Woven Hand – Consider the birds (2004)

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    irrlicht
    Nihil

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    1. Sparrow falls
    2. Bleary eyed duty
    3. To make a ring
    4. Off the cuff
    5. Chest of drawers
    6. Oil on panel
    7. The speaking hands
    8. Down in yon forest
    9. Tin finger
    10. Into the piano

    Wie bewertet man ein Album, das einen so dermaßen berührt, dass man Wertungen schon nicht mehr in Sterne verpacken kann ? Sieht man dann jeden Song als 5 Sterner, nur zu dem Zweck, dass die Gesamtwertung ebenfalls die Oberspitze erreicht ? Eine Frage, die ich mir bei diesem Album öfter gestellt habe als bei keinem anderen.

    Dieses Album habe ich seit dem Erwerb vor etwas über einem Monat sicherlich dreißig Mal und mehr gehört. Es zeigt immer noch nicht die kleinsten Abnützungserscheinungen. Immer noch die gleiche Faszination, die gleiche Euphorie, wenn bestimmte Parts oder Melodiebögen die Gehörgänge erreichen. Ein Album, das mich gefangen genommen hat und nicht mehr loszulassen scheint. Eine Stimmung in der ich mich heimisch fühle. Was natürlich auch viel mit der Instrumentierung zusammenhängt, die schlicht ungewöhnlich ist, zumindest für das unerfahrene Ohr. Die Stilbezeichnung „Gothic-Country“ ist dabei gar nicht verkehrt. Die Musik könnte düsterer teilweise nämlich nicht sein. Nein – doch nicht. Als schlicht düster kann man die Musik um David Eugene Edwards dann doch nicht sehen. Wenn ich ein Wort suchen müßte wäre es wohl „real“ oder „wahr“. Er scheint sich wohl selbst als gläubigen Visionär zu sehen, tief verwurzelt in der indianischen Kultur. Diese Gesinnung wird aufgrund seiner frühen religiösen Schulung verständlich. Dies wird bspw. in „To make a ring“ besonders deutlich. Die Geigen zirpen, das Schlagzeug ist kräftig und rythmisch, ebenso der Gesang Edwards. Der Rythmus dazu zieht einen ins hinterste Mittelalter. Trommeln, Kreischen, Keuchen. Intensiver geht es kaum. Das Stück türmt darin, dass sich die Stimmen überschneiden und einen Satz wie ein Mantra ins Unendliche ziehen. Unerwartet endet das Stück. Der Puls geht langsam wieder runter. Das Atmen fällt wieder etwas leichter. Die Anspannung bleibt.

    Momente wie diese gibt es auf diesem Album viele. Unterschiedlichster Art. Um nur ein paar wenige zu nennen.
    So wird man beim Opener „Sparrow falls“ von einer, wie von Geisterhand geführten Gitarre empfangen. Innerhalb von Sekunden ist man im Lied gefangen. Edwards bahnt sich mit blutender Stimme und Tränen in den Augen seinen Weg zum Hörer. Klagend und mahnend zugleich. Der jüngste Tag bricht in sekundenschnelle herein. Mit Pianoklimpern und dem Riff der Anfangsgitarre wird das Lied langsam ausgeblendet. Durchatmen.

    „Bleary eyed duty“ knüpft stimmungsmäßig daran an, ist allerdings etwas tragender und „luftiger“. Das Becken klirrt sachte, der Bass dröhnt tief, während der Gesang langsam auffährt und in einem fast schon kraftvollen Chorus mündet. Doch Woven Hand währen nicht Woven Hand, wenn sie nicht noch etwas einbauen würden und siehe da – Ein Piano das im luftleeren Raum langsam und beängstigend vor sich hin schwelgt und den Hörer für kurze Zeit in den Himmel erhebt um in schon wenige Takte darauf wieder auf den Boden zurückzuholen. Perfekt.

    „Into the piano“, das Schlußstück ist tatsächlich das, was der Titel ausspricht. Eine unglaublich intensive Pianoballade, die im Hintergrund von flirrenden Geräuschen begleitet wird. Sirenen heulen, Vogelzwitschern – und bei 2:55 mag man meinen, Edwards erbittet auch noch die Gesellschaft der Götter. Tragisch klingen die letzten Sekunden dieser ohnehin schon tragischen Scheibe. Voller Emotionen, voller Angst, Wut und Trauer. Aber auch Hoffnung.

    Ein Album, dass mir zeigt, dass der Gesamteindruck teilweise doch erheblich mehr sein kann, als die Summe der Einzelteile. Ein Schnitt von 4,25 – Eine Wertung die dem Album nicht gerecht wird. Daher: Ich ergebe ich mich vor dieser Scheibe und versuche erst gar nicht objektiv zu urteilen. ***** – Ein Album für die Ewigkeit. Der Reiseleiter und Wegweiser.

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      #6512049  | PERMALINK

      fabian87

      Registriert seit: 30.04.2006

      Beiträge: 77

      Toller Text, Irrlicht. Wirklich, da will und kann ich auch gar nicht mehr viel zu sagen. Außer: Ja, du hast recht. Seit ich vor kurzem auf „To Make A Ring“ gestossen bin, liebe ich es rund um die Uhr in der Musik von DEE zu versinken. Habe mir auch gleich im Eiltempo noch Mosaic, Blush Music, Woven Hand und Ten Stones besorgt, zu denen ich aber noch nichts sagen kann, weil ich noch immer so mit Consider The Birds beschäftigt bin. Auch 16 Horsepower rücken aber immer mehr in mein Hörfeld, das Live March 2001 hat es mir schon schwer angetan. Folklore und Low Estate liegen ebenfalls bereit. Viel zu hören. Ich bin bereit für den Winter ^^

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      Es lief eine Bumm-Bumm-Musik ohne Gesang, im Gegensatz zu der sonst hier üblichen Rockmusik. Herrn Lehmann war das egal, Musik sagte ihm nichts. Nach seiner Meinung war sie in Kneipen nur dazu gut, daß sich die Leute in Ruhe anschreien konnten. "Ich versteh davon nichts. Das ist doch von Sylvio und Stefan." "Ich sags dir, die Schwulen, die sind immer ganz vorne. Das ist Acid House, Herr Lehmann."
      #6512051  | PERMALINK

      irrlicht
      Nihil

      Registriert seit: 08.07.2007

      Beiträge: 31,188

      Fabian87Toller Text, Irrlicht. Wirklich, da will und kann ich auch gar nicht mehr viel zu sagen. Außer: Ja, du hast recht. Seit ich vor kurzem auf „To Make A Ring“ gestossen bin, liebe ich es rund um die Uhr in der Musik von DEE zu versinken. Habe mir auch gleich im Eiltempo noch Mosaic, Blush Music, Woven Hand und Ten Stones besorgt, zu denen ich aber noch nichts sagen kann, weil ich noch immer so mit Consider The Birds beschäftigt bin. Auch 16 Horsepower rücken aber immer mehr in mein Hörfeld, das Live March 2001 hat es mir schon schwer angetan. Folklore und Low Estate liegen ebenfalls bereit. Viel zu hören. Ich bin bereit für den Winter ^^

      Huch, das habe ich tatsächlich völlig übersehen. Vielen Dank Dir, Fabian87, schön, dass Dir der Text ebenso aus der Seele sprach.

      Und was ich noch anbringen will: Viel Spaß beim weiteren Entdecken. Fraglos ist mein Woven Hand/16 horsepower-Fieber innerhalb der letzten Monate etwas zurückgegangen, womöglich auch, ähem, temperaturbedingt, aber sollte ich mich auf das verschneite Königreich des David Eugene Edwards dann doch einlassen, ist die Wirkung weiterhin faszinierend. DEE ist m.E. eben auch einer, wenn nicht sogar der beste Sänger überhaupt. Sicherlich weder technisch, noch durch alles überbietende Abwechslung zu rechtfertigen, wohl aber für sein ungemeinen „Taktgefühl“, für die Fähigkeit selbst durch ein einfaches Hauchen ungemein viel Atmosphäre und Intensität zu erzeugen, wo er doch selbst, „Winter shaker“ und weitere geben mir Recht, die Fähigkeit besitzt mit einem gewaltigen Organ gesegnet alles in Grund und Boden singen zu können.

      P.S. „Consider the birds“ ist weiterhin mein Favorit der Band („Mosaic“ allerdings nur marginal schwächer) und seit längerem fest in meiner Top10 verankert. Überragendes, ausfallloses Werk.

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