Kurt Vile – Smoke Ring For My Halo

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  • #7862041  | PERMALINK

    nikodemus

    Registriert seit: 07.03.2004

    Beiträge: 21,265

    Ehrlich gesagt, habe ich bis vor kurzem noch nichts von Kurt Vile gehört. Was ich in verschiedenen Kritiken seit dem gelesen habe, wurde beschrieben als Valium Folk eines wahlweise Tom Petty oder Springsteen Adepten. Glücklicherweise hört man davon nichts auf „Smoke Ring For My Halo“. Was ich höre klingt zwar eingängige Gitarrenmuster, die oft akustisch gespielt werden und mit einem nöligen, verschlurften Gesang Viles vorgetragen wird. Klingt zwar nicht als Kompliment, doch fühle ich bei Viles sanft-bekifftem Vortrag an den Mittsechziger Dylan erinnert und diesem erweist Vile mit seiner Phrasierung oftmals alle Ehre (Man beachte das Dehnen und Ziehen in Runners uuuuuuuuuup). Was hebt jetzt „Smoke Ring“ über ein Allerweltsgitarrenrockohnerock Album hinaus. Sicherlich die verhuschte Stimme, die einfach so im Raum steht ohne aufdringlich sein zu können oder zu wollen, vielleicht die elliptischen Hooks, die Vile 1:1 zur Gitarre nachsingt. Hier drängt sich nichts auf, irgendwie wollen die scheinbar Chorusfreien Songs entdeckt werden, welches mal schneller (das unglaublich eingängige Jesus Fever) mal länger dauert (Smoke Ring, Ghost Town), diese undurchdringlichen Tracks unter der rauen Produktion lassen mich kaum noch los. Selten hat sich einer so unwichtig genommen, der so viel zu sagen hat. Ziemlich cool.

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    and now we rise and we are everywhere
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    #7862043  | PERMALINK

    dennis-blandford
    Jaggerized

    Registriert seit: 12.07.2006

    Beiträge: 12,368

    Die Stones circa zur Some Girls Zeit tanzen mit den schluffigsten Grungeacts der Frühneunziger Ballett. Die entspannteste Rockplatte seit langem.

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    "And everything I know is what I need to know and everything I do's been done before."
    #7862045  | PERMALINK

    irrlicht
    Nihil

    Registriert seit: 08.07.2007

    Beiträge: 31,228

    Wenn man schon so nett gebeten wird.

    Meine Eindrücke decken sich teilweise mit denen von Niko (auch war mir Kurt Vile bis kürzlich vollkommen unbekannt), allerdings ist mein Resume dann ein doch etwas anderes. In erster Linie besticht mich an Viles Musik die Klangfarbe selbst – die klingt frisch und eigen (auch wenn mich die Produktion direkt ein wenig an The see see erinnerte); als direkt „rau“ nehme ich da wenig wahr, auch wenn es wohl das besondere an dieser Musik ist, dass sie produktionstechnisch weitestgehend sauber ausfällt, aber, auf das Songwriting bedacht, eigentlich recht holprig, verworren und nebenbei eingespielt klingt. Viles Stimme ist dementsprechend auch nicht klassisch schön, wirklich schön ist sie eigentlich gar nicht – sie ist eigen, sie dehnt Vokale, sie betont Wörter so, wie es bei anderen nur zur Stilblüte geworden wäre und dass man, wenn man darauf achtet, wie bspw. in „Runner ups“ „Yeah!“ oder „Baby“ ausgesprochen werden, fast mit leichtem Quäken, an Dylan denken muss, verwundert mich nicht. Mein erster Gedanke war jedenfalls: Everlast trifft auf Psychedelic, dazu ein verkappter Punker am Mikro und Anleihen an die Spätsechziger. Alles aufgenommen nach einer durchzechten Nacht in der Garage bei 45° Sonnenstand. So in dieser Art.

    Und so fühle ich mich in Kurt Viles leicht abseitigem, vernebelten Wohnzimmer dann doch recht wohl, auch wenn es mir – ich kenne das Album nicht als Gesamtes – bislang noch ein wenig so geht, wie bei My bloody valentine für viele Monate: Wo zu einem Moment vollkommenste Verzückung da ist, kann es nach Minuten danach bereits in fast reine Langeweile gekippt sein. Denn trotz hörenswerter, teils sogar sehr guter Songs, hat die Atmosphäre eben auch ihren Nachteil: Ist nicht allzu dynamisch, ermüdet bisweilen, wirkt sogar etwas lasch. Dadurch, dass sich eben nichts „aufdrängt“, klingt vieles letztlich auch nicht dringlich. Als ersten Eindruck, werde mich „Smoke ring for my halo“ beizeiten noch näher widmen.

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    Hold on Magnolia to that great highway moon
    #7862047  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 44,728

    Danke, Irrlicht!

    Hier sind meine Gedanken:

    Man hört selten Musik, die so sehr in sich ruht, ja die gerade dadurch lebt, dass sie in vielerlei Hinsicht statisch wirkt: Kurt Viles neues Album Smoke Ring For My Halo ist eine Ansammlung von Selbstgesprächen und Selbstbetrachtungen von ungewohnter Tiefe. Dicht eingewoben in einen wohlstrukturierten Bandsound aus repetitiven musikalischen Motiven, singt der aus Philadelphia stammende Gitarrist und Songwriter zurückgenommen mit sonorer Stimme und verleiht dem Album dadurch eine hypnotische Atmosphäre. Sein Gitarrenspiel ist vielseitig, präzise und ausdrucksstark und seine Band, die Violators, vermag in wunderbarer Weise feine Akzente zu setzen, die verhindern, dass Smoke Ring For My Halo je langweilig wirkt.

    Sein Gesangsstil, insbesondere die Angewohnheit Silben endlos zu ziehen, hat Vergleich mit Bob Dylan heraufbeschworen. Ein Einfluss ist keinesfalls ausgeschlossen, aber der Verweis auf den Meister verschleiert und verwirrt mehr, als dass er erhellt: Dylan klingt selbst im Alter unruhig und suchend, Vile hingegen singt: „Think I’ll never leave my couch again“.

    Dylans Musik ist bevölkert von mythischen und realen Orten, von der Größe und Komplexität Amerikas, seiner Geschichte und seiner Gegenwart. Kurt Viles Universum erstreckt sich hingegen vom Wohnzimmer seines Appartments zu den Geschäften in seiner Nachbarschaft. Es ist bevölkert von Freunden, Musik, Gitarren, Plattenläden, Mädchen, Jesus und der steten Bereitschaft, sich wieder hinzulegen.

    So ist Viles Ghost Town ist kein physischer Ort, sondern Ausdruck der lethargischen Geisteshaltung eines in sich selbst versunkenen Menschen: „When I’m walking my head is practically draggin’/yeah, and all I ever see is/just a whole lotta dirt.“ Und doch verbreitet diese Musik eine so intensive Schönheit, dass man sich gerne einladen lässt in seine seltsam verschrobene Welt „Sippin’ from the soda can/exercises my hand/pacifies the land/makes the most outta your chill time, man“, erklärt er augenzwinkernd im Titeltrack. Kurt Vile wandert somnambul durch seine Welt, entwirft Skizzen, verwirft Ideen, äußert Gedanken und zitiert Gesprächsfetzen. Ungreifbar und körperlos wie ein Geist, scheint er entrückt zu sein von der Welt und den Menschen: „I’d pack my suitcase with myself, but I’m already gone“, singt er auf Jesus Fever, dem besten Song dieses bemerkenswerten Albums.

    ****

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    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #7862049  | PERMALINK

    atom
    Moderator

    Registriert seit: 10.09.2003

    Beiträge: 21,368

    Fantastisches Album, das von Mal zu Mal besser wird. Es gab auch lange kein Album mehr, dass ich ganze Tage am Stück hören konnte. Ich erhöhe auf * * * * *.

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    Hey man, why don't we make a tune... just playin' the melody, not play the solos...
    #7862051  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 44,728

    atomFantastisches Album, das von Mal zu Mal besser wird. Es gab auch lange kein Album mehr, dass ich ganze Tage am Stück hören konnte. Ich erhöhe auf * * * * *.

    Wow! Das Album zeichnet sich wirklich durch eine ganz exzellente, wohltuend unaufgeregte Stimmung aus und auch ich habe es einige Zeit lang mehrfach hintereinander gehört, was ich normalerweise nur sehr selten mache. Für die Höchstwertung (oder für ****1/2) fehlen mir allerdings zwei oder mehr zusätzliche hochkarätige Songs.

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    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #7862053  | PERMALINK

    atom
    Moderator

    Registriert seit: 10.09.2003

    Beiträge: 21,368

    nail75Für die Höchstwertung (oder für ****1/2) fehlen mir allerdings zwei oder mehr zusätzliche hochkarätige Songs.

    Für mich ist das Album als Ganzes extrem geschlossen und homogen, es gibt keinen einzigen Track, der gravierend abfällt.

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    Hey man, why don't we make a tune... just playin' the melody, not play the solos...
    #7862055  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 44,728

    Das würde ich auch nicht bestreiten, nur finde ich nicht, dass jedes Lied ein instant classic ist oder dem nahekommt. Das Album besticht aber in der Tat durch seine Ausgeglichenheit.

    Wie sieht das eigentlich mit früheren Werken von Vile aus – die sind wohl anders, aber ähnlich gut?

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    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #7862057  | PERMALINK

    atom
    Moderator

    Registriert seit: 10.09.2003

    Beiträge: 21,368

    nail75Das würde ich auch nicht bestreiten, nur finde ich nicht, dass jedes Lied ein instant classic ist oder dem nahekommt. Das Album besticht aber in der Tat durch seine Ausgeglichenheit.

    Wie sieht das eigentlich mit früheren Werken von Vile aus – die sind wohl anders, aber ähnlich gut?

    Ich kenne Kurt Vile erst seit seinem 2008er Album „Constant Hitmaker“, würde aber sagen, dass er mit jeder Veröffentlichung besser wurde und mit „Smoke Ring“ sein bisher bestes Werk abgeliefert hat.

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    #7862059  | PERMALINK

    prodigal-son

    Registriert seit: 26.12.2002

    Beiträge: 10,737

    * * * * 1/2 und mein Album des Jahres bisher.

    --

    If you try acting sad, you'll only make me glad.  
    #7862061  | PERMALINK

    hat-and-beard
    dial 45-41-000

    Registriert seit: 19.03.2004

    Beiträge: 20,424

    atomFantastisches Album, das von Mal zu Mal besser wird. Es gab auch lange kein Album mehr, dass ich ganze Tage am Stück hören konnte.

    So geht es mir auch: Seit zwei Wochen läuft „Smoke Ring For My Halo“ mindestens einmal, oft dreimal täglich. Und meine Begeisterung wird mit jedem Durchlauf größer.
    Mit welcher der vorherigen Platten sollte ich am besten weitermachen?

    Freue mich auch schon auf sein Konzert nächste Woche.

    --

    God told me to do it.
    #7862063  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 36,937

    Leider habe ich so viele Durchläufe wie Hat noch nicht geschafft, aber „in sich selber ruhend“ bringt es schön auf den Punkt, auch ausgeglichen und unaufgeregt (alles positiv gemeint).

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    If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.
    #7862065  | PERMALINK

    napoleon-dynamite
    Moderator

    Registriert seit: 09.11.2002

    Beiträge: 21,857

    Hat and beardMit welcher der vorherigen Platten sollte ich am besten weitermachen?

    „Childish Prodigy“ („Freak Train“!) und die „The Hunchback“-EP mit den Violators.

    --

    I'm making jokes for single digits now.
    #7862067  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    Napoleon Dynamite“Childish Prodigy“ („Freak Train“!) und die „The Hunchback“-EP mit den Violators.

    Und die Constant Hitmaker, allein schon wegen „Freeway“!

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    #7862069  | PERMALINK

    atom
    Moderator

    Registriert seit: 10.09.2003

    Beiträge: 21,368

    Hat and beardSo geht es mir auch: Seit zwei Wochen läuft „Smoke Ring For My Halo“ mindestens einmal, oft dreimal täglich. Und meine Begeisterung wird mit jedem Durchlauf größer.

    Oh, damit hätte ich nicht gerechnet, freut mich aber umso mehr.

    Hat and beardMit welcher der vorherigen Platten sollte ich am besten weitermachen?

    Du kannst dich im Prinzip chronologisch zurück bewegen und solltest auch die letztjährige EP „Square Shells“ berücksichtigen.

    Hat and beardFreue mich auch schon auf sein Konzert nächste Woche.

    Sehr schade, da kann ich beim besten Willen keinen Urlaub nehmen. Viel Spaß.

    --

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