ZAPPA PLAYS ZAPPA. Frankfurt – Düsseldorf – Stuttgart 2007

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    till-andersen

    Registriert seit: 11.04.2010

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    Die Transmutation des Zappa Gens

    Der genetische Erbträger Dweezil Zappa bei seinem zweiten Deutschlandbesuch mit der Zappa Plays Zappa Band. In Frankfurt, Düsseldorf und Stuttgart hatte ich das Vergnügen ein Teil des Publikums der Zappa Freizeit-Enthusiasten zu sein.

    Während Dweezil bei der letztjährigen Tour noch etwas verschlafen und abwesend bei den Ansagen wirkte, brachte er es dieses Mal auf den Punkt: er animierte das Publikum zum lachen, adaptierte Franks Improvisationstechnik und ließ einen stimmlich brillianten Sänger Ray White jeden Abend einen anderen neuen Song improvisieren, in dem er ihm eine Textzeile vorgab, und er daraus zusammen mit der Band einen neuen Song kreieren musste.

    Das erste Konzert fand in Frankfurt Hoechst in der Jahrhunderthalle statt: einem frühindustriellen Vorort Frankfurts, dessen beste Zeiten schon Jahrzehnte zurücklagen und dessen Industrieanlagen sich langsam in staubige Abraumhalden verwandelten. Passend dazu sah die Halle von der Frontansicht aus: wie ein überaltetes Atomkraftwerk dessen schuppiges Dach sich wie ein kahl rasierter Igelkörper neben einem windschiefen Turm wölbte. Die Akustik in der Halle allerdings war exzellent und die Band fing mit einem improvisierten Klassikstück an, dass sich nach kurzer Zeit schon in einem kakaphonischen Finale auflöste, um dann in den Song ‚Stinkfoot’ überzugehen, zu dem Frank von der Videokonserve sang, während die Band dazu aufspielte. Das war eigentlich der einzige Minuspunkt der ganzen Konzerte: hat eine so exzellente Band es nötig, in eine Elvis-Revival Truppe abzugleiten, bei der ein toter Musiker wieder auf Zelluloid zum Leben erweckt wird ?

    Apropo Band: aus der amorphen Klanggruppe des letzten Jahres war eine frisch verschmolzene homogene Einheit geworden, bei der jeder Musiker seine exzellenten Soli beisteuern durfte. Höhepunkt jedes Abends war hier zweifellos das 20minütige ‚Dupree’s Paradise’ mit an jedem Abend wechselnden Improvisationen. Die Multiinstrumentalistin Scheila Gonzalez ( ja – die schreibt sich mit Sch ) bediente manchmal gleich zwei Saxophone gleichzeitig, schenkte Dweezil bei ‚America Drinks & Goes Home’ in blondierter Perücke heiße Luft aus Plastikgläsern ein und brillierte an den Keyboards und der Querflöte. Billy Hulting war ein guter Eratz für Ed Mann an den Marimbas und schwang die doppelten Klangklöppel schwungvoll, schnell & routiniert z.B. bei ‚Echidna’s Arf’. Joe Travers, der Wächter des Zappa-Archivs und Freizeit Drummer wirkte manchmal etwas hölzern, sein etwas gepresster Kehlkopfgesang, wie ein Vogel kurz vor dem Exitus hatte aber gerade bei Stücken wie ‚The Illinois Enema Bandit’ und ‚Brown Shoes Don’t Make It’ doch irgendwie seine schräge Berechtigung. Dann gab es da noch Pete Griffin am Bass, der besonders durch sein wuchtiges Slapbass-Solo bei ‚Dupree’s Paradise’ positiv auffiel, Jamie Kime an der zweiten Gitarre, ein hagerer Mike Rutherford Clone und Aaron Arntz etwas versteckt im hinteren Teil der Bühne, steuerte vielfarbige Keyboardcluster bei und den richtigen gestopften Trompetenton a la Miles Davis, wenn er denn benötigt wurde.

    Die Düsseldorfer von eher schon ein feierfreudiges Völkchen begrüßten Dweezil + seine Mannen frenetisch und Dweezil gab ihnen gleich zu Anfang mit den Gitarrensoli ‚Zoot Allures’ und ‚Ship Ahoy’ den richtigen Einstieg zur anspruchsvollen Rockpartie, die sich von Song zu Song immer mehr steigerte. Die Band wirkte elektrisiert – das Publikum auch. Tempo und Dynamik nahmen zu. Besonders ‚Brown Shoes Don’t Make It’ wirkte wie neu erschaffen: die einzelnen Passagen durch arrangiert, wie eine kleine Rockoper mit tremolierenden Gesangspassagen, atonalen Breaks und Barjazzeinlagen. Genial !

    In Stuttgart feierte Mann gerade mal wieder bei bajuwarischen Bier mit gegrillten Fleischbergen und altdeutschem Germanencharme. Im Beethovensaal bekam man davon allerdings nichts mit. Hier mischte sich das Zappapublikum mit einem Klassikpublikum im Nachbarsaal. Man flanierte selbstverliebt zwischen Sektkelchen und Schnittchen hin und her. Prösterchen hier, Prösterchen da. Das Konzert begann mit einer kurzen Improvisation: ‚Tiger’ Aaron Arntz an den Keyboards schaufelte den Atonalklangkörper zu einem Haufen zusammen, dann folgte ‚Montana’ und Ray White konnte sein volles Stimmvolumen bei ‚City Of Tiny Lites’ entfalten.

    Das Tourkarussell der Zappa Plays Zappa Band zieht noch bis Ende des Jahres von einer Stadt zur nächsten und tritt damit auch in Franks Fußstapfen. (zuletzt in Australien) Ich wünsche mir, dass die Band nächstes Jahr noch mehr improvisiert, eigene Ideen integriert und damit das Zappagen am Leben erhält, damit es zu einer neuen Generation von universellen Klangmutationen im Schweife des Kometen führt.

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