Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II)

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  • #4532243  | PERMALINK

    napoleon-dynamite
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    Die Rote von Helmut Käutner

    Ruth LeuwerikDer lief auf der Berlinale, und es war ganz trostlos. Aber die Arbeit war sehr schön.

    So hätte es auch sein können: Von den regennassen Steinen des Piazza di San Marco in Venedig scheuchen Taubenschwärme auf, dazwischen spaziert Ruth Leuwerik – sie hat auffallend rote Haare, das sagen ihr alle, denen sie begegnet, aber als Zuschauer sieht man das nicht, denn der Film ist in schwarz-weiß. Aus dem Off ihre Stimme, etwas müde, sicherlich überreizt, resignativ und doch erstaunlich mädchenhaft und jung (bei den Dreharbeiten war Leuwerik 38). Von Venedig hört man nicht viel, unentwegt sind es die kreisenden, zu keinem Ende kommenden Gedanken, die sich über die Stadt legen – vor einigen Jahren habe ich den Film schon einmal gesehen und obwohl ich sofort in ihn verliebt war, dachte ich auch: Was redet sie denn die ganze Zeit, warum hört das nicht mal für einen Moment auf, Käutner möchte Antonioni sein, muss aber alles fortlaufend kommentieren, überlässt nichts der Suggestivkraft der Bild. Eigentlich ist der Effekt aber ein ganz anderer. Einzigartig, wie ich es in keinem anderen Film gesehen habe: Die gesprochenen Beziehungsbanalitäten rücken ganz nah heran, die Logik der Gedanken auf der Leinwand wird zunehmend die eigene, bis man die Stadt so sieht wie diese Frau, die durch sie läuft: Wunderschön und übervoll an Impressionen, aber doch weit weg und wenig plastisch. Etwas, in das sich nicht eindringen lässt. In einem Film von Helmut Käutner?

    Ja, in einem Film von Helmut Käutner: Übersah sah man zu Lebzeiten leichtfertig seinen Hang zum Ambitionierten (es gab keine ernstzunehmende Filmkritik), so tat man ihn später nur allzu oft als schwerfällig ambitiös ab (es gibt die leidlich gebildete Filmkritik, die das deutsche Kino nur vom Autorenfilm der 70er her denkt). Dabei ist es die kluge Leichtigkeit, die einen sofort für „Die Rote“ einnimmt. Das Ineinandergreifen von Intellekt und sinnlicher Form, wie ohne jegliche Anstrengung, obwohl Käutner zeitlebens an diesem schwerelos-gescheiten Ton schliff. 1962 gelang ihm diese Verbindung formvollendet, wird sie ansonsten nicht bis heute im deutschen Film als Widerspruch empfunden?

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    #4532245  | PERMALINK

    jan_jan
    Chosen Undead

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    Mad Max: Fury Road (George Miller)

    Yeah, mir hätte sogar eine lange Actionszene gereicht. Sogar das 3D war richtig gut.

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    #4532247  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Registriert seit: 25.01.2010

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    Vorhin im Kino – eine fabelhafte Entdeckung:

    Der Vagabund (Ajantrik) (Ritwik Ghatak, Indien 1958) – die Geschichte von Bimal und Jaggadal, dem Taxifahrer und seinem klapprigen Gefährt – irgendwo zwischen Slapstick, Schelmenroma und todtrauriger Liebesgeschichte … und das alles in einer Art nouvelle vague Stil präsentiert (fabelhafte Kamera!) und mit einem grossartigen Soundtrack unterlegt (Ustad Ali Akbar). Ich will die Reihe, die gerade begann, komplett sehen, werde mir sogar mal einen halben Tag freinehmen, weil ich einen der sechs (Ghatak hat gerade mal acht Filme fertiggestellt, wie es scheint) Filme der Reihe sonst verpassen würde.

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #4532249  | PERMALINK

    napoleon-dynamite
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    Eine Reihe mit Filmen von Ritwik Ghatak? Dann darfst du, falls er läuft, auf keinen Fall „Meghe Dhaka Tara“ (Der verborgene Stern) verpassen!

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    #4532251  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Der ist dabei – und wie gesagt, die anderen fünf will ich unbedingt auch sehen – das war schon der Plan, bevor es vorhin den ersten gab, und jetzt erst recht!

    Hier die Infos zur Reihe:
    http://filmpodium.ch/reihen-uebersicht/54320/

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    #4532253  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

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    In den letzten Tagen – vier Besuche auf der Sturmhöhe:

    Wyler – Wuthering Heights

    Buñuel – Abismos de pasión

    Rivette – Hurlevent

    Arnold – Wuthering Heights

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    If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.
    #4532255  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Gestern im Kino: A Most Violent Year (J. C. Chandor, USA 2014) – überragend!

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    #4532257  | PERMALINK

    soulpope
    "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"

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    gypsy tail wind

    Gestern im Kino: A Most Violent Year (J. C. Chandor, USA 2014) – überragend!

    ausgezeichneter Film ….. Stimmung erinnerte mich fallweise an das Euvre von Sidney Lumet ….

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      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
    #4532259  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    An seinen letzten … aber den fand ich leider etwas unfertig.

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    #4532261  | PERMALINK

    soulpope
    "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"

    Registriert seit: 02.12.2013

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    gypsy tail windAn seinen letzten … aber den fand ich leider etwas unfertig.

    Du meinst „Before the Devil Knows You’re Dead“ ? … ein ganz eigener Film dessen Handlungssog sich einerseits immer schneller dreht, die Bilder sich jedoch andrerseits mit fast monolithischer Prägnanz ins Gedächtnisz eingraben ….

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      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
    #4532263  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    soulpopeDu meinst „Before the Devil Knows You’re Dead“ ? … ein ganz eigener Film dessen Handlungssog sich einerseits immer schneller dreht, die Bilder sich jedoch andrerseits mit fast monolithischer Prägnanz ins Gedächtnisz eingraben ….

    Fand ich eben nicht … ich wollte es finden, aber es ging beim besten Willen nicht, die Bilder wirkten auf mich ein wenig, als hätte man kurz vor der Fertigstellung zu arbeiten aufgehört. Nichtsdestotrotz ein ziemlich guter Film – aber für mich nicht das Grosswerk, das er hätte sein können, ja sollen.

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    #4532265  | PERMALINK

    latho
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    Ficarra / Requa – Focus. Durchaus elegant.

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    #4532267  | PERMALINK

    blues-to-bechet

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    Beiträge: 860

    Wieder mal, auch zur Vorbereitung für meine Top 100 Filme Liste:

    Eine Film wie ein alles zermalmender Schlag. Wohl eines der besten Regiedebuts aller Zeiten.

    --

    Bald in diesem Theater: - BtBs Top 100 Filme - Top 100 des Barock
    #4532269  | PERMALINK

    shanks

    Registriert seit: 08.02.2009

    Beiträge: 15,865

    Piratensender Powerplay – Siggi Götz

    „So erfrischend illegal“ :liebe:

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    Es ist Breitling, scheiß auf deine Aldi-Uhr / Auf meinem nächstem Cover halt ich das Excalibur
    #4532271  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

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    Tusk
    (Regie: Kevin Smith – USA, 2014)

    Wallace (Justin Long) betreibt mit seinem Partner Teddy (Haley Joel Osment) einen erfolgreichen Podcast. Dabei ist er stets auf der Suche nach kuriosen und schrulligen Zeitgenossen, die als Lachnummer für die Nation herhalten sollen. Im kühlen Kanada wird der Hipster fündig: der Tattergreis Howard Howe (Michael Parks) behauptet mit Hemingway gesoffen zu haben. Der ehemalige Seefahrer und Matrose empfängt den versnobten Großstädter bei sich zu Hause, jedoch nicht ohne Hintergedanken: Der durchgeknallte Hobbychirurg träumt davon, einen Menschen in ein Walross zu verwandeln, um mit ihm zu kuscheln…

    Als mir die DVD von „Tusk“ in die Hände fiel und ich einen ersten, kurzen Blick auf das Cover erhaschen konnte, dachte ich mir: „Sie werden doch nicht wirklich diesen obskuren, lange verschollen geglaubten Alejandro Jodorowsky-Film wiederveröffentlicht haben?“ Nein, armes Herz, schlage ruhiger, es handelt sich nicht um die Geschichte einer besonderen Verbindung zwischen einem Elefanten und einem indischen Mädchen, mit der Jodorowsky nie zufrieden war und die er versuchte, durch Vernichtung aller erreichbaren Filmkopien, auszulöschen. (Was ihm nicht ganz gelang. Ein französisches SECAM-Videotape geistert durch die Welt – und einige von diesem gezogene Bootlegs dazu.)
    „Tusk“ ist vielmehr die filmische Umsetzung eines Podcasts, nach einer Idee von Kevin Smith, der unter anderem in den „Clerks“-Filmen und bei „Dogma“ Regie führte. Dem Rest der Welt auch als Silent Bob bekannt, stellt er hier, unter dem Titel eines Gedichts aus Lewis Carrolls „Through The Looking-Glass“ namens „The Walrus And The Carpenter“, welches auch eine Inspiration zu John Lennons Beatles-Song „I Am The Walrus“ war, ein gleichermaßen witziges, wie verrücktes, als auch trauriges und zärtlich-brutales Horrorlehrstück zusammen, in dem er all seine Vorzüge als Filmemacher ausleben und vorführen kann.
    Man findet in „Tusk“ nicht nur die geliebten schrägen Dialoge und Situationen vor, die schon in „Clerks“ und „Dogma“ so wunderbar funktionierten, auch Smiths obsessive Begeisterung für Fast Food-Franchises und deren Mitarbeiter kommt wiederholt zum Ausdruck.
    Neu ist das Gespür für auffallend gefühlvolle Szenen, die die ganze Palette menschlicher Regungen umfassen, einschließlich nackter Angst und purer Verzweiflung, sowie einen spürbaren Willen, den Zuschauer zu erschrecken und ihn ein paar geistige Abgründe besichtigen zu lassen. „Tusk“ ist ebenso beängstigend, wie er zum Schreien komisch ist. Der absolute Drall zum Grotesken, ohne in die Tiefen des Trashs hinabsteigen zu müssen, der auch von den Darstellern erstaunlich gut mitgetragen wird. Eine Ausnahme bleibt Haley Joel Osment, der einfach zu sehr an die Rolle des tote Menschen sehenden Kindes in M. Night Shyamalans furchtbar überbewertetem Horrorquark „The Sixth Sense“ gefesselt ist. Trotz des fusseligen Versuchs sich einen Bart stehen zu lassen. Oder gerade deshalb.
    Nun wissen wir spätestens seit dem „Paul is dead“-Hoax („Cranberry sauce, cranberry sauce“) um die angeblich mythische Bedeutung des Walrosses in unseren nordeuropäischen Nachbarländern. Ein Symbol des Todes sei es. In Kevin Smiths Film ist es eine Kreatur aus den Händen des umtriebigen Special Effects-Meisters Robert Kurtzman, die erstaunlich oft dem ähnelt, was man an der Schwelle zum Schlaf um die Peripherie seiner Augenwinkel wahrnehmen kann – besonders in Verbindung mit diesem eingebetteten, menschlichen Gesicht.
    „Tusk“ bricht weiterhin eine Lanze für die Schnurre und das Seemannsgarn, welches Kevin Smith sowohl in seinen Podcasts verbreitet, als auch in weitere Filme einfließen lassen möchte. Dieser Film stellt den Auftakt zur einer geplanten „True North“-Trilogie dar, deren Teile alle in Kanada spielen sollen, was Smith dann wohl noch mehr Anlässe für Kanadier- und Franzosengags geben wird. Ganz im Sinne der Filmfigur Guy Lapointe (gespielt von Johnny Depp), die durch ihren völlig überzogenen frankokanadischen Duktus und einen ausgeprägten Mangel an Empathie für ein paar der augenzwinkernden und heiteren Episoden in „Tusk“ sorgt.
    Wundert es da noch, dass selbst Fleetwood Mac mit (genau!) „Tusk“ auf dem stimmungsvoll kompilierten Soundtrack zu finden sind?
    „Tusk“ dürfte die bizarrste Groteske in Kevin Smiths Schaffen sein, welches an sich schon vor absurden und abstrusen Momenten strotzt. Eine kleine Moral kann sich Regisseur Kevin Smith zum Schluss nicht verkneifen, dafür ist die Liebesgeschichte hier zwingender und glaubwürdiger, als in seinen übrigen Filmen. And here’s another clue for you all: The walrus was…Wallace! (Einleuchtend, bei dieser phonetischen Nähe!) Goo goo g’joob!

    Trailer

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