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zissouHauptsache Publikum
Wie sich Hallervorden selbst zerlegt, das ist traurig. Hab ähnliches auch schon (völlig unabhängig von dieser eigentlich abgestandenen Debatte) bei verdienten Forscherkollegen beobachten, die mit zunehmenden Alter auf so einen ganz seltsamen Ego-Trip gerieten, sich mit allen anlegten und irgendwann völlig freidrehten. Weiß nicht, ob das ein psychologisch bekanntes und erklärbares Phänomen ist.
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WerbunglathoDass die Begriffe „Zigeuner“ oder „Neger“ schon immer rassistisch benutzt worden wären, ist anscheinend von irgendwelchen PISA-Studierenden auf social media ausgekocht worden, heißt, ohne größeres Hintergrund-Wissen. (…) Das amerikanische „Nigger“ (seit der vorletzten Jahrhundertwende Schimpfwort) ist das deutsche „Nigger“, das gab und gibt es durchaus. Das deutsche „Neger“ kommt von „negro“ (das wiederum aus dem Spanischen kommt) und das ist in den USA nicht mehr gebräuchlich, aber auch nicht verpönt (und man müsste die Werke bekannter schwarzer Bürgerrechtler zensieren). Und bevor es heißt, „Neger“ wäre abwertend benutzt worden (bzw wird): genauso wie „Jude“ und da gab es bis jetzt keine Anstrengungen, das zu ändern…
Konnte an der Diskussion nicht „live“ teilnehmen und das meiste ist auch schon x-fach hin und her gewendet worden. Aber hier muss ich aus Sicht des Historikers deutlich widersprechen: Die Bezeichnungen „Neger“ und „Jude“ sind vollkommen unterschiedlicher Natur. „Jude“ ist die Selbstbezeichnung einer ethnischen und religiösen Gruppe, die natürlich alles andere als homogen ist, aber sich selbst als solche definiert und identifiziert, und das ungewöhnlich konsistent schon seit mehr als 2000 Jahren.
„Neger“ ist dagegen eine dieser Fremdzuschreibungen, die sich um das Selbstverständnis der so bezeichneten Menschen nicht im Geringsten schert. Ehe die Europäer begannen, Afrika zu „entdecken“ und hunderttausende Bewohner [EDIT: „Millionen“ waren es nicht] des Kontinents aus unterschiedlichsten Ethnien und Kulturen nach Amerika zu deportieren, gab es kein Selbstverständnis der betroffenen Völker, „Afrikaner“ oder gar „Neger“ zu sein. Die vermeintliche Wertneutralität des Begriffs ist in der historischen Forschung daher auch schon in den 2000ern kritisch diskutiert worden, lange vor aufgeregten „Wokeness“-Diskursen. Der Begriff und das Konstrukt „Neger“ kam erst ab dem 17. Jahrhundert auf und ist, wie Rassismus als Konzept insgesamt, nicht zu trennen vom europäischen Kolonialismus. Das ist, soweit ich sehe, in der Geschichtswissenschaft seitdem allgemein akzeptiert und keine Schrulle übersensibler PISA-Studenten.
Es ist richtig, dass der Begriff auch in Nachkriegsdeutschland noch als Pendant zum englischen „negro“ als vermeintlich wertneutral verwendet wurde, aber auch zunehmend als unangemessen empfunden wurde, und das nicht erst seit „Black Lives Matter“. Es war faktisch schon in den 80ern ein Wort der älteren Generation. Im Duden-Band Kaputte Wörter, den ich für einen lebensnahen und differenzierenden Wegweiser halte, hat Matthias Heine (ganz sicher kein „Wokie“) auch darauf hingewiesen, dass es im Deutschen kein Pendant zu „Nigger“ gegeben hat, weswegen „Neger“ dessen Schmähfunktion miterfüllte. PS: Dass „Nigger“ auch ein im Deutschen über vereinzelte Verwendung hinaus ein gebräuchliches Wort war, sehe ich absolut nicht.
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herr-rossi
Konnte an der Diskussion nicht „live“ teilnehmen und das meiste ist auch schon x-fach hin und her gewendet worden. Aber hier muss ich aus Sicht des Historikers deutlich widersprechen: Die Bezeichnungen „Neger“ und „Jude“ sind vollkommen unterschiedlicher Natur. „Jude“ ist die Selbstbezeichnung einer ethnischen und religiösen Gruppe, die natürlich alles andere als homogen ist, aber sich selbst als solche definiert und identifiziert, und das ungewöhnlich konsistent schon seit mehr als 2000 Jahren.
„Neger“ ist dagegen eine dieser Fremdzuschreibungen, die sich um das Selbstverständnis der so bezeichneten Menschen nicht im Geringsten schert.Dagegen könnte man einwenden, dass Schwarze in der Zeit auch simpel keine Kontrolle über Selbst- und Fremdbezeichnungen hatten, weil es sie in Deutschland nicht gab. Die Kontrolle von Juden über „offizielles“ Deutsch (das es nicht gab, ich weiß) war auch beschränkt, aber es gab zumindest für sie, als größte Minderheit in deutschsprachigen Bereichen, die Möglichkeit einer Einflussnahme.
Ehe die Europäer begannen, Afrika zu „entdecken“ und hunderttausende Bewohner [EDIT: „Millionen“ waren es nicht] des Kontinents aus unterschiedlichsten Ethnien und Kulturen nach Amerika zu deportieren, gab es kein Selbstverständnis der betroffenen Völker, „Afrikaner“ oder gar „Neger“ zu sein.
Ja, ich denke immer, dass der weitaus größte Teil der Sklaven in der Geschichte weiß gewesen sein müsste, so gerne wie man das Geschäft in Europa und dem vorderen Orient betrieb.
Eine Selbstsicht wird es gegeben haben, aber eben auf die eigene Gruppe, Religion, den eigenen Staat (die in Afrika bis zum „Auftauchen“ der Europäer ja im Vergleich fluid war). Und natürlich gab es da keine Worte für, erst recht in Deutsch.Die vermeintliche Wertneutralität des Begriffs ist in der historischen Forschung daher auch schon in den 2000ern kritisch diskutiert worden, lange vor aufgeregten „Wokeness“-Diskursen. Der Begriff und das Konstrukt „Neger“ kam erst ab dem 17. Jahrhundert auf und ist, wie Rassismus als Konzept insgesamt, nicht zu trennen vom europäischen Kolonialismus. Das ist, soweit ich sehe, in der Geschichtswissenschaft seitdem allgemein akzeptiert und keine Schrulle übersensibler PISA-Studenten.
Dass sich Begrifflichkeiten und Wortbedeutungen verschieben, streite ich nicht ab, wie auch. Und dass sich Ansichten (auch Wortbedeutungen) anlässlich veränderter Ansichten und Situationen verschieben natürlich auch nicht.
Es ist richtig, dass der Begriff auch in Nachkriegsdeutschland noch als Pendant zum englischen „negro“ als vermeintlich wertneutral verwendet wurde, aber auch zunehmend als unangemessen empfunden wurde, und das nicht erst seit „Black Lives Matter“. Es war faktisch schon in den 80ern ein Wort der älteren Generation. Im Duden-Band Kaputte Wörter, den ich für einen lebensnahen und differenzierenden Wegweiser halte, hat Matthias Heine (ganz sicher kein „Wokie“) auch darauf hingewiesen, dass es im Deutschen kein Pendant zu „Nigger“ gegeben hat, weswegen „Neger“ dessen Schmähfunktion miterfüllte.
Das sei nicht angezweifelt. Der Begriff „Neger“ war meines Wissens seit den 60ern on his way out. Nichtsdestotrotz wurde er noch verwendet und eben nicht mit dem rassistischen Unterton. Und warum auch nicht, der Begriff konnte sich ja, so wie er sich im Kolonialismus ins Negative verschoben hat, im Postkolonialismus wieder verschieben. Es hängt eben davon ab, was der Sprechende für Bildung (und Bilder) im Kopf hat.
PS: Dass „Nigger“ auch ein im Deutschen über vereinzelte Verwendung hinaus ein gebräuchliches Wort war, sehe ich absolut nicht.
Ich wusste das lange Zeit auch nicht. Und natürlich wurde das nicht häufig verwendet und wenn dann im „modernen“ US-Sinn, als absolut abfälliges Schimpfwort. Aber ich habe das jetzt einige Male gelesen, unter anderem natürlich von den Nazis (denen vor ’45). Ich bleibe dabei, vorhanden war es, eingesetzt wurde es wie im Englischen, aber ja, gebräuchlich war es nicht.
In den 80ern und frühen 90ern war „Neger“ eher ein Begriff, der zB von der Neuen Frankfurter Schule als Satire eingesetzt wurde. Ich bleibe also dabei, (alten) Leuten, die „Neger“ benutzen, „Rassismus“ vorzuwerfen, ist , um mal Sascha-Lobo-mäßig ein neues Adjektiv zu erfinden, „twitter“.--
If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.lathoIch bleibe also dabei, (alten) Leuten, die „Neger“ benutzen, „Rassismus“ vorzuwerfen, ist, um mal Sascha-Lobo-mäßig ein neues Adjektiv zu erfinden, „twitter“.
Mein Vorwurf ist das auch nicht. Selbstverständlich ist auch Didi kein Rassist, nur halt ein weiterer Altpromi, der den nützlichen Idioten der rechten Wokeness-Paranoia-Profiteure gibt.
Gleichwohl bin ich von der Formel „Neger“ gleich „negro“ ungleich „nigger“ nicht überzeugt. „Nigger“ hat sich als Lehnwort im Deutschen nicht durchgesetzt, „Neger“ musste daher auch immer für den abfälligen Diskurs mit herhalten.
Dagegen könnte man einwenden, dass Schwarze in der Zeit auch simpel keine Kontrolle über Selbst- und Fremdbezeichnungen hatten, weil es sie in Deutschland nicht gab. Die Kontrolle von Juden über „offizielles“ Deutsch (das es nicht gab, ich weiß) war auch beschränkt, aber es gab zumindest für sie, als größte Minderheit in deutschsprachigen Bereichen, die Möglichkeit einer Einflussnahme.
Das bezieht sich alles gar nicht auf die deutsche Sprache und das Vorkommen der verschiedenen Gruppen in Deutschland. Juden verstehen sich als Gruppe und ihre Eigenbezeichnung wurde u.a. im Deutschen und Englischen in die jeweilige Standardsprache entlehnt. Das macht „Jude“ zu einem neutralen Begriff, der auch durch religiösen Antijudaismus und rassistischen Antisemitismus nicht entwertet werden konnte.
Um einfach nur „dunkelhäutige Menschen“ zu beschreiben, gab es im Deutschen den Begriff „Mohr“. Das Wort „Neger“ und entsprechende Varianten kam in den verschiedenen europäischen Sprachen dagegen erst mit dem Rassekonzept des 17./18. Jahrhunderts auf, das dem europäischen Kolonialismus und Sklavenhandel den legitimierenden Überbau gegeben hat. Die damals entwickelten Vorstellungen von menschlichen „Rassen“ und ihrer inhärenten Hierarchie (mit den „Weißen“ an der Spitze) ist der Kern des neuzeitlichen Rassismus und das Wort „Neger“ von seinem Ursprung her untrennbar damit verbunden.
Sklavenhandel hat es immer schon gegeben und ja, es wurden auch Europäer im klassischen Sinne versklavt oder ihnen als Leibeigene in feudalistischen Systemen wesentliche Freiheitsrechte vorenthalten. Aber das Konglomerat aus globalem Kolonialismus, Massenversklavung und Rassismus ist schon sehr spezifisch westlich.
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Ole Liebl: Das Elend der Anti-Woken
„Ich habe in den letzten Monaten 30 Anti-Woke-Bücher der vergangenen 4 Jahre gelesen. Und unzählige Videos geschaut. Eine wichtige Selbstkritik oder Beschäftigung mit sinnloser Hetze?“
Hörenswerte, sehr eingehende Podcast-Folge über eine intensive inhaltliche Auseinandersetzung. Zusammenfassende „Kritik der Kritik“ ab 1 h 45 min.
Zum Nachlesen auch als Google-Dok.
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herr-rossi
lathoIch bleibe also dabei, (alten) Leuten, die „Neger“ benutzen, „Rassismus“ vorzuwerfen, ist, um mal Sascha-Lobo-mäßig ein neues Adjektiv zu erfinden, „twitter“.
Mein Vorwurf ist das auch nicht. Selbstverständlich ist auch Didi kein Rassist, nur halt ein weiterer Altpromi, der den nützlichen Idioten der rechten Wokeness-Paranoia-Profiteure gibt.
Gleichwohl bin ich von der Formel „Neger“ gleich „negro“ ungleich „nigger“ nicht überzeugt. „Nigger“ hat sich als Lehnwort im Deutschen nicht durchgesetzt, „Neger“ musste daher auch immer für den abfälligen Diskurs mit herhalten.Dagegen könnte man einwenden, dass Schwarze in der Zeit auch simpel keine Kontrolle über Selbst- und Fremdbezeichnungen hatten, weil es sie in Deutschland nicht gab. Die Kontrolle von Juden über „offizielles“ Deutsch (das es nicht gab, ich weiß) war auch beschränkt, aber es gab zumindest für sie, als größte Minderheit in deutschsprachigen Bereichen, die Möglichkeit einer Einflussnahme.
Das bezieht sich alles gar nicht auf die deutsche Sprache und das Vorkommen der verschiedenen Gruppen in Deutschland. Juden verstehen sich als Gruppe und ihre Eigenbezeichnung wurde u.a. im Deutschen und Englischen in die jeweilige Standardsprache entlehnt. Das macht „Jude“ zu einem neutralen Begriff, der auch durch religiösen Antijudaismus und rassistischen Antisemitismus nicht entwertet werden konnte.
Um einfach nur „dunkelhäutige Menschen“ zu beschreiben, gab es im Deutschen den Begriff „Mohr“. Das Wort „Neger“ und entsprechende Varianten kam in den verschiedenen europäischen Sprachen dagegen erst mit dem Rassekonzept des 17./18. Jahrhunderts auf, das dem europäischen Kolonialismus und Sklavenhandel den legitimierenden Überbau gegeben hat. Die damals entwickelten Vorstellungen von menschlichen „Rassen“ und ihrer inhärenten Hierarchie (mit den „Weißen“ an der Spitze) ist der Kern des neuzeitlichen Rassismus und das Wort „Neger“ von seinem Ursprung her untrennbar damit verbunden.
Sklavenhandel hat es immer schon gegeben und ja, es wurden auch Europäer im klassischen Sinne versklavt oder ihnen als Leibeigene in feudalistischen Systemen wesentliche Freiheitsrechte vorenthalten. Aber das Konglomerat aus globalem Kolonialismus, Massenversklavung und Rassismus ist schon sehr spezifisch westlich.Dazu das sehr instruktive Buch von Marcus Rediker “ Das Sklavenschiff – Eine Menschheitsgeschichte“. Ist zwar im Original von 2007, jetzt aber erst auf Deutsch erschienen.
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Der Rock ist ein Gebrauchswert (Karl Marx)herr-rossi<iframe width=“500″ height=“281″ src=“https://www.youtube.com/embed/hhsYLjfT3jw?feature=oembed“ frameborder=“0″ allow=“accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share“ referrerpolicy=“strict-origin-when-cross-origin“ allowfullscreen=““ title=“Das Elend der Anti-Woken“></iframe>
Ole Liebl: Das Elend der Anti-Woken
„Ich habe in den letzten Monaten 30 Anti-Woke-Bücher der vergangenen 4 Jahre gelesen. Und unzählige Videos geschaut. Eine wichtige Selbstkritik oder Beschäftigung mit sinnloser Hetze?“
Hörenswerte, sehr eingehende Podcast-Folge über eine intensive inhaltliche Auseinandersetzung. Zusammenfassende „Kritik der Kritik“ ab 1 h 45 min.
Zum Nachlesen auch als Google-Dok.danke für den Podcast-Tip
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herr-rossi
[…]
Um einfach nur „dunkelhäutige Menschen“ zu beschreiben, gab es im Deutschen den Begriff „Mohr“. Das Wort „Neger“ und entsprechende Varianten kam in den verschiedenen europäischen Sprachen dagegen erst mit dem Rassekonzept des 17./18. Jahrhunderts auf, das dem europäischen Kolonialismus und Sklavenhandel den legitimierenden Überbau gegeben hat. Die damals entwickelten Vorstellungen von menschlichen „Rassen“ und ihrer inhärenten Hierarchie (mit den „Weißen“ an der Spitze) ist der Kern des neuzeitlichen Rassismus und das Wort „Neger“ von seinem Ursprung her untrennbar damit verbunden.
Sklavenhandel hat es immer schon gegeben und ja, es wurden auch Europäer im klassischen Sinne versklavt oder ihnen als Leibeigene in feudalistischen Systemen wesentliche Freiheitsrechte vorenthalten. Aber das Konglomerat aus globalem Kolonialismus, Massenversklavung und Rassismus ist schon sehr spezifisch westlich.Rassismus im „wissenschaftlichen“ Sinn kam ja erst richtig im 19. Jhd. in der Gesellschaft an. Im übrigen wie „Juden“, die damals ja auch die bösartigen Zuschreibungen erfuhren (auch der christliche Antisemitismus war ja schon existent, aber eben ohne die pseudowissenschaftlichen Elemente). Und Rassismus entsteht aus dem Übergang vom christlichen zum „wissenschaftlichen“ Antisemitismus (R. Mosse hat dazu ein ganz gutes Buch geschrieben), diese Theorien wurden dann eben er ganzen Welt übergestülpt. Vorher, vor allem im 16./17. Jahrhundert war es ja ganz normal Sklaven zu nehmen, zumeist sehr grob christlich begründet.
Will sagen: sowohl „Neger“ als auch „Jude“ hatte verschiedene Bedeutungen, je nach Sprecher, je nach Zeit. Kontext ist also wichtig, etwas, an dem es Identitären aber grundsätzlich mangelt.--
If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.herr-rossi
Ole Liebl: Das Elend der Anti-Woken
„Ich habe in den letzten Monaten 30 Anti-Woke-Bücher der vergangenen 4 Jahre gelesen. Und unzählige Videos geschaut. Eine wichtige Selbstkritik oder Beschäftigung mit sinnloser Hetze?“
Hörenswerte, sehr eingehende Podcast-Folge über eine intensive inhaltliche Auseinandersetzung. Zusammenfassende „Kritik der Kritik“ ab 1 h 45 min.
Zum Nachlesen auch als Google-Dok.Das Positive will ich gleich mal voranstellen: das Transskript auf Google. Ich lese schneller als die Sprecher sprechen und 2 Stunden lang höre ich keinem Millenial zu.
Ansonsten gibt das Video oder der Text ein schwaches Bild ab, Respekt allerdings vor der Leseleistung. Das fängt damit an, dass eine grundsätzliche Kritik am identitären Denken ja nicht erlaubt ist, die Argumente, es wäre prinzipiell zu nahe am rechten identitären Denken, es schaffe den Humanismus ab und außerdem folge es einer Wortmagie, die alles andere als erwiesen ist (richtige Sprache formt Gesellschaft), das wird alles abgebügelt. Mit dem Hinweis, alles ok, es wäre ja für Opfer von Diskriminierung. Böse formuliert: der Rechtsidentitäre kann genau so sagen, er tue das alles für seine „Ethnie“, „das Volk“ oder was auch immergerade für „Rasse“ steht.
Ein anderes der Hauptprobleme wird ebenfalls nicht angesprochen: die Theorieschwäche – fast alle Autoren von grundlegenden Texten haben sich mittlerweile gegen das „gelebte“ Linksidentitäre ausgesprochen, eine schöne Übersicht in einem der Bücher, die der Autor gelesen haben will, in Yasha Mounks Buch. Bei Exzessen der Linksidentitären wird gesagt „und ich war so uff okay das ist jetzt wirklich ein bisschen too much“, aber irgendeine Regel außerhalb des eigenen Gefühls dazu, kann nicht aufgestellt werden. Also: Kulturrevolution ist gut, Exzesse nicht zu vermeiden. Und dadurch, dass Kritiker trotz erklärter Gegenabsicht, doch alle in den selben Topf geworfen werden, also eine Intellektuelle wie Susan Neiman mit dem schwächsten Statistiker Deutschlands, Thilo Sarrazin, wird grundsätzliche Kritik ja auch nicht wirklich erlaubt. Einige Lehren will der Autor mitgenommen haben, die die schlimmsten Battles auf Twitter betreffen dürften, aber das reicht mir nicht.
Und zuletzt:An anderer Stelle weiter hinten im Buch stellt er die durchaus interessante These auf, dass wenn einer gesellschaftlichen Mehrheit eine Sache egal ist, aber eine kleine Minderheit sie »unablässig und mit Energie betreibt, dann wird sich die Minderheit mit der Zeit durchsetzen« (Sarrazin, 2022: 244). Er meint das zwar im Zuge einer woken Minderheit, ich lese das eher inspirativ, wenn es um faschistische Minderheiten geht, aber – ähm – ich verrenne mich.
Hätte man erkennen können, das ist die Theorie von der Schweigespirale von Noelle-Neumann, die gerne bei Konservativen benutzt wird, wenn Avantgarden etwas Unbequemes fordern (und die uns die Privat-TV-Sender einbrockten).
Ach ja und ich weiß nicht, was ein „non binärer trans Teenager“ sein soll.
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If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.Das Markante ist ja, dass Ole Liebl erst vor wenigen Tagen selbst erfahren konnte, was passiert, wenn man Kritik an den eigenen Reihen übt. Sei es auch noch so konstruktiv.
Ole Liebl hat als Rezensent Lensi Schmidts neues Buch „Ich als Feminst“ besprochen, sehr sachlich, fair und ausgewogen. Ihre Reaktion auf diese absolute Dreistigkeit lässt sich grob so zusammenfassen: „Du bist ein Mann, was weißt Du von Frauenthemen, nach Kritik hat Dich niemand gefragt.“. Und nein, viel komplexer wirds nicht.
Der im Transkript erwähnte Biased Skeptic hat dazu ein gutes Video gemacht. Der Fall fasst ein wenig das zusammen, was die Mehrheit der Bevölkerung an diesen Leuten absolut zurecht stört: Die ständige Nutzung von Identität als Waffe, als Werkzeug für Profilierung und als Tool, um ordentlich Kasse zu machen und sich Plätze in Sendungen zu sichern. Kritik ist generell nicht erwünscht, weil das selbstverständlich Diskriminierung ist. Und was Diskriminierung ist, entscheide ich, ich, ich.
Filed under: Narzisstischer Circle Jerk mit sich selber.
Das einzig Gute ist nur: Dieser Schlag ist so von sich selbst eingenommen und so unsympathisch, dass er abseits der eigenen Blase von 3% der Menschheit anderen nur als Abschreckung dient und sich zu allem Überfluss auch noch permanent selbst zerfleischt.
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Hold on Magnolia to that great highway moonirrlichtDas Markante ist ja, dass Ole Liebl erst vor wenigen Tagen selbst erfahren konnte, was passiert, wenn man Kritik an den eigenen Reihen übt. Sei es auch noch so konstruktiv.
Ole Liebl hat als Rezensent Lensi Schmidts neues Buch „Ich als Feminst“ besprochen, sehr sachlich, fair und ausgewogen. Ihre Reaktion auf diese absolute Dreistigkeit lässt sich grob so zusammenfassen: „Du bist ein Mann, was weißt Du von Frauenthemen, nach Kritik hat Dich niemand gefragt.“. Und nein, viel komplexer wirds nicht.Erinnert mich an die Kritik an der Arbeit des Wahlenforschers Jürgen Falter, der unter anderem die letzten Weimar-Wahlen und ersten BRD-Wahlen haarklein auseinandergenommen hatte und u.a. festgestellt hatte, dass sehr viele Frauen Hitler wählten. Ich weiß nicht mehr, wo es stand (taz?), aber das wurde auch unter „Falter ist ein Mann, das kann nicht stimmen“ abgebucht.
Der im Transkript erwähnte Biased Skeptic hat dazu ein gutes Video gemacht. Der Fall fasst ein wenig das zusammen, was die Mehrheit der Bevölkerung an diesen Leuten absolut zurecht stört: Die ständige Nutzung von Identität als Waffe, als Werkzeug für Profilierung und als Tool, um ordentlich Kasse zu machen und sich Plätze in Sendungen zu sichern. Kritik ist generell nicht erwünscht, weil das selbstverständlich Diskriminierung ist. Und was Diskriminierung ist, entscheide ich, ich, ich.
Filed under: Narzisstischer Circle Jerk mit sich selber.Ich lese gerade Lius Virtue Hoarders. Das beschreibt ja eher die (durchaus wohlhabende) Schicht der Linksidentitären im Sozialgefüge, aber der Titel passt zu dem von dir Beschriebenen.
Das einzig Gute ist nur: Dieser Schlag ist so von sich selbst eigenommen und so unsympathisch, dass er abseits der eigenen Blase von 3% der Menschheit anderen nur als Abschreckung dient und sich zu allem Überfluss auch noch permanent selbst zerfleischt.
Sich selber diskreditiert hat sich die Online-Linke durch das Verhalten nach dem 7.10.23, dem Hamas-Anschlag. Null Ahnung plus ein gerührtes Maß an Antisemitismus. Und der Rollback von Rechts, der sich vorgeblich gegen die Linksidentitären richtet, aber natürlich ganz eigene Züge des Rechtsidentitären unterstützt. Die Schlacht hat die Linke verloren, auf Twitter und in der Realität.
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If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.latho Erinnert mich an die Kritik an der Arbeit des Wahlenforschers Jürgen Falter, der unter anderem die letzten Weimar-Wahlen und ersten BRD-Wahlen haarklein auseinandergenommen hatte und u.a. festgestellt hatte, dass sehr viele Frauen Hitler wählten. Ich weiß nicht mehr, wo es stand (taz?), aber das wurde auch unter „Falter ist ein Mann, das kann nicht stimmen“ abgebucht.
Selbstverständlich, weil: Eine diskriminierte, marginalisierte Minderheit (sic!), kann in der Matrix dieser Logik keine schlechten Taten begehen, zumindest nicht im großeren Maßstab und wenn, dann wurde wieder etwas magisch internalisiert – ergo: Papa, Opa, das System, der Kapitalismus, jedenfalls andere sind Schuld – oder es waren halt Einzelfälle. Eigenverantwortung ist das absolute Kryptonit.
Wir wusste nicht, was da passiert…
Ich lese gerade Lius Virtue Hoarders. Das beschreibt ja eher die (durchaus wohlhabende) Schicht der Linksidentitären im Sozialgefüge, aber der Titel passt zu dem von dir Beschriebenen.
Liu wollte ich auch unbedingt mal lesen, fand ihren Beitrag damals in der taz sehr unterstützenswert.
Allgemein sind die Marktschreier nach meiner Auffassung auch tatsächlich fast durchweg aus dieser Schicht.
Sich selber diskreditiert hat sich die Online-Linke durch das Verhalten nach dem 7.10.23, dem Hamas-Anschlag.
Nicht nur da, aber hier hat man auf jeden Fall bemerken können, wie schwer es dieser Blase fällt, in mehr als der Täter und das Opfer zu denken. Dabei ist vermutlich schon jeder eskalierende Beziehungsstreit komplexer als das.
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Hold on Magnolia to that great highway moonirrlichtDas Markante ist ja, dass Ole Liebl erst vor wenigen Tagen selbst erfahren konnte, was passiert, wenn man Kritik an den eigenen Reihen übt. Sei es auch noch so konstruktiv. Ole Liebl hat als Rezensent Lensi Schmidts neues Buch „Ich als Feminst“ besprochen, sehr sachlich, fair und ausgewogen. Ihre Reaktion auf diese absolute Dreistigkeit lässt sich grob so zusammenfassen: „Du bist ein Mann, was weißt Du von Frauenthemen, nach Kritik hat Dich niemand gefragt.“. Und nein, viel komplexer wirds nicht. Der im Transkript erwähnte Biased Skeptic hat dazu ein gutes Video gemacht. Der Fall fasst ein wenig das zusammen, was die Mehrheit der Bevölkerung an diesen Leuten absolut zurecht stört: Die ständige Nutzung von Identität als Waffe, als Werkzeug für Profilierung und als Tool, um ordentlich Kasse zu machen und sich Plätze in Sendungen zu sichern. Kritik ist generell nicht erwünscht, weil das selbstverständlich Diskriminierung ist. Und was Diskriminierung ist, entscheide ich, ich, ich.
Möglich wäre, dass Liebl (33) tatsächlich ein paar red flags übersehen hatte. Das passiert schnell beim Thema Feminismus, im Alltag, in Beziehungen oder wie hier bei einem Buch einer jungen Autorin (34). Letztlich wäre ein Gespräch vor Veröffentlichung der Buchbesprechung vielleicht fairer gewesen. Auch Interviews werden gerne mal gegengelesen von der interviewten Person bevor das dann gedruckt wird.
„…um ordentlich Kasse zu machen“ u.a. würde ich hier nicht als „Unterstellung“ hinterherschieben. Das passierte alles im Fahrwasser von einer Buchveröffentlichung. Ein Buch braucht irgendeine Promotion (vielleicht auch Hype oder Aufregung), damit es überhaupt im Gespräch bleibt, damit sich auch ein paar Exemplare verkaufen. Da ist eine Retourkutsche (von Lensi Schmidt) vollkommen legitim, abgesehen von den Details kann ich beide Seiten verstehen. Im Video wird ja versucht zu vermitteln, was auch in Ordnung ist. Ob Liebl unprofessionell gehandelt hat, mag ich nicht beurteilen, Anzeichen dafür sehe ich wegen der Gemeinsamkeiten mit Schmidt aber schon ein bißchen.
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thelonica Letztlich wäre ein Gespräch vor Veröffentlichung der Buchbesprechung vielleicht fairer gewesen. Auch Interviews werden gerne mal gegengelesen von der interviewten Person bevor das dann gedruckt wird.
Wir leben im Zeitalter von Twitch-Livereactions, in denen jeder binnen weniger Sekunden nach Release von irgendwas schon seine Meinung ins Internet bläst. Kann man schlecht finden, aber die Hybris zu haben, andere müssten ihr Review absegnen lassen, müsste man 2025 erstmal haben.
Kasse machen bezog sich nicht zwingend auf dieses Buch, sondern auf die allgemeine Beobachtung, dass spätestens seit Ogette, Stokowski, Passmann und Hasters Myriaden von Nasen um die Ecke gekommen sind, die zu ihrer Kategorie auch noch ein verdammt nochmal ganz wichtiges Buch beizusteuern haben oder alternativ bei Deep und Deutlich oder Bosetti darüber sinnieren, wie wenig sie stattfinden, während sie in dem Moment mit riesiger Reichweite stattfinden. Das ist quasi das Pendant zu den Leuten, die darüber greinen, dass sie nichts mehr sagen dürfen, während sie in dem Moment mit riesiger Reichweite etwas sagen und nach drei Tagen Shitstorm der Restwelt die Sache auch schon wieder egal ist.
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Hold on Magnolia to that great highway moonLiebl hatte vielleicht einfach nicht einkalkuliert, dass da so ein Ding von der Autorin kommt. Im Alltag passiert Sexismus u.ä. auf allen Ebenen oft, aber nicht alle Frauen wehren sich dagegen. Der Vorwurf/Eindruck, dass sie vielleicht nicht gut genug schreiben kann, steht jedenfalls irgendwie im Raum! Dagegen kann sie sich direkt wehren, vor allem, wenn es denn das erste Buch ist. Das wird ihm sicher auch noch öfters passieren, dass er die falschen Leute verärgert. Im Literaturbetrieb ist das sicherlich kein neues Phänomen, dass sich Kritiker/Rezensenten Feinde machen. Aber der Gegenangriff von ihr wird ja schon relativiert, den fanden viele nicht gut, obwohl die wenigsten sicher selber schreiben und schon gar nicht in der Haut von der Person stecken. So heftig fand ich es dann aber doch nicht, denn indirekt gab es ja einen Dialog, ein Match, quasi. Kann man machen, man kann aber auch vorher die Autorin kontaktieren. Wie schon gesagt, das hat dann was mit Professionalität zu tun (und mit fairness auch).
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