soul soul soul soul

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  • #97597  | PERMALINK

    blues-pfaffe

    Registriert seit: 28.09.2003

    Beiträge: 1,350

    StaggerleeP.S: Was ist eigentlich Heulbojenblues?

    Gute Frage.
    Es ist ein immer wieder zu hörendes Klischee, dass der „klassische“, „Country“-, Delta- oder was auch immer Blues grundsätzlich traurig (und damit langsam etc.) sei. Das stimmt einfach vorne und hinten nicht. Die Bluesmusiker im Delta sind durch die Gegend gezogen und haben zum Tanz aufgespielt. Und da gings durchaus schon gewaltig ab. Auch ohne Strom und E-Gitarren. Man höre sich nur mal so eine Tanznummer wie „They’re Red Hot“ von Robert Johnson an.
    Und auch der City-Blues (als die urbanere Version des Country-Blues) ist schon vor der Elektrifizierung der Bands entstanden. Hierzu höre man beispielsweise die Aufnahmen von Big Bill Broonzy aus der Vorkriegszeit.
    Jump-Blues ist dann wiederum die Aufnahme von Swing-Rhythmen in die Besetzung einer Bluesband. Und hier beginnt dann das, was im herkömmlichen Sinne als Rhythm & Blues bezeichnet wird. Hinzu kommen bei dieser Bezeichnung aber auch noch der Boogie Woogie (nicht nur die Piano-Solo-Version, sondern die gesamte Boogie-Musik der 40er/50er) und DooWop als vokale Popmusik.
    Soul wiederum (so eine der mir bekannten Definitionen) beginn zu dem Zeitpunkt, als diese Musik noch mit Elementen des Gospel vermischt wurde (etwa in „I got a woman“ von Ray Charles).

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      #97599  | PERMALINK

      herr-rossi
      Moderator
      -

      Registriert seit: 15.05.2005

      Beiträge: 84,853

      StaggerleeAuf mich wirkt die Musik häufig seltsam „ausgebleicht“, geglättet. Zu häufig wird auf den weißen Plattenmarkt geschielt, was sicherlich mir der zahlunkräftigeren weißen Mittelschicht, die Anpassung der Schwarzen an das weiße System/die weiße Leitkulur und der Dominanz der Weißen in der Plattenindustrie zu tun hat (dies war allerdings schon immer der Fall). Ein gutes Buch hierzu ist Nelson George: The Death of Rythm & Blues.

      Ich kann mich mit dieser Sichtweise nicht anfreunden (ich kenne das Buch von Nelson George). Wenn R+B als „schwarze Popmusik“ definiert ist, dann ist es doch unsinnig, das gesamte Genre mit der Meßlatte des Rauhen, Ungeschliffenen, „Authentischen“ zu messen. Tatsächlich ist schwarzer Pop momentan nicht gerade in einer Blütephase, aber er war es Ende der 90er Jahre und Anfang dieses Jahrzehnts. Auch das hatte nichts mit dem zu tun, was man sich landläufig unter „echter“ schwarzer Musik vorstellt, die wohl auf ewig nach Sümpfen und Baumwollfeldern klingen soll. Ebensowenig wie früher schon Motown, Philly und Disco (bei Disco muss man ja sogar immer dazu sagen, dass man nicht Boney M meint, sondern Chic & Co.).

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      #97601  | PERMALINK

      blues-pfaffe

      Registriert seit: 28.09.2003

      Beiträge: 1,350

      Herr RossiIch kann mich mit dieser Sichtweise nicht anfreunden (ich kenne das Buch von Nelson George). Wenn R+B als „schwarze Popmusik“ definiert ist, dann ist es doch unsinnig, das gesamte Genre mit der Meßlatte des Rauhen, Ungeschliffenen, „Authentischen“ zu messen. Tatsächlich ist schwarzer Pop momentan nicht gerade in einer Blütephase, aber er war es Ende der 90er Jahre und Anfang dieses Jahrzehnts. Auch das hatte nichts mit dem zu tun, was man sich landläufig unter „echter“ schwarzer Musik vorstellt, die wohl auf ewig nach Sümpfen und Baumwollfeldern klingen soll. Ebensowenig wie früher schon Motown, Philly und Disco (bei Disco muss man ja sogar immer dazu sagen, dass man nicht Boney M meint, sondern Chic & Co.).

      Der Begriff des Authentischen ist glaub ich in der Popmusik überhaupt nicht so richtig angebracht. Denn schon von Anfang an ist beispielsweise Blues und Gospel ebenso wie auch der Jazz immer schon ein Produkt aus der Vermischung weißer und schwarzer Traditionen. So stammt der Jazz ja aus der Aufnahme von schwarzer Musizierweise und Rhythmik im Kontext der eigentlich vom weißen Militär gebildeten Blaskapellen. (Und der Ragtime aus der Vermischung von „schwarzer Rhythmik“ und weißem – sprich europäischer – Klaviervirtuosentum)
      Authentisch im eigentlichen Sinne wäre nur eine Musik die sich völlig ohne äußere Einflüsse hätte entwickeln können.

      Wenn ich doch ab und zu von „authentisch“ rede, dann meine ich damit: da wird Musik gespielt, die einer tief von innen her fühlt. Und das ist wirklich farbunabhängig. Das kann den klassischen Soul und Funk ebenso treffen wie den alten Blues – oder auch weiße Singer/Songwriter oder was auch immer. Musik, die sich primär auf den Massengeschmack richtet, fällt aus diesem Raster hörbar heraus. Denn da sind die Ecken rundgelutscht oder abgeschliffen, um ja die Zielgruppe nicht zu schockieren.

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      #97603  | PERMALINK

      herr-rossi
      Moderator
      -

      Registriert seit: 15.05.2005

      Beiträge: 84,853

      Blues-PfaffeWenn ich doch ab und zu von „authentisch“ rede, dann meine ich damit: da wird Musik gespielt, die einer tief von innen her fühlt.

      Das ist dann aber doch sehr subjektiv und negiert vor allem die musikalische Tiefe, die auch viele Produzenten, Sänger usw. angeblich „gebleichter“ Musik auszeichnet. Man könnte auch sagen, dass die vertrackten, abstrakten Beats beispielsweise eines Timbaland (in seinen großen Tagen) geeignet waren, ein traditionalistisches, an einem überkommenen Klangbild hängendes Publikum zu „schockieren“.

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      #97605  | PERMALINK

      blues-pfaffe

      Registriert seit: 28.09.2003

      Beiträge: 1,350

      Ok, diesen Aspekt muss man natürlich auch noch einbeziehen. Obwohl ich (je älter ich werde) immer weniger Freude an solch verkopften Leistungen habe. Abstrakte Malerei ist für mich immer noch einfacher zugänglich als sogenannte Avantgard-Musik. Ich weiß nicht, woran das liegt… Der Schockeffekt darf meines Erachtens nicht für sich stehen, sondern muss in der Logik des Stücks liegen. Ansonsten wird das ganze doch eitle Selbstbespiegelung.

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      #97607  | PERMALINK

      go1
      Gang of One

      Registriert seit: 03.11.2004

      Beiträge: 5,625

      „Verkopfte Leistungen“ ist sicher kein passender Ausdruck für eine gute Timbaland-Produktion. Immerhin geht es vorrangig um Rhythmus. In den besten Fällen ist das eine sehr körperliche Musik, die zugleich ein Fest für die Ohren ist – und darüberhinaus oft populär, trotz oder gerade wegen der „Ecken und Kanten“, der ungewöhnlichen Einfälle.

      --

      To Hell with Poverty
      #97609  | PERMALINK

      cleetus

      Registriert seit: 29.06.2006

      Beiträge: 17,267

      @Heulbojenblues: Damit meine ich so in etwa das Klischee welches Blues-Pfaffe oben beschrieben hat. Da ich mich aus Desinteresse seit geraumer Zeit nicht mehr mit Blues auseinandersetze und auch vorher nur bis zu Robert Johnson, Buddy Guy und Muddy Waters gekommen bin, weiß ich wohl zu wenig Bescheid um wirkliche Unterschiede herauszuhören.
      Die seltenen Berührungen die ich mit Blues heutzutage noch habe, passieren über Stone.fm und das, pardon, langweilt mich zu 95% weil eben nur geheult wird (siehe Joe Bonamassa, live genauso öde wie auf CD).
      Allerdings ist es interessant was du oben schriebst, ich werde beim nächsten Mal sicherlich darauf achten.

      Blues-Pfaffe
      Wenn ich doch ab und zu von „authentisch“ rede, dann meine ich damit: da wird Musik gespielt, die einer tief von innen her fühlt. Und das ist wirklich farbunabhängig. Das kann den klassischen Soul und Funk ebenso treffen wie den alten Blues – oder auch weiße Singer/Songwriter oder was auch immer. Musik, die sich primär auf den Massengeschmack richtet, fällt aus diesem Raster hörbar heraus. Denn da sind die Ecken rundgelutscht oder abgeschliffen, um ja die Zielgruppe nicht zu schockieren.

      ad 1.) Finde ich ziemlich gewagt, jemandem, selbst einem Popsternchen, diese Eigenschaft abzusprechen.
      ad 2.)das klingt nach meinem kleinen Bruder: „Die Band hör ich nicht mehr, die ist mir zu kommerziell und deshalb scheiße.“
      Diesen Ansatz finde ich, egal in welcher Musikrichtung, völlig falsch.

      Cleetit: Ich verstehe die Problematik der Diskussion immer weniger.

      --

      Don't be fooled by the rocks that I got - I'm still, I'm still Jenny from the block
      #97611  | PERMALINK

      blues-pfaffe

      Registriert seit: 28.09.2003

      Beiträge: 1,350

      CleetusDie seltenen Berührungen die ich mit Blues heutzutage noch habe, passieren über Stone.fm und das, pardon, langweilt mich zu 95% weil eben nur geheult wird (siehe Joe Bonamassa, live genauso öde wie auf CD).

      ad 1.) Finde ich ziemlich gewagt, jemandem, selbst einem Popsternchen, diese Eigenschaft abzusprechen.

      ad1.) Ich würde das niemandem einfach absprechen. Doch wenn mich der Titel einfach kalt lässt, dann tschüss. Wichtig ist mir, dass ich der Aufnahme abspüre, dass da jemand mit Leib und Seele dabei war. Und das ist oft auch in kommerziellen Produktionen der Fall.

      --

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      #97613  | PERMALINK

      kingberzerk

      Registriert seit: 10.03.2008

      Beiträge: 2,068

      Das Hohelied der Authentizität, der Mythos derselben und das dazugehörige Kriterium in der Ästhetikdiskussion ist wohl auch nicht abendfüllend, schätze ich mal. Ehrliche Künstler machen ehrliche Musik mit ehrlichen Instrumenten. Im Gegensatz zu R’n’B wohl auch. Aus meiner Sicht wird Blues mit diesem Reinheitsgebot stigmatisiert.

      --

      Tout en haut d'une forteresse, offerte aux vents les plus clairs, totalement soumise au soleil, aveuglée par la lumière et jamais dans les coins d'ombre, j'écoute.
      #97615  | PERMALINK

      dougsahm
      Moderator

      Registriert seit: 26.08.2002

      Beiträge: 17,863

      19.05-20.30 heute

      Zündfunk extra (BR2)
      Soul to Soul: Eine kleine Geschichte der Seele im Pop
      Von Jonathan Fischer

      --

      #97617  | PERMALINK

      m-c

      Registriert seit: 13.11.2007

      Beiträge: 979

      topsMariah Carey nicht zu vergessen.

      @ tops
      Mariah ist „schwarz“. Sie fühlt sich als „Schwarze“. Und sie ist ( wie sehr viele Menschen ) ein ethnologischer „Mischling“. Zwei Kinder von Boris B. sind auch nicht „schwarz“, äußerlich. Trotzdem haben sie „schwarze“ Wurzeln.
      Das hier über die Hautfarbe philosophiert wird zeigt mir, dass wir in Deutschland gedankentechnisch hinter den USA und z.B. NL „zurück“ sind.

      In der Musik werden Künstler schon lange nicht mehr nach Hautfarbe sortiert. Sondern nach Musikrichtung. Darum macht Timabaland klar „schwarze“ Musik.
      In den USA unterscheidet man zwischen Leuten die außen „schwarz“ sind und innen „weiss“. Und zwischen andern die außen „weiss“ sind und innen „schwarz“. Es ist ein Lebensgefühl, was mit diesen Begriffen gemeint ist.

      Woher weiss ich das?
      Ein Teil meiner Familie ist Nordamerikaner.
      Ein Teil meiner Familie ist Holländer.
      Ein Teil meiner Familie stammt aus Frankreich.
      Ein Teil meiner Familie ist Perser.
      Ein Teil meiner Familie ist Schweizer.
      Mein Vater ist in Brasilien aufgewachsen.

      Die Welt ist bunt!

      --

      "Schönheit lockt Diebe schneller noch als Geld" William Shakespeare ( 1564 - 1616 )
      #97619  | PERMALINK

      Anonym
      Inaktiv

      Registriert seit: 01.01.1970

      Beiträge: 0

      Das folgende Soul-Radio-Spezial wird den einen oder die andere hier interessieren:

      „Spielräume Nachtausgabe“ zum Thema „Soul und das schwarze Amerika
      Teil 1: ORF, Ö1, Freitag, 16. Mai 2008, 22:40 – 24:00 Uhr,
      Teil 2: ORF, Ö1, Samstag, 17. Mai 2008, 00:08 – 1:00 Uhr.

      Aus der Programm-Ankündigung:

      „Ray Charles, Aretha Franklin und Solomon Burke stehen mit ihrer Musik im schwarzen Amerika der 60er und 70er Jahre nicht nur für tränentreibende Romantik, sondern auch für harte Kritik an der sozialen Situation der Schwarzen in Amerika.

      „Cry To Me“ ist der Titel dieser „Spielräume Nachtausgabe“ mit dem Soul-DJ Samir Köck, dem Filmkritiker der New York Times, Elvis Mitchell, der bei den Wiener Festwochen seinen Dokumentarfilm „The Black List“ präsentieren wird, Thomas Fröschl, Universitätsprofessor für neuere Geschichte (mit Schwerpunkt USA) und der afroamerikanischen Sängerin und Tänzerin Kim Cooper („Rounder Girls“).“

      --

      #97621  | PERMALINK

      tops
      This charming man

      Registriert seit: 04.05.2003

      Beiträge: 3,597

      m.c.@ tops
      Mariah ist „schwarz“. Sie fühlt sich als „Schwarze“.

      Das hier über die Hautfarbe philosophiert wird zeigt mir, dass wir in Deutschland gedankentechnisch hinter den USA und z.B. NL „zurück“ sind.

      In der Musik werden Künstler schon lange nicht mehr nach Hautfarbe sortiert. Sondern nach Musikrichtung.

      Die Welt ist bunt!

      Mariah Carey ist so schwarz wie Schnee, musikalisch und überhaupt.

      Woher ich das weiß, rein gedankentechnisch? Nun, ich bin bunt. Mein Vater mütterlicherseits ist Creole, meine Granny väterlicherseits war gelb wie eine Quitte, Urahnen unserer Sippe bevölkerten die Steppen der hinteren Mongolei, und mein kleiner Bruder kennt Boris Becker. Also nicht persönlich, aber vom Fernsehen.

      --

      #97623  | PERMALINK

      Anonym
      Inaktiv

      Registriert seit: 01.01.1970

      Beiträge: 0

      Zur Erinnerung für jene, die Soul besonders interessiert, der Hinweis, dass die „Spielräume Nachtausgabe“ zum Thema „Soul und das schwarze Amerika“ in 45 Minuten beginnt.

      Teil 1: ORF, Ö1, Freitag, 16. Mai 2008, 22:40 – 24:00 Uhr,
      Teil 2: ORF, Ö1, Samstag, 17. Mai 2008, 00:08 – 1:00 Uhr.

      Wer Ö1 nicht über’s Kabelradio hören kann, kann den Sender weltweit via Web-Radio konsumieren:

      Entweder den folgenden URL http://oe1.orf.at/konsole/live oder das folgende Icon anklicken.
      [IMG]http://oe1.orf.at/img/oe1_webradio.gif

      --

      #97625  | PERMALINK

      ashitaka

      Registriert seit: 17.01.2006

      Beiträge: 2,420

      observerMillie Jackson – Caught up (1974, Spring Rec./Polydor)

      Das wahrscheinlich beste Soul-Album, das ich in letzter Zeit kennengelernt habe[…]

      Du hast in Deinem Text das Album sehr gut eingefangen. Ich möchte Dich hiermit anspornen weiterhin Deine Eindrücke zu neuen Entdeckungen zu schildern. Kennst Du das Folgewerk? Nicht weniger aufregend, stilistisch weiter gefächert.
      „Caught Up“, so behaupte ich mal ungeniert, ist eines der besten Soulalben überhaupt. Mir fallen spontan kaum stärkere Platten ein.

      --

      "And the gun that's hanging on the kitchen wall, dear, is like the road sign pointing straight to satan's cage."
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