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  • #5960391  | PERMALINK

    stormy-monday
    We Shall Overcome

    Registriert seit: 26.12.2007

    Beiträge: 20,063

    Calm down, Rossi. Halb so schlimm. :-)

    --

    Well, my telephone rang, it would not stop It's President Biden callin' me up He said, "My friend, Maik, what do we need to make the country grow?" I said, "My friend, Joe, my friend Bob would advice you , Brigitte Bardot, Anita Ekberg, Sophia Loren" Country'll grow
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    #5960393  | PERMALINK

    friedrich

    Registriert seit: 28.06.2008

    Beiträge: 4,877

    Stormy Monday:zitter::zitter::zitter::zitter::deppen_no:ploed::zensur:

    Bevor mich der :teufel: holt wird das nicht so.

    Trotzdem, sehr guter Beitrag, Friedrich. Die Cloud kann mich lecken………Was isn‘ das, die verkackte „Cloud“??? Ich hab‘ so silbrige und schwarze Scheiben.

    Thx!

    Ich muss Dich enttäuschen: Das ist teilweise schon so! Entsprechende Beispiele habe ich gepostet. Der einzige Unterschied ist der, dass das noch nicht jeder macht oder machen kann.

    Aber was soll so schlimm daran sein?

    Hätte Dir vor 200 Jahren jemand prophezeit, dass Du Musik hören kannst, ohne das Musiker anwesend sind und dass wir uns um Musik zu hören nicht mehr gemeinsam an ein und demselben Ort versammeln sondern jeder für sich alleine in seinem Kämmerlein oder in einem Wagen ohne Pferde bei 100 km/h auf der Autobahn eine jeweils andere Musik hört, was hättest Du denn dann gesagt?

    Herr RossiHimmel, kaum lässt man eine Gruppe älterer Herren (ja, ich bin selbst einer) für einen Moment unbeaufsichtigt, schon ist die ganze Bude mit Kulturpessimismus verqualmt. Kann mal jemand das Fenster öffnen?

    Wieso Kulturpessimismus?

    --

    „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
    #5960395  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
    -

    Registriert seit: 15.05.2005

    Beiträge: 85,018

    Naja, so bierernst war es auch nicht gemeint. Aber im Ernst: Wenn das Album tot ist oder demnächst stirbt, warum veröffentlichen immer noch 99,9 % aller Künstler Alben, warum ist es nach wie vor ein unverzichtbares Vehikel, um eine Band, einen Künstler bekannt zu machen? Warum werden Alben-Neuerscheinungen nicht nur in special interest-Publikationen wie dem Rolling Stone, sondern auch in Online-Massenmedien wie dem Guardian und Spon besprochen?

    Und wieso ist Musikhören nur dann ernsthaft, wenn es dem Album gilt? Die Single war der Ausgangspunkt der neueren Geschichte der populären Musik. Auch wer heute ein virulentes Interesse an aktueller Musik hat, wird sich nicht auf das Hören von Alben beschränken, sondern das wahrnehmen, was Künstler an brandneuem Material ins Netz stellen und das sind nunmal häufig Einzeltracks. Besonders junge Künstler haben in den letzten Jahren die alte Idee, sich mit einzelnen, wohlüberlegten Tracks zu positionieren, ehe sie ein Album veröffentlichen, ins virtuelle Zeitalter gerettet. Dass diese Tracks leider nur noch allzu selten in physisch greifbarer Form erscheinen und irgendwann auf dem Album zweitverwertet werden, mag man sehr bedauern (ich tue es jedenfalls), aber so völlig anders als früher sind die Mechanismen nicht.

    Und alle Formen oberflächlicher Musikwahrnehmung waren auch früher schon verbreitet. Dass Musik in der Jugendkultur nicht mehr den Stellenwert hat, den sie eine Zeitlang besaß, ist sicher richtig, aber Musik als Distinktionsmerkmal musste zu dem Zeitpunkt zwangsläufig an Wert verlieren, als „Jugend“ von der Subkultur zum gesellschaftlichen Leitbild wurde.

    --

    #5960397  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
    -

    Registriert seit: 15.05.2005

    Beiträge: 85,018

    Friedrich
    Wieso Kulturpessimismus?

    Deine Ausführungen mögen nicht so gemeint sein, aber sie werden sicher leicht so interpretiert. Dass sich die Wahrnehmung von Musik auch weiterhin mit dem technischen Wandel verändern wird, ist sicher richtig.

    --

    #5960399  | PERMALINK

    friedrich

    Registriert seit: 28.06.2008

    Beiträge: 4,877

    Herr RossiDass Musik in der Jugendkultur nicht mehr den Stellenwert hat, den sie eine Zeitlang besaß, ist sicher richtig, aber Musik als Distinktionsmerkmal musste zu dem Zeitpunkt zwangsläufig an Wert verlieren, als „Jugend“ von der Subkultur zum gesellschaftlichen Leitbild wurde.

    Das ist brillant formuliert. Früher hieß jung zu sein, rebellisch zu sein. Heute tragen Rentner Turnschuhe und Jeans, gehen auf Demos und hören die Stones. Jugend ist Mainstream geworden.

    Herr RossiDeine Ausführungen mögen nicht so gemeint sein, aber sie werden sicher leicht so interpretiert. Dass sich die Wahrnehmung von Musik auch weiterhin mit dem technischen Wandel verändern wird, ist sicher richtig.

    Es sind bloß ein paar Szenarios, die ich mir vorgestellt habe. Ohne sie zu werten, wohlgemerkt. Ich glaube, dass diese Szenarios sehr wohl eintreten können und teilweise auch schon eingetreten sind. Was aber nicht heißt, das auch weiterhin jemand an der Straßenecke steht, Gitarre spielt und die Leute ihm dafür Münzen zuwerfen.

    --

    „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
    #5960401  | PERMALINK

    stormy-monday
    We Shall Overcome

    Registriert seit: 26.12.2007

    Beiträge: 20,063

    In the Year 2525? Bitte nicht zu meinen Lebzeiten eine Cloud als Teil meiner Musikrezeption. Danach gerne :sonne:

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    Well, my telephone rang, it would not stop It's President Biden callin' me up He said, "My friend, Maik, what do we need to make the country grow?" I said, "My friend, Joe, my friend Bob would advice you , Brigitte Bardot, Anita Ekberg, Sophia Loren" Country'll grow
    #5960403  | PERMALINK

    roseblood

    Registriert seit: 26.01.2009

    Beiträge: 7,089

    Herr RossiAber im Ernst: Wenn das Album tot ist oder demnächst stirbt, warum veröffentlichen immer noch 99,9 % aller Künstler Alben, warum ist es nach wie vor ein unverzichtbares Vehikel, um eine Band, einen Künstler bekannt zu machen? Warum werden Alben-Neuerscheinungen nicht nur in special interest-Publikationen wie dem Rolling Stone, sondern auch in Online-Massenmedien wie dem Guardian und Spon besprochen?

    Vielleicht, weil Singles, EPs und Alben eben die gängigen und einzigen Veröffentlichungsvarianten sind?
    Aber in den letzten Jahren war doch schon zu registrieren, dass Tracks als Single veröffentlicht wurden, die mit der eigentlichen Single der vergangenen Tage nicht mehr viel gemeinsam haben. Es werden lediglich Tracks via Soundcloud oder Spotify zur Verfügung gestellt und als Single deklariert, ohne Vermerk auf B-Seiten oder dass man sie in haptischen Form erwerben könnte.

    Und wenn ich mir die Beliebtheit der einzelnen Alben-Tracks auf Spotify anschaue, dann wird deutlich, dass ein Album zu einer Veröffentlichung aus Tracks verkommt, statt den Gesamtkontext wahrzunehmen. Meistens haben die ersten 3, 4 Traks eines Albums die höchste Hörerfrequenz, danach sinkt das Interesse, ganz egal, ob ein Album auch zum Schluss überragende Tracks vorzuweisen hat. Es wird eben in ein Album hineingehört und wenn die ersten Tracks nicht überzeugen, bleibt der Rest für einige unbeachtet. Ein Album in der Onlinewelt ist wohl nur für die Interessierten lohnsenswert, alle anderen bleiben Tracks-Hörer.
    Das kann man natürlich alles total doof finden, aber das ist eben der Nebeneffekt, wenn online derat viel Musik konsumiert werden kann. Es gibt eben immer ein Pro und Contra.

    --

    #5960405  | PERMALINK

    alberto

    Registriert seit: 04.12.2007

    Beiträge: 1,944

    FriedrichIn der Zukunft wird es keine Alben mehr geben, nur noch Tracks.

    In der Zukunft wird es keine kompletten Stücke mehr geben, nur einzelne Instrumentalspuren, die man gegen eine Gebühr aus dem Netz runterladen kann. Jeder Hörer kann sich seine Musik selbst konfigurieren. Mit Drums oder ohne, schnell oder langsam, hart oder weich. Mit Gesang oder ohne, auf Englisch, Spanisch, Chinesisch oder Arabisch. Die Tonhöhe lässt sich anpassen, damit man selber besser unter der Dusche mitsingen kann.

    In der Zukunft wird es automatische Konfiguratoren geben, die Musikstücke nach Kriterien wie Dance, Song, Ambient, anregend, beruhigend, 60s, 70s, 80s, usw., oder Instrumentierung generieren. Like A Rolling Stone als Techno, Highway To Hell als Bossa Nova, Purple Rain als Schlager.

    In der Zukunft lässt sich die eigene Musikkonfiguration jederzeit nach Bedarf beliebig ändern, angepasst an Ort, Zeit und Situation, in der die Musik gespielt und gehört wird, ob in der U-Bahn, zuhause, auf einer privaten Party oder im Club.

    In der Zukunft kann jeder Hörer seine persönliche Musikkonfiguration in eine Cloud hochladen, wo sie von anderen Hörern gehört, heruntergeladen und wiederum neu konfiguriert werden kann. Es wird unendlich viele verschiednen Kombinationen von verschiedenen Instrumentalspuren geben. Kein Track gleicht dem anderen.

    In der Zukunft wird der Musiker als Subjekt bedeutungslos sein.

    Soll das den liner notes zu „Stop Making Sense“ nachempfunden sein?

    Die Idee, den Hörer Musik selber zusammenbasteln zu lassen, hatte Peter Gabriel schonmal. Die Sache ist gefloppt.

    Musik, die nur das bringt, was der Hörer schon kennt, so dass nichts Neues mehr produziert werden wird, sehe ich als reale Gefahr.

    Bedeutungslose Musiker waren ein Phänomen der Techno-Bewegung.

    --

    #5960407  | PERMALINK

    hotblack-desiato

    Registriert seit: 11.11.2008

    Beiträge: 8,595

    Mr. BlueD’Accord ! Bin ich voll bei Dir.
    Vinyl wird sogar weiter steigen. Das Forum hier ist das beste Beispiel. Und ja, es werden natürlich mehr (ältere) Leute sein, die sicherlich nicht mit dem letzten Cent rechnen müssen. Junge Leute interessiert das überwiegend nicht, brauche mich nur im Umfeld meiner 21-jährigen Tochter umschauen. Die wissen schon gar nicht mehr, was ein Plattenspieler und eine Schallplatte ist.

    Neulich hat meine mittlere Tochter (15) als Geburtstagsgeschenk für eine Freundin die letzte XX LP. Muss also nicht sein.

    --

    ~ Mut ist, zu wissen, dass es weh tun kann und es trotzdem zu tun. Dummheit ist dasselbe. Und deswegen ist das Leben so schwer. ~
    #5960409  | PERMALINK

    friedrich

    Registriert seit: 28.06.2008

    Beiträge: 4,877

    Herr RossiNaja, so bierernst war es auch nicht gemeint. Aber im Ernst: Wenn das Album tot ist oder demnächst stirbt, warum veröffentlichen immer noch 99,9 % aller Künstler Alben, warum ist es nach wie vor ein unverzichtbares Vehikel, um eine Band, einen Künstler bekannt zu machen? Warum werden Alben-Neuerscheinungen nicht nur in special interest-Publikationen wie dem Rolling Stone, sondern auch in Online-Massenmedien wie dem Guardian und Spon besprochen?

    RosebloodVielleicht, weil Singles, EPs und Alben eben die gängigen und einzigen Veröffentlichungsvarianten sind?

    Aber in den letzten Jahren war doch schon zu registrieren, dass Tracks als Single veröffentlicht wurden, die mit der eigentlichen Single der vergangenen Tage nicht mehr viel gemeinsam haben. Es werden lediglich Tracks via Soundcloud oder Spotify zur Verfügung gestellt und als Single deklariert, ohne Vermerk auf B-Seiten oder dass man sie in haptischen Form erwerben könnte.

    Und wenn ich mir die Beliebtheit der einzelnen Alben-Tracks auf Spotify anschaue, dann wird deutlich, dass ein Album zu einer Veröffentlichung aus Tracks verkommt, statt den Gesamtkontext wahrzunehmen. Meistens haben die ersten 3, 4 Traks eines Albums die höchste Hörerfrequenz, danach sinkt das Interesse, ganz egal, ob ein Album auch zum Schluss überragende Tracks vorzuweisen hat. Es wird eben in ein Album hineingehört und wenn die ersten Tracks nicht überzeugen, bleibt der Rest für einige unbeachtet. Ein Album in der Onlinewelt ist wohl nur für die Interessierten lohnsenswert, alle anderen bleiben Tracks-Hörer.
    Das kann man natürlich alles total doof finden, aber das ist eben der Nebeneffekt, wenn online derat viel Musik konsumiert werden kann. Es gibt eben immer ein Pro und Contra.

    Das Album an sich ist eine Erfindung der mittleren 60er Jahre, zumindest was die Popmusik betrifft. Bis dahin war Pop Single-Ware.

    Die Beatles und die Beach Boys haben mit Pet Sounds, Rubber Soul und Revolver etwas gemacht, was dahin unüblich war, nämlich ein Album nicht als eine bloße Sammlung von ein paar Hits und etwas Füllwerk zu begreifen, sondern als ein in seiner Gesamtheit konzipiertes Werk. Hat sicher etwas mit dem Selbstverständnis der Musiker zu tun, mit dem Stellenwert der Musik (nur Ohrwürmer für Teenies oder ernstzunehmende Musik?) und sicher auch etwas mit Vermarktungsstrategien.

    Das man Popmusik in Albumform wahrnimmt und erwirbt ist also keinesfalls selbstverständlich. Es muss daher auch keineswegs so bleiben. Mit Spotify kenne ich mich nicht aus, aber allein wenn man sich mal anschaut, wie weit häufiger einzelne Songs von aktuellen Alben auf iTunes gekauft werden, während andere liegen bleiben, lässt den Rückschluss zu, dass Pop zwar meist immer noch in realer oder virtueller Albumform veröffentlicht und so auch von der Presse wahrgenommen wird, vom Hörer aber in vielen Fällen ganz anders konsumiert wird.

    Habe spaßeshalber mal bei iTunes nach Farin Urlaubs neuem Album Faszination Weltraum recherchiert. Wenn man der Statistik glauben darf, räumen ein oder zwei Songs des Albums richtig ab, während der Rest wie Blei auf dem Server liegen bleibt. Es ist ja auch kinderleicht und spottbillig für etwas mehr als € 1,00 einen einzigen Song runterzuladen. Für den Rest des Albums braucht man sich dabei doch überhaupt nicht zu interessieren. Faszination Weltraum mag virtuell und als Marketingkampagne existieren, für viele Konsumenten ist es aber bloß ein Sammlung von Tracks, von denen ich mir den oder die liebsten runterlade und den Rest ignoriere.

    Ist das gut oder ist das schlecht? Das könnte dazu führen, das gezielter umwerfende Hits produziert werden, wodurch der einzelne Track gegenüber dem Album an Bedeutung gewinnt. Das Album hingegen verliert an Bedeutung und dann wären wir wieder in einer ähnlichen Situation wie in der Prä-Beatles und Beach Boys-Ära. Nur dass man einzelne Tracks noch viel leichter, schneller und billiger aufs Handy laden kann, als man früher eine Vinyl-Single kaufen konnte. Here today, gone tommorrow. Aber das passt doch alles ausgezeichnet in unsere moderne virtuelle Welt.

    --

    „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
    #5960411  | PERMALINK

    friedrich

    Registriert seit: 28.06.2008

    Beiträge: 4,877

    AlbertoSoll das den liner notes zu „Stop Making Sense“ nachempfunden sein?

    Gut erkannt. ;-)

    Die Idee, den Hörer Musik selber zusammenbasteln zu lassen, hatte Peter Gabriel schonmal. Die Sache ist gefloppt.

    Wenn es damals gefloppt ist, heißt es nicht, dass es auch in Zukunft wieder floppen muss. Ist nicht zuletzt eine Frage der Technologie. Sicher wird es in dieser zugespitzten Form nicht die Regel werden, aber Fakt ist, dass viele Popmusik schon heute aus Samples zusammengebaut ist und Tracks in verschiedenen Varianten existieren. Wenn man das mal weiterdenkt, ist es durchaus vorstellbar, dass ich mir die Musik am Rechner oder im Netz selbst konfiguriere. Bei anderen Produkten ist das schon längst Realität. Da wird eine Basisversion angeboten und per Mausklick kann ich mir alle möglichen Extras dazubestellen und das Produkt wird mir dann maßgeschneidert geliefert. Technisch wäre das bei Musik überhaupt kein Problem.

    Musik, die nur das bringt, was der Hörer schon kennt, so dass nichts Neues mehr produziert werden wird, sehe ich als reale Gefahr.

    Ist das eine künstlerische Frage, eine Frage der Vermarktung oder eine technologische Frage? Ich würde behaupten, das ein großer Teil der Rockmusik sowieso ziemlich konservativ ist und sich an den immer gleichen Vorbildern aus den 60er und 70er Jahren orientiert und das Konzept voc, git, git, b + dr mit Strophe, Refrain, Solo wieder und wieder durchkaut. Man kann inzwischen auch Punk und Postpunk wieder aufkochen und tut es auch. Die 90er und 00er Jahre kommen wohl demnächst. Ich vermute, genau das will ein Großteil der Konsumenten. Da weiß man, was man hat!

    Viel unangenehmer finde ich aber die Flut von Re-Issues im Gewande von Re-Masters, Deluxe-Versions und Expanded Editions, die wirklich nichts anderes sind als die Veröffentlichung des Immergleichen. Da wird wirklich nichts Neues mehr produziert sondern gezielt das, was der Hörer kennt, marginal variiert und in neuen Schläuchen noch mal verkauft.

    Lustig – und irgendwie meine These stützend – finde ich, das Led Zeppelin gerade ein altes Stück veröffentlicht haben, auf dem sie einfach die Piano-Spur des Originals weggelassen haben und es so noch mal als neu verkaufen. Darüber musste ich laut lachen!

    Und hoppla, hat nicht Jack White vor kurzem eine LP veröffentlicht, auf der es zwei verschiedene Intros des gleichen Songs gibt? Nun gut, das ist eher so ein Gimmick, wie dieser ganze Ultra LP Zinnober. Eigentlich traurig, wie der mit solch komischen Retro-Vinyl Tricks sowas wie Originalität vortäuscht, wo es doch nichts als altmodische technische Spielereien sind. Da wäre ein Remix moderner!

    Bedeutungslose Musiker waren ein Phänomen der Techno-Bewegung.

    Musiker der Techno-Bewegung waren und sind nicht bedeutungslos, sie waren und sind oft anonym. Aber nicht bedeutungslos. Richard D. James versteckte sich hinter dem Pseudonym Aphex Twin und Tom Jenkinson hinter Squarepusher. Juan Atkins hat unter verschiedenen Pseudonymen veröffentlicht. Technotracks für den Club erscheinen wahrscheinlich meist immer noch unter Pseudonymen. Ich denke, dahinter stand früher eine absichtliche Abgrenzung gegen die und die Verweigerung der Figur des Popstars. Auch ermöglicht es, das der gleiche Musiker unter einem anderen Pseudonym eine andere künstlerische Identität annehmen kann und damit beweglich bleibt. Vielleicht darf man die Pseudonyme aber auch einfach als so etwas wie Bandnamen begreifen, die ja auch nur so etwas wie griffige Markennamen sind. Die mehrköpfige Band ist für die Techno-Bewegung keine typische personelle Formation. Stattdessen gibt sich eben eine einzelne Person einen Markennamen.

    Experten könne die Pseudonyme übrigens sehr wohl den entsprechenden Künstlern zuordnen. Und meines Erachtens ist gerade die elektronische Musik die, in der es noch am meisten Innovationen gibt.

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    „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
    #5960413  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 44,729

    Es wird sich niemals ändern, dass Menschen wichtig ist, welche Personen sich hinter der Musik verbergen, die sie hören. In vielen Fällen ist das sogar entscheidend.

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    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #5960415  | PERMALINK

    friedrich

    Registriert seit: 28.06.2008

    Beiträge: 4,877

    nail75Es wird sich niemals ändern, dass Menschen wichtig ist, welche Personen sich hinter der Musik verbergen, die sie hören. In vielen Fällen ist das sogar entscheidend.

    In vielen Fällen. Aber nicht in allen.

    Pop ist in den meisten Fällen mit Personen, mehr aber mit Images verbunden, die der Popkonsument mit der Musik verbindet und die ihm eine Identifikationsmöglichkeit geben. Wobei der aufgeklärte Popfreund wissen sollte, dass das Bild des Popstars nicht mit dem Menschen dahinter identisch ist. Und dann gibt es natürlich auch die absichtliche Verunklärung dessen, was hinter der stage persona steht. Ziggy Stardust war sicher nicht der erste Fall. Bob Dylan hat seine Maske mehrfach gewechselt. Dass hinter Kraftwerk Ralf Hütter und Florian Schneider standen, wissen wir zwar, aber was wissen wir von Ralf Hütter und Florian Schneider? Nichts! Also, was soll’s? Am Ende ist das Versteckspiel hinter Pseudonymen im Pop nur konsequent.

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    „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
    #5960417  | PERMALINK

    themagneticfield

    Registriert seit: 25.04.2003

    Beiträge: 33,921

    RosebloodVielleicht, weil Singles, EPs und Alben eben die gängigen und einzigen Veröffentlichungsvarianten sind?
    Aber in den letzten Jahren war doch schon zu registrieren, dass Tracks als Single veröffentlicht wurden, die mit der eigentlichen Single der vergangenen Tage nicht mehr viel gemeinsam haben. Es werden lediglich Tracks via Soundcloud oder Spotify zur Verfügung gestellt und als Single deklariert, ohne Vermerk auf B-Seiten oder dass man sie in haptischen Form erwerben könnte.

    Und wenn ich mir die Beliebtheit der einzelnen Alben-Tracks auf Spotify anschaue, dann wird deutlich, dass ein Album zu einer Veröffentlichung aus Tracks verkommt, statt den Gesamtkontext wahrzunehmen. Meistens haben die ersten 3, 4 Traks eines Albums die höchste Hörerfrequenz, danach sinkt das Interesse, ganz egal, ob ein Album auch zum Schluss überragende Tracks vorzuweisen hat. Es wird eben in ein Album hineingehört und wenn die ersten Tracks nicht überzeugen, bleibt der Rest für einige unbeachtet. Ein Album in der Onlinewelt ist wohl nur für die Interessierten lohnsenswert, alle anderen bleiben Tracks-Hörer.
    Das kann man natürlich alles total doof finden, aber das ist eben der Nebeneffekt, wenn online derat viel Musik konsumiert werden kann. Es gibt eben immer ein Pro und Contra.

    In Ansätzen gebe ich dir Recht, allerdings sollte man dann doch schon den klaren Unterschied zwischen Alben und 7″s/EPs machen, den Rossi weiter oben beschrieben hat, und den ich was 7″s betrifft ebenfalls sehr bedaure. Mir wurde gerade letzte Woche als ich bei hhv nach Singles gestöbert habe bewusst, wie wenig da doch noch nachkommt (und dann bezahlt man für 10 7″s 100 Euro).
    Bei deinem Spotify Beispiel ist es aber eher ein Mix aus a) „ein Album nur noch als Ansammlung von Tracks wahrnehmen“ und b) einem Reinhören in eben dieses bewusste Albumformat, um dann eine evtl Kaufentscheidung zu treffen. Ich (und genug andere, nehme ich an) mache das zumindest so. Und in der Regel breche ich dann auch nach 4-5 Songs ab, weil meine ja/nein Entscheidung dann gefallen ist.
    Insofern sehe ich diese düsteren Albensterben-Prophezeiungen deutlich entspannter.

    --

    "Man kann nicht verhindern, dass man verletzt wird, aber man kann mitbestimmen von wem. Was berührt, das bleibt!
    #5960419  | PERMALINK

    brundlefly

    Registriert seit: 27.12.2008

    Beiträge: 4,766

    Friedrich
    In der Zukunft wird es keine kompletten Stücke mehr geben, nur einzelne Instrumentalspuren, die man gegen eine Gebühr aus dem Netz runterladen kann. Jeder Hörer kann sich seine Musik selbst konfigurieren. Mit Drums oder ohne, schnell oder langsam, hart oder weich. Mit Gesang oder ohne, auf Englisch, Spanisch, Chinesisch oder Arabisch. Die Tonhöhe lässt sich anpassen, damit man selber besser unter der Dusche mitsingen kann.

    In der Zukunft wird es automatische Konfiguratoren geben, die Musikstücke nach Kriterien wie Dance, Song, Ambient, anregend, beruhigend, 60s, 70s, 80s, usw., oder Instrumentierung generieren. Like A Rolling Stone als Techno, Highway To Hell als Bossa Nova, Purple Rain als Schlager.

    Angesichts der Entwicklungen im Netz klingt das ziemlich plausibel. Aber das erinnert mich doch zu sehr an einige Prognosen aus den späten Neunzigern, als man davon ausging, dass mithilfe immer besserer Software in Zukunft jeder selbst seine eigenen Kompositionen basteln kann. Man unterschätzt dabei die inhärente Faulheit, zumal in einer vom Konsum geprägten Gesellschaft. Wenn sich das weiter so entwickelt – Konsumenten als verwöhnte Einzelkinder, die immer und sofort alles haben wollen und schon bei der kleinsten Verzögerung wuschig werden -, ist dann selbst das Knöpfchendrücken in der Konfigurations-Software zu viel Aufwand. Die Hörer wollen dann lieber gleich ein Gesamtpaket serviert bekommen.

    In der Zukunft lässt sich die eigene Musikkonfiguration jederzeit nach Bedarf beliebig ändern, angepasst an Ort, Zeit und Situation, in der die Musik gespielt und gehört wird, ob in der U-Bahn, zuhause, auf einer privaten Party oder im Club.

    Gibt es tendenziell ja schon, ich denke da auch an die „silent disco“. Es wird dann aber auch einen Gegentrend geben, denn kollektives Vergnügen wird auch weiterhin seinen Reiz haben, ebenso Abgrenzung durch Stil und Geschmack. Da spielt es keine Rolle, ob die Grabenkämpfe dann Beatles vs. Stones, Dance vs. Rock oder Playstation vs. Xbox heißen. Und dazu gehört dann z.B. auch, dass man sich über einen schlechten DJ vom Wochenende davor aufregt. Dazu habe ich aber noch eine eigene Prognose weiter unten…

    FriedrichMusiker der Techno-Bewegung waren und sind nicht bedeutungslos, sie waren und sind oft anonym. Aber nicht bedeutungslos. Richard D. James versteckte sich hinter dem Pseudonym Aphex Twin und Tom Jenkinson hinter Squarepusher. Juan Atkins hat unter verschiedenen Pseudonymen veröffentlicht. Technotracks für den Club erscheinen wahrscheinlich meist immer noch unter Pseudonymen. Ich denke, dahinter stand früher eine absichtliche Abgrenzung gegen die und die Verweigerung der Figur des Popstars. Auch ermöglicht es, das der gleiche Musiker unter einem anderen Pseudonym eine andere künstlerische Identität annehmen kann und damit beweglich bleibt. Vielleicht darf man die Pseudonyme aber auch einfach als so etwas wie Bandnamen begreifen, die ja auch nur so etwas wie griffige Markennamen sind. Die mehrköpfige Band ist für die Techno-Bewegung keine typische personelle Formation. Stattdessen gibt sich eben eine einzelne Person einen Markennamen.

    In der Zukunft wird der Musiker als Subjekt bedeutungslos sein.

    Dann hatte Roland Barthes also doch recht, als er vom „Tod des Autors“ sprach? ;-) Das gehörte ja tatsächlich in den Anfängen zum utopischen Ideal von Techno, also das Auflösen von Machtstrukturen und Starkult. Aber dann gab es eben doch sehr schnell neue Stars, vor allem auch DJs, weil es eben aus verschiedenen Ecken so gewollt wurde: von Presse und PR-Agenturen, aber auch von Fans und nicht zuletzt von Künstlern selber. Ich denke daher, dass sich die Definition dessen, was ein Musiker ist, ändern wird, aber Fantum wird es weiterhin geben.

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    http://hyphish.wordpress.com "Every generation has its one defining moment. We are yours."
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