Otis´ 7" Faves

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  • #2456549  | PERMALINK

    mistadobalina

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    MistadobalinaAch so.
    Werde mal versuchen, das rauszubekommen.

    Die EMI teilte mir mit, dass „keep a/c“ nichts mit Abrechnungen zu tun hat. Genau weiß man es auch nicht, aber für wahrscheinlich hält man dort die air conditioned-Erklärung. Die GEMA konnte mir leider auch nicht weiterhelfen. Schade.

    --

    When I hear music, I fear no danger. I am invulnerable. I see no foe. I am related to the earliest time, and to the latest. Henry David Thoreau, Journals (1857)
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    #2456551  | PERMALINK

    otis
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    MistadobalinaDie EMI teilte mir mit, dass „keep a/c“ nichts mit Abrechnungen zu tun hat. Genau weiß man es auch nicht, aber für wahrscheinlich hält man dort die air conditioned-Erklärung. Die GEMA konnte mir leider auch nicht weiterhelfen. Schade.

    Danke für deine Mühen.
    Aber die meinen das doch nicht ernst mit dem „air conditioned“, oder etwa? Waren die Hits so heiß, dass sie gekühlt werden mussten? ;-)
    Tatsache ist, dass keep a/c anstelle von GEMA oder BIEM steht. Außerdem taucht es keineswegs flächendeckend auf, sondern nur auf einigen Single-Seiten.
    Ich würde einiges drauf wetten, dass es doch mit den Abrechnungen zu tun hat.
    Vielleicht weiß WD ja mehr, ich frage dort mal.

    --

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    #2456553  | PERMALINK

    otis
    Moderator

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    Nur damit klar ist, was gemeint ist:
    keep a/c

    und die Normalform

    --

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    #2456555  | PERMALINK

    bender-rodriguez

    Registriert seit: 07.09.2005

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    Nun, eine Frage, die bei diesem Wetter natürlich besondere Aufmerksamkeit verdient.

    Da Amerikaner auf Abkürzungen stehen, so ist in deren allgemeinen Sprachgebrauch ganz offiziell nur von „a/c“ die Rede, wenn sie ihre Klimaanlagen, also die „air-condition“ benennen. So nutzen sie auch die Redewendung „keep a/c“, wenn sie darauf hinweisen möchten, daß eine Ware kühl aufbewahrt werden sollte. Aber da auch wir ja so vieles von unseren amerikanischen Freunden lernen konnten, so ist dieses Kürzel mittlerweile auch bei uns angekommen. Erst gestern Abend betätigte ich aus naheliegenden Gründen wieder die „a/c“-Taste meines PKW…

    Nun besitze ich keinerlei (derart alte?) Singles, die diesen Aufdruck („keep a/c“) tragen, aber ich bin mir ebenfalls ziemlich sicher, daß die Info „keep a/c“ mit unserem Warnhinweis „Vor Hitze und direkter Sonneneinstrahlung schützen“ identisch ist. Möglicherweise druckte man diese Information direkt auf das Label der 7″, da man davon ausging, es würde diesem Warnhinweis auf dem Cover nicht genügend Beachtung geschenkt werden, insofern die Single überhaupt ein nennenswertes Cover hatte…

    --

    I mean, being a robot's great - but we don't have emotions and sometimes that makes me very sad
    #2456557  | PERMALINK

    otis
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    @ Bender: Welcher Deutsche sollte damals diesen Hinweis aus diesem Kürzel entschlüsselt haben können? Und warum ist auf UK/US-Ausgaben nichts davon zu finden? (Kann mich dort jedenfalls nicht an ein solches erinneren)

    Einverstanden, wenn wir das hier nicht weiter diskutieren und darauf warten, dass irgendjemand mit einer schlüssigen Erklärung oder besser noch mit Wissen aus erster Hand kommt?

    --

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    #2456559  | PERMALINK

    bender-rodriguez

    Registriert seit: 07.09.2005

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    otis@ Bender: Welcher Deutsche sollte damals diesen Hinweis aus diesem Kürzel entschlüsselt haben können?

    Nun, dann müsste Deiner Argumentation folgend, dieses Kürzel in D in keinster Weise Sinn gemacht haben…

    Aber gut:

    Einverstanden, wenn wir das hier nicht weiter diskutieren und darauf warten, dass irgendjemand mit einer schlüssigen Erklärung oder besser noch mit Wissen aus erster Hand kommt?

    Ja, o.k. – allerdings bin ich schon jetzt auf das offizielle hieb- und stichfeste Ergebnis gespannt…

    --

    I mean, being a robot's great - but we don't have emotions and sometimes that makes me very sad
    #2456561  | PERMALINK

    otis
    Moderator

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    Zur Frage „keep a/c“ schrieb Wolfgang Doebeling im Hang The Dj-Thread, ähnlich wie ich vermutet hatte:

    Ein Vorläufer des „copyright control“, betraf zum Zeitpunkt der (frühen) Veröffentlichung noch ungeklärte Rechts- bzw. Lizenzverhältnisse. Es mußte ja schnell gehen damals, anders als heute.

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    #2456563  | PERMALINK

    otis
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    Faves #78

    Führt man sich vor Augen, welchen Aufwandes es Ende der 50s / Anfang der 60s in Europa bedurfte, sich die schwarze Musik Amerikas (vom Blues bis R&B) im Wortsinne zu eigen zu machen, mag man ermessen können, wie wichtig es der jungen Elite im UK gewesen sein muss, durch den ungefilterten Zugang zu dieser, als cool, modern, hip empfundenen, Musik eine adäquate musikalische Ausdrucksform zu finden, als Hörer wie auch als Macher. Noch bemerkenswerter als ihre augenscheinliche Existenz ist für mich die unglaubliche Stilsicherheit, mit der man sich in dieser UK-R&B-Szene der Musik anzunähern und dann auch zu interpretieren wusste. Mit Cliff erlebte man ja schon einen durchaus eigenständigen Rock’n’Roller, wo hierzulande nur kümmerlichst kopiert wurde. Dass dann ein paar Jahre später weiße britische Jungs den Geist und die Attitüde der schwarzen Musik so überaus kongenial zu verkörpern wussten, verlangt allergrößte Anerkennung.
    Heute ein paar Singles dieser Größen, ihrer Ausläufer und Anverwandten.

    The Animals: Baby Let Me Take You Home / Gonna Send You Back To Walker 1964 UK-Columbia

    Hierzulande gibt es flächendeckend nichts Vergleichbares, und vielleicht macht dieser Umstand einen wesentlichen Unterschied zum UK im Bezug auf Pop aus: ungezählt ist die Anzahl der Musiker, die ihre Wurzeln in den englischen Art Schools hatten. Nicht nur die Stones, Kinks, Yardbirds, Roxy Music, Sex Pistols, um nur einige wenige wegweisende zu nennen, auch z.B. die Pretty Things und Animals.
    Die Art Schools waren ein idealer Nährboden, künstlerische Träume hochfliegen zu lassen. Sie schafften kreative Freiräume und nicht zuletzt eine offene Atmosphäre, die geprägt war von gemeinsamer Neugier und Suche nach individuellen künstlerischen Ausdrucksformen. Sie waren also eine wunderbare Plattform für junge Leute, die nicht so recht wussten, wohin mit sich selbst, aber deutlich spürten, dass sie hier vielleicht am ehesten die Möglichkeiten hatten, ihre Potenziale zu verwirklichen. Natürlich spielte auch die Musik dort ihre entscheidende Rolle, Trad-Jazz, Skiffle und dann, zumindest rezipierend, eben auch der schwarze US-amerikanische Blues und R&B.
    Am Ende landeten die meisten dann zwar wohlbehalten als Designer, Grafiker, etc. im Schoß der Gesellschaft, aber die Art Schools verkauften einem immerhin den Traum ein Künstler werden zu können, wie Eric Burdon sagt.
    Er selbst war ein ausgebildeter Ausstellungsdesigner, und das nur, weil er unbedingt zum Film wollte. Die Animals also ebenfalls mit Wurzeln dort, mit Trad-Jazz-Background (Burdon z.B. war ein ganz ordentlicher Posaunist) und natürlich heiß darauf, ihren Beitrag zu den musikalischen Aufregungen der Zeit zu leisten.
    Dies ist ihre erste Single, im März 1964 erschienen, bevor sie im Frühsommer des Jahres mit House Of The Rising Sun einen weltweiten Hit verbuchen konnten. Sie kratzte an den Top Twenty, lässt aber schon erahnen, was in der Gruppe steckte.
    Die Flipside ist klassischer R&B, eine flotte Nummer, die so ähnlich auch von den Stones u.a. hätte stammen können, allerdings hier Animals-typisch mit der Orgel von Alan Price angereichert.
    Baby Let Me Take You Home war da nicht so eindeutig schwarz. Der Song stammt von Wes Farrell (Hang On Sloopy u.a.), wird hier aber als Trad. ausgewiesen in der Bearbeitung von A. Price (mit dieser Masche kassierte Price sämtliche Tantiemen für House of The Rising Sun).
    Es beginnt mit einem Gitarrenintro, das eher Beatband-typisch ist, auch Melodieführung, Fills etc. passen in das vorherrschende musikalische Zeitbild. Burdons Stimme jedoch markiert unverkennbar die Richtung, in die es zum Ende des Tracks hin und vor allem in der Zukunft der Band noch geht. Sie klingt genuin schwarz. So ist denn die letzte halbe Minute dieses Tracks ein flottes, shaky R&B-Statement allerersten Ranges, ja, hier sind die Animals jetzt ganz in ihrem Element.

    (·) Diese erste Single erschien noch nicht in D, ihre nächste dagegen dürfte Millionenauflagen erreicht haben.

    Them: Mystic Eyes / If You And I Could Be As Two 1965 D-Decca

    War das die Coolness von 1965? Die Band auf dem Cover jedenfalls macht einen eher braven Eindruck, lassen doch die Nordiren kaum erkennen, dass sie mit Mystic Eyes gerade eine der originellsten und besten R&B-Singles produziert hatten.
    Eigentlich ist das gar kein Song, wie man ihn erwarten würde, und eigentlich singt Van Morrison auch nicht. Eher ist es eine Art Sprechgesang, ein Shouting, das jedoch keinerlei Zweifel an seinen vokalen Künsten aufkommen lässt. Und eigentlich sind die Vocals in Mystic Eyes auch nur ein kleiner Teil des Ganzen.
    Ein Intro, wie man es auf einer Popsingle kaum je gehört hat, eröffnet den Track. Eine reichliche Minute auf nur einem Akkord hören wir Bo Diddley-Rhythms, eine gute Bluesharp, und wir hören eine großartige Steigerung zu einer ersten Climax, die in Gitarrenschlägen mit einem Akkordwechsel mündet. Erst dann setzt Morrison an, für gerade mal eine weitere Minute, begleitet von ausgesprochen eigentümlichen Gitarrenfiguren, die die Mystic Eyes kommentieren, und begleitet von den beiden Akkorden, die sich soeben angekündigt hatten. Und dann endet das Ganze schon wieder in einer rasanten Coda, die, wie das Intro, ohne Akkordwechsel auskommt.
    Unglaublich das Feuerwerk, das Orgel, Gitarre, Harp, Bass und Drums in den 2’40 entfacht haben, fantastisch, wie sehr die jungen Burschen wussten, was sie musikalisch wollten. Etwas ganz Eigenes nämlich aus dem Geist des R&B heraus; weit mehr als kopierendes Epigonentum also. Das zeugt von einem tiefen Verständnis für das, was man hier tut, sowohl für die Vorlagen, als auch für die eigene Ausdeutung. Wo gab es das hierzulande, wo zu jener Zeit in den Staaten?

    (·) Mystic Eyes ist trotz seiner Charts-untauglichen Sperrigkeit die einzige Them-Single, die zu Morrisons Them-Zeiten in Deutschland erschien. Nachträglich gebührt den damaligen Marketingleuten bei der dt. Decca größter Respekt dafür.
    Ein Geschäft war nicht zu machen damit, sie stand in den Katalogen und wurde von ein paar Jungs gekauft, die Bescheid wussten. Damals schon. Sehr selten also und normalerweise entsprechend teuer.

    The Pretty Things: Sittin’ All Alone / Rainin’ In My Heart 1965 D-fontana

    Ich mag es nicht mehr lesen von den Pretties als den wirklich bösen Buben des UK-R&B, die die Stones zur „Teegesellschaft“ degradiert hätten. Da sich ihnen solche Attribute an die Fersen geheftet zu haben scheinen, wollte ich zumindest ein Fragezeichen dahinter setzen.

    Diese Single zumal ist ganz und gar nicht böse, sie verschreckt nicht einmal kleine Mädchen. Im Gegenteil, sie ist auf beiden Seiten einfach nur schön und suhlt sich musikalisch im besten Sinne in Liebesleid und Weltenschmerz. Das jedoch so atemberaubend aufrichtig und zwingend, dass es vielleicht doch wieder gefährlich werden könnte für die kleinen Mädchen. ;-)
    Die A-Seite ist eine Eigenkomposition mit ganz eigenem melodisch harmonischen Flair, eher schwebend als geerdet, eher traurig entrückt als badend im Selbstmitleid. Das wird unterstützt durch den leicht verhallten Gesang Phil Mays und vor allem durch die Gitarrenfloskeln Dick Taylors, die mich in ihrer Leichtigkeit und unaufdringlichen Quirligkeit schon an spätere Westcoast-Gitarren denken lassen. Sie wirken stellenweise wie Geklimper, ziellos, machtlos, konturlos, und doch prägen gerade sie die unvergleichliche Stimmung dieses Tracks auf ihre Weise.
    Prägend auch die Gitarre auf der Flip, jetzt als klassische Bluesgitarre mit den entsprechenden Floskeln. Phil May dazu mit seinen zurückhaltenden, leicht heiseren Vocals und dann vor allem einer der schönsten Bluessongs ever von Slim Harpo. Hier ist nichts Aufgesetztes, Übertriebenes oder gar Verspieltes. Fantastisch dieser eine hohe Gitarrenton vor dem Zwischenteil und nach dem letzten Refrain. Es scheint, als solle er ein Solo einleiten, was dann aber doch nicht kommt. Unerfüllt das Ganze, wie die Liebe.

    (·) Die beiden Tracks erschienen im UK nicht als Single, sondern als schön gestaltete EP mit dem Titel Rainin’ In My Heart. In NL und bei uns wurden die Titel als Single veröffentlicht und wohl auch ganz gut verkauft. Die Platte ist nicht übermäßig selten und ist in meinen Augen mit 20-30 Euro in bester Erhaltung sicher nicht überbezahlt. Die angesprochene UK-EP war in den Top 10, ist also relativ häufig, steht dennoch mit 55 Pfund im Katalog. Ich habe sie hierzulande schon häufiger gesehen und auch schon einmal besessen.

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    #2456565  | PERMALINK

    otis
    Moderator

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    The Yardbirds: Happenings Ten Years Time Ago / the Nazz Are Blue 1966 US-Epic

    Die letzte Single der Yardbirds, die im UK gerade noch das Licht der Top 50 erblicken durfte, dann war mehr oder weniger Schluss mit Keith Relf und seinen Mates.
    Klassischer R&B ist das längst nicht mehr, wie sie ihn etwas zwei Jahre zuvor in anderer Besetzung als Backing Band mit Sonny Boy Williamson aufgenommen hatten. Schwarz angehaucht kaum noch: Diese Happenings ten years time ago scheinen geradewegs in die Zukunft zu führen. Immerhin gingen hier mit Page und Jones zwei spätere Led Zeps zuwerke. Ein Jeff Beck war auch dabei.
    Hard Rock, meinetwegen, aber keine Spur von Breitbein, nicht der Ansatz von Selbstbezüglichkeit. Und ein epochal neuartiges Gitarrensolo, das Hendrix’ Künste flankierte, wenn nicht vorwegnahm. Psychedelia im Jahr Null, später kaum getoppt.
    Der Song ist einfach, das Arrangement nicht viel aufregender, aber das Ganze absolut umwerfend direkt und zupackend. Gitarrenschläge, die jede Schülerband hinbekommen würde, aber so präzise, so scharf gesetzt, dass es beim Versuch geblieben wäre. Ja, hier ist die Ausführung und produktionstechnische Umsetzung das Ganze. Dann dieses irrwitzige Solo in der Mitte, Page und Beck im Wettstreit, von Simon Napier-Bell dramaturgisch großartig inszeniert.
    Im UK und bei uns war Happenings mit Psycho Daisies gekoppelt, in den Staaten jedoch mit Nazz Are Blue. Ein Blues-Boogie in Elmore James-Tradition, eine Lehrstunde von Jeff Beck für E-Gitarren-Freaks.
    Man kann es heute vielleicht nicht mehr ermessen, aber was Beck seiner Stratocaster zu entlocken wusste, war stilbildend und epochal. Wie er hier z.B. fast eine Viertelminute lang und über acht Takte hinweg einen einzigen Ton zerdehnt, hatte man so noch nie gehört. Und es war kein Teil eines Endlos-Solos, in denen so etwas wenig später gang und gäbe wurde, sondern eine sorgfältig gesetzte Markierung innerhalb dieses eher unauffälligen Songgebildes. Ganz große Klasse. Wer brauchte da noch den 15-Minuten-Clapton oder einen Alvin Lee in der Folgezeit.
    Eine meiner liebsten Singles der Yardbirds.

    (·) Das Cover der dt. Single ist um einiges schöner als obiges. In bestem Zustand, auch als ebay-Schnäppchen, ist die hiesige Ausgabe kaum unter 60 Euro zu bekommen.
    Die US-Single dürfte mit Sleeve noch deutlich seltener sein, obwohl die Platte dort nahe den Top 30 war. Ich habe sie dennoch in neuwertigem Zustand vor einigen Jahren für ca. 40 $ ersteigern können.

    Chris Farlowe: Moanin’ / What Have I Been Doing 1967 D-Columbia

    Obwohl sie natürlich in diesem Six Pack mehr als zu Hause sein müssten, verzichte ich heute auf die Stones, aber ein Buddy von ihnen sollte nicht fehlen. Jemand, der ihren Song Out Of Time im Sommer ’66 zur No. 1 im UK gemacht hatte, und jemand, der von früh an mit seinen Thunderbirds ein Teil der R&B-Szene im UK war: Chris Farlowe.
    Als Moanin’ 1967 auf den Markt kam, war Farlowe mithin einer der Stars auf Andrew Loog Oldhams (immer noch recht jungem) Immediate Label und außerdem Psychedelia angesagt. Adderleys Moanin’, Farlowes kräftig voluminöse Stimme und dieses Arrangement waren eine einzigartige Mischung, der kaum Vergleichbares zur Seite steht.
    Einigermaßen harmlos beginnt Monain’ nach einem Becken-Crescendo mit Sitar und Tabla-Geplänkel, dann dieses aufschreckende Bläser-Fill-In. Die Vocals und eine prächtig verzerrte Gitarre leiten über in einen Track, der mit seinem Bläserarrangement mehr und mehr einen typischen R&B-Drive bekommt. Immer aber präsent, gar dominierend bleibt die Sitar, begleitet von den vergleichsweise leichten Tabla-Rhythms.
    Insgesamt eine unglaublich gelungene Mischung aus den verschiedensten musikalischen Ingredienzien und perfekt produziert.
    Indische Mantra-Seligkeit in Einheit mit diesem harten schwarzen Beat waren jedoch eine arge Herausforderung für den Mainstream-Markt und in dieser Kombination wohl zu ambitioniert, als dass es ein Hit hätte werden können. Im UK immerhin noch gerade in den Top 50, hierzulande kaum gespielt.
    Die Flipside verzichtet dagegen völlig auf produktionstechnische Besonderheiten, heute würde man so etwas unplugged nennen. Eigentlich kaum mehr als akustische Gitarre, Orgel und ein wunderschöner Song. Unbedingt anhören.

    (·) Für mein toll erhaltenes Exemplar habe ich ca. 10 Euro bezahlt, in meinen Augen ein absolutes Schnäppchen, zumal das weiße Sleeve nach 40 Jahren wohl immer seltener in einem derart guten Zustand zu finden sein dürfte.

    The Boots: Gaby / Another Tear Falls 1966 D-Telefunken

    Nun gestatte ich mir noch einen Abstecher nach Deutschland zu den Boots. Müssen sie doch, seit ich ihre Musik kenne (seit ca. 1978), als Aushängeschild für deutschen R&B herhalten.
    Sänger und Aushängeschild war ein Holländer. Der Rest der Band in klassischer Besetzung plus Orgel.
    Die Boots kamen aus Berlin, coverten zunächst Them’s Gloria, dann W. Picketts In The Midnight Hour, brachten eine erste LP voller R&B-Klassiker heraus und als vierte und vorletzte dt. Single diese Eigenkomposition, eine Hommage an das Mädchen Gaby, hier natürlich als Gäiby besungen.
    Diese 7“ gilt als eine der allerbesten genuin dt. 60s-Produktionen, aber reicht das, um mit der starken Konkurrenz aus dem angelsächsischen Raum Singles mithalten zu können?
    Nein. Wenn man die Flip hört, nie und nimmer. Eine unbeholfenere Version dieses Bacharach-Songs ist kaum vorstellbar, auch wg. der Vocals. Die Walker Brothers dürfen dabei gar nicht einmal als Vorlage mitgedacht werden.
    Solche vollmundigen Vokale, die nicht klingen wollen, oder Melismen, die großenteils aufgesetzt wirken, kann ich einfach nicht überhören. Das Backing müht sich, eine lyrics-kongruente Moll-Stimmung aufzubauen, aber es rumpelt und poltert sich mehr schlecht als recht durch den Song. Da ist kein Flow, da ist kein Drive, das ist schlichtweg hölzern.
    Gaby hat dagegen deutlich mehr zu bieten. Eher angesiedelt im US-Garage Punk als im UK-Beat oder UK-R&B weist der Track eine recht eigene Struktur auf. Eine brätzende Gitarre, ordentliche Leadvocals kommen hinzu, und das alles ohne vordergründig billige Kalkuliertheit und vor allem mit einiger Originalität. Zweifelsohne ein gut gedachter Track, aber ( Mikko, verzeih mir) auch hier wieder fehlt mir das gewisse Etwas in der Produktion. Der Beat, warum ist er zu Beginn nicht härter und zwingender? Warum sind die drums in den Hintergrund gemischt? Die Orgel hat auf der Flip schon reichlich Schaden angerichtet, so auch hier. Und wenn man es noch kritischer sehen will: Nach dem Boots-Hit Gloria musste ein weiteres Mädel mit „G“ herhalten. Und wenn Morrison G-L-O-R-I-A buchstabierend skandiert, so können es die Boots mit G-A-B-Y doch allemal.

    Nun, hier geht es um meine „Faves“, diese Single ist dabei. Allzu viele deutsche Produktionen kommen hier nicht vor und unter diesen ist sie sicher eine einäugige Königin. Aber sie fällt in meinen Ohren deutlich z.B. gegen die fünf oben Vorgestellten ab, wie ich auch der Meinung bin, dass die Boots selbst in ihren besten Momenten mit der Direktheit, Attitüde und Finesse der UK-Bands nicht mithalten können. Manches aber mag, das will ich gern konstatieren, den deutschen Produzenten in die Schuhe zu schieben sein.

    (·) Hervorragend erhaltene Exemplare dieser Platte dürften kaum unter 40 Euro zu bekommen sein.

    Today’s Tops:
    1 Them *****
    2 Yardbirds *****
    3 Pretty Things ****1/2
    4 Farlowe ****1/2
    5 Animals ****
    6 Boots ***

    --

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    #2456567  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 36,937

    Hurra, es geht weiter! Alles Songs, die ich nicht kenne und mich jetzt interessieren – mal sehen, ob ich Geld und Geduld für die eine oder andere aufbringe…
    Sehr gut geschrieben („Einäugige Königin“? Nice one)!

    --

    If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.
    #2456569  | PERMALINK

    mikko
    Moderator
    Moderator / Juontaja

    Registriert seit: 15.02.2004

    Beiträge: 34,399

    Gratulation, otis, zu dieser Folge!

    Großartige Texte, auch wenn ich bei The Boots ein ganz bisschen anderer Meinung bin.

    Meine TOP 6

    1 Yardbirds *****
    2 Them *****
    3 Boots *****
    4 Farlowe ****1/2
    5 Pretty Things ****1/2
    6 Animals ****

    --

    Twang-Bang-Wah-Wah-Zoing! - Die nächste Guitars Galore Rundfunk Übertragung ist am Donnerstag, 19. September 2019 von 20-21 Uhr auf der Berliner UKW Frequenz 91,0 Mhz, im Berliner Kabel 92,6 Mhz oder als Livestream über www.alex-berlin.de mit neuen Schallplatten und Konzert Tipps! - Die nächste Guitars Galore Sendung auf radio stone.fm ist am Dienstag, 17. September 2019 von 20 - 21 Uhr mit US Garage & Psychedelic Sounds der Sixties!
    #2456571  | PERMALINK

    atom
    Moderator

    Registriert seit: 10.09.2003

    Beiträge: 21,371

    Es freut mich sehr, dass du hier weitermachst, otis. Bis auf die Boots, die ich nicht kenne, schätze ich die vorgestellten Singles.

    --

    Hey man, why don't we make a tune... just playin' the melody, not play the solos...
    #2456573  | PERMALINK

    otis
    Moderator

    Registriert seit: 08.07.2002

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    Mikko…auch wenn ich bei The Boots ein ganz bisschen anderer Meinung bin.

    Ich weiß das ja, Mikko, deshalb interessiert mich sehr, wie du die Single hörst, vor allem, ob das in deinen Ohren so falsch ist, was ich oben geschrieben habe. Kannst du Another Tear Falls tatsächlich musikalisch etwas abgewinnen?

    --

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    #2456575  | PERMALINK

    mikko
    Moderator
    Moderator / Juontaja

    Registriert seit: 15.02.2004

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    Another Tear Falls müsste ich mir wieder mal anhören, ist mir nicht so sehr präsent. Aber grundsätzlich mag ich daran gerade diese gewisse Unbeholfenheit. Das ist bei Remember Walking In The Sand ganz ähnlich.
    Was Du über die Produktion schreibst ist sicher teilweise richtig. Ich vergleiche Gaby produktionstechnisch allerdings eher mit englischen Produktionen der zweiten Liga. Also solchen, die mit geringerem Budget in kleinen Studios entstanden, wie z.B. alle Aufnahmen von The Creation oder The Smoke. Und da schneidet Gaby gar nicht mal schlecht ab. Letztlich kommt bei mir dann noch ein gewisser Bonus aus Lokalpatriotismus und persönlichem Kontakt hinzu.

    PS: ich würde nie mit The Walker Brothers vergleichen. Das verbietet sich von allein.

    --

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    #2456577  | PERMALINK

    sweetheart
    trouble loves me

    Registriert seit: 17.09.2003

    Beiträge: 6,830

    Auch ich freue mich sehr über die neuen Vorstellungen mit durchweg großartig geschriebenen Texten. Famose Singles, von denen ich gerne ein paar (mit den abgebildeten PS) hätte. Bis auf die Chris Farlowe-45 kenne ich sie alle. „Mystic Eyes“ (tolle B-Seite!) ist mein Favorit. Dann die Yardbirds, Pretty Things, Animals und die Boots. Ach ja, otis, bitte niemals hier aufhören!

    --

    My favourite 45s and LPs of all time.
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