Gibt es objektive Kriterien für die Beurteilung von Rock/Popmusik

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  • #5835731  | PERMALINK

    whole-lotta-pete

    Registriert seit: 19.05.2003

    Beiträge: 17,435

    nail75Ich habe diesen Beitrag aus dem DJ-Thread nochmals gespostet, weil ich auf das eingehen will, was Pete schreibt. Er treibt es meiner Ansicht nach etwas weit, weil es selbst in den Naturwissenschaften häufig nicht gelingt, dass alle Beobachter zum selben Ergebnis kommen. Vielmehr ist das Problem grundlegender. Wir müssen uns erst über Kriterien einigen, wie wir Qualität messen wollen bzw. wir müssen diese Kriterien diskutieren. Generell gilt aber für jede Wissenschaft, dass die Kriterien der Beurteilung Gegenstand wissenschaftlicher Debatte sind. Die Ergebnisse natürlich sowieso. Empirie setzt nämlich voraus, dass sowohl Methode wie auch Ergebnisse intersubjektiv überprüfbar sind. Auch die Naturwissenschaften arbeiten allerdings nicht immer mit wertfreien Methoden.

    Es ist so: Wir müssen uns nicht auf Kriterien einigen. Ich kann eine Kritik als mehr oder minder richtungsweisende Meinung annehmen, wenn mir das als Anstoß, Wegweiser, Kommentar oder Hinweis gefällt. Denn darin liegt für mich das Wesen einer Kritik, ich will ja gar nichts genau gemessen haben. Herrjeh, es ist Kunst, es ist nicht messbar. Der Vergleich mit der Messbarkeit war für mich nur ein Mittel zum Zweck, die Lage zu erklären.

    Es ist aber doch immer wieder eine Sehnsucht nach möglichst objektiver Einschätzbarkeit in diesem Bereich zu spüren, auch hier im Forum. So, als müsse man sich seine Platten absegnen lassen, um sie genießen zu können. Das ist nicht von der Hand zu weisen. Man fühlt sich vielleicht auch besser, wenn möglichst viele andere, möglichst fachkundige Menschen eine Platte ähnlich einschätzen. Und an einer fundiert hergleiteten Einschätzung, einer fachlichen Meinung, einer gründlichen Kritik ist auch nichts auszusetzen. Das ist für mich auch nicht beliebig, oder „irgendwie subjektiv“. Jedoch – bekanntermaßen bin ich kein Freund von Notenbewertung, da überschneidet sich doch zu viel mit angeblicher Vergleichbarkeit. Dennoch kann so etwas eine gute Richtschnur sein.

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    #5835733  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
    -

    Registriert seit: 15.05.2005

    Beiträge: 84,916

    Der Objektivitätsbegriff ist völlig überberwertet und beruht auf dem naiven Wunsch, man könne die Dinge erkennen, wie sie „eigentlich“ sind. Umgekehrt finde ich es immer wieder erstaunlich, wie gering der Begriff „Meinung“ geschätzt wird, also der subjektive Standpunkt.
    Musik-, Literatur-, Kunstkritik u. ä. ist nichts anderes als Äußerung von Meinungen und Einschätzungen, fundiert durch eine intensive Beschäftigung mit der Materie. Die Meinung eines Kenners wird man allgemeiner höher bewerten als die Meinung eines Ahnungslosen. Für das eigene Kunsterlebnis und -verständnis ist es sicher förderlich, sich mit Kennermeinungen auseinanderzusetzen, aber das eigentliche Ziel ist dabei doch nur das Bilden einer (fundierten) eigenen Meinung. Und die kann selbstverständlich anders aussehen als die der Kenner, an denen man sich orientiert.

    --

    #5835735  | PERMALINK

    mistadobalina

    Registriert seit: 29.08.2004

    Beiträge: 20,816

    Ich sehe die Dinge ähnlich wie Pete und Rossi. Ich habe im Übrigen gar kein Verlangen nach Objektivität, es würde mich auch überhaupt nicht weiterbringen. Ein Kritiker muss für mich Wissen und Erfahrung haben und ich möchte seinen Standpunkt (z.B. seine Vorlieben und Abneigungen) in Bezug auf Musik kennen. Dann kann ich seine Kritiken auch einschätzen, für mich auswerten und nutzbar machen. Je subjektiver ich eine Kritik finde, umso wertvoller ist sie für mich, ich kann damit arbeiten, sie gegen andere Kritikermeinungen absetzen und schließlich meinen eigenen Standpunkt entwickeln.

    --

    When I hear music, I fear no danger. I am invulnerable. I see no foe. I am related to the earliest time, and to the latest. Henry David Thoreau, Journals (1857)
    #5835737  | PERMALINK

    gerry

    Registriert seit: 29.06.2007

    Beiträge: 894

    Die drei letzten Beiträgen kommen mir sehr entgegen. Ich schlage vor wir ersetzten den Begriff „objektiv“ durch „fundierte Meinung“. Eine solche ist einer beliebigen „rein“ subjektiven Einschätzung entgegengesetzt, fußt auf Erfahrungen und Vergleichsmöglichkeiten.

    --

    #5835739  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    SENOL PIRGON“Fundierte Meinung“ – wo fängt die an?

    Gute Frage!

    --

    #5835741  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    SENOL PIRGONIch darf also bsp. nichts zu RANDY NEWMANs „Sail Away“ (Album) sagen, weil ich nur das eine besitze?! Bzw. es gilt dann nicht?!

    Warum nicht, Senol? Du könntest doch da dann dein Urteil/deine Kritik oder deine Lobeshymne eben auf jenen Umstand aufbauen, dass du nur dieses eine Album kennst, es dir aber aus verschiedenen persönlichen Gründen sehr gut (oder eben gar nicht) gefällt etc. Wenn das halbwegs ehrlich und authentisch rüberkommt, würd ich dir das nicht nur abkaufen, sondern so eine Meinung dann auch irgendwo wertschätzen bzw. als eben eine solche verbuchen und irgendwo auch respektieren.
    Das einzige, was dir bei deiner eventuellen Beurteilung halt eben fehlen würde, wären die von Gerry bereits angesprochenen Erfahrungen und Vergleichsmöglichkeiten, was so eine Beurteilung dann letztlich zwar ehrlich und persönlich erscheinen lässt, aber halt auch für diejenigen auf eher wackeligen Krücken wandelt, die sich bspw. mit dem Werk des Herrn besser auskennen.
    Aber in so einem Falle besser (und sympathischer) jedenfalls, als um einen heissen Brei herumzudichteln, den du (im Fallbeispiel Randy Newman wohlgemerkt) gar nicht kennst. Sowas ist dann eher sehr unangenehm für mich als Leser.

    --

    #5835743  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    SENOL PIRGONWar nur eine rhetorische Frage, pinch. Weil gerry glaubte, durch den Begriffswechsel Klarheit schaffen zu können…

    Übrigens – ich besorge mir aber noch ein paar NEWMAN-Alben, „12 Songs“ vor allem.

    Alles klar. :-)

    --

    #5835745  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 44,673

    Herr RossiDer Objektivitätsbegriff ist völlig überberwertet und beruht auf dem naiven Wunsch, man könne die Dinge erkennen, wie sie „eigentlich“ sind. Umgekehrt finde ich es immer wieder erstaunlich, wie gering der Begriff „Meinung“ geschätzt wird, also der subjektive Standpunkt.
    Musik-, Literatur-, Kunstkritik u. ä. ist nichts anderes als Äußerung von Meinungen und Einschätzungen, fundiert durch eine intensive Beschäftigung mit der Materie. Die Meinung eines Kenners wird man allgemeiner höher bewerten als die Meinung eines Ahnungslosen. Für das eigene Kunsterlebnis und -verständnis ist es sicher förderlich, sich mit Kennermeinungen auseinanderzusetzen, aber das eigentliche Ziel ist dabei doch nur das Bilden einer (fundierten) eigenen Meinung. Und die kann selbstverständlich anders aussehen als die der Kenner, an denen man sich orientiert.

    So ist es doch. Ein fundierte Meinung wird doch dadurch nicht entwertet, dass sie nicht empirisch überprüfbar ist.

    --

    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #5835747  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    nail75Ein fundierte Meinung wird doch dadurch nicht entwertet, dass sie nicht empirisch überprüfbar ist.

    Ich sehe das ähnlich. „Fundierte“ Meinungen bzw. das Rezipieren einer solchen, kann zwar nicht pauschal, aber immerhin in einigen unglücklichen Umständen für mich als Leser oder Zuhörer ja auch in vollkommen entgegengesetzte Richtungen ausschlagen. Wenn der betreffende Schreiber/Kritiker/Fan whatever sich auf einen Level begibt, der zwar irgendwelches rudimentäre Halbwissen an den Tag legt (kühl angelesen, nachgeeifert etc.), sonst aber keinen persönlichen Gusto in die Sache mit einfliessen lässt. Erkenne ich als Adressat so etwas, empfinde ich dies ausschließlich als peinlich und nachgerade als perfide anbiedernd. Gerade was so gennannte Kunstkenner angeht, findet sich darunter oftmals mehr heisse Luft und weitaus dümmlicherer Nonsense, als bei einer vollkommen unbedarften Betrachtungsweise bspw. eines Laien (wobei man sowas natürlich nicht apuschal über irgendwelche Knie brechen kann).
    Ich denke, letztlich ist es eine (gesunde) Mischung aus Intuition und Erfahrung, sowie eine halbwegs sattelfeste eigene Meinung und sei sie meinetwegen auch noch so hanebüchen und schwer nachvollziehbar, solange sie halbwegs echt erscheint und nicht irgendwie banal aufgesetzt, ist sie IMHO zumindest diskussionswürdig. Alles andere ist ohnehin Zeitverschwendung.

    --

    #5835749  | PERMALINK

    gerry

    Registriert seit: 29.06.2007

    Beiträge: 894

    @senol_pirgon:
    was unter fundierter Meinung zu verstehen ist hat Herr Rossi finde ich gut erklärt, könnte ich so unterschreiben.

    zu Sail Away: Selbstverständlich kannst Du zu diesem Album etwas sagen, auch wenn Du kein anderes Randy Newman Album kennst. Du kannst es dann nur nicht im Kontext anderer Newman Alben einordnen. Sehr wohl kannst du es schlüssig in deinem erworbenen Referenzkontext einordnen. Damit kannst du immer noch erkennen, ob es sich um ein wertvolles oder weniger wertvolles Werk handelt.

    Selbst wenn Sail Away das allererste Stück Musik ist, dass Du hörst könntest du immer noch etwas dazu sagen: Welche Stimmung es auslöst, welche Geschichten es erzählt, wie sich die Geräusche auf der Platte von anderen Geräuschen die du bisher gehört hast unterscheiden oder an welche Geräusche das Hören des Albums dich erinnern. Was das Hören des Albums in Deinem Leben verändert hat oder was es verändern könnte.

    All das würde uns interessieren. Vielleicht würde uns das sogar viel mehr interessieren als die objektiv/subjektiv Debatte.

    Dann würden wir uns alle dieses Album anhören und dannach andere Randy Newman Alben. Und dann würden wir darüber debattieren, welches denn nun das bessere Randy Newman Album ist. Und dann geht alles wieder von vorne los. Und dann kommt die erste Single der Sex Pistols raus und wir sind überzeugt, dass man doch besser mit Singles debutiert;)

    --

    #5835751  | PERMALINK

    gerry

    Registriert seit: 29.06.2007

    Beiträge: 894

    SENOL PIRGONJawohl, ja!;-) Aber nur, weil sie mit „Anarchy“ und nicht mit „Seventeen“ den ersten Schritt machten.

    Yeah, es kommt eben nicht nur darauf an, eine Single herauszubringen, es muss auch noch die richtige sein.

    --

    #5835753  | PERMALINK

    der-optimismus

    Registriert seit: 01.11.2006

    Beiträge: 483

    pinchIch sehe das ähnlich. „Fundierte“ Meinungen bzw. das Rezipieren einer solchen, kann zwar nicht pauschal, aber immerhin in einigen unglücklichen Umständen ja auch in vollkommen entgegengesetzte Richtung ausschlagen. Wenn der betreffende Schreiber/Kritiker/Fan whatever sich auf einen Level begibt, der zwar irgendwelches rudimentäre Halbwissen an den Tag legt (kühl angelesen, nachgeeifert etc.), sonst aber keinen persönlichen Gusto in die Sache mit einfliessen lässt. Erkenne ich sowas als Adressat, empfinde ich dies als peinlich und nachgerade als perfide anbiedernd. Gerade was so gennannte Kunstkenner angeht, findet sich darunter oftmals mehr heisse Luft und weitaus dümmlicherer Nonsense, als bei einer vollkommen unbedarften Betrachtungsweise bspw. eines Laien (wobei man sowas natürlich nicht apuschal über irgendwelche Knie brechen kann).
    Ich denke, letztlich ist es eine (gesunde) Mischung aus Intuition und Erfahrung, sowie eine halbwegs sattelfeste eigene Meinung und sei sie meinetwegen auch noch so hanebüchen und schwer nachvollziehbar, solange sie echt erscheint und nicht irgendwie banal aufgesetzt, ist sie IMHO zumindest diskussionswürdig. Alles andere ist Zeitverschwendung.

    Da hast du die Diskussion wohl auf den Punkt gebracht!

    Die so genannten Kunstkenner – da hat man oft den Eindruck, wenn man ihre Rezensionen liest, die haben kosmisches Wissen, welches so beindruckend ist, dass der Laie staunend hört und liest, ohne dabei zu hinterfragen, was der Kritiker denn da für einen hochtrabenden Quatsch ihm verkauft.
    Entweder mir gefällt die Musik eines Künstlers oder nicht. Ich würde hier auch keine Massstäbe für gut und schlecht anlegen.
    Nennt doch mal ein paar Beispiele für gute und für schlechte Musik oder auch Literatur. Jeder bildet sich über ein Kunstwerk seine Meinung, auch ohne Kritiken in Zeitungen oder im Fernsehen zu lesen. Eine Unterscheidung wäre eventuell möglich im Anspruch. Da kommt es am Ende darauf an, wie mein Anspruch an Kunst aussieht und der lässt sicher verändern, beruht aber wieder auf dem Willen dazu und dieser setzt die intensive Beschäftigung mit der Sache voraus.

    Ob eine Band oder ein Künstler erst Singles herausgebracht hat und damit am Ende erfolgreicher war als solche die es nicht getan haben, finde ich totalen Quatsch.

    --

    Sobald jemand da ist, der sich zu fragen vermag, weshalb es etwas und nicht nichts gibt, gib es immer etwas.
    #5835755  | PERMALINK

    wolfen

    Registriert seit: 01.10.2004

    Beiträge: 1,716

    SENOL PIRGON“Fundierte Meinung“ – wo fängt die an?

    Nach ca. 3 Fragen an Herrn Doebeling.

    --

    [kicks sagt:] ( schon alleine dass da keine Nüsse drin sind zeigt dass es ein allgemeiner check is )
    #5835757  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    WolfenNach ca. 3 Fragen an Herrn Doebeling.

    es gibt ja auch gute und weniger gute Fundamente…

    --

    #5835759  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    DER.OptimismusJeder bildet sich über ein Kunstwerk seine Meinung, auch ohne Kritiken in Zeitungen oder im Fernsehen zu lesen.

    Wobei man hier einwenden muss, dass gerade ein Austausch (dazu zähle ich auch diverse Reibungspunkte) für den eigenen, ähem… „fortschrittlichen Genuss“ bzw. für das Gestalten von Kunst und deren Rezeption an sich ja nun nicht wegzudenken ist. Will sagen: Kunst und der Gebrauch (oder der sinnliche Genuss) derselben entwickelt und manifestiert sich eben auch sehr entscheidend durch Fremdeindrücke (Denkanstöße, Inspirationen, Hinterfragen von Außen etc. pp.) und lässt so im Idealfall auch mal die eigene, bis dahin meinetwegen fundierte (und ganz und gar subjektiv geprägte) Meinung, den eigenen Geschmack, die eigenen Barrieren nochmal einer wichtigen Neubewertung anheimfallen, was sicherlich nicht unspannend sein dürfte. Je nachdem, wie sehr man sich eben für eine Sache (Literatur, Musik, Film, Briefmarkensammeln usw.) interessiert, oder auch nicht. Reine, leidenschaftslose Faktenhuberei und schales Mumpitzgeschmiere selbstverständlich ausgenommen.
    Meint im Wesentlichen: Lediglich auf eine rein subjektive Ebene reduziert („Jeder bildet sich über ein Kunstwerk seine Meinung, auch ohne…“), würden die eigenen Vorlieben eventuell schnell zum Stillstand geraten, eventuell den Großteil ihres Reizes einbüßen, eben weil Vergleichsmöglichkeiten und eben auch wertvolle und inspirierende Eindrücke von anderen fehlen.

    --

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