hein, Thomas Schwebel kommen, um zu zeigen, wie es geht. Das gilt für jede Übertragung in einen anderen Sprachraum. Bei Simon Reynolds habe ich die Beobachtung gelesen, dass es nicht ganz leicht ist, überzeugend auf Englisch zu rappen statt auf Amerikanisch – das britische und das amerikanische Englisch (oder die lokalen Dialekte) haben nicht denselben Sprachfluß; die englischen MCs mussten eigene Strategien entwickeln, um natürlich zu klingen und nicht wie Nachahmungen der US-Rapper. Das wird wohl auch für den deutschen HipHop gelten (mit dem ich mich nie beschäftigt habe).

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      To Hell with Poverty
      #6625931  | PERMALINK

      mick67

      Registriert seit: 15.10.2003

      Beiträge: 76,902

      sparchDie Sklaven haben also Klagegesänge aus Afrika importiert und damit den Blues entwickelt?

      Herrgott noch eins, NEIN! Aber einen Entwicklungsstrang wird es doch wohl geben, oder ist alles falsch, was ich darüber gelesen habe?

      --

      #6625933  | PERMALINK

      napoleon-dynamite
      Moderator

      Registriert seit: 09.11.2002

      Beiträge: 21,856

      Kolossale Jugend, Fehlfarben, Drafi Deutscher, Family 5, Captain Kirk &, Lassie Singers, Huah!, Mittagspause, Palais Schaumburg, Eins Zwo, Die Regierung

      --

      I'm making jokes for single digits now.
      #6625935  | PERMALINK

      sparch
      MaggotBrain

      Registriert seit: 10.07.2002

      Beiträge: 36,501

      Mick67Herrgott noch eins, NEIN! Aber einen Entwicklungsstrang wird es doch wohl geben, oder ist alles falsch, was ich darüber gelesen habe?

      Mich störte das Wort Klagegesänge. Die Wurzeln des Blues finden sich sicher auch in Westafrika, da gebe ich Dir natürlich recht. Aber in seiner Ursprünglichkeit hat das vermutlich nichts mit Klagegesängen zu tun.

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      If you stay too long, you'll finally go insane.
      #6625937  | PERMALINK

      Anonym
      Inaktiv

      Registriert seit: 01.01.1970

      Beiträge: 0

      Napoleon DynamiteKolossale Jugend, Fehlfarben, Drafi Deutscher, Family 5, Captain Kirk &, Lassie Singers, Huah!, Mittagspause, Palais Schaumburg, Eins Zwo, Die Regierung

      Starke Liste! Ergänze noch um The Wirtschaftswunder, Blumfeld, Saal 2, S.Y.P.H. und KFC, dann ists rund. Von den ganz Großen weit vorne: die 4. Ton Steine Scherben Platte oder die erste deutschsprachige Lindenberg LP „Daumen im Wind“. Sollte man nicht unter den Tisch fallen lassen!

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      #6625939  | PERMALINK

      irrlicht
      Nihil

      Registriert seit: 08.07.2007

      Beiträge: 31,188

      pinchStarke Liste! Ergänze noch um The Wirtschaftswunder, Blumfeld, Saal 2, S.Y.P.H. und KFC, dann ists rund. Von den ganz Großen weit vorne: die 4. Ton Steine Scherben Platte oder die erste deutschsprachige Lindenberg LP „Daumen im Wind“. Sollte man nicht unter den Tisch fallen lassen!

      Wieso ausgerechnet die „IV“, pinch ? Musikalisch wie textlich für mich klar die Schwächste. Vorne: „Wenn die Nacht am tiefsten…“, gleich danach „Keine Macht für niemand“. Und dann kommen ja noch die Live-Alben. Was viele bloß an der „IV“ finden ??! Teils schlicht durchschnittliche Texte, kaum schöne Melodien und eine Magenumdreherproduktion.

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      Hold on Magnolia to that great highway moon
      #6625941  | PERMALINK

      Anonym
      Inaktiv

      Registriert seit: 01.01.1970

      Beiträge: 0

      IrrlichtWieso ausgerechnet die „IV“, pinch ? Musikalisch wie textlich für mich klar die Schwächste. Vorne: „Wenn die Nacht am tiefsten…“, gleich danach „Keine Macht für niemand“. Und dann kommen ja noch die Live-Alben. Was viele bloß an der „IV“ finden ??! Teils schlicht durchschnittliche Texte, kaum schöne Melodien und eine Magenumdreherproduktion.

      Eine Magenumdreherproduktion höre ich da nicht unbedingt raus, im Gegenteil: mochte schon immer das Spröde und Schlichte der Platte, das passte immer recht gut zu Rio Reisers Texten, ohne sie unnötig zu beladen etc. Die IV erweist sich für meine Ohren aber u.a. auch deshalb als erfolgreich und besonders gelungen, da die gehegte und gepflegte Sponti-Mentalität endlich aufgegeben und zugunsten von Groove, Ideenreichtum und Geradlinigkeit ersetzt wird. Stücke wie „Feierabend“, „Allein machen sie dich ein“ oder „Paul Panzers Blues“, welche allesamt das Debut anbietet, finde ich albern und konfus und eher abstoßend, Songs wie „Jenseits von Eden“ oder „Heimweh“ Songs wie „Jenseits von Eden“ oder „Heimweh“ gefallen mir da aus ganz verschiedenen Gründen erheblich besser. Die finden auch abseits dieser aufgesetzten und gestelzt wirkenden Spießerrebello-Attitüde zu ihren Qualitäten.

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      #6625943  | PERMALINK

      irrlicht
      Nihil

      Registriert seit: 08.07.2007

      Beiträge: 31,188

      pinch…Songs wie „Jenseits von Eden“ oder „Heimweh“ gefallen mir da aus ganz verschiedenen Gründen erheblich besser.

      Ohne Frage große Songs, „Wie in den Tagen Middians“ und „Filmkuß“ hätte ich auch noch anzubieten. Aber es ist für mich nach wie vor ein Doppelalbum, welches letztlich doch eindeutig mehr Mittelmaß als große Kunst vorzuweisen hat. Und selbst meine liebsten hierauf kommen gegen Sahnstückchen wie „Steig ein“, „Komm an Bord“ oder eben „Wenn die Nacht am tiefsten…“ nicht an. Wohl wie immer Ansichtssache.

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      Hold on Magnolia to that great highway moon
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