Camomille

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    klienicum

    Registriert seit: 14.03.2005

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    camomille hat tradition. dennoch wird es weniger häufig angerufen, als es ihm zustünde. ein netlabel, dessen wurzeln in die anfänge des internets reichen, da nur wenige einsame den rufen des fernen erdumrundenen halls folgten. das offizielle gründungsjahr wird mit 2002 angegeben, wenngleich die gründer und betreiber schon lange zuvor mp3s tauschten, produzierten. chef der partie ist vincent fugère aus montreal, selbst mit neun beiträgen vertreten.
    das angebot auf camomille umfasst fast 100 veröffentlichungen, die allesamt verfügbar sind (nicht selbstverständlich, anderenorts muss man sich das material oft mühsam zusammenklauben oder die webseite wechseln). der sound des labels: “… you could say its naive, idm electronics mixed with new age and emotional hip-hop, but its much more.” wahrlich. aber lest, hört selbst.

    releasenummer / werktitel – künstler / bewertung

    [ cam076 ] Sleep-wake by Melissa Welch ***
    an anderer stelle wurde bereits darauf verwiesen: das mädel ist gnadenlos jung (2005: 17) und hat sich dennoch bereits einen namen in der netlabel-, elektroszene gemacht. „schuld“ daran ist vor allem die möglichkeit, auf einer plattform wie camomille veröffentlichen zu können. darüber hinaus braucht es natürlich auch das notwendige talent, heute signt kein label mehr, auch keines auf webbasis jeden dahergelaufenen frickler.
    welch´s arrangements offenbaren eine hohe kunst, die die balance wagt, sich nicht deutlich auszudrücken bezüglich der wahl eine klanglandschaft zu malen oder aber eine limitierte melodie zu zeichnen. was sich scheinbar erfassen lässt, weil es einem erkennbaren muster folgte, verliert sich zusehends, birgt eine unerwartete wendung und kehrt zurück. so gelingen ihr sehr harmonische, wenig verspielte und deshalb äußerst unterhaltsame kleine fragmente. empfehlung auf der drei tracks umfassenden sleep-wake ep ist „nano moon coral“, auf der auch ganz spärlich die wunderbare stimme der künstlerin zum einsatz kommt.
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    [ cam090 ] Myopic by Melissa Welch ***
    das zweite werk welchs auf camomille ist das 18 minuten umfassende myopic. es deutet an, wohin es mit der jungen dame noch gehen kann. wo andere einfältig muster klopfen, weiht uns melissa welch ein in ihre phantastische welt der klänge, melodien; zeugnisse eines lebendigen geschöpfs. in der ferne spielt spartanisch in nachhall gekleidet eine orgel, welchs stimme frönt einem eigenen singsang. die zum teil fröhlich-versprenkelten sentenzen in der mitte des stücks bestärken mich darin, dass es sich, zumindest am alter orientiert, um eine ausnahmekünstlerin handelt.

    [ cam075 ] Alone ep by Stakka **1/2
    stakkas sanfte melodienreigen bedienen sich gern gedämpfter beats, höchtönern, die vom keyboard kollern, wenig abseitigem, flirrendem material. alles, was der pole hier geschaffen hat, geht wunderbar ins ohr. er setzt dabei nicht auf kontinuierliche überraschung, denn auf spannungsfedernden sound. warm, ohne zu überhitzen, dennoch auf abstand bedacht, ohne dass man der winterlichen kühle gewahr würde. denn thematisch erfreut er sich an der kältesten jahreszeit. „new life“ verweist bereits auf trip-hop anleihen, die stakka in den letzten beiden stücken seiner ep noch deutlicher aufnimmt.
    cam75-aloneep_stakka.jpg

    [ cam079 ] Beauty made in small parts by Blisaed ***
    sehr organische musik, fassbar, fleischig. während der beat scheinbar verloren röhrt, fallen soundwände links und rechts weg, flirrt der raum dazwischen, als wolle er zum eintreten aufrufen. eine orgel gibt, leger darüber gelegt, antworten. irgendwo öffnet einer die tür, verschließt sie hernach, öffnet sie wieder: „beauty made in small parts“. auf „serene curcuit“ klingt alles etwas eindringlicher, die orgel verwandelt sich in ein spinett, der beat dollert verwegener, ein sanfter reigen entspringt den synthesizern, um das dunkle bild zu konterkarieren. blisaed ist matthew centonze und kann bereits auf 13 camomille- releases, die er unter anderem als echion oder auch mistrial verantwortet, zurückblicken.

    [ cam080 ] Warpaint by Kyle Dawkins *** – ***1/2
    so eine feine melodie, ins harmonium geklöppelt, dass man nur dazu flüstern kann. die gitarre spreizt sich weniger als die stimme, die sich dazwischen drängt, die sirene, die beängstigend rollt. eine biene brummt sich ins bild, erschreckt sich ob ihres mutes, wird bald verschwunden sein. ein stück mit anfang und mit einem ende: „a new place“. „sightings“ ist mir dann zum beispiel zu viel drangsal denn erfüllung, ewigliches einschlagen auf die saiten einer sich nicht erwehrenden gitarre.
    Cam80-warpaint_kyledawkins.jpg

    [ cam082 ] This guitar ep by Caelum ***
    die gitarre steht bei caelum natürlich im vordergrund, dennoch wirkt ihre dominanz nicht aufdringlich. sie übernimmt hier den rhythmus, dort trägt sie die melodie und anderenorts setzt sie mal gewagt, mal beteuernd stilistische elemente und wird bei allem erfolgreich ergänzt durch ein nimmermüdes, ausgeglichenes schlagwerk (tafelsilbrig) und verhaltenen beat. vielleicht mal in „saturday morning“ reinhören.
    caelum (ein schwede) nennt im übrigen ein label sein eigen, auf dem auch interessantes zu finden ist: white noise.

    [ cam085 ] oo5 by Aleksander Nikov **1/2 – ***
    eine mischung aus verschiedensten samples (reicht von strukturiertem rauschen über klopfgeräusche bis hin zu fließendem wasser) und klavierstücken. manchmal wie in „plains for…“ klingt es wie zufällig, als würde die hausdame vor sich hin klimpern, während der handwerker in der küche bastelt. ob sie zusammen kommen? in „test 004“ darf man sich einem ungerührten fiepsen hingeben, das dumpfe betätigen einer taste mit tiefem ton folgt, in der ferne rohrklopfgeräusche. das fast obligatorische knistern tritt hinzu, das bild vervollständigt sich, funktioniert.

    bisher hat es sich als äußerst lohnend erwiesen, auf diesem netlabel nach interessanten klängen zu suchen. deshalb wird es sicher in bälde einen zweiten teil geben. auch unter ästhetischen gesichspunkten lohnt ein blick auf die seite. die oberfläche ist harmonisch, anregend. der informationsgehalt über die künstler und ihre werk ist hoch. die bedienbarkeit kann man nur als komfortabel bezeichnen. die downloads sind vollständig (cover, info) und flott.

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