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Visconti ist ein sehr strenger Ästhetiker und vermutlich der beste und talentierteste italienische Filmemacher überhaupt. In seinen Filmen geht es eigentlich immer um die Bruchstelle zwischen einer alten, vergehenden Welt und dem Neuen, Heraufdämmernden.
Zu den Filmen im Einzelnen:
„Ossessione“ gilt vielerorten als die Geburtsstunde des Neorealismus, ist aber eigentlich eher eine klassische Film Noir Geschichte über einen Mann, der einen Mord für eine Frau begeht. Hat zwischenzeitlich einige, wenige Längen, aber die melodramatischen Emotionen zwischen dem Paar hauen einen um. Es kocht soviel hoch, es brodelt, es explodiert. Liebe hatte selten so viel Expressivität.„La Terra Trema“ ist sein, vermutlich, bester Film und das Kernstück des reinen Neorealismus. Ursprünglich in einer 10 Stunden Fassung angedacht, wurde nur die Episode in einem Fischerdorf abgefilmt (immerhin gut 3 Stunden). Ein sehr dichter, sehr emotionaler aber in er Führung nüchterner Film über die Ausweglosigkeit der Armut, die Einfältigkeit einer abgeschlossenen Gemeinschaft, Rebellion und Liebe. Durch einen Off-Kommentar, von Visconti selber eingesprochen, wird das Leben armer Fischer bis zur Heiligsprechung hochstilisiert. Die Szene, wie die Frauen des Dorfes auf dem Felsen stehen, und auf ihre Männer warten, lässt einen wochenlang nicht mehr los.
„Bellissima“ ist eine recht stimmige Satire auf den Neorealismus-Kult, mit Anna Magnani als Mutter, die ihr Kind in der Cinecitta zum Star machen will. Allerdings ist das ganze etwas arg gealtert, und nicht mehr wirklich von Belang. Alessandro Blasetti übrigens als Regisseur im Film.
„Senso“ ist Viscontis erster Farbfilm und bis dato opulentester. Hier beginnt das atypische Werk. Zwei Stunden Bad in sehr starken, übermannenden Emotionen. Liebe, Verrat, Liebe, Verrat, Liebe, Verrat. Vergisst man nicht.
„Le Notti Bianche“ ist die Verfilmung der gleichnamigen Dostojewskij Novelle. Sehr schöne Aussen-und Nachtaufnahmen zwischen Mastroianni und Schell, wird allerdings stark von den überkandidelten Rückblenden gestört. Lieber Robert Bressons Stoffbearbeitung namens „Quatre Nuits d´un Reveur“ anschauen.
„Rocco e i suoi fratelli“ müsste ich nochmals sehen. Visconti spielt ein bisschen zu sehr mit einer Form, für die er kein Interesse mehr hatte. Die Stilisierung der Stände ist deswegen etwas arg klischee-siert. Einige schöne Einzelszenen, und ein sehr gut spielender Alain Delon.
„Il Gattopardo“. Opulent und lang. Habe ich vor Jahren nach der ersten, nicht so tollen, halben Stunde ausgeschalten. Demnächst läuft er wieder in der kompletten Fassung. Dürfte sehr gut sein. Wird aber zu Unrecht als sein Hauptwerk gesehen. Eine lange Laufzeit, strenge Dekors, ernste Mienen, schon hat jeder sein Meisterwerk.
„Sandra“. Nicht gesehen.
„L'Etranger“. Verfilmung des Albert Camus Buches. Habe ich leider bisher nicht gesehen. Hat den jemand? Gibt es eine europäische Fassung?
„Götterdämmerung / The Damned“. Hmm. Der Film beeinflusste Fassbinder wie kein Zweiter. Und trotzdem ist er ein sehr unausgewogenes merkwürdiges Ding. Der Niedergang einer dt. Industriellenfamilie, die mit den Nationalsozialisten kooperierte. Die Emotionen kochen bis zur Kälte stilisiert hoch, alles ist exquisit ausgeleuchtet, alle sind gepudert, und versuchen in jeder Nahaufnahme die anderen Schauspieler zu überbieten. Am Ende ist alles ein wagnerianischer Reigen aus grossen Lieben, Feuern und Blut. Erster Teil einer dt. Trilogie.
„Death in Venice“.Bekannter Stoff, schlechter Haupdarsteller, exzellente, einzigartige Atmosphärenzeichung. Trotz Schwächen sehr gut.
„Ludwig“. Helmut Berger in 4 Stunden, ne. Toll.
„Gruppo di Famiglia in un Interno“ Nach längerer Zeit wieder ein komplett realisiertes, grosses Meisterwerk über den Einbruch der Emotionen und der jahrelangen Verdrängung in ein stillstehendes Leben. Helmut Berger ist exzellent, die assoziativ auftauchenden Rückblenden mit Dominique Sanda wunderschön. Am Ende hört Lancaster die Schritte des Todes über sich. Solche Filme wurden eigentlich in den 70ern nicht gemacht.
„L´Innocente“ Einer meiner 10 Lieblingsfilme, und das grosse Werk der europäischen 70er (und ein unbekannter Film ohne jeglichen Ruf). Schon halb tot drehte Visconti „nur“ diesen Rohschnitt fertig, und trieb die Überstilisierunng auf einen Endpunkt, wie es sonst nie wieder (oder vorher jemand) gelungen ist. In toten, roten Räumen bewegt sich ein Mann zwischen zwei Frauen, kann nicht die Gefühle der einen erwidern, und zerstört die Gefühle der anderen. Am Ende ist es Kindsmord und eine Kugel, die ihn selbst umbringt. Jede Bewegung, jede kalte Emotion schreit nach dem Stillstand des Bildes. Der Film ist nicht beachtlich für die 70er, der Film wäre für alle Zeiten undrehbar gewesen. Ein besserer wurde danach in Europa nicht mehr gedreht.
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A Kiss in the DreamhouseIch kenn nur „Il Gattopardo“, der aus 2 Stunden Leerlauf besteht, um dann im letzten Drittel endlich seiner Intention gerecht zu werden, und dann auch unglaublich intensiv wird.
Dieser Ball!!! :wub:--
Flow like a harpoon daily and nightlyOriginally posted by candycolouredclown@16 Dec 2004, 16:14
Ich kenn nur „Il Gattopardo“, der aus 2 Stunden Leerlauf besteht, um dann im letzten Drittel endlich seiner Intention gerecht zu werden, und dann auch unglaublich intensiv wird.
So stelle ich mir den Film auch vor, ja. Zumindest wird da eine zeitlich den Gefühlen autosuggestiv vorgemacht, bis dann endlich das kommt, was Visconti wirklich kann.
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A Kiss in the DreamhouseWürde ich auch gern nochmal kucken….
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Flow like a harpoon daily and nightlyEin Bild noch, dann ist Feierabend (Das links, das ist die Alida Valli):
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A Kiss in the DreamhouseVisconti hat auch gern mit seinen Darstellerinnen getanzt…
(hier wird der letzte Walzer vorbereitet; Burt Lancaster scheint sehr entschlossen)--
Flow like a harpoon daily and nightlyIch mag Mann und liebe Mahler. Welchen Film soll ich mir anschauen?
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God told me to do it.Originally posted by candycolouredclown@16 Dec 2004, 16:30
Visconti hat auch gern mit seinen Darstellerinnen getanzt…
Aber geschlafen hat er nur mit den Hauptdarstellern.
@Hat:
„Gruppo di Famiglia in un Interno“/“Gewalt und Leidenschaft“.--
A Kiss in the DreamhouseDanke. Wird gemacht.
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God told me to do it.Originally posted by Napoleon Dynamite@16 Dec 2004, 16:37
Aber geschlafen hat er nur mit den Hauptdarstellern.Und sogar eingesperrt, und nur zum Drehen rausgelassen!
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Flow like a harpoon daily and nightlySehr schön :wub: Macht sehr neugierig auf seine Filme.
Heute kommt zur Erinnerung der 2.Teil von Ludwig II. auf arte.
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holen wird doch den thread wieder nach oben. heute abend gibts „Gattopardo“ scheint ja ein verdammt langer film zu sein. hoffentlich lohnt sich das. die gut 2 stunden von tod in venedig vergingen jedenfalls wie im fluge. auf dvd gibts noch die verdammten und ludwig II. weiss jemand, ob die sehenswert sind? die verdammten wollte ich eigentlich schon immer mal schauen. bei ludwig II. hingegen bezweifle ich hingegen, dass er mich interessieren würde. aber wer weiss.
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TRINKEN WIE GEORGE BEST UND FUSSBALL SPIELEN WIE MARADONAweiss jemand warum der godard und der fellini- thread geschlossen sind?
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TRINKEN WIE GEORGE BEST UND FUSSBALL SPIELEN WIE MARADONAFür mich ist Visconti neben Ingmar Bergman mittlerweile einer der größten überhaupt. Also, wenn möglich einfach alles kaufen und ansehen (allerdings darauf achten, dass es keine gekürzten Fassungen sind).
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Schlagwörter: Luchino Visconti
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