Everything's fucked up – Sexploitation- und #metoo-Debatten in der Musikszene

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  • #11190177  | PERMALINK

    snowball-jackson

    Registriert seit: 09.11.2008

    Beiträge: 3,174

    @latho: Sind das die Original Pressungen? Würde ich nehmen, da ich nur die Reissues habe.

    Ich liebe Kozeleks frühen Platten  unter Red House Painters  und auch ein paar unter Sun Kil Moon. Menschlich war er mir schon immer ein Unsympath aber „ist der Ruf erst ruiniert, lebt’s sich gänzlich ungeniert“ geht auch nicht (mehr). Von daher: ihm ist eine solche Tat freilich eher zuzutrauen als einem Fran Healy und würde ich meine Plattensammlung nach gesellschaftlichen Fehlverhalten und Arschloch Aussagen/Taten der Künstler aussortieren, hätte ich endlich mehr Platz. Und auch nicht mehr so gute Platten. Aber Platten verbrennen? Echt jetzt?

    Sofern ich richtig informiert bin, veröffentlicht Kozelek seine Platten auf seinem eigenem Label Caldo Verde. Von daher wären da andere Konsequenzen denkbar, falls sich diese Anschuldigungen juristisch als wahr entpuppen sollten.

     

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    #11190193  | PERMALINK

    irrlicht
    Nihil

    Registriert seit: 08.07.2007

    Beiträge: 31,228

    latho Dass Kozalek ein grade A-Arschloch ist, war ja, wie im Fall Ryan Adams, schon länger bekannt. Nur ist das eben nicht strafbar.

    Vielleicht habe ich da manches nicht mitbekommen, aber ich finde, bei Mark hält sich das ziemliche die Waage. Das meinte ich auch mit der Erwähnung von Gossip. Er hat The War on Drugs gefrontet – who cares? Er hat ziemlich rüde und sexuell Journalistinnen angegangen, auch seine eigenen Fans von der Bühne aus – natürlich unschön, zumal das abseits der Musik geschehen ist, aber richtige „Vergehen“, die einen Menschen für immer diskreditieren, sehen für mich anders aus.

    Wenn ich dem entgegen halte, wie viele ungemein einfühlsame Tracks er mit oder über Frauen geschrieben hat – nicht zuletzt über seine Frau Caroline, die in vielen vielen Songs genannt wird und der er auch gleich mit „Beautiful you“ ein fünfzehnminütiges Werk gewidmet hat, wenn ich bedenke, wie offen – entgegen vieler Kolleg*innen – er sich frei und harsch gegen Trump, gegen Rassismus, gegen Homophobie positioniert, für Transgender und deren Rechte ausspricht (etwa in Bezug auf North Carolina) und vieles mehr, wie er die Freundschaft und Werte thematisiert, wie bezwingend er sich dem Tod in der Familie annimmt und den anderer betrauert, ergibt das für mich nicht das Bild eines plumpen Typen, sondern eines streibaren Mannes, der mitunter ziemlich launisch aus der Haut fährt, bei dem manches aber auch arg stilisiert wird. Dieses „dirty white man“ sieht man eben schnell, wenn man es unbedingt sehen will.

    Ich freue mich fürs erste sehr auf das neue Werk, der erste Vorbote im erneuten Duet mit Petra Haden, erinnert wieder sehr an „Benji“.

    Meine Kozalek-Platten lasse ich mir gerne wegnehmen, von denen halte ich nicht allzuviel (will jemand die ersten zwei RHP haben?) Und klar, keine Plattenverbrennung gefordert, aber Kozalek wird in diesem Zusammenhang seinen Plattenvertrag verlieren (egal, was strafrechtlich dabei herauskommt), einfach so Schulterzucken will ich da nicht. Dieses „och, das kann er schon ab“ finde ich, nochmal, problematisch.

    Absolut. Daher gehören solche Themen – in der Form – auch absolut gar nicht in die Öffentlichkeit. Niemand kann dafür Gewähr leisten, dass sich reine Anschuldigungen nicht verselbstständigen und die freien Stellen im Bild alsbald durch Spekulationen gefüllt werden. Dazu neigt die Presse auch gerne dazu, zu überzeichnen (das fängt ja schon jetzt an: „According to the investigation, he exposed himself to one woman who came to his hotel room, and another woman said that though she had a long lasting relationship with Kozelek, the „lines were blurred“, though some publications reported this as „rape“). Ganz gefährliche Nummer, vor allem, wenn noch rhetorische Anheitzer dazu kommen, die eben mit einem erhofften Skandal selbst ihr Brot verdienen.

    --

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    #11190211  | PERMALINK

    snowball-jackson

    Registriert seit: 09.11.2008

    Beiträge: 3,174

    Danke für dein Statement @irrlicht. Untetschreibe ich alles.

    --

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    #11190273  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 36,937

    irrlicht
    Vielleicht habe ich da manches nicht mitbekommen, aber ich finde, bei Mark hält sich das ziemliche die Waage.
    […]

    War etwas rüde formuliert, ja. Wobei man nicht davon ausgehen kann, dass gute Musik auch von guten Menschen gemacht wird. Sonst müssten wir ja alle Peter Maffay hören…

    @snowball-jackson : Ne, sind nur die Reissues.

    --

    If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.
    #11190329  | PERMALINK

    irrlicht
    Nihil

    Registriert seit: 08.07.2007

    Beiträge: 31,228

    latho Wobei man nicht davon ausgehen kann, dass gute Musik auch von guten Menschen gemacht wird.

    Klar, darüber müssen wir nicht sprechen. Und dennoch fände ich es befremdlich, wenn sich nun Leute von ihren Celiné und Hamsun Werken säubern würden. Weil der Mensch eben nicht nur auf eine Haltung runterzubrechen ist.

    In dieser Art von Diskursen ist es ja aber noch viel drastischer, weil Menschen teilweise von Leuten ohne wirklichen Einblick auf eine Aussage heruntergebrochen werden, völlig bar der Frage, in welchem Kontext sie getroffen wurde, welche Perspektiven man annehmen könnte, ob es eine ironische oder doppeldeutige Note dabei gibt usw. usf. Und noch mehr: All das geht schon viral, bevor es überhaupt eine Beweisführung gibt. Bezüglich meiner absoluten Haltung von „im Zweifel für den Angeklagten“ leider eine durch und durch grausame Entwicklung.

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    Hold on Magnolia to that great highway moon
    #11190345  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 36,937

    irrlicht

    latho Wobei man nicht davon ausgehen kann, dass gute Musik auch von guten Menschen gemacht wird.

    Klar, darüber müssen wir nicht sprechen. Und dennoch fände ich es befremdlich, wenn sich nun Leute von ihren Celiné und Hamsun Werken säubern würden. Weil der Mensch eben nicht nur auf eine Haltung runterzubrechen ist.
    In dieser Art von Diskursen ist es ja aber noch viel drastischer, weil Menschen teilweise von Leuten ohne wirklichen Einblick auf eine Aussage heruntergebrochen werden, völlig bar der Frage, in welchem Kontext sie getroffen wurde, welche Perspektiven man annehmen könnte, ob es eine ironische oder doppeldeutige Note dabei gibt usw. usf. Und noch mehr: All das geht schon viral, bevor es überhaupt eine Beweisführung gibt. Bezüglich meiner absoluten Haltung von „im Zweifel für den Angeklagten“ leider eine durch und durch grausame Entwicklung.

    Exakt, volle Zustimmung. Die mittlerweile vorherrschende Unfähigkeit, jedweden Kontext zu verstehen, weil schlicht Leseverständnis und -bereitschaft fehlt, ist furchtbar.

    zuletzt geändert von latho

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    #11190355  | PERMALINK

    irrlicht
    Nihil

    Registriert seit: 08.07.2007

    Beiträge: 31,228

    Ein Detail am Rande, weil es mir eben zufällig aufgefallen ist: Im gleichen Zeitraum, als Phoebe Bridgers erstmals zum Fall Ryan Adams Stellung bezieht, führt sie mit Mark ein entspanntes Interview und steht mit ihm gemeinsam auf der Bühne.

    Irgendwie eine Pointe, die man sich auch nicht besser ausdenken kann.

    --

    Hold on Magnolia to that great highway moon
    #11190363  | PERMALINK

    jackofh

    Registriert seit: 27.06.2011

    Beiträge: 3,572

    Mir ging es noch um etwas Anderes bei dem „Zeit“-Artikel, was in den Beiträgen von pfingstlümmel und irrlicht bereits anklingt.

    Erstmal: Natürlich muss man auch als Musikjournalist darüber schreiben, wenn Vorwürfe von sexuellem Missbrauch gegenüber Musikern aufkommen. Sich einer Selbstzensur à la „da könnte ja was hängenbleiben, wenn es nicht bewiesen werden kann oder sich als falsch rausstellt“ zu unterwerfen, widerspricht ganz klar dem journalistischen Auftrag. Und darüber, dass bei dem Thema selbstverständlich eine besondere Sensibilität an den Tag gelegt werden muss, müssen wir uns nicht unterhalten, denke ich. Was auf Social Media passiert, darf auch nicht dazu führen, die eigene, seriöse Berichterstattung sein zu lassen.

    Aufgabe des Journalisten ist es jedoch, so objektiv wie möglich über so gewissenhaft wie möglich geprüfte Fakten zu berichten. Und zu beurteilen, wie glaubwürdig die Quellen sind und ob überhaupt ein Nachrichtenwert besteht. Diese und weitere Fragen beeinflussen dann auch die Entscheidung, ob und zu welchem Zeitpunkt eine Veröffentlichung angebracht ist und auf welche Weise berichtet werden kann/sollte. So wurde es mir zumindest mal beigebracht – und das erwarte ich auch von einem Qualitätsmedium wie der „Zeit“. Ich erwarte zudem, dass man seinen Leser*innen zutraut, sich anhand der berichteten Sachverhalte ein eigenes Bild zu machen statt ihm eine Meinung aufzuzwängen. Der mündige Leser verbrennt keine Platten und holt auch nicht gleich die Mistforke aus dem Schrank, wenn er über das Thema liest, sondern vertraut auf die dargestellten Informationen und die juristische Beurteilung durch Gerichte. Das sollten Journalist*innen meiner Meinung nach genauso handhaben.

    Was hier jedoch passiert ist, ist etwas Anderes, leider Symptomatisches für die Berichterstattung (mindestens) vieler Onlinemedien heutzutage. Die Story ist längst bekannt; wer ein wenig die aktuelle Musikpresse verfolgt, wird über die Vorwürfe gegenüber Burger Records und Kozelek bereits (besser) informiert gewesen sein. Deswegen will der Autor der Story nun „einen neuen Dreh geben“ bzw. diese „weiterdrehen“, um die Geschichte am Laufen zu halten. Und das macht man nunmal am besten mit einer steilen These. Die in diesem Fall lautet: Die jetzt bekannt gewordenen Vorwürfe sind symptomatisch für den sog. „Indie-Rock“. (Und, als Haltung dahinter: Ich habe es ja schon immer gewusst!)

    Der Artikel ist also keineswegs ein neutraler Bericht über die Vorwürfe gegen das Label und die Künstler. Sondern eine von vornherein auf Krawall gebürstete Abrechnung, die hochmoralisch daherkommt und dabei offenbar gar nicht merkt, wie zynisch sie doch ein ernstes Thema für ihre Zwecke missbraucht.

    Es fängt ja schon mit dem ersten Satz an: „Ein Held war Mark Kozelek zuletzt im Frühjahr 2014.“ So ein Einstieg lässt gleich gar keinen Zweifel mehr daran aufkommen, wohin die Reise geht. Mit kaum verhohlener Herablassung schreibt der Autor dann weiter über die angebliche künstlerische „Selbstdemontage“ des Sängers und gibt vergiftete „gute Ratschläge“ im Konjunktiv (nach dem Motto: der hätte sich einfach über seinen – natürlich unverdienten – Erfolg freuen und die Schnauze halten sollen). Einmal wird Kozelek zum „ranghöchste(n) beschuldigte(n) Genrevertreter“, dann wieder ist er nur ein Nischenmusikant, der für ein „überschaubares, aber devotes Publikum“ spielt. Ich bin weder Kenner noch Fan von Mark Kozeleks Werk. Doch wenn ein Journalist so über einen Künstler schreibt, merke auch ich, dass der Wind hier offensichtlich aus einer ganz anderen Richtung weht. Er raunt ja auch sofort von „weitreichenden Implikationen“.

    Dass der Autor dann ein ziemlich krudes Verständnis von „Indie-Rock“ an den Tag legt, sagt ebenfalls viel über ihn aus. Von wegen „schlecht verhohlene Überlegenheitsgefühle“ oder der angebliche „Glaube, dass man als Musiker oder Hörer automatisch zur geschmackssicheren, politisch fortschrittlichen Minderheit gehört.“ Was er dann aber über die sog. „beta males“, die das Genre prägen würden, ausführt, ist an Absurdität oder auch Dummheit für mich kaum auszuhalten (zumal der Begriff eng mit der Incel-Szene verbandelt ist, wie latho ja schon schrieb: Kopfkino für die Leser!).

    Die These, dass diese Loser, weil sie „beim Sport oder in der Tanzstunde als letztes ausgewählt“ wurden eben keine „richtigen“ Rockstars werden konnten mit echten Groupies und so – und deswegen ein eigenes Genre erfunden hätten, um trotzdem an die Girls/Boys zum Belästigen zu kommen, ist so dermaßen absurd, dass es (mir) fast wehtut. Ich finde es abstoßend zu lesen, mit welcher Selbstgerechtigkeit und Genugtuung der Autor da über die Künstler des vermeintlichen Vergewaltiger-Genres schwadroniert. Getoppt in dieser ebenso hämischen wie rhetorischen Frage: „Verbirgt sich hinter den sensiblen Künstlerseelchen seiner Protagonisten eine weniger offensichtliche, aber nicht weniger zerstörerische Form von Männlichkeit, die das Groupie- und Exzessgebaren der Rock-’n‘-Roll-Gründerzeit lediglich subtiler fortführt?“

    Na logo! Also: Indie-Bands, legt endlich die Gitarren nieder! Pickliger Beta-Mann: Raus aus dem Rampenlicht! Die Zukunft des „Indie-Rock“ ist weiblich! Denn: „Es gibt keine andere, die man sich für den Indie-Rock noch ausmalen möchte.“ Und ernsthaft: Was bleibt denn letztlich von diesem Bericht? Die Erkenntnis, dass auch im Bereich der Indie-Musik vermeintliche Schutzräume oft furchtbarerweise nur zu Schutzräumen für Täter wurden? Dass auch introvertierte Männer zu Sexualdelikten fähig sind? Dass Indiemusik nicht der Hort alles Guten ist? Dass Frauen häufig seit Jahren die interessantere Musik (übrigens nicht nur im „Indie-Rock“) machen?

    Alles Binsen. Jeder Mensch, der sich mal für zwei Minuten mit dem Thema Sexismus und Missbrauch auseinandergesetzt hat, weiß doch, dass das ein gesamtgesellschaftliches Phänomen ist. Niemand, der bei Trost ist, denkt doch, dass es Szenen gibt, wo Übergriffe generell keine Rolle spielen. Deswegen ist es ja so unseriös und unredlich, ein Musik-Genre bzw. den Typus des sog. „Beta-Männchens“ dafür verantwortlich zu machen. Und das Thema für genüßlich formulierte, persönliche Abrechnungen und Clickbait zu nutzen.

    --

    #11190367  | PERMALINK

    irrlicht
    Nihil

    Registriert seit: 08.07.2007

    Beiträge: 31,228

    Sehr guter Beitrag, Danke.

    --

    Hold on Magnolia to that great highway moon
    #11190369  | PERMALINK

    pheebee
    den ganzen Tag unter Wasser und Spaß dabei

    Registriert seit: 20.09.2011

    Beiträge: 33,693

    irrlicht

    latho Wobei man nicht davon ausgehen kann, dass gute Musik auch von guten Menschen gemacht wird.

    Klar, darüber müssen wir nicht sprechen. Und dennoch fände ich es befremdlich, wenn sich nun Leute von ihren Celiné und Hamsun Werken säubern würden. Weil der Mensch eben nicht nur auf eine Haltung runterzubrechen ist.

    Und wer weiß denn schon wirklich, wie ein Künstler, den wir vielleicht nur aus der Presse, von seinen Arbeiten und gelegentlichen öffentlichen Auftritten kennen, denn tatsächlich ist? Ist Peter Maffay (nur weil der Name hier fiel, genannt) immer ein guter Mensch? Oder Keith Richards? Wenn einer öffentlichen Person ein relevantes Fehlverhalten bzw. eine Straftat nachgewiesen wird, dann gehört diese Person ohne Ansehen seiner gesellschaftlichen Position dafür bestraft. Wie ich als Konsument oder von mir aus auch Fan damit umgehe, ist doch mein ganz eigenes Problem. Muss ich mich schuldig fühlen, weil ein von mir geschätzter Künstler sich etwas hat zu Schulden kommen lassen? Nö, denke nicht.

    --

    Ever tried. Ever failed. No matter. Try Again. Fail again. Fail better. Samuel Beckett
    #11190385  | PERMALINK

    stormy-monday
    We Shall Overcome

    Registriert seit: 26.12.2007

    Beiträge: 20,059

    irrlichtSehr guter Beitrag, Danke.

    Ja. Wie einige Beiträge hier. Auch Deine.

    --

    Well, my telephone rang, it would not stop It's President Biden callin' me up He said, "My friend, Maik, what do we need to make the country grow?" I said, "My friend, Joe, my friend Bob would advice you , Brigitte Bardot, Anita Ekberg, Sophia Loren" Country'll grow
    #11190401  | PERMALINK

    snowball-jackson

    Registriert seit: 09.11.2008

    Beiträge: 3,174

    @jackofh: Klasse Beitrag. Danke dafür.

    --

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    #11190403  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 44,729

    irrlichtVielleicht habe ich da manches nicht mitbekommen, aber ich finde, bei Mark hält sich das ziemliche die Waage. Das meinte ich auch mit der Erwähnung von Gossip. Er hat The War on Drugs gefrontet – who cares?

    Gefrontet? Weiß nicht, was du meinst, vielleicht ja gedisst. Aber diese Aktion hatte schon etwas seltsame Obsessives. Unlustig war es auch, und es hat gerade in den USA (wo so etwas gar nicht gut angekommt) ziemlich viele Leute genervt, vor allem weil Kozelek sich im Recht fühlte. Der Stein des Anstoßes? War On Drugs waren zu laut!

    Er hat ziemlich rüde und sexuell Journalistinnen angegangen, auch seine eigenen Fans von der Bühne aus – natürlich unschön, zumal das abseits der Musik geschehen ist, aber richtige „Vergehen“, die einen Menschen für immer diskreditieren, sehen für mich anders aus.

    Für mich auch.

    Wenn ich dem entgegen halte, wie viele ungemein einfühlsame Tracks er mit oder über Frauen geschrieben hat – nicht zuletzt über seine Frau Caroline, die in vielen vielen Songs genannt wird und der er auch gleich mit „Beautiful you“ ein fünfzehnminütiges Werk gewidmet hat,

    Ich bin gespannt, wie besagte Dame auf die weniger einfühlsamen Seiten ihres Ehemannes reagiert, die in den ziemlich glaubhaften Berichten ja rüberkommt. Das klingt vielleicht hämischer als gewollt, vielleicht überrascht es sie auch nicht.

    Absolut. Daher gehören solche Themen – in der Form – auch absolut gar nicht in die Öffentlichkeit. Niemand kann dafür Gewähr leisten, dass sich reine Anschuldigungen nicht verselbstständigen und die freien Stellen im Bild alsbald durch Spekulationen gefüllt werden.

    Das liegt aber in der Natur des Menschen und kann auf gar keinen Fall zur Schlussfolgerung führen, dass „solche Themen“ (welche sind das?) „absolut gar nicht in die Öffentlichkeit“ gehören. Wohin denn sonst?

    Sicherlich ist Kozelek kein Weinstein, aber es muss doch betroffenen Frauen erlaubt sein, aus ihrer Sicht grenzwertiges oder grenzüberschreitendes Verhalten eines Musikers mit jungen Fans in der Öffentlichkeit zu thematisieren. Offensichtlich empfanden diese Frauen diese Begegnungen oder Beziehungen als weniger erfreulich. Das zu sagen, ist nicht nur richtig, es ist notwendig!

    --

    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #11190467  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 36,937

    nail75[…]
    Sicherlich ist Kozelek kein Weinstein, aber es muss doch betroffenen Frauen erlaubt sein, aus ihrer Sicht grenzwertiges oder grenzüberschreitendes Verhalten eines Musikers mit jungen Fans in der Öffentlichkeit zu thematisieren. Offensichtlich empfanden diese Frauen diese Begegnungen oder Beziehungen als weniger erfreulich. Das zu sagen, ist nicht nur richtig, es ist notwendig!

    Keine Frage – sowie sich auch Kozalek wehren kann, wenn da etwas Unwahres geschrieben wird. Wobei letzteres in sozialen Medien nicht einfach ist. Was mich stört, ist die kritiklose Übernahme solcher Berichte in den Medien (online wie print wie Rundfunk) – wie Jack oben sehr gut und schlüssig anhand des Artikels dargestellt hat.

    --

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    #11190489  | PERMALINK

    irrlicht
    Nihil

    Registriert seit: 08.07.2007

    Beiträge: 31,228

    nail75 Gefrontet? Weiß nicht, was du meinst, vielleicht ja gedisst. Aber diese Aktion hatte schon etwas seltsame Obsessives. Unlustig war es auch, und es hat gerade in den USA (wo so etwas gar nicht gut angekommt) ziemlich viele Leute genervt, vor allem weil Kozelek sich im Recht fühlte. Der Stein des Anstoßes? War On Drugs waren zu laut!

    „fronten“? Ich fand die Aktion ehrlich gesagt unterhaltsam, zumal Run the Jewels das direkt aufgegriffen haben und der Track musikalisch sehr gut ist. Letztlich ist das natürlich flach, aber nochmal: Who cares? Letztlich ist der Beef genauso egal, wie der Umstand, dass TWOD zu laut waren.

    Das liegt aber in der Natur des Menschen und kann auf gar keinen Fall zur Schlussfolgerung führen, dass „solche Themen“ (welche sind das?) „absolut gar nicht in die Öffentlichkeit“ gehören. Wohin denn sonst? Sicherlich ist Kozelek kein Weinstein, aber es muss doch betroffenen Frauen erlaubt sein, aus ihrer Sicht grenzwertiges oder grenzüberschreitendes Verhalten eines Musikers mit jungen Fans in der Öffentlichkeit zu thematisieren. Offensichtlich empfanden diese Frauen diese Begegnungen oder Beziehungen als weniger erfreulich. Das zu sagen, ist nicht nur richtig, es ist notwendig!

    Für mich nicht. Hier gibt es sicherlich nochmal einen besonderen Fall, da Mark Kozelek seine Erlebnisse selbst gerne ellenlang in Tracks ausbreitet, wenn auch ohne Namen – dass das die Betroffenen triggert, kann ich aber dennoch nachvollziehen. Ansonsten wie unten geschrieben: Das ist eine Sache, die ins Private gehört, vor Gerichte, nicht vor ein weltweites Social Media Gericht, erst recht nicht zur jetzigen Zeit, in der es bei diesem Thema primär um Clickbaiting, um Filterblasen, um Frontenbildung und teils völlig sinnfreie Nebenstrangfehden geht.

    Nochmal: Es gibt bisher keinen „Beweis“, dass die Situationen so abgelaufen sind – unabhängig davon, dass ich den Artikel bei Pitchfork generell auch glaubhaft finde. Aber das „Resultat“, was man nun wieder sieht, sind Artikel – und safe, es werden noch viel mehr kommen -, die wunderschöne Geschichten davon erzählen, wie sich das doch alles nun „endlich“ zusammenfügt. Ganz einfach: Der rüpelhafte weiße alte Mann, der junge Dinger ins Backstage lotzt, weil die beste Zeit rum ist, der ja auch in „Dogs“ schon sein Sexleben umfangreich ausbreiten musste und sogar in diesem einen Track schonmal davon erzählt hat, wie er seine damalige Freundin „betrogen“ hat, um mit Rachel Goswell zu knutschen? Also ich meine, da passt doch eins zum anderen, oder?

    Das Problem: Das ist nichts anderes, als stumpfer Gala-Dreck für die etwas intellektuellere Oberschicht. Journalistisches Fastfood für Leute, die schon immer wussten, dass ihr Nachbar insgeheim auch ein schmutziges Geheimnis hat.

    Journalismus hat für mich den Zweck der Aufklärung, der Beleuchtung aller involvierten Perspektiven, dem Suchen nach der „Wahrheit“, zumindest dem Sammeln von Fakten und Erklärungsansätzen. Vielleicht ist das zu viel verlangt, aber ich kann mit diesem anbiedernden Fairytale-Schund einfach nichts anfangen.

    --

    Hold on Magnolia to that great highway moon
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