Kulturelle Aneignung, Identitätspolitik, Wokeism, PC & Cancel Culture

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    gypsy-tail-wind
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    reino
    Ist es eigentlich schon CA, wenn weiße Juden wie Leiber und Stoller sowas schreiben? Und was, wenn eine schwarze Bluessängerin das dann singt?

    Da müsstest Du ev. zuerst mal CA definieren ;-)

    Im Ernst, irgendwie ja wohl schon, aber v.a. hat es wohl mit Macht zu tun? Wer kann Songs schreiben, die dann auch aufgenommen werden und Verbreitung (Airplay, Jukeboxen) finden, wer ist vernetzt, hat die nötigen Mittel usw. In der Hinsicht halte ich z.B. lathos Position zu Elvis für verkürzt/vereinfachend (obwohl ich seinem letzten Votum und em darin zitierten von bullschuetz zustimme) – also: keine bösen Absichten aber viele blinde Flecken haben reicht noch nicht zur Absolution – und zu oft, dünkt mich, geht es gerade denen, die in CA-Debatten angegriffen werden, genau darum. Und Absolution lässt halt auch keine Grautöne zu. Ist Lisa Eckharts Satire antisemitisch – ja oder nein? Dazwischen ist nichts? Der Mangel an „Dazwischen“ ist vielleicht die grosse Tragik unserer Tage. Oder: die Schwierigkeit des Herausfindens, wann es eben wirklich kein Dazwischen mehr geben darf und eine klare Ansage nötig ist – und daher kommen viel zu Viele wegen viel zu Vielem mit einer Entweder/Oder-Haltung.

    Ich glaube, meine Haltung in der Frage ist, statt nach Absolution zu fragen (nötig hätten wir das schon ;-) ), die Positionen, die unsereins (die fetten satten weissen Gewinner der Geschichte der letzten Jahrhunderte, deren Vorfahren, wenn sie nicht selbst Dreck am Stecken hatten, nur zu oft dennoch zu den Profiteuren gehörten) und unsere „Privilegien“ (problematisches bzw. falsches Wort) angreifen und hinterfragen, diese Positionen anzuhören und mich dadurch zum Nachdenken und Weiterfragen, Hinterfragen bringen zu lassen. Das ist nicht immer angenehm, aber es scheint mir so in etwa das Mindeste zu sein, was zu tun ist. Entsprechend habe ich – das wurde hier in der Diskussion ja auch deutlich, befürchte ich – mit Menschen, die jegliche Frage oder gar Kritik bereits als Angriff verstehen, meine liebe Mühe.

    --

    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
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    #11209565  | PERMALINK

    pfingstluemmel
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    herr-rossi

    pfingstluemmelEDIT: Kein Bock.

    Schade, ich hätte tatsächlich gerne gewusst, warum ich so terribly wrong bin: Die Beatles haben indische Musik in den westlichen Kanon eingeführt (sicher nicht als erste und einzige …), auf durchaus bewusste und respektvolle Weise, aber sie haben auch gleichzeitig die weitere Rezeption indischer Musik geprägt, einfach schon dadurch, dass ihr musikalischer Einfluss insgesamt so immens war und ist. Und selbstverständlich hat es umgekehrt ihr Ansehen als große Künstler des westlichen Kanons gefestigt, dass sie ein so weites Spektrum an musikalischen Einflüssen verarbeitet haben. Im westlichen Kulturverständnis hat das einen hohen Stellenwert.

    Treppengedanke: Ist es nicht seltsam, den Beatles einen Strick daraus drehen zu wollen, wenn sie sich tatsächlich mit einer ursprünglichen Quelle auseinandersetzen, anstatt ihnen ihre „weißgefärbten“ Einflüsse wie Elvis, Buddy Holly und die Everlys vorzuhalten, die schon eine „eingeebnete“ Form „ursprünglicher“ afro-amerikanischer Musik darstellen? Und sie so eine dieser „second rate bands“ werden, die wir schon beim Raga-Rock-Vergleich hatten? Mal ganz abgesehen von den „originalen“ Einflüssen, die ja durchaus prominent auftauchen.
    Je mehr ich darüber nachdenke, desto absurder scheint das alles. Das ist wirklich ein Themenfeld für die „suits“ – für die Anwälte, Kaufleute, Soziologen und so weiter. Der Rest von uns macht dann lieber Musik.

    --

    Come with uncle and hear all proper! Hear angel trumpets and devil trombones. You are invited.
    #11209567  | PERMALINK

    pfingstluemmel
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    Weitere Stufe dieses Treppengedankens: Im Grunde stellt dies das gesamte Konstrukt „Pop“ in Frage, denn dieser ist auf Eklektizismus und das Entlehnen [aus (Sub-)Kulturen, anderen Künsten und Medien] angewiesen. Was sage ich: Pop ist ihnen ausgeliefert. Keine guten Aussichten…

    --

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    #11209577  | PERMALINK

    krautathaus

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    pfingstluemmel

    herr-rossi

    pfingstluemmelEDIT: Kein Bock.

    Schade, ich hätte tatsächlich gerne gewusst, warum ich so terribly wrong bin: Die Beatles haben indische Musik in den westlichen Kanon eingeführt (sicher nicht als erste und einzige …), auf durchaus bewusste und respektvolle Weise, aber sie haben auch gleichzeitig die weitere Rezeption indischer Musik geprägt, einfach schon dadurch, dass ihr musikalischer Einfluss insgesamt so immens war und ist. Und selbstverständlich hat es umgekehrt ihr Ansehen als große Künstler des westlichen Kanons gefestigt, dass sie ein so weites Spektrum an musikalischen Einflüssen verarbeitet haben. Im westlichen Kulturverständnis hat das einen hohen Stellenwert.

    Treppengedanke: Ist es nicht seltsam, den Beatles einen Strick daraus drehen zu wollen, wenn sie sich tatsächlich mit einer ursprünglichen Quelle auseinandersetzen, anstatt ihnen ihre „weißgefärbten“ Einflüsse wie Elvis, Buddy Holly und die Everlys vorzuhalten, die schon eine „eingeebnete“ Form „ursprünglicher“ afro-amerikanischer Musik darstellen? Und sie so eine dieser „second rate bands“ werden, die wir schon beim Raga-Rock-Vergleich hatten? Mal ganz abgesehen von den „originalen“ Einflüssen, die ja durchaus prominent auftauchen. Je mehr ich darüber nachdenke, desto absurder scheint das alles. Das ist wirklich ein Themenfeld für die „suits“ – für die Anwälte, Kaufleute, Soziologen und so weiter. Der Rest von uns macht dann lieber Musik.

    @pfingstlümmel: du schießt bei der emotionalen Verteidigung deiner Herzensband übers Ziel hinaus, denn ich kann hier

    http://forum.rollingstone.de/foren/topic/kulturelle-aneignung-cultural-appropriation/page/2/#post-11198471

    nichts von „einen Strick drehen“ lesen. Man muß doch auch die Ansicht vertreten können, daß die Beatles wegen ihrer immensen Popularität, halt auch auf „easy minds“ bis zu „criminal minds“ Einfluß hatten. Das ist Fakt. Aber auch kein Vorwurf an die vier, b.z.w. außerhalb ihres Einfluß.

    Was mir im Zusammenhang mit den Beatles nicht selten aufstößt, ist diese teils überempfindliche schon verehrende Vergötterung der Fab Four. Aus musikalischer Sicht noch verständlich. Aus menschlicher Sicht schon ganz schön übertrieben…es waren bei allem Talent, Können und Hingabe, halt auch nur Menschen mit Ecken und Kanten. Nicht selten hab ich den Eindruck, dßs eine kritische Betrachtung selbst nur des Einflusses, bei kaum einer anderen Band so schnell auf Gegenreaktionen stößt.

    --

    “It's much harder to be a liberal than a conservative. Why? Because it is easier to give someone the finger than a helping hand.” — Mike Royko
    #11209579  | PERMALINK

    krautathaus

    Registriert seit: 18.09.2004

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    pfingstluemmelWeitere Stufe dieses Treppengedankens: Im Grunde stellt dies das gesamte Konstrukt „Pop“ in Frage, denn dieser ist auf Eklektizismus und das Entlehnen [aus (Sub-)Kulturen, anderen Künsten und Medien] angewiesen. Was sage ich: Pop ist ihnen ausgeliefert. Keine guten Aussichten…

    Popmusik ist zum Glück diesem Einfluß ausgeliefert, Pop will schließlich universell funktionieren. Das deutet schon der Name an.

    Oder meinst du die anderen Fab Four aus Schweden, hätten sich damit begnügt als Exoten wahrgenommen zu werden?

    Pop ist ein Konstrukt? Wie kommst du denn auf dieses schmale Brett? Pop ist eine Sehnsucht.

    --

    “It's much harder to be a liberal than a conservative. Why? Because it is easier to give someone the finger than a helping hand.” — Mike Royko
    #11209581  | PERMALINK

    krautathaus

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    gypsy-tail-wind

    aber viele blinde Flecken haben reicht noch nicht zur Absolution – und zu oft, dünkt mich, geht es gerade denen, die in CA-Debatten angegriffen werden, genau darum. Und Absolution lässt halt auch keine Grautöne zu. Ist Lisa Eckharts Satire antisemitisch – ja oder nein? Dazwischen ist nichts? Der Mangel an „Dazwischen“ ist vielleicht die grosse Tragik unserer Tage. Oder: die Schwierigkeit des Herausfindens, wann es eben wirklich kein Dazwischen mehr geben darf und eine klare Ansage nötig ist – und daher kommen viel zu Viele wegen viel zu Vielem mit einer Entweder/Oder-Haltung. Ich glaube, meine Haltung in der Frage ist, statt nach Absolution zu fragen (nötig hätten wir das schon ), die Positionen, die unsereins (die fetten satten weissen Gewinner der Geschichte der letzten Jahrhunderte, deren Vorfahren, wenn sie nicht selbst Dreck am Stecken hatten, nur zu oft dennoch zu den Profiteuren gehörten) und unsere „Privilegien“ (problematisches bzw. falsches Wort) angreifen und hinterfragen, diese Positionen anzuhören und mich dadurch zum Nachdenken und Weiterfragen, Hinterfragen bringen zu lassen. Das ist nicht immer angenehm, aber es scheint mir so in etwa das Mindeste zu sein, was zu tun ist. Entsprechend habe ich – das wurde hier in der Diskussion ja auch deutlich, befürchte ich – mit Menschen, die jegliche Frage oder gar Kritik bereits als Angriff verstehen, meine liebe Mühe.

    Danke dafür, du sprichst mir aus dem Herzen. Auch ich sehe eine große Gefahr, dass die Teilnehmer einer solchen Diskussion zu schnell in der jeweiligen Ecke des Raumes stehen/gehen/dort hingestellt werden, und zu wenige in der Mitte des Raums bleiben, was unbedingt nötig wäre. So groß ist der Raum i.d.Regel gar nicht, sprich so groß sind die Meinungsunterschiede nicht, wie sie dargestellt werden.

    --

    “It's much harder to be a liberal than a conservative. Why? Because it is easier to give someone the finger than a helping hand.” — Mike Royko
    #11209621  | PERMALINK

    punchline
    Minimalist

    Registriert seit: 15.12.2019

    Beiträge: 4,147

    krautathaus

    pfingstluemmelWeitere Stufe dieses Treppengedankens: Im Grunde stellt dies das gesamte Konstrukt „Pop“ in Frage, denn dieser ist auf Eklektizismus und das Entlehnen [aus (Sub-)Kulturen, anderen Künsten und Medien] angewiesen. Was sage ich: Pop ist ihnen ausgeliefert. Keine guten Aussichten…

    Popmusik ist zum Glück diesem Einfluß ausgeliefert, Pop will schließlich universell funktionieren. Das deutet schon der Name an.
    Oder meinst du die anderen Fab Four aus Schweden, hätten sich damit begnügt als Exoten wahrgenommen zu werden?
    Pop ist ein Konstrukt? Wie kommst du denn auf dieses schmale Brett? Pop ist eine Sehnsucht.

    Ich empfinde Pop eher als ein Werkzeug, mit dem ich gewisse vorhandene Sehnsüchte im Dasein besser beschreiben kann, begreifen kann, ausleben kann, vielleicht sogar bestimmte Sehnsüchte versuchen zu erfüllen kann… Ich weiß nicht ob Pop auch eine Sehnsucht schlechthin ist, interessante Frage, wenn ja, dann aber keine Ur-Sehnsucht. Sondern eine neu vom Mensch hinzu erfundene, die aber zwangsläufig irgendwann entstehen musste, so wie der Blues der Baumwoll-Sklaven etwa. . . (Man kennt ja den Ausspruch: Wenn es Gott nicht gäbe, würde der Mensch ihn erfinden.) ;-)
    Vielleicht ist Pop der Blues der Weißen!
    Wenn ich jetzt genauer darüber nachdenke, glaube ich, dass man mit Pop keine Sehnsüchte stillen kann, sondern nur (wie ja auch mit dem Blues) Schmerzen lindern kann.

    --

    No, you can't grow out of ADHD.
    #11209665  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
    -

    Registriert seit: 15.05.2005

    Beiträge: 85,018

    pfingstluemmelTreppengedanke: Ist es nicht seltsam, den Beatles einen Strick daraus drehen zu wollen

    Aber mir ging es doch gar nicht darum, den Beatles „einen Strick daraus drehen zu wollen“. Mir geht es nicht um Verurteilung, Gut/Böse-Unterscheidungen, abkanzeln, verbieten, reinwaschen, heiligsprechen oder sonst was. Sondern um das NACHDENKEN darüber und das LERNEN. Kulturelle Aneignung ist ein Grundprinzip menschlicher Kultur. Es gibt keine „reinen“ Kulturen, außer im Denken von Faschisten. Jede Kultur entwickelt sich unter Einflüssen von außen. Allerdings begegnen sich Kulturen häufig nicht auf Augenhöhe und nicht auf friedlich-gleichberechtigter Ebene, Stichworte Imperialismus, Kolonialismus, Rassismus usw. Und das kann den kulturellen Austausch, Achtung, Triggerwort: „problematisch“ machen.

    Gleich zu Beginn der Diskussion hatten Go1 und ich unabhängig voneinander darauf hingewiesen, dass „cultural appropriation“ nicht per se „thing bad“ ist, sondern „thing exists“, und hatten dafür auch unterschiedliche Stimmen benannt. Aber die Diskussion wurde sofort auf Fragen von „cancel culture“ und „der/die hat dies und das verlangt und das werden immer mehr und das macht mir Sorgen“ enggeführt. Womit ich die Sorgen auch nicht kleinreden will, aber so ist man dann eben auch ganz schnell wieder auf der Ebene der Nabelschau und weg vom eigentlichen Thema. Und zugleich spielt man unfreiwillig das Spiel der schlimmen Vereinfacher auf der Linken und Rechten mit.

    --

    #11209713  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 36,929

    gypsy-tail-wind[…]
    Der Mangel an „Dazwischen“ ist vielleicht die grosse Tragik unserer Tage.
    […]

    Zumal es zumindest in Deutschland (auch vielen anderen Ländern Europas) für dieses binäre Denken keinen Grund gibt. In den USA ist die Zweiteilung ja auch in sozialen Gegebenheiten (Ausbildung, Wohnorte, Berufe) festgeschrieben, das ist hier aber nicht so stark der Fall (Ansätze gibt’s aber durchaus).

    --

    If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.
    #11209773  | PERMALINK

    bullschuetz

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    Herr-Rossi Mir geht es nicht um Verurteilung, Gut/Böse-Unterscheidungen, abkanzeln, verbieten, reinwaschen, heiligsprechen oder sonst was. Sondern um das NACHDENKEN darüber und das LERNEN.

    Hab ich verstanden und verinnerlicht.

    Kulturelle Aneignung ist ein Grundprinzip menschlicher Kultur. Es gibt keine „reinen“ Kulturen, außer im Denken von Faschisten. Jede Kultur entwickelt sich unter Einflüssen von außen. Allerdings begegnen sich Kulturen häufig nicht auf Augenhöhe und nicht auf friedlich-gleichberechtigter Ebene, Stichworte Imperialismus, Kolonialismus, Rassismus usw. Und das kann den kulturellen Austausch, Achtung, Triggerwort: „problematisch“ machen.

    Amen to that.

    Aber die Diskussion wurde sofort […] enggeführt. Womit ich die Sorgen auch nicht kleinreden will, aber so ist man dann eben auch ganz schnell wieder auf der Ebene der Nabelschau und weg vom eigentlichen Thema.

    Hm. Du gehst davon aus, dass es da ein eigentliches Thema gibt, das vernünftig ist, aber von manchen Leuten (zum Beispiel Leuten wie mir, die als mildernden Umstand aber immerhin anführen dürfen, dass sie sich Sorgen machen) enggefuehrt wird, wodurch sie das Spiel der schlimmen Vereinfacher auf der Linken und Rechten mitmachen (wenn auch unfreiwillig, was ich einerseits als Kompliment empfinde, weil ichs dann ja immerhin nicht mit perfider Absicht tue, andererseits wohl auch als Herablassung lesen darf, weil ich offenbar zu blöd bin, dieses Unfreiwillig-vor-linke-und-rechte-Karren-gesperrt-werden zu verhindern oder zu durchschauen). Eine klitzekleine Tendenz zum – allerdings lobenswert subtilen – Framing steckt da schon auch drin, oder?

    Ich hingegen glaube, dass es empirisch mittlerweile recht viele Belege dafür gibt, dass dem CA-Konzept eine latent, bisweilen manifest intolerante und allzu identitätspolitische Tendenz inhaerent ist und dass diese Tendenz nicht erst durch Engfuehrung des Ursprungskonzeptes entsteht, sondern dass es im Gegenteil eine vielleicht etwas ins Naive lappende wohlwollende Engfuehrung des Konzeptes ist, wenn man all die hier genannten Fälle von Schutz bis Shriver als „Auswüchse“ bezeichnet und damit quasi aus dem Relevanzbereich der Debatte ausgemeindet.

    zuletzt geändert von bullschuetz

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    #11209779  | PERMALINK

    bullschuetz

    Registriert seit: 16.12.2008

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    Und ja, darüber mache ich mir tatsächlich gewisse Sorgen.

    --

    #11209975  | PERMALINK

    pfingstluemmel
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    pfingstluemmelWeitere Stufe dieses Treppengedankens: Im Grunde stellt dies das gesamte Konstrukt „Pop“ in Frage, denn dieser ist auf Eklektizismus und das Entlehnen [aus (Sub-)Kulturen, anderen Künsten und Medien] angewiesen. Was sage ich: Pop ist ihnen ausgeliefert. Keine guten Aussichten…

    Popmusik ist zum Glück diesem Einfluß ausgeliefert, Pop will schließlich universell funktionieren. Das deutet schon der Name an. Oder meinst du die anderen Fab Four aus Schweden, hätten sich damit begnügt als Exoten wahrgenommen zu werden? Pop ist ein Konstrukt? Wie kommst du denn auf dieses schmale Brett? Pop ist eine Sehnsucht.

    Oder ein Amalgam: Pop ist eben kein „reines“ Ding, das aus dem Fels hervorbricht wie Werbungsquellwasser, sondern eher ein Gumbo. Zusammengewürfelt, abgeschmeckt, konstruiert.

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    #11209981  | PERMALINK

    pfingstluemmel
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    herr-rossi

    pfingstluemmelTreppengedanke: Ist es nicht seltsam, den Beatles einen Strick daraus drehen zu wollen

    Aber mir ging es doch gar nicht darum, den Beatles „einen Strick daraus drehen zu wollen“. Mir geht es nicht um Verurteilung, Gut/Böse-Unterscheidungen, abkanzeln, verbieten, reinwaschen, heiligsprechen oder sonst was. Sondern um das NACHDENKEN darüber und das LERNEN. Kulturelle Aneignung ist ein Grundprinzip menschlicher Kultur. Es gibt keine „reinen“ Kulturen, außer im Denken von Faschisten. Jede Kultur entwickelt sich unter Einflüssen von außen. Allerdings begegnen sich Kulturen häufig nicht auf Augenhöhe und nicht auf friedlich-gleichberechtigter Ebene, Stichworte Imperialismus, Kolonialismus, Rassismus usw. Und das kann den kulturellen Austausch, Achtung, Triggerwort: „problematisch“ machen.

    Ja, sage ich doch. Dann müssen die „suits“ endlich mal ihre fitnessstudiogestählten Ärsche hochkriegen und dafür sorgen, dass die Industrie (Plattenfirmen, Musikverlage,…) die Leute bezahlt, denen es zusteht. Im gleichen Atemzug kann man dann endlich mal Reparationszahlungen an Afro-Amerikaner wegen der Sklaverei durchsetzen, denn davor drückt man sich sonst schön (Nicht nur die USA, Deutschland bekleckert sich ebenfalls nicht mit Ruhm).
    Ich wiederhole: Das ist kein Problem der Künstler. Und das Problem wird nicht verschwinden, indem man es in einem in die Musik verlagerten Konflikt bekämpft. So…und jetzt enschuldige mich, da sind noch Witwen und Waisen zu retten, ich rotte heute nacht noch den Hunger (ach, was…die Armut!) in den Grimm’schen Märchen und bei Hans-Christian aus.

    --

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    #11209983  | PERMALINK

    pfingstluemmel
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    krautathaus

    pfingstluemmel

    herr-rossi

    pfingstluemmelEDIT: Kein Bock.

    Schade, ich hätte tatsächlich gerne gewusst, warum ich so terribly wrong bin: Die Beatles haben indische Musik in den westlichen Kanon eingeführt (sicher nicht als erste und einzige …), auf durchaus bewusste und respektvolle Weise, aber sie haben auch gleichzeitig die weitere Rezeption indischer Musik geprägt, einfach schon dadurch, dass ihr musikalischer Einfluss insgesamt so immens war und ist. Und selbstverständlich hat es umgekehrt ihr Ansehen als große Künstler des westlichen Kanons gefestigt, dass sie ein so weites Spektrum an musikalischen Einflüssen verarbeitet haben. Im westlichen Kulturverständnis hat das einen hohen Stellenwert.

    Treppengedanke: Ist es nicht seltsam, den Beatles einen Strick daraus drehen zu wollen, wenn sie sich tatsächlich mit einer ursprünglichen Quelle auseinandersetzen, anstatt ihnen ihre „weißgefärbten“ Einflüsse wie Elvis, Buddy Holly und die Everlys vorzuhalten, die schon eine „eingeebnete“ Form „ursprünglicher“ afro-amerikanischer Musik darstellen? Und sie so eine dieser „second rate bands“ werden, die wir schon beim Raga-Rock-Vergleich hatten? Mal ganz abgesehen von den „originalen“ Einflüssen, die ja durchaus prominent auftauchen. Je mehr ich darüber nachdenke, desto absurder scheint das alles. Das ist wirklich ein Themenfeld für die „suits“ – für die Anwälte, Kaufleute, Soziologen und so weiter. Der Rest von uns macht dann lieber Musik.

    @pfingstlümmel: du schießt bei der emotionalen Verteidigung deiner Herzensband übers Ziel hinaus, denn ich kann hier http://forum.rollingstone.de/foren/topic/kulturelle-aneignung-cultural-appropriation/page/2/#post-11198471 nichts von „einen Strick drehen“ lesen. Man muß doch auch die Ansicht vertreten können, daß die Beatles wegen ihrer immensen Popularität, halt auch auf „easy minds“ bis zu „criminal minds“ Einfluß hatten. Das ist Fakt. Aber auch kein Vorwurf an die vier, b.z.w. außerhalb ihres Einfluß. Was mir im Zusammenhang mit den Beatles nicht selten aufstößt, ist diese teils überempfindliche schon verehrende Vergötterung der Fab Four. Aus musikalischer Sicht noch verständlich. Aus menschlicher Sicht schon ganz schön übertrieben…es waren bei allem Talent, Können und Hingabe, halt auch nur Menschen mit Ecken und Kanten. Nicht selten hab ich den Eindruck, dßs eine kritische Betrachtung selbst nur des Einflusses, bei kaum einer anderen Band so schnell auf Gegenreaktionen stößt.

    Die Beatles sind leider nicht mehr beliebter als Jesus Christus, das gereicht der Welt auf jeden Fall zum Nachteil.

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    #11209985  | PERMALINK

    pfingstluemmel
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    punchlin Vielleicht ist Pop der Blues der Weißen!

    Nein.

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