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Hallo Mitch!
Ich muss sagen ich war auf diese Zusammenstellung schon ziemlich gespannt. Ich kannte das Dritte Ohr nur von deinen Tauschzirkelbeiträgen. Und sowohl „Dieses Lächeln“ (TZ Kuschelrock) als auch „Vollmond“ „Let’s Work Together“ und „Snatch It Back And Hold Me“ (TZ Liveversionen) haben mir sehr gut gefallen. Vor allem hab ich da so eine gewisse Leichtigkeit herausgehört. So hab ich mir gedacht kann man als Europäer Blues und andere amerikanische Musik machen. Einfach drauf los legen und nicht viel nachgedacht. Dann klingen plötzlich „Hast du?“ oder der „Getränksmann-Blues“ aus den Lautsprechern und hier ist auf einmal alles schwerwiegend, bedeutungsschwanger und klischeehaft. Was ist da passiert? Es wirkt wie wenn zuerst die sehr solide Musik da war und dann irgendjemand gesagt hat : „Da brauchen wir noch einen Blues Text?“ Und dann wurden einfach sämtliche Sujets zusammengeführt die in mehr als 80 alten Blues Nummer vorkamen und in deutsche (leider des öfteren recht mediokre) Reime verpackt.
Wenn die alten Bluesmusiker diese Musik spielten um aus ihrem Blues herauszukommen, dann stecken die Herrn vom Dritten Ohr doch ziemlich viel Aufwand in den Versuch in den Blues hineinzukommen. Das hört man. Und musikalisch verläuft die Sache eigentlich recht befriedigend für mich. Hier wird akustischer Blues vom Feinsten geboten. Bei Liedern wie „Banken sind so“, „Kein Pfand auf Magenbitter“ „Dieses Lächeln“ und „Nicht mein Tag“ gefällt mir eigentlich auch der Text ganz gut, bei vielen anderen empfinde ich diesen leider wirklich als Nachteil. Das trübt etwas das Vergnügen. Wobei ich ja davon ausgehe, dass die Musik erst live so wirklich wirkt, und wenn man der Homepage der Band trauen darf liegt ja auch gerade in den Live Auftritten ihre Stärke. Einen solchen würde ich mir auch sofort anhören, beim CD Kauf wäre ich hingegen eher zurückhaltend.
Insgesamt jedoch, herzlichen Dank für deine Zusammenstellung – hab schon lange keinen deutschen Blues mehr gehört und es war interessant sich wieder einmal mit dieser Art von Musik zu beschäftigen.
1. Böses ist dem Blues passiert
Die Nummer ist mir ein bisschen zu wichtig. Zu deutsch auch. Der Sound gefällt mir, dieser erzählende Duktus auch, aber der Text. Eher Belehrung als ausgedrückte Trauer über den Zustand des Blues. ***
2. Hast du?
Hast du jemals geliebt? Ich weiß nicht – Musikalisch ist es zwar wieder solide aber der Text ist mir wieder zu dramatisch und zu bedeutungsschwer. Ich mag es lieber subtiler. **1/2
3. Getränksmann-Blues
Verschiedene Getränke und „dieser seltsame Blues“ erhalten einen Erwähnung. Wie viel klassischer geht’s denn noch? Live sicher eine ganz witzige Sache, vor allem der Basslauf und die wirklich gut gespielte Mundharmonika treiben kraftvoll voran, aber wenn ich im Zimmer sitze und mir die CD anhöre, achte ich doch mehr auf den Text. Und der scheint mir unglaublich 08/15 zu sein. So auf die Art: Jetzt schreiben wir einen Blues – man nehme 3 Getränke, eine Frau und ein paar mal das Wort Blues. ***
4. Das alte Leid
Der Text fällt hier abstrakter aus, das macht ihn für mich gleich interessanter. Musikalisch hat mir zwar die Nummer vorher besser gefallen, aber insgesamt macht der Text diese Nummer für mich spannender. ***
5. Dieses Lächeln
Sehr entspannter Begin. Von der Stimmung her gleich ganz anders als die ersten vier Nummern von „Der Duft der Nacht“. Spätestens wenn das Saxophon einsetzt fange ich an zu schmelzen. Hier ist nichts bedeutungsschwanger oder belehrend – hier wird auch kein Inhalt vermittelt sondern eine Stimmung. Für mich einer der Höhepunkte der CD. Hat mir auch schon beim Kuchelrock TZ gefallen. ****
6. Was ist zu tun?
blinder Spiegel – überfahrener Igel. Blutunterlaufene Augen – an deiner Seele saugen. Augen wie Schnee – und diese Augen tun dir weh. Job verloren – Arsch mit Ohren. Mark ist futsch – ganz großer Rutsch. Oh Freunde nicht diese Reime! **
7. Wer nun den lieben langen Tag
Wieder ein anderer Stil – lässt mich ein bisschen ratlos zurück. **1/2
8. Banken sind so
Für mich wieder eine der besseren Nummer. Musikalisch sehr solid, vom Text her wissend ohne besserwissend zu sein. Ganz klar auf der Haben-Seite (mit Chance auf Zinsen) – Banken sind so. ***1/2
9. Deine Augen
„Deine Augen schmelzen dahin wenn ich sie seh – schmelzen dahin wie auf dem Herd die kleine Flocke Schnee.“ Ich komme mit den Bildern nicht ganz klar – sie scheinen mir so berechenbar. „Es gibt keinen Himmel aber mit dir komm ich dem Traum doch ziemlich nah“. Klar ist es schön so was zu sagen aber es wurde halt auch schon so verdammt oft gesagt. Natürlich bedient sich der Blues auch textlich oft der gleichen Sujets die ihn immer schon ausgezeichnet haben. Aber wenn man das schon macht – wo bleibt die Ironie? ***
10. Wovon auch?
Ein gesunger Witz? Ein gesungenes Klischee? Beides wahrscheinlich **
11. Kein Pfand auf Magenbitter
Mehr Leute ertrinken in der Flasche als im Meer. Das haut für mich als Text hin. Klar ist die ganze Nummer auch ein Musik gewordenes Klischee. Aber gut und auch originell umgesetzt, darf das ruhig so sein. ***1/2
12. Zahltag
Erinnert mich ein bisschen an viele Ostgbahn Kurti Nummern. Der ist mir von der Sprache her näher (rein geographisch auch) – darum macht es mir mehr Spaß ihn zu hören. Aber diese Nummer ist solide – darf man es den Burschen aber auch abnehmen dass sie wissen worüber sie singen? (beim Kurtl tu ich’s ) ***
13. Schwarzer Wurm
Die Nummer versteh ich irgendwie nicht so ganz. Ich weiß nicht woran es liegt. Kommt bei mir einfach nicht an. Macht nichts. Muss ja nicht sein. **
14. Kalte Wut
Zum Jubeln gibt’s wirklich keinen Grund – trockener Blues ist das – und das ist bei dieser Nummer auch durchaus stimmig. Form und Inhalt passen zusammen. Und hier wirkt es auch authentisch. ***1/2
15. Morgenstund hat Blei im Mund
Schnipsel aus dem Aufnahmeraum. Wahrscheinlich aufschlussreich wenn man die Leute kennt, so lässt es mich eher ratlos zurück.
16. Nicht mein Tag
Diese Nummer find ich ganz witzig. Ich höre hier eine gewisse Leichtigkeit heraus – spucks einfach aus und dir wird es besser gehen! So funktionierts. ****
17. Ain´t gonna write no more rubbish
Bei den englischen Nummern werde ich vom Text natürlich weit weniger abgelenkt als bei den Deutschen. Ich kann mich auf die Musik konzentrieren – und da fällt mir auf wie gut die eigentlich die ganze Zeit über klingt. Auch bei dieser Nummer. ***1/2
18. Night of the nights
Ebenfalls eine solide Nummer. Gefühlvoll interpretierter Blues zum Abschluss. ***1/2
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If you dance, you might understand the words better. David Byrne