Reisen in … Indien

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  • #10221011  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    stormy-mondaySo mit Stift und A5-Block finden sich immer ein paar Minuten, um Eindrücke festzuhalten. Schnell ist, bei all der Fülle, manches vergessen….

    Ja, ich weiss … ich werde es mir überlegen. Ist ja noch etwas Zeit.

    @dengel: Mal schauen, was ich da am Ende anstelle, aber so richtig ans Meer geht es wohl nicht, abgesehen vom kurzen Aufenthalt in Kanyakumari. Mir wird es am Strand eh nur langweilig (und Bücher lese ich lieber auf dem Bett als mit Sand zwischen den Seiten ;-) )

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #150: Neuheiten 2023/24 – 12.3., 22:00; #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
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    #10221015  | PERMALINK

    dengel

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    Wir lagen auch nicht am Strand, sind auf dem Klippenpfad gewandert, die Nachbarorte heim gesucht (Kalambalam), in den Cafes gesessen und uns richtig gut erholt.

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    #10221035  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    dengelWir lagen auch nicht am Strand, sind auf dem Klippenpfad gewandert, die Nachbarorte heim gesucht (Kalambalam), in den Cafes gesessen und uns richtig gut erholt.

    Das klingt gut … aber das mache ich wohl eher anderswo … man sieht es dem Plan ja an: es zieht mich nach dem Aufenthalt in Mysore recht zügig rüber nach Tamilnadu, mit Madurai-Tanjavore-Pondicherry als Kernstück der ganzen Reise.

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    #10221045  | PERMALINK

    dengel

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    Dann nimm noch Trichy mit, wenn Du da bist!

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    #10221115  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    dengelDann nimm noch Trichy mit, wenn Du da bist!

    Dort war ich bei der letzten Reise schon (wie auch – aber viel zu kurz – in Madurai und Tanjavore). Den Südindien-Teil muss ich aber nochmal rekonstruieren (mein damaliges Reisetagebuch habe ich wohl irgendwo noch, aber eben: nicht die leiseste Ahnung, wo), danach ging es ja nach Norden, den Verlauf habe ich oben schon kurz geschildet.

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    #10221859  | PERMALINK

    kurganrs

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    spon …Dafür wird die Gruppe der<b> </b>Brics-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) immer wichtiger: Ihr Anteil an der Weltwirtschaft ist seit Gründung der G20 von 18,4 Prozent auf 31,2 Prozent gestiegen – und hat 2016 erstmals die G7 überholt. Besonders eindrucksvoll ist die Entwicklung Chinas von 7,1 Prozent auf 17,6 Prozent und Indiens (von 4,23 auf 7,3 Prozent). Die beiden asiatischen Mächte sind die einzigen Länder, die klar an Gewicht gewinnen konnten….

    Merkt man das auf den Straßen Indiens?
    Kommt es bei den Menschen an oder nur bei der Hautevolle?

    #10221877  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    kurganrs

    spon …Dafür wird die Gruppe der<b> </b>Brics-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) immer wichtiger: Ihr Anteil an der Weltwirtschaft ist seit Gründung der G20 von 18,4 Prozent auf 31,2 Prozent gestiegen – und hat 2016 erstmals die G7 überholt. Besonders eindrucksvoll ist die Entwicklung Chinas von 7,1 Prozent auf 17,6 Prozent und Indiens (von 4,23 auf 7,3 Prozent). Die beiden asiatischen Mächte sind die einzigen Länder, die klar an Gewicht gewinnen konnten….

    Merkt man das auf den Straßen Indiens? Kommt es bei den Menschen an oder nur bei der Hautevolle?

    Kommt darauf an, was Du mit „die Strassen“ meinst … es ist in den letzten Jahrzehnten eine riesige Mittelschicht herangewachsen. Am sichtbaren Strassenbild ändert das aber gewiss nicht sehr viel bzw. es gibt halt noch viel mehr Verkehr (v.a. viel mehr privaten Individualverkehr) und noch grössere Trabantenstädte um die Grossstädte herum. Und die sichtbare Armut verschwindet gewiss nicht so schnell (bei uns ist sie halt grösstenteils unsichtbar und man verschwende daher kaum einen Gedanken an sie – was aber nicht heisst, dass es sie nicht auch gibt).

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    #10221973  | PERMALINK

    kurganrs

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    @gypsy-tail-wind
    Danke für Deine Erläuterungen.
    Ich dachte in die gleiche Richtung.

    #10222585  | PERMALINK

    dengel

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    Gypsy, um der Hitze zu entkommen, vielleicht einige Tage in die ehemaligen Hill Stations?

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    #10223277  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    dengel
    Gypsy, um der Hitze zu entkommen, vielleicht einige Tage in die ehemaligen Hill Stations?

    Denke liegt wohl nicht mehr drin, der Zeitplan ist jetzt ziemlich fix, v.a. ist der Flug gebucht und ich habe für die oben erwähnten Stationen in etwa so viel Zeit eingeplant, wie ich dort jeweils bleiben möchte. Passt wohl schon, einen Monat Hitze der anderen (trockenen) Art habe ich im Juni auch unbeschadet überstanden (inkl. fast eine Woche in Italien bei 30-32 Grad und täglich stundenlangen Fussmärschen, die ich in Indien nicht machen werde) … jemand sollte mir die nötigen Zugtickets besorgen, danach ist das Gerüst fixiert. Aber danke Dir für Deine Vorschläge (das Hotel in Pondicherry habe ich gebucht!) … es gibt wohl irgendwann eine nächste Reise und dann werde ich vielleicht länger in Kerala bleiben (der Norden Karnatakas wäre dann auch an der Reihe, @nicht_vom_forum).

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    #10223279  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Vorbereitender Lesestoff ist jetzt auch da – einmal das hier:

    und dann diese beiden:

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #150: Neuheiten 2023/24 – 12.3., 22:00; #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #10319277  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Südindien, Oktober/November 2017

    Ein paar Zeilen und Bilder zu meiner Reise, die leider am Freitagmorgen mit meiner Rückkehr nach Zürich schon wieder zu Ende ging. Leider ist allerdings relativ, die knapp vier Wochen waren perfekt, länger als drei Wochen herumreisen, so ganz alleine, hätte ich wohl wirklich nicht mehr gut gefunden, ich bin jedenfalls ordentlich geschafft und sehr froh darüber, dass ich den Rest des Novembers Zeit habe, mich auszuruhen und etwas zu verhängen, bevor ich meine neue Stelle antrete.

    Bangalore – Los ging es am 17. Oktober mit meiner Ankunft am Flughafen in Bangalore um 2 Uhr morgens. Indische Luft zu atmen, die rote Erde. Nach so vielen Jahren (18, um genau zu sein) – ich war den Tränen nah. Transport ins Hotel hatte ich organisiert, ein paar Stunden schlafen, dann galt es, den einzigen Tag in der unglaublich dreckigen Stadt einigermassen zu nutzen. Der Verkehr ist völlig irr, um beim Hotel eine Auto Rickshaw zu besteigen musste ich über die mehrspurige MG Road, auf der wohl nur zu nächtlicher Stunde kein stockender Kolonnenverkehr herrscht. So war es dann auch in der ganzen Stadt, den ganzen Tag. Für fünf Kilometer braucht man da rasch 40 Minuten, mit dem Taxi ginge das noch wesentlich länger. Aber egal, ich besuchte den sehr hübschen Sommerpalast von Tipu Sultan, dem einstigen Militärherrscher des Mysore State, der wie schon sein Vater und Vorgänger Hyder Ali im 18. Jahrhundert zeitweise erfolgreich den Briten die Stirn bot. Einer der ganz, ganz raren angenehmen Guides, die ich antraf, nahm mich im Anschluss dann noch auf eine kleine Tour (zu Fuss) mit, es ging zum „Bangalore Fort“ (dem einzigen Teil der alten Befestigung, der noch steht), dank einem Hundert-Rupien-Schein liess man uns auch aufs Dach und in die Verliese, in denen einst auch britische Offiziere einsassen. Dann ging es weiter zum City Market, den ich im Schlepptau ziemlich komplett durchschritt. Zumal an Tag 1 der Reise hätte ich das alleine kaum getan. Danach ging es auch noch zu den obligaten Souvenirshops, aber ein wenig was musste ich ja tatsächlich einkaufen und der Blick in eine – motorisierte – kleine Seidenfabrik war ganz spannend. Am Abend traf ich dann einen ehemaligen indischen Arbeitskollegen, der seit einem Jahr in Bangalore lebt (davor aber ein paar Jahre in Zürich arbeitete) zum Nachtessen.

    Mysore – Am nächsten Morgen ging es zum Bahnhof und auf den Zug nach Mysore. Wunderbare Landschaften, aber auch Kloaken (wer keine Toilette hat geht am Morgen halt zum Bahnsteig) und Müllhalden, die typischen kleinen indischen Häuschen in allen denkbaren Farben und Unfarben, aber auch Slums. In Mysore liess ich mich gleich wieder abschleppen, aber der Scooterfahrer war in Ordnung und ich war die nächsten Tage ein paar Male mit ihm unterwegs. Bevor es zum Mysore Palace ging, dem Sitz der noch immer existierenden (aber heute bedeutungslosen) Königsfamilie, gab es einen Besuch bei einem kleinen Laden, der Räucherstäbchen und diverse Öle aus natürlichen Stoffen herstellt und verkauft – und nochmal Seide, und da auch einen neuen Schal, den ich bei dem Hundewetter hier auch bereits trage. Der gigantische Palast – man muss die Schuhe abgeben als sei’s ein Tempel – ist nur etwas über hundert Jahre alt, im indo-sarazenischen Stil gebaut. Einmal in der Woche, sonntagabends – weil gerade Diwali gefeiert wurde in der Woche mehrmals – wird der Palast abends erleuchtet und der Eintritt in den Park davor ist frei. Da promeniert und sitzt dann die ganze Stadt in sehr entspannter Atmosphäre (und alle Inder machen permanent Selfies, das ist eine Seuche, die im ganzen Land um sich greift). Auch den Jaganmohan Palace besuchte ich, die dortige Ausstellung und der Palast selbst sind leider höchst vernachlässigt. Auch auf den Chamundi Hill zum Tempel ging es an einem der Tage in Mysore, auf halber Höhe findet sich eine gigantische Nandi-Statue. Der letzte Tag in der Stadt wurde dann etwas zäh, da ich erst um 22 Uhr mit dem Nachtbus weiterreiste und mein Hotelzimmer um 14 Uhr verlassen musste. Nach einem Besuch im kleinen, skurrilen und sehenswerten Eisenbahnmuseum ging es am Nachmittag – es war Sonntag und wegen Diwali sowieso ein längeres freies Wochenende – in den Zoo, in dem sich einmal mehr die ganze Stadt zu treffen schien. Ich hatte Bedenken, denn der Besuch im schrecklich verwahrlosten Zoo von Kalkutta 1999 kam mir wieder in den Sinn, aber der Zoo von Mysore scheint – nach teils ungeklärten Todesfällen und Vergiftungen von Tieren vor einigen Jahren – in ziemlich gutem Zustand zu sein und es gibt einiges zu sehen. Toll war aber vor allem die Stimmung mit den tausenden Besuchern – von denen viele mich ähnlich neugierig betrachteten wie die Tiere … aber ich fühlte mich keine Sekunde unwohl und das sollte sich so durch die ganze Reise durchziehen.


    Somnathpur & Srirangapatnam – Von Mysore aus organisierte ich einen Fahrer, mit dem es morgens zeitig los ging nach Somnathpur und danach weiter nach Srirangapatna. In Somnathpur gibt es mit dem Chennakesava Tempel aus dem 13. Jahrhundert ein enorm eindrückliches Gebäude zu sehen. Die ganze Fassade ist mit Steinmetzarbeiten erster Güte gearbeitet, an denen ich mich kaum sattsehen konnte. Srirangapatna war die einstige Hauptstadt des Mysore State, eine Insel zwischen zwei Armen des Kaveri-Flusses. Man findet da einen weiteren Sommerpalast von Tipu Sultan, wie der in Bangalore aus Holz gebaut. Die Wandmalereien sind grossartig, der Zustand allerdings leider miserabel – eine Beobachtung, die man leider in Indien immer wieder machen muss. In gutem Zustand ist dagegen das massiv gebaute marmorne Mausoleum für Hyder Ali und Tipu Sultan, ein muslimischer Prachtbau. In den grossen Tempel mochte ich danach gar nicht mehr hineingehen, stattdessen spazierte ich ein wenig herum und besuchte ein weiteres Verlies, in dem damals Briten schmorten (die Möglichkeit, zu Fuss zu gehen, hatte ich aufgrund der Lage des gewählten Hotels in Mysore leider nicht, in Bangalore geht das eh kaum … das fehlte mir schon nach zwei Tagen sehr).

    Cochin – Eigentlich war ich fast nur in Fort Kochi. Im Nachtbus, einem „semi-sleeper“, heruntergekühlt auf gefühlt 15 Grad (vermutlich waren es knapp 20, zum Glück war ich darauf vorbereitet), hörte ich die komplette Blue Note Box von Keith Jarretts Standards Trio – grossartig, auch wenn ich da und dort mal kurz weggedöst bin. Die Fahrt durch die Berge fand leider in kompletter Dunkelheit statt (vermutlich auch: zum Glück, denn im Bus fühlt man sich nicht unsicher, aber man will wohl besser nicht so genau über den Fahrstil informiert sein, es gibt nichts rücksichtsloseres in Indien als rasende Busse – und nicht rasende Busse gibt es gar nicht). Am frühen Morgen erreichte der Bus dann die Küstengegend und die Fahrt durch Kerala in der Morgendämmerung war sehr schön. Gegen Mittag kam ich dann in Fort Kochi im kleinen Guest House an, in dem ich ein Zimmer gebucht hatte. Und hier – endlich – war es wieder möglich, sich zu Fuss zu bewegen. Am Meer zu stehen, am leider ziemlich verschmutzten Strand, und auf den offenen indischen Ozean zu blicken, war schon sehr toll (hallo Deutschland, ich bin ein Binnenländer …). Ich holte dann auch in einem netten Kaffee das Frühstück nach – und auch das war toll, denn es gibt wenige Orte in Indien, an denen man sich mit einem Buch einfach mal hinsetzen kann und ein oder auch zwei Stunden verweilen möchte, dabei was trinken oder was kleines essen … das fand ich nach Kochi erst im französischen Teil Pondicherrys wieder bzw. dazwischen eigentlich nur in Tempeln, aber da ist das mit dem Lesen und dem Kaffee etwas schwieriger. Der Sonnenuntergang mit hunderten anderen an der kurzen Strandpromenade (an der einst Vasco da Gama gelandet ist, begraben ist er in einer Kirche wenige Meter entfernt), danach gab es ein paar Bier und Snacks auf der Terrasse eines Luxushotels (noch so ein Ding: leider endet man viel zu oft in den Restaurants teurer Hotels – und das betrifft nicht mal nur Ausländer wie mich … wenn man vorsichtig ist damit, was man isst und was nicht, dann sind das halt die Orte, an denen man am wenigsten Bedenken haben muss). Am nächsten Morgen bin ich zum Sonnenaufgang an den Strand, lustig all die Inder beim Frühsport (hin und her watscheln bzw. walken, ein oder zwei Jogger sah ich dann tatsächlich auch noch, und einzelne bei der Gymnastik, eine Gruppe beim Yoga). Ich ging dann mit der Fähre rüber aufs Festland nach Ernakulam und dann mit einer Auto Rickshaw ins Kerala Folklore Museum, ein sehr sehenswertes, privat geführtes Museum, das aus Bestandteilen alter Gebäude zusammengebastelt wurde und eine riesige Menge an Plastiken, Töpferwaren, Tanzkostümen, Puppen etc. präsentiert. Zurück auf der Halbinsel ging es zur skurrilen syrisch-orthodoxen Kirche (es gab in Kerala eine christliche Gemeinde, bevor das Christentum überhaupt seinen Siegeszug durch Europa antrat), zum Jain-Tempel mit seinen Swastikas und schliesslich in den Mattancherry Palace, in dem einmal mehr grossartige Wandmalereien zu sehen sind – diesmal aber nicht Schlachten wie bei Tipu Sultan sondern Szenen aus der indischen Mythologie, an denen sich Horden von indischen Touristen vorbeidrängten (man reist nur in – möglichst grosser – Gruppe und rennt praktisch durch die Sachen hindurch … man steht da besser nicht im Weg und wartet, bis der Sturm vorüberzieht). Von da ging es in die Jew Town Road, das alte Handelsviertel von Mattancherry, und in die Synagoge … und später gab es einmal mehr direkt am Meer ein tolles frühes Abendessen.

    Kanyakumari – Die Zugfahrt von Ernakulam nach Kanyakumari dauert fast acht Stunden, leider fuhr mein Zug nicht die Strecke am Meer sondern im Landesinnern, aber wie schon bei der Fahrt nach Mysore und beim Tagesausflug nach Somnathpur merkte ich, dass ich unglaublich gerne unterwegs bin in Indien. Das Kaff an der Südspitze des Subkontinents ist eines der beliebtesten Reise/Pilger-Ziele Indiens, westliche Touristen trifft man – gerade im Vergleich zu Mysore und Kochi, wo es einige zu sehen gab – nur wenige an, und das ist auch gut so, denn die Stadt ist grauenvoll, überfüllt mit den erwähnten Horden-Touristen, hunderten Souvenirshops und wie überall, wo es besonders heilig zu und her geht, voll mit Bettlern. Dem steht die wilde Natur entgegen, der – wieder ziemlich verdreckte – Strand mit der in dieser Jahreszeit sehr rauhen See. Es gab zuviel Dunst, als dass der Sonnenuntergang oder der Sonnenaufgang am nächsten Morgen besonders beeindruckend gewesen wären, aber es ist trotz allem eine spezielle Sache, da zu sitzen und das zu erleben. Wie mit Kochi trieben Europäer und Ägypter auch mit Kanyakumari schon in der Antike Handel. Am nächsten Tag ging es mit einer Auto Rickshaw zum Vattakottai Fort, ein paar Kilometer nördlich an der Ostküste, einem verwunschenen Ort umgeben mit schwarzem Sand – und dem perfekten Treffpunkt für ein paar scheue Teenager-Pärchen. Am Nachmittag ging es wieder auf den Zug nach Madurai – die Fahrt war unterhaltsam aber auch etwas nervig, denn ich landete mitten in einer reisenden Familie, die mehrere Abteile besetzte und mich mit Fragen löcherte (Vater und Sohn mussten für all die anderen übersetzen, Grosseltern, Ehefrau, Schwester(?) und andere Kinder sprachen kein Englisch). Das Ergebnis war dann, dass man mich mehr oder minder auslachte: 38 und nicht verheiratet und keine Kinder? Brüller. Dass der Mann für eine westliche Versicherung arbeitet und einigermassen weltläufig auftritt, ändert nichts daran, dass es eben unvorstellbar ist, dass in anderen Weltgegenden andere Sitten herrschen. Ich mag das nicht Borniertheit nennen und böse gemeint ist das alles auch nie – aber es wird manchmel schon ziemlich mühsam, gerade wenn man alleine herumreist – aber gut, auch darauf war ich eingestellt und liess mir wie von manch anderen nervigen Dingen den Urlaub wirklich nicht verderben … gut zu wissen, dass ich weiterhin auf extrem gelassen umschalten kann, wenn es denn angebracht ist. Bei dieser Zugfahrt gab es dann auch noch eine Begegnung mit einem beeindruckenden Exemplar des dritten Geschlechts – die Familie nahm sich viel Zeit, mit diesem über mich zu quatschen, nicht auf Englisch versteht sich – nachher grinste mich der Teenagersohn an, zeigte auf den weggehenden Transvestiten und sagte „gay, gay!“ – aha …


    Madurai – Die nächsten Tage verbrachte ich in der tollen Stadt, die auch als das Herz Südindiens betrachtet wird und die um den faszinierenden Meenakshi-Tempel angesiedelt ist. Die meisten Hotels sind in Gehdistanz zum Tempel und so konnte ich mich auch hier teils wieder zu Fuss bewegen. Im Tempel war ich an drei Tagen viermal, manchmal über zwei, drei Stunden – am ersten Vormittag auch während eines Wolkensturzes … es war höchste Zeit, dass der Nordost-Monsun begann. Es gibt im Tempel vieles zu entdecken in den verschiedenen Bereichen, Umgängen, Säulenhallen (in der einen findet sich auch ein kleines Museum mit teils beeindruckenden Statuen), um den Tempelteich herum. Die beiden inneren Bereiche bleiben Nicht-Hindus verschlossen, aber das ist völlig in Ordnung. Es ist zudem in Südindien so, dass die Statuen im Innern des Sanktums nicht mit Kunstlicht beleuchtet werden und meist eh komplett mit Ghee verschmiert sind – nicht mein liebster Duft. Da ist alles schwarz und fettig und man sieht nicht viel – geht man also nicht zum Gebet hinein (und bei diesem werden die Gläubigen von Aufsehern oft fast weggeschubst um möglichst rasch für die Nachrückenden Platz zu machen), braucht man oft tatsächlich überhaupt nicht hineinzugehen. Im Meenakshi-Tempel kann man auch so mühelos eine Dreiviertelstunde umhergehen, ohne zweimal am selben Ort zu landen, man kann Familien beim Ausflug und beim Essen zusehen, Alten beim abendlichen Klatsch, Teenagern und jungen Männern beim Tratsch und beim Selfies machen … und auch die Liebespaare treffen sich gerne im Tempel, denn wer kann schon etwas dagegen haben, wenn Sohn oder Tochter sagen, sie gingen in den Tempel? Am einen Abend, als ich bei Einbruch der Dämmerung am Tempelteich sass, hätte ich mich wohl direkt verheiraten können … da auch wieder die Erkenntnis: Privatsphäre als Konzept existiert nicht (Tabus natürlich schon, aber nicht unbedingt dieselben wie bei uns), es gibt sie nur als rein räumliche Trennung (und selbst dann nicht wirklich denn man hört ja trotzdem noch die Hälfte dessen, was nebenan abgeht). Das hat nichts mit Mangel an Respekt zu tun und auch nichts mit Unfreundlichkeit. Höflichkeit ist nun sehr dünn gesät, aber es gibt letzten Endes kaum freundlichere Menschen – was das Reisen ja alles in allem auch äusserst angenehm macht, trotz der manchmal sonderbaren Begegnungen. Neben dem grossen Tempel gibt es in Madurai einen Prachtpalast aus dem 17. Jahrhundert zu sehen, den Thirumalai Nayak Palace – recht gut im Schuss und obwohl nur noch zur Hälfte erhalten sehr beeindruckend. Auch das Gandhi Memorial Museum im nördlichen einst britischen Teil der Stadt ist recht gepflegt – und v.a. ist die Ausstellung, dem indischen Unabhängigkeitskampf gewidmet, sehr sehenswert (im Gegenteil zum Government Museum nebenan, das wieder die übliche Lotterbude mit verschmutzten Schaukästen ist … was auch daran liegt, dass die indischen Besucher stets alles anfassen).

    Alagar Kovil, Chettinad, Thirumayam, Ilangudipatti – Am letzten Abend in Madurai traf der Driver ein, den ich für die kommenden Tage engagiert hatte (wenn jemand dereinst einen Driver für Tamilnadu und auch Kerala benötigt … der Mann ist wirklich gut, man kann sich verständigen und er kennt sich auch tatsächlich aus, hat sich kein einziges Mal verfahren und wenn er einmal nicht verstand, wohin ich wollte bzw. meinte, er kenne den Ort noch nicht, entpuppte sich das auch gleich als Missverständnis). Der erste lange Fahrtag führte – inzwischen hatte ich „the shits“, wie man so schön sagt, im mühsamen Hotel in Madurai hätte ich wohl besser nur vegetarisch gegessen – von Madurai nach Tanjavore, mit ein paar Zwischenstopps. Als wir gegen zehn beim Tempel in Alagar Kovil ankamen, war der Asphalt so heiss, dass sich am nächsten Tag die Haut an den Fussballen schälte … der grosse Vishnu-Tempel ist aber sehenswert, wohingegen die Fahrt zum Murugan-Tempel in den Hügeln direkt hinter dem Kallazhagar-Tempel (dem Vishnu gewidmeten) schön war, der Tempel aber nicht sonderlich eindrücklich. Es gab trotz der schier unerträglichen Hitze – die Natur wartete seit Wochen auf den Regen und es war kaum noch auszuhalten, bis dahin gab es wie in Madurai nur einzelne kurze Schauer – auch Pilger, die den Weg zu Fuss gingen … ich hätte danach keine Haut mehr an den Füssen gehabt.

    Als nächstes brachte mich der Driver auf eigenen Vorschlag in den grossen Ganesha-Tempel in Pillayarpatti – ich hatte den Ort nicht auf dem Schirm und grosse Ganesha gewidmete Tempel gibt es nur sehr wenige, umso toller, diesen zu sehen. Der nächste Stopp war dann eine Villa in der Chettinad-Gegend, einem trockenen Gebiet im Landesinnern, das eine reiche Händlertradition hat und in dem viele in der Ferne reich gewordene Familien beeindruckende Paläste bauten (die sie zum Teil wohl gar nie bewohnten). Die unterschiedlichsten Materialien aus der ganzen Welt (z.B. Marmor aus Italien, Edelhölzer aus Südostasien etc.) wurden verarbeitet, in manchen dieser Gebäude gibt es heute erstklassige Hotels. Bekannt ist auch die Küche aus der Gegend, doch in meinem Zustand verzichtete ich darauf, „chicken chettinad“ zu probieren (das man in ganz Indien kriegen kann). Wir fuhren im Schritttempo durch ein paar Dörfer in der Region und schauten uns die teils halb zerfallenen, teils frisch renovierten, sich immer noch in Privatbesitz befindlichen Paläste an – völlig absurd irgendwie, in dieser extrem ländlichen Szenerie und an schmalen, oft nicht einmal asphaltierten Strässchen.

    Dann ging es weiter zum Thirumayam Fort, der dortige Tempel war zu bis wir da waren (generell schliessen wohl fast alle Tempel in Tamilnadu ca. von 12 bis 16 Uhr ihre Pforten, in manchen wird nur das Sanktum verriegelt, viele sind aber komplett zu. Das Fort wäre der perfekte Ort für eine Siesta gewesen, aber das lag leider nicht drin … auch hier ein Ort für Paare, die mal einen Moment der Ruhe geniessen wollten und überhaupt eine friedliche Atmosphäre.

    Ein weiterer Halt war geplant, ich hatte darüber im Netz gelesen: ein kleiner Freilichttempel im Dorf Ilangudipatti (das gibt es auf Google Maps gar nicht, die Schreibweisen sind aber ein Dschungel und solche Orte zu identifizieren nicht leicht) an der Strasse nach Pudukkottai, dessen Zufahrtsweg gesäumt wird von hunderten Terrakotta-Pferden. Ein grossartiger Ort, an dem ich einige Zeit verbrachte, bevor die Fahrt dann nach Tanjavore ins Hotel ging.


    Tanjavore – Wie glücklich war ich darüber, dass ich dieses teure Hotel ausserhalb der Stadt mit zweistöckigen Bungalows gewählt hatte – am ersten Abend, als es noch nicht regnete, schwamm ich sogar ein wenig im lauwarmen Pool. Die nächsten Tage gab es neben dem Frühstück dann mehr oder weniger bloss Reis und ein wenig Medizin – und endlich den erwarteten Regen, der meist pausierte, wenn ich unterwegs war, aber die Sache mit dem Pool hatte sich erledigt, weil es gerade Abends auch Gewitter gab. Am nächsten Tag besuchte ich den grossartigen Brihadeeswara-Tempel in Tanjavore, einen der drei „Great Living Chola Temples“, deren anderen beide ich am Tag darauf auch noch besuchen sollte, den vielleicht grossartigsten davon spontan dem Programm hinzugefügt. Bei diesen Tempeln sind anders als bei den im drawidischen Stil erbauten nicht die Tortürme (die Gopurams) die höchsten und am weitesten sichtbaren Monumente, sondern der Turm über dem Sanktum.





    Darasuram, Kumbakonam, Gangakondacholapuram – Am Tag darauf ging es nach Kumbakonam, so war der Plan. Doch die grossen Highlights waren die beiden anderen „Great Living Chola Temples“, zunächst der Airateshwara-Tempel in Darasuram, ein paar Kilometer vor Kombakonam – eine sehr eindrückliche, alte Anlage, ähnlich wie jene in Tanjavore. In Kumbakonam gibt es mehrere sehenswerte Tempel. Im Kumbareshwara-Tempel, den ich als nächstes besuchte, gab es einen tänzelnden Tempelelephanten (in Tanjavore gibt es auch einen – wie es scheint Spenden von wohlhabenden Gläubigen, dasselbe gilt auch für die Kühe, die in Tempeln gehalten werden). Weiter ging es in den Sarangapani-Tempel (das Innere ist als Tempelwagen gestaltet, weil da auch indische Jungs beim Selfiesmachen waren, machte ich auch rasch ein Photo, obwohl das nicht erlaubt ist – musste einfach sein). Als dritter und letzter Tempel stand dann noch der Nageshwara-Swami-Tempel auf dem Programm, älter (auch aus der Chola-Zeit) und klein, auch hier das Sanktum als Tempelwagen gestaltet. Dann ging es – das war eine spontane Eingebung – weiter nach Gangakondacholapuram, der ehemaligen Hauptstadt des Chola-Reiches, in der der dritte grossartige „Great Living Chola Temple“ zu sehen ist, eine Shiva-Tempel mit einigen Nebentempeln in der grosszügigen Anlage. Diese alten Tempel, die meist vom Archeological Survey of India betreut werden, auch wenn sie noch aktiv genutzt werden, sind sehr gut im Schuss und sauber – im Gegensatz zu leider zu vielen anderen, denn auch in Tempeln werfen manche Leute ihren Müll einfach auf den Boden (es gibt ja, so ist das mit dem Kastensystem, immer noch jemanden weiter unten, der den Müll wieder wegmachen kann). Die Chola-Tempel sind auch wegen der hochwertigen Steinmetz-Arbeiten sehenswert, die jeweils je nach Himmelsrichtung unterschiedlich gut erhalten sind – denn das verwendete Material ist in der Regel Sandstein (Granit für das Fundament, das die hohen Aufbauten tragen muss). Wo – siehe Kanchipuram – versucht wird, die Arbeiten zu erneuern/restaurieren (es wird eine neue oberste Mörtel-Schicht aufgetragen) sind die Ergebnisse in der Regel grauenvoll.

    Da ich an den Tagen nicht so richtig fit war und es nachmittags/abends auch über Stunden sehr heftig regnete (oft gleich vom Nachmittag bis am nächsten Morgen) sass ich im ruhigen Zimmer und guckte auch, zum ersten mal, ein wenig Fernsehen – indische Talk-Sendungen mit teils zugeschalteten Gästen, in denen z.B. über die „potholes“ auf den Strassen gestritten wird, sich dann auch noch Leute telephonisch melden können … und oft wenigstens drei der fünf, sechs Teilnehmer gleichzeitig herumbrüllen, während die Moderatorin versucht, das Geschehen wieder in den Griff zu kriegen. Lustig ist das eigentlich nicht, denn es geht natürlich um die grosse Anzahl von Verkehrstoten (Rollerfahrer stürzt wegen Schlagloch, Bus rast drüber) – aber der Unterhaltungswert ist schon enorm.


    Velankanni, Nagore, Tranquebar, Chidambaram – Es folgte der längste Fahrtag, vom Wetter her gerade noch okay, die Küstenstrasse, auf der wir von Velankanni bis nach Pondicherry fuhren war oft auf beiden Seiten von komplett gefluteten (und damit zerstörten) Feldern gesäumt. Sie war zum Glück gut passierbar, nur an einer Stelle stand sie schon beinah unter Wasser. Der Regen liess in den nächsten Tagen wieder nach, für mich ergaben sich zum Glück keine Probleme (meine Eltern waren um dieselbe Zeit 2015 dort, als in Chennai der Flughafen geschlossen wurde – sie hingen fest und konnten mit ein paar Tagen Verspätung nur mit grossem Aufwand und auf Umwegen die Heimreise antreten – hatte ich keine Lust drauf, die Reise war schon so abenteuerlich genug). Jedenfalls ging es früh los und erstmal nach Osten an die Küste, wo es in Velankanni eine Mother Mary-Kirche gibt – und darum herum ein ähnlich abstossendes Theater wie in Kanyakumari. Die Kirche ist auch keinesfalls nur für Katholiken von Bedeutung. Im Hinduismus gibt es ja unzählige Götter und ob man nun noch in eine „Mutterkirche“ geht oder nicht, spielt da keine so grosse Rolle mehr – die ganze Infrastruktur mit überdimensionierten Parkplätzen, Souvenirbuden, Bettlern, vermülltem Strand, ist jedenfalls vorhanden. Dann ging es weiter nach Nagore, ein paar Kilometer nördlich von Nagapattinam, wo es eine grosse Moschee gibt, die ähnlich der Kirche in Velankanni ebenfalls Menschen aller Konfessionen willkommen heisst. Ich war da nur kurz drin, fühlte mich tatsächlich auch in den engen Gassen drumherum ein klein wenig unwohl, aber der Ort scheint ähnlich den Hindu-Tempeln für allerlei Zwecke genutzt zu werden: da wird gebetet, nebenan debattiert, weiter drüben Wäsche gewaschen, gegessen etc. Der dritte Stopp, dann leider im strömenden Regen, war Tranquebar (Tharangambadi), die einstige dänische Niederlassung an der Koromandelküste. Im Danish Fort gibt es eine kleine Ausstellung mit reichlich informativen Texttafeln zur irren Geschichte des dänischen Versuches, in Indien Fuss zu fassen. In dem Ort wäre ich gerne ein wenig herumspaziert und hätte mir ein paar der anderen historischen Gebäude angesehen, aber das ging nicht, ich war trotz Regenjacke nach 200 Metern komplett durchnässt. Also ab ins Auto und weiter nach Chidambaram, wo es dann die Zeit totzuschlagen galt, bis um 16:30 Uhr der Tempel wieder öffnete (das heisst: einen Kaffee trinken, dann ein wenig in einer Hotellobby rumlungern, die der Driver kannte und wo man das toleriert). Der grosse Shiva-Tempel in der ansonsten wohl wenig interessanten Stadt ist von der Anlage her durchaus mit dem Meenakshi-Tempel in Madurai zu vergleichen, es gibt auch hier mehrere Kreise, Rundgänge, Säulenhallen etc. War der Tempel um 16:30 noch praktisch leer, so strömten die Leute allmählich herein, alles füllte sich mit Leben, ich konnte zuschauen, wie zunächst das eine, später das zweite Sanktum geöffnet wurde – die Rituale, die dann stattfinden, wecken zunächst die Götter auf (die in den Statuen präsent sind, aber als Normalzustand eben schlafen, wer will es ihnen verübeln) – dazu dienen Trommeln, manchmal auch ein Blasinstrument (eins der traditionellen Doppelrohrinstrumente, im Normalfall wohl das Nadaswaram, aber da kenne ich mich auch nicht gut aus). Dann werden die Statuen gepflegt (eingeölt, mit Pulver bestreut, mit Blumen geschmückt o.ä.), und schliesslich wird – stets im Uhrzeigersinn, denn die rechte Seite ist die gute Seite, und die wendet man dann der Gottheit zu – um die Statue herumgegangen, quasi um sie sich einzuverleiben … und am Ende verlässt man die Gottheit dann wieder, lässt sie wieder ruhen. Das im Detail zu beobachten hatte ich nicht die Absicht, denn man fühlt sich doch als störend, wenn rundherum Gläubige ihre Bussübungen machen (oder die billigen Versionen davon – statt auf den Boden liegen etwas in die Knie gehen und ein paar Mal wippen), also bleibt man etwas abseits und schaut etwas verschämt zu. In diesen Tempel wäre ich jedenfalls sehr gerne auch mehrere Male gegangen, zu unterschiedlichen Tageszeiten, wie ich das in Madurai getan hatte – aber der Ort lohnt sonst kaum einen längeren Aufenthalt und so war das dann halt auch geplant. Die Fahrt ging in die Abenddämmerung hinein weiter bis Pondicherry und wurde in der grossen Dunkelheit dann etwas unangenehm, zumal der Abendverkehr ziemlich heftig war und die Hälfte der Rollerfahrer (das ist die falsche Bezeichnung, denn da sitzen auch mal drei Männer oder eine fünfköpfige Familie drauf – in Indien spricht man einfach von „two wheelers“) ohne Licht unterwegs ist. Strassenbeleuchtung gibt es zwar, aber nur in den Ortschaften und auch da nicht halb so dicht wie bei uns. Und dann sind da auch noch die Fahrräder, manche Autos ohne Licht (man stellt das Licht eben erst an, wenn es total finster ist, und der eine oder andere vergisst es dann halt), zudem Hunde, Ziegen und Kühe … aber gut, wir kamen ohne weitere Zwischenfälle am Abend in Pondicherry an, wo ich ein paar Tage davor noch ein neues Zimmer organisieren musste, weil das gebuchte Hotel offenbar genau in der Zeit die Zusammenarbeit mit Booking.com kündigte und meine Reservation nicht etwa aufrechterhalten wollte. Das klappte zum Glück und ich fand auch hier wieder eine ziemlich Oase, im schmalen bis heute halbwegs französisch geprägten Streifen der Küste entlang, in einem Guesthouse in einem alten Kolonialgebäude mit vier oder gar fünf Meter hohen Räumen.

    Pondicherry – In Pondicherry war ich zwei volle Tage und unternahm nicht viel mehr als ein paar Spaziergänge – frühmorgens und einmal, als es abends nicht in Strömen goss, auch zum Sonnenuntergang, an den Strand (einmal mehr mit erstaunlichem Wellengang, den einstigen breiten Sandstrand hat man Ende der Achtziger mit dämlichen Hafenbauten verspielt, jetzt schüttet man immer wieder Steinbrocken hin, damit nicht alles völlig erodiert). Einen kleinen Ganesha-Tempel, der mitten im französischen Viertel („white town“ natürlich) wie ein Fremdkörper wirkt, besuchte ich auch, ebenso das recht gute Pondicherry Museum mit einem Sammelsurium an Dingen: Fundstücke von Grabungen aus der römischen Zeit (ein paar Kilometer südlich wurde erneut bereits in der Antike – nach europäischer Zeitrechnung – Überseehandel getrieben), Statuen, Waffen, Münzen etc, im oberen Stock auch ein Erard-Flügel in lamentablem Zustand, französische Möbel, eine Lenin-Büste, eine Marianne, ein paar Kutschen … am einen Abend traf ich indische Bekannte, die dort leben, zum Essen. Das Essen in Pondicherry war überhaupt eine Wohltat, überall französische Küche und v.a. viel sea food, den ich nach all dem Curry (und dem dazugehörenden Currykacken) sehr genoss. Von sowas wie Pasta hielt ich mich allerdings fern, das konnte gut bis zuhause warten – aber Shrimps und Prawns in allen Formen, wenn man am Meer ist, das passt doch. Auch gibt es in Pondi Cafés, in die man sich eine Stunde oder auch zwei setzen kann, ein Buch lesen, einen Toast oder eine Crêpe essen (und sogar grünen Salat, den ich einfach essen musste, Vitamine gibt es sonst nur in frischen Früchten oder frischgepressten Fruchtsäften, das Gemüse ist stets komplett verkocht und Diabetes scheint – auch wegen des raffinierten Reises – ein riesiges Problem zu sein).

    Tiruvannamalai, Gingee – Am letzten Tag in Pondi gab es wieder einen Tagesausflug und der führte zunächst nach Tiruvannamalai in einen weiteren eindrücklichen Tempel, in dem am Vortag das wohl grösste Tempelfest des Jahres (zum November/Dezember-Vollmond) stattgefunden hatte. Der Tempel war immer noch mit Barrikaden vollgestellt, was etwas störend war, ich mochte mich dann auch nicht anstellen, um ins Innere zu gelangen und so war der Besuch nicht sehr ergiebig, aber dennoch lohnend. Die weitläufige Anlage wurde wie viele Tempel über die Jahrhunderte erweitert und verändert (dass dies bei den „Great Living Chola Temples“ nicht geschah bzw. der Prozess schon vor Jahrhunderten stoppte, macht sie wohl für mich so faszinierend). Danach ging es weiter bzw. zurück nach Gingee, einem Ort zwischen mehreren Hügeln, auf denen Forts errichtet wurden. Das grösste davon besuchte ich, wurde dabei zunächst von einem besonders penetranten Guide zugetextet, der sein Kauderwelsch für Englisch hielt, aber mehr als die Namen der Gebäude (die überall auf Tafeln ausgeschildert waren) habe ich nicht verstanden (und wenn die „granery“ zur „greenery“ wird, ist auch das eher schwierig) – also bezahlen, damit er mich endlich endlich in Ruhe lässt … auf dem weitläufigen Gelände des Rajagiri Forts finden sich diverse Gebäude: Tempel, Vorratshallen, ein Badeteich etc., und dann die Festungswälle. Auf die Spitze des Hügels stieg ich nicht – auf schlüpfrigen regennassen und unregelmässigen Treppenstufen in den billigen Schlarpen, die ich kaufen musste, nachdem meine guten Sandalen vor einem Tempel gestohlen wurden, wäre das selbstmörderisch gewesen. So ging es nur bis knapp in die Hälfte des sehr steilen Aufstiegs, für den man wohl insgesamt gegen eine Stunde pro Weg benötigt hätte. Auch so eine eindrückliche Sache, gesteigert noch durch den Besuch des ebenfalls sehr alten, direkt ausserhalb des Forts gelegenen Venkataramana-Tempels, der einmal mehr tolle Steinmetzarbeiten aufweisen kann, die allerdings stark verwittert sind.

    Chennai – Schliesslich ging es ein letztes Mal mit dem Driver, der aus Pondicherry stammt, die East Coast Road hoch nach Chennai, wo ich die letzten fünf Nächte bei Familienfreunden (meiner Taufpatin und ihrem Mann sowie dem Sohn mit Frau und den beiden Töchtern) verbringen sollte. Nach drei Wochen herumreisen war es denn auch genug, und trotz einigem Programm in Chennai war es schön, an einem Ort anzukommen, an dem ich auch einfach herumsitzen konnte, an dem ich willkommen war und ganz ohne Floskeln auskommen konnte – Familie halt, im besten (und also doch seltenen) Sinn. Am ersten Abend ging es um 22 Uhr noch in die Spätvorstellung ins Kino in einer riesigen Shopping Mall, wo „Loving Vincent“ in der englischen Fassung zu sehen war. Das Publikum war ziemlich gesittet, wäre nur nicht warmes indisches Essen im Saal gewesen … mir ging es zwar inzwischen längst wieder gut, aber ich konnte es langsam nicht mehr riechen. Der Film ist eindrücklich von der Machart her und funktioniert auch sonst sehr gut – hat sich auf jeden Fall gelohnt. Die folgenden Tage ging ich auf zwei Stadtführungen, die eine stellte den englischen Gebäuden von Madras nach (die ganzen Bauten im indo-sarazenischen Stil, Kolonialstil und auch ein paar Art Deco-Gebäude), die andere führte nach Mylapore, den Ort, der schon Jahrhunderte vor der britischen Siedlung Madras existierte, und dort vor allem in den grossen Tempel, in dem viele Rituale und andere Glaubensdinge erklärt wurden, die ich oftmals zuvor schon wahrgenommen hatte, ohne ihre Bedeutung zu verstehen. Auch ein paar überfällige Einkäufe mussten noch erledigt werden – und ich ärgerte mich noch einmal, dass ich nicht in Mattancherry (Cochin) Gewürze eingekauft hatte, in einem der unzähligen Läden an der Jew Town Road.



    Kanchipuram – Einer der Tage wurde durch einen Ausflug nach Kanchipuram belegt, einer Stadt mit dutzenden Tempeln, von denen ich vier ausgesucht hatte, darunter zwei sehr alte (ca. 7. Jahrhundert), den Kailasanatha- und den Vaighunta Perumal-Tempel, den etwas jüngeren Veradaraja Perumal-Tempel und schliesslich den für Hindus zu den wichtigsten Tempeln Südindiens zählenden Ekambareshwara-Tempel. Die ersten beiden sind weitere Beispiele für Anlagen, denen der Archeological Survey of India Sorge trägt und die entsprechend gut gepflegt sind, das man für die Sandstein-Arbeiten leider nicht immer sagen kann, vieles ist stark verwittert, gerade im Rundgang um den Kailasanatha-Tempel, in dem die Bildtafeln die Geschichte der Pallavas erzählen. Der Vaighunda Perumal-Tempel (die Schreibweisen ändern permanent, auch der Namen gibt es oft mehrere, sehr verwirrlich) ist vor allem wegen einer enorm eindrücklichen Säulenhalle einen Besuch wert (ins Innere darf man als Nicht-Hindu nicht), in der jede Säule auf allen vier Seiten völlig individuell gestaltet ist. Der Ekambareshwara-Tempel zählt dann mit seinem weitläufigen Areal und den vielen Elementen wieder zu den grossen Anlagen, die man mehrfach besuchen müsste, um sie überhaupt zu erfassen (vgl. Madurai, Chidambaram). Darin gibt es auch einen Mangobaum, einst angeblich 3500 Jahre alt, aber vor ungefähr 15 Jahren wurde ein neuer Baum gepfropft, der nun angeblich ein echter Nachfahre des Vorgängers sei. Hier begann es wieder in Strömen zu regnen und wie schon in Madurai und auch in Tanjavore fand ich es faszinierend, im Regen im Tempel zu sein, natürlich im Trockenen.

    Mahabalipuram – Der letzte Ausflug am Vortag meiner Heimreise führte nach Mahabalipuram, dem Küstenort 50 Kilometer südlich von Chennai (auf halbem Weg nach Pondicherry) mit seinen einzigartigen Steinreliefs und einem bezaubernden Küstentempel, der leider einmal mehr stark verwittert ist, seine Eleganz aber komplett bewahrt hat. Wir brachen um 6 Uhr auf, hielten unterwegs für einen Strandspaziergang und ein üppiges Frühstück in einem Luxushotel am Meer und besuchten um 9 als ersten diesen Tempel am Meer, der unglaublich grazil wirkt. Die nächsten Stunden gingen wird durch die verschiedenen Areale, in denen diverse faszinierende Höhlentempel (die Vorstufe zu den freistehenden Tempeln), Wandreliefs etc. zu sehen sind. Wieder auf dem Weg zurück ging es dann noch in eine grosse private Krokodilfarm, in der teils vom Aussterben bedrohte Krokodile v.a. aus ganz Asien und Ozeanien zu sehen sind, dazu Schildkröten, Echsen und auch Schlangen, die in der Umgebung eingefangen werden, um Gift zu entnehmen (um Antiserum herzustellen), bevor man sie nach einer Woche wieder freilässt – faszinierend sowohl die unzufriedenen Kobras wie auch die Leguane, die gefüttert und danach geduscht wurden. Die Krokodile befanden sich allesamt im Normalzustand der indischen Gottheiten, also im Dämmerschlaf – der allerdings trügerisch ist.

    Danach ging es via Delhi nach Hause … ein paar Stunden Verspätung wegen dem Smog in der Hauptstadt brachten mich zum Glück nicht in Bedrängnis, aber die Warterei wurde lang. In Delhi sassen am angegebenen Gate seit einem halben Tag ein paar hundert Pilger auf dem Weg nach Jeddah fest – ein faszinierendes Bild. Der Flug nach Zürich ging dann stattdessen vom Gate gegenüber und verlief – im Gegensatz zum Flug nach Delhi – auch fast ohne Turbulenzen.

    Passend als Coda gab es heute ein Matinee-Konzert im Museum Rietberg hier in Zürich mit dem Tabla-Spieler Swapan Chaudhuri (*1947 in Kalkutta), der von Vittoria Pagani an der Sarod und seiner Schülerin Suranjana Ghosh an der Tabla begleitet wurde. Ein sehr schönes Konzert, das insofern speziell war, als dass es ausserhalb Indiens wohl nur selten Konzerte gibt, in denen der Tabla-Spieler im Mittelpunkt steht (und ein Soloinstrument wie die Sarod zum Begleitinstrument wird). Der Meister verfügt über einen unglaublichen Klang und seine rhythmische Könnerschaft, das Setzen und Verschieben von Akzenten, das Überlagern unterschiedlicher Rhythmen etc., hebt ihn von seiner ebenfalls sehr tollen Schülerin doch deutlich ab.

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #150: Neuheiten 2023/24 – 12.3., 22:00; #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #10319297  | PERMALINK

    foka

    Registriert seit: 17.10.2007

    Beiträge: 8,543

    Danke, gypsy, kurz überleseen – das wiederhole ich nochmal mit etwas Zeit. Vielen Dank für Deine ausführlichen Eindrücke!

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    Is this my life? Or am I just breathing underwater?
    #10319299  | PERMALINK

    kurganrs

    Registriert seit: 25.12.2015

    Beiträge: 8,801

    @gypsy-tail-wind
    Toller Bericht! Danke dafür, die Reise scheint sich gelohnt haben. :bye:

    #10319555  | PERMALINK

    demon

    Registriert seit: 16.01.2010

    Beiträge: 66,870

    DANKE  für den feinen Reisebericht !

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    Software ist die ultimative Bürokratie.
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