Udo Lindenberg

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  • #6624123  | PERMALINK

    tomjoad

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    Witziges Fundstück auf YouTube, die beiden Udos singen Bel Ami :
    http://www.youtube.com/watch?v=cTVPNmLKT5M&feature=related

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    Clarence doesn't leave the E Street Band when he dies. He leaves when we die
    Highlights von Rolling-Stone.de
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      #6624127  | PERMALINK

      dengel

      Registriert seit: 08.07.2002

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      #6624129  | PERMALINK

      tomjoad

      Registriert seit: 29.04.2005

      Beiträge: 3,192

      dengelist das nicht ein Fall für hier?

      http://forum.rollingstone.de/showthread.php?t=199&highlight=Westernhagen

      Ich habe mich eher gefragt welcher Zweitnick sich da wieder versucht …

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      Clarence doesn't leave the E Street Band when he dies. He leaves when we die
      #6624131  | PERMALINK

      j-w
      Moderator
      maximum rhythm & blues

      Registriert seit: 09.07.2002

      Beiträge: 40,368

      Das war ein Spammer. Der ist jetzt weg.

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      Staring at a grey sky, try to paint it blue - Teenage Blue
      #6624133  | PERMALINK

      annamax

      Registriert seit: 08.07.2002

      Beiträge: 4,594

      Udo Lindenberg über seine Kindheit – Ich meine, das Wesentliche hatte er ja schon in Mit dem Sakko nach Monakko erzählt:

      Im Sommer ’46 kam ich als Kind zur Welt. Ich fiel direkt vom Himmel auf ein D-D-Doppelkornfeld.
      Das Unglaubliche trug sich zu in der Nähe von Gronau.
      Und als ich so um 13 war, stellt‘ man fest, ich war zu schlau.
      Mein Vater holt‘ die Conjacflasche und sagt „Mein lieber Sohn, nun baller‘ dir mal die Birne voll. Das korrigier’n wir schon!
      Die überschüssigen Interlehrlingzellen, die mußte dir runtersaufen. Und dann wirst du was Solides, wie ’n Mafiakönig, denn als Philosoph verdienste zu wenig.

      „Vater saß in der Kneipe und besoff sich“

      Die Kumpels? Kleinkriminell. Die Heimat? Ein biederes Provinznest. Der engste Vertraute? Eine Trommel. Udo Lindenberg erzählt von seiner Kindheit: über Friedhofsfeste, geklaute Autos und die erste große Liebe.

      einestages: Was für ein Kind waren Sie?

      Lindenberg: Es gab einen großen Bruder, ein Vorzeigekind, Erich, schon so in Weiß gedresst, ein sehr schlauer, feiner Junge, und dann sollte ein Mädchen kommen. Dann kam aber ein Knabe, nämlich ich. Meine Eltern waren doch ein bisschen enttäuscht. Ein Jahr nach mir kamen Zwillinge, die eine Sensation waren, zwei so süße Mädchen. Und der Junge dazwischen lief halt so mit. Ich glaube, dass ich mich ab und zu vernachlässigt gefühlt habe.

      Über die Trommelei habe ich auf mich aufmerksam gemacht, vielleicht war das auch wie so ein Ruf: „Hey, ich bin auch hier!“ Aber es war auch Leidenschaft. Es war ein tief empfundener Auftrag. Ich habe das gespürt. Ich habe die Trommel mit ins Bett genommen, die Trommel war etwas zum Kuscheln für mich, so wie andere den Teddy nehmen. Die Trommel war mein Ein und Alles. Dann bin ich mit fünfzehn auch schon von zu Hause abgehauen, also richtig weggezogen – nach Düsseldorf. Und habe eine Kellnerlehre gemacht. Das war so à la Felix Krull. Es gab einen Schiffssteward, der kam immer zu uns nach Gronau und erzählte von seinen Weltreisen, von New York und anderen Orten. Der empfahl mir, wenn ich die weite Welt sehen wollte, sollte ich erst einmal im Breidenbacher Hof in Düsseldorf eine Kellnerlehre machen. Aber nach einem Jahr ging es dann doch gleich als Profimusiker los. Und das zeigt auch, dass ich da in Gronau nicht so die Perspektive für mich sah.

      einestages: Was haben Sie gehasst?

      Lindenberg: Ich habe die Feiertage in diesem Dorf gehasst, an denen man sauber angezogen und gescheitelt wurde und andauernd auf den Friedhof musste, Fronleichnam, Allerseelen, Allerheiligen. Es ging um Tod und war grau in Gronau. An diesen kirchlichen Trauertagen musste man auf seine Klamotten achten und durfte dann auch nicht im Dreck spielen. Man ging dann mit der Mutter und irgendwelchen Tanten auf den Friedhof. Und der Vater saß in der Kneipe und besoff sich. Er war so militärisch ausgerichtet, wenn eine Socke nur ein bisschen schief lag, wurde gleich der Sonntagnachmittagsausflug mit den Kindern ins Grüne abgesagt.

      Mein Vater wurde dann eine stille Säge, er strahlte dann so einen bitteren Gram aus, so eine Enttäuschung, als hätte man ihm etwas ganz Schreckliches angetan. Dann ging er in eine Kneipe, war anschließend breit – und meine Mutter weinte. Als kleines Kind willst du deine Mutter trösten, aber du weißt nicht, wie du das machen sollst. Manchmal kam er auch drei Tage nicht nach Hause, er schlief dann in der Kneipe.

      einestages: Welche Werte haben Ihre Eltern Ihnen vermittelt?

      Lindenberg: Für solche Momente, wo eine Mutter mal mit ihrem Kind spricht und ihm dann einen Spruch oder eine Wahrheit für das Leben mitgibt, war keine Zeit. Wenn mein Vater in der Kneipe war, musste meine Mutter sich um die Nachtarbeiter von dem Geschäft kümmern, und sie musste Dachrinnen raussuchen und Schrauben für Heizungen oder irgendwelche Klosetts, das Geschäft war ja ein Installationsgroßhandel. Ganz früh habe ich zu meiner Mutter gesagt, sie soll über den Launen meines Vaters stehen, ihn nicht so ernst nehmen, weil er einfach eine Macke hat. So habe ich mit meiner Mutter gesprochen: „Der hat ’ne Macke!“ Gleichwohl wollte ich ihn auch mal gut finden. Ab und zu. Und dann später, als er so tat, als ob er dirigierte oder Entertainer in der Kneipe war, dachte ich: Ist doch cool. Aber das waren eben nur Momente. Meinem Wunsch, dass ich meinen Vater gut finden wollte, dem konnte nicht entsprochen werden. Aber nun, ich glaube ja an so etwas, sitzt er geläutert da oben im Himmel und guckt nach unten und ist auch noch bei meinen Konzerten dabei.

      einestages: Welche Rolle hatten Sie in Ihrer Klasse?

      Lindenberg: Ich war bandenorientiert und -interessiert. Ich war der Jüngste in der Klasse, und ich war immer ein wenig wie Huckleberry Finn drauf, habe mir immer Leute gesucht, die gut Mist machten. Das Auto klauen vom Alten und sich ein Kissen auf den Sitz legen und größer wirken, falls die Bullen mal gucken. Oder zum Puff zwei Dörfer weiter fahren, Streiche spielen, Mist bauen, darum ging es in den Banden. Ich habe mit dreizehn schon angefangen, Alkohol zu trinken und zu rauchen. Regelmäßig nach der Schule ging ich in die Kneipe und trank drei Bier, war dann schön schwindelig und ging dann nach Hause zu meiner Mutter. Sie war immer wahnsinnig verständnisvoll. Ich erzählte ihr dann, dass ein Bierchen auch Vitamine hätte und Mineralstoffe. Ich wollte schnell ein Großer sein.

      einestages: Haben Sie etwas in Erinnerung, das Ihnen als Kind oder Jugendlichem peinlich war?

      Lindenberg: Dass eine Zimmervermieterin meines möblierten Zimmers mich einmal beim Onanieren erwischt hat. Ich rubbel fröhlich vor mich hin, und dann geht die Tür auf, und sie steht da. Da war ich noch nicht so flexibel zu sagen: Vielleicht ist Poppen doch noch schöner? Sie war eine ziemlich attraktive Frau. Dazu war ich aber noch zu schüchtern. Ich war ja überall der Jüngste, das verunsichert auch. Ich wusste nicht, bin ich der Frauenheld oder kann ich der werden oder bin ich vielleicht auch ein bisschen schwul? Es gab schon so Zeiten, wo ich nicht so genau wusste, wer ich war. Das waren so die typischen Zeiten des Erwachsenwerdens, wo man auch so über sich selber stolpert.

      einestages: Wie war Ihre erste große Liebe?

      Lindenberg: Die erste große Liebe war eine Sportlerin. Ich war vierzehn, sie war älter als ich und ging auf das Gymnasium. Und ich bat sie, in Gronau ihr Fahrrad auf dem Schulweg schieben zu dürfen. Das war eine lange Strecke zu ihr nach Hause und immerhin, sie hat sich darauf eingelassen. In sie war ich so richtig verliebt. Und ich habe ihr auch gesagt, dass ich etwas ganz Großes werde. Sie fand mich zwar ganz nett, aber eigentlich war sie schon vergeben an einen Jungen vom Gymnasium. Das war ja damals so, die Mädchen vom Gymnasium gingen nicht mit einem Jungen von der Realschule. Das war echt ein großer Unterschied. Meine Liebe wurde also nicht erwidert.

      Ich traf sie dann später einmal wieder, da war sie Sportlehrerin. Da stand sie mit ihrer Klasse, den ganzen Teenies, und wirkte so ein bisschen wie eine Oma. Ich war ja damals Teeniestar. Ich habe den Schülerinnen dann erzählt, dass ich ihre Lehrerin früher richtig klasse fand und dass sie mit mir echt eine gute Partie gemacht hätte, aber so dusselig war, nicht darauf einzusteigen. Das war ihr dann richtig peinlich. Vielleicht habe ich deshalb später die großen Lovesongs der Sehnsucht, der unerfüllten Liebe schreiben können – wegen dieser unerfüllten Liebe.

      http://www.spiegel.de/einestages/udo-lindenberg-ueber-seine-kindheit-in-gronau-a-961328.html

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      I'm pretty good with the past. It's the present I can't understand.
      #6624135  | PERMALINK

      onkelllou
      Vom Forum ernannter Troll und Stones Hasser

      Registriert seit: 19.04.2007

      Beiträge: 2,307

      Heute um 20:15 im MDR Fernsehen.

      Panische Zeiten! Udo Lindenberg rockt den Osten

      http://www.mdr.de/tv/programm/sendung482016.html

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      #6624137  | PERMALINK

      witek-dlugosz

      Registriert seit: 19.11.2010

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      Gestern ist Udo Lndenberg mit 32 Jahren Verspätung doch noch mit seinem Sonderzug nach Pankow gefahren. Ich war dabei.

      --

      #6624139  | PERMALINK

      sonic-juice
      Moderator

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      Beiträge: 10,983

      Witek DlugoszGestern ist Udo Lndenberg mit 32 Jahren Verspätung doch noch mit seinem Sonderzug nach Pankow gefahren. Ich war dabei.

      Und ich bin zwangsweise seit 6 Wochen bei dieser unsäglich nervigen Promi- und Bürger-Durchsageaktion dabei, die man als Dauerpendler für maximal einen Tag (Hin- und Rückfahrt) witzig finden konnte. Unerfreulicherweise sind die Ansagen von Leuten wie Jan Josef Liefers, Frank Zander, irgendeinem Handballtorwart und Ronny aus dem Wedding auch noch doppelt so laut wie das Standard-Band. Tiefpunkt (bzw. Belästigungshöhepunkt) ist jedesmal, wenn Udo am Potsdamer Platz auch noch anfängt zu singen und für sein Musical Werbung zu machen. Wenn die Udo-Sonderfahrt nun das Ende der Aktion markiert, hatte sie ja ihr gutes. Heute morgen musste ich mir allerdings ein weiteres Mal die „Hallos“ und „Alloas“ meiner Berliner Mitbürger anhören.

      --

      I like to move it, move it Ya like to (move it)
      #6624141  | PERMALINK

      latho
      No pretty face

      Registriert seit: 04.05.2003

      Beiträge: 36,823

      Prima Text!

      --

      If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.
      #6624143  | PERMALINK

      witek-dlugosz

      Registriert seit: 19.11.2010

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      Sonic JuiceUnd ich bin zwangsweise seit 6 Wochen bei dieser unsäglich nervigen Promi- und Bürger-Durchsageaktion dabei, die man als Dauerpendler für maximal einen Tag (Hin- und Rückfahrt) witzig finden konnte.

      Als ich während der Berlinale jeden Tag U2 fahren musste, habe ich einen großen, dunklen Hass besonders auf Didi Hallervorden und Anastacia („Haaallo, ish been Anastaaacia. Oond Eareh nexteh Stud-ziown eest Shtutt-mittaaah“) entwickelt.

      Die irritierten bis mitleidigen Blicke der Touristen sprachen auch Bände.

      Heute morgen musste ich mir allerdings ein weiteres Mal die „Hallos“ und „Alloas“ meiner Berliner Mitbürger anhören.

      Ich nehme an, dass es ein paar Tage dauert, bis alle Wagen umgestellt sind – das war beim Start der Aktionen auch so.

      lathoPrima Text!

      Danke!

      --

      #6624145  | PERMALINK

      mick67

      Registriert seit: 15.10.2003

      Beiträge: 76,902

      Ja ja, das ist schon ein hartes Brot, das Leben in Berlin.

      --

      #6624147  | PERMALINK

      witek-dlugosz

      Registriert seit: 19.11.2010

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      Glaub mir, du hättest die Ansagen auch gehasst, wenn du sie jeden Tag hättest hören müssen.

      --

      #6624149  | PERMALINK

      the-imposter
      na gut

      Registriert seit: 05.04.2005

      Beiträge: 38,565

      ja, schöner Text, Witek

      --

      out of the blue
      #6624151  | PERMALINK

      onkelllou
      Vom Forum ernannter Troll und Stones Hasser

      Registriert seit: 19.04.2007

      Beiträge: 2,307

      Am Sonntag in der ARD.

      Udo Lindenberg – Stärker als die Zeit
      http://www.daserste.de/information/reportage-dokumentation/dokus/sendung/udo-lindenberg-138.html

      --

      Exile on Main Street wird vollkommen überbewertet
      #6624153  | PERMALINK

      annamax

      Registriert seit: 08.07.2002

      Beiträge: 4,594

      Die Südwestpresse gratuliert Udo Lindenberg zum 70ten mit einem dicken Interview:

      „Auf dem Olymp, wo ich hingehöre“

      Panik-Experte und Rock-Olympionik: Udo Lindenberg hat sein Album „Stärker als die Zeit“ veröffentlicht und feiert am Dienstag seinen 70. Geburtstag.

      Haben Sie vor dem neuen Album „Stärker als die Zeit“ eine neue Textlust verspürt?

      UDO LINDENBERG: Ich konnte lange nicht texten, weil ich so sehr mit den Stadionshows beschäftigt war. Da sind ja 200 Experten am Start. Als die Show stand, war klar: Ich wollte nicht alte Songs recyclen, sondern neue schreiben. Jetzt sind das 15 Stücke. Ich habe mich richtig reingehängt, bin zwischen den Studios in Los Angeles, New York und Deutschland hin und her gereist. Ich bin ja ein Streuner zwischen Hotelbars, Bahnhöfen und Flughäfen, unterhalte mich mit den Leuten, höre genau zu. Die Songs entstehen praktisch auf der Straße, nicht im Dichterelfenbeinturm. Und in der Stille der Nacht geht’s dann an den Feinschliff.

      Mit der ersten Single „Schwere Zeiten“ bieten Sie Balsam für die Seele.

      LINDENBERG: So soll es sein. Das ist mein Lied über wahre Freundschaft. Wenn der eine hängt, ist der Freund am Start. Auch nachts um vier Uhr. Das ist die Power von Freundschaft.

      Was war im Studio nach dem starken Comeback-Album „Stark wie Zwei“ nun anders?

      LINDENBERG: Ich bin jetzt auf dem Olymp, wo ich auch hingehöre. Auf „Stark wie Zwei“ musste ich erst noch aus dem Matsch heraus und nach oben krabbeln. Der Niedergang, verloren im Alkohol, Drogenstorys, der Tod meines Bruders – ich musste meine Flügel erst einmal ausschütteln und reinigen. Aber in mir ist ja eine Automatik für Optimismus eingebaut. Ich bin ein Autoptimist.

      Schon immer?

      LINDENBERG: Ich wusste immer, ich kriege das hin. Schon als ich mit 15 Jahren von Zuhause abgehauen bin. Ich habe ja nie etwas Richtiges gelernt. Es gab nie eine Alternative zum „Wir kriegen das hin“. Und jetzt haben wir es wieder hingekriegt: ein starkes Album, eine gigantische dreistündige Show, getragen von der Panik-Familie und all den liebenden Sympathisanten, die in die Stadien kommen.

      Waren am Album die bewährten Musiker beteiligt?

      LINDENBERG: Unter anderem. Da waren auch Musiker der Band von Pink, die ich ganz gut kenne, die Jungs von „Stark wie Zwei“, die Panik-Band und sehr viele Gäste wie etwa Deichkind. Bei uns ist das im Studio ja wie in einer WG. Mal ist Partytime, dann wieder Kundendienst oder intellektueller Austausch mit musikalischen Grüßen an internationale Kollegen wie AC/DC oder Tom Petty. Aber natürlich immer mit dem bewährten Panik-Sound. Und das Whisky-gestählte Organ aus dem Gully hält alles zusammen. Ich habe in diese Stimme sehr viel investiert, bis ich sie da hatte, wo ich sie haben wollte.

      Sie gelten als der „Erfinder der Coolness“ und singen doch vom mulmigen Gefühl vor Auftritten. Haben Siedenn tatsächlich noch Lampenfieber?

      LINDENBERG: Wenn da 50.000 Leute sind, schon ein bisschen. Ich schaue mir die Panik-Experten da unten dann aber genau an und denke einfach, ich singe für jeden einzelnen und nicht für eine anonyme Masse. In „Der einsamste Moment“ beschreibe ich aber auch einen magischen Feuchte-Augen-Moment im Berliner Olympiastadion, als ich in meiner Kapsel hypochondrisch über dem Publikum schwebte, zum Himmel schaute, an meine Eltern dachte und aus einem regenverdächtigen Himmel plötzlich die Sonne herausstrahlte. Wenn ich aber auf der Bühne stehe, mit dem Mördersound der Band im Rücken, ist wieder alles klar.

      War es wie im Video zu „Schwere Zeiten“ an der Zeit, die Brille abzunehmen?

      LINDENBERG: Ja, ich mache das immer häufiger, damit sich die Seelen noch besser erkennen.

      Sie singen über die blauen Augen, die Sie sich in den vergangenen 70 Jahren eingefangen haben. Was hätten Sie sich rückblickend vielleicht schenken können?

      LINDENBERG: Meine Alkohol- und Drogen-Odyssee durch die Katakomben der Erkenntnis und das Ausloten der Grenzbereiche im Zeichen der Kunst und Krisen waren schon ganz schön heavy. Aber ich habe mein Leben in den Dienst des Rock ‘n‘ Roll gestellt, und die Kunst ist eine fordernde Geliebte. Sie lässt bürgerliche Liebes- und Lebensmodelle nicht zu. Ich muss halt die frei schwebende Nachtigall sein, die Wildente, die immerdar herumflattert mit der Antenne obendran für die göttlichen Eingebungen und Genieblitze. Ich war immer ein Reisender und Suchender, und das geht immer so weiter. Oder wie mein Freund Benjamin von Stuckrad-Barre zu sagen pflegt: Man sollte die Angebote der Normalität weitgehend ablehnen.

      Sie singen, Sie seien Original und Parodie zugleich.

      LINDENBERG: Vor 15 Jahren haben mich ja viele nur noch als eine alkoholisierte Karikatur mit Schlapphut gesehen. Aber dann bin ich wieder zu einer Panikstatue geworden, stolz und erhaben, legendenmäßig. Man könnte auch Udol sagen, aber man soll den Personenkult ja nicht übertreiben. Wenn ich aber dafür stehe, die eigene Individualität zu feiern und zu inszenieren, einfach der Chef zu sein im eigenen Leben, möglichst wenig fremdbestimmt egal in welchem Bereich, dann ist das doch eine geile Sache. Für mich ist es sowieso prima, wenn sich das Leben nach mir richtet und ich mich nicht nach dem Leben ausrichten muss.

      Gibt es zwischen Ihnen und Karl Lagerfeld Verbindungen?

      LINDENBERG: Er ist ja auch ein sich extrem selbstverwirklichender Pioniervogel und steht mit seinen 82 Jahren noch richtig heavy im Leben. Das verbindet uns, neben dem Aussehen natürlich. Ich halte mich aber richtig fit. Ich brauche ja ordentlich Kondition für die großen Bühnen, deshalb jogge ich sehr viel, vornehmlich in der Geisterstunde, egal wo ich bin. Ich höre dabei häufig Klassik, Nirvana oder David Bowie.

      David Bowie ist ja leider im Alter von 69 Jahren von uns gegangen. Sie werden am 17. Mai 70 Jahre alt. Wundern Sie sich manchmal über die geradezu trotzige Wehrhaftigkeit Ihres Körpers?

      LINDENBERG: Ich wundere mich, dass ich überhaupt noch lebe bei all den Exzessen. Ich finde das mehr als erfreulich, deshalb habe ich nun auch ein Dankeschön-Lied für meinen Body geschrieben. Mehr als traurig ist natürlich die Abreise von David Bowie, mit dem ich auch befreundet war. Die machen oben eine ordentliche Band auf. Da glaube ich dran. Auch, weil ich daran glauben möchte.

      Unterscheiden sich die Stadionkonzerte 2016 wie etwa in Stuttgart von den Shows der Vorjahre, weil es jetzt ein neues Album gibt?

      LINDENBERG: Wir haben sieben neue Songs im Programm, einige der alten neu arrangiert, und etliche Bilder und Bauten sind neu. Das wird die größte Rockrevue der Welt. Unsere LED-Wand ist noch einen ganzen Zacken breiter als bei den Rolling Stones, wir haben mehr Boxen hängen als AC/DC. Wir sind ja von der Firma K. u. K.-Monarchie, also Keine Kompromisse, und der Veranstalter heißt Big Big. Wenn wir Stadion machen, dann nur vom Allergrößten, egal was es kostet. Wir sind jetzt im letzten Jahr unserer Stadion-Trilogie. Nun kommt der krönende Abschluss. Was danach passiert, weiß ich noch nicht. Ein echter Abenteurer lässt sich ja alles offen.

      Sie haben sich ja auch bereits lümmelhaft singend in die große Politik eingemischt. Was denken Sie über den „Fall Böhmermann“?

      LINDENBERG: Das höchste heilige Gut ist die Meinungsfreiheit der Kunst und der freien Presse. Und in justiziable Themen sollte sich die Regierung dieser bunten und wunderbaren Republik nicht einmischen, auch wenn der Deal, den Angie mit Erdogan eingehen musste, natürlich eine sehr wackelige Sache ist. Erdogan ist ja ein Despot erster Güte, der die Türkei ins finsterste Mittelalter zurückschieben und die Trennung zwischen Staat und Religion wieder aufheben will. Wenn der Islam das noch durchmachen muss, was Europa in den vergangenen 1000 Jahren erlebt hat, dann brauchen wir wirklich gute Nerven.

      Gute Nerven braucht man aber auch wegen der Rechtstendenzen in der bunten Republik.

      LINDENBERG: Die braune Färbung und Limitierung im Denken, das Anstecken von Flüchtlingsheimen und die Rufe, dass man diese Menschen wieder zurück nach Hause in die Arme des IS schicken will, geht natürlich gar nicht und muss bald vorbei sein. Wir brauchen für diese größte Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg eine gesamteuropäische Lösung, und wenn einige nicht mitmachen wollen, muss die EU eben Druck machen. Diese große Vision Europa, auch vermittelnd zwischen den USA und Russland, darf man nicht aufgeben.

      http://www.swp.de/ulm/nachrichten/kultur/Udo-Lindenberg-wird-70-und-feiert-mit-einem-neuen-Album;art1222892,3831050

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